Moritz | Neue Nachrichten aus dem Regenbogenland | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 248 Seiten

Moritz Neue Nachrichten aus dem Regenbogenland


1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7504-5743-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 248 Seiten

ISBN: 978-3-7504-5743-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Vor Urzeiten wurde das Regenbogenland von Bastet, der Göttin aller Katzen, aus dem letzten Sonnenstrahl eines Tages erschaffen und den Katzen zum Geschenk gemacht. Der Kater Alex, dessen Leben am Nikolaustag des Jahres 2005 endete, wanderte damals über die Regenbogenbrücke in dieses fantastische Land. Nachdem er entdeckt hatte, wie er auf dem PC seiner früheren Dosis Botschaften hinterlassen kann, schickt er auf diese Weise immer wieder neue Nachrichten aus dem Regenbogenland. In vier Erzählungen nehmen wir an der Wanderschaft einer spanischen Katzendame teil und werden Zeuge der Odyssee zweier kleiner Kater durch Tierheime und Pflegestellen. Wer dann noch erfahren will, wie ihnen von einem kleinen Mäuserich das Leben gerettet wird, der ist bei diesem Buch genau richtig.

Geboren 1962 in Wolfsburg verlebte der Autor seine ersten 40 Lebensjahre im kleinen Harzstädtchen Goslar, bevor er sich im norddeutschen Peine niederließ. Bereits während der Schulzeit widmete er sich intensiv dem Schreiben, verfasste zunächst Kurzgeschichten, Erzählungen und Drehbücher. Letztere verfilmte er teilweise auch selbst als Autorenfilmer. Für seine Arbeiten im künstlerischen Bereich erhielt er 1987 den Förderpreis der Stadt Goslar. Als Regenbogenlandgeschichten sind bisher folgende Bücher von ihm erschienen: 1. Nachrichten aus dem Regenbogenland 2. Hallo, ich bin Alex! Abenteuer im Regenbogenland 3. Mehr Nachrichten aus dem Regenbogenland 4. Neue Nachrichten aus dem Regenbogenland
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Autoren/Hrsg.


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Unter glühender Sonne


I


Sie konnte sich nicht daran erinnern, jemals einen derart heißen Sommer erlebt zu haben. Die Hitze legte sich mit geradezu beklemmender Wucht auf den Brustkorb und machte das Atmen schwer. Es fühlte sich an, als reiche der Sauerstoff in der Luft nicht mehr aus, um die Lungen vernünftig zu füllen, was das Marschieren nicht nur erschwerte, sondern jeden weiteren Schritt geradezu unerträglich gestaltete. Das war ihr in dieser Intensität bisher noch nicht untergekommen. Allerdings reichte ihr Gedächtnis auch nicht allzu weit zurück. Um es genau zu nehmen gerade einmal vier Jahre und damit konnte sie insgesamt drei vorangegangene Sommer Revue passieren lassen — wobei der erste nicht wirklich zählte, weil sie einfach noch zu jung gewesen war, um sich auf Einzelheiten zurückzubesinnen. Die Gedanken an diese Zeit verschwammen in einem undeutlichen Nebel, so sehr sie sich auch anstrengte, ihre Erinnerung zu bemühen. Mit dem zweiten Jahr ihres Lebens — dem zweiten Sommer — funktionierte das schon wesentlich besser. Da war sie bereits auf sich allein gestellt gewesen. Die zierliche, silbern und schwarz gestreifte Katzendame seufzte innerlich auf, als sie noch einmal den Moment durchlebte, an dem sie ihre Geschwister verlassen hatte. Oder war es womöglich doch anders herum gewesen? Ganz deutlich konnte sie sich das Bild nicht mehr vor Augen rufen, als sie inmitten einer Wiese plötzlich in unterschiedliche Richtungen davon sprangen. An jenem Morgen waren sie gemeinsam aufgebrochen, um die Welt zu erkunden, ohne sich jedoch bewusst gewesen zu sein, dass sie nicht wieder zurückkehren würden. Mama hatte ihnen in den letzten Wochen beigebracht, wie sie sich selbst versorgen konnten, und langsam begannen die Mäuse knapp zu werden, um ihrer aller Mägen ausreichend zu füllen. So war die Vorstellung nur folgerichtig, in die Welt hinauszuziehen, um sich einen Platz zu suchen, an dem genügend Nager zu finden waren, die ihren Hunger stillen konnten. Und natürlich stand es für die Geschwister ganz außer Frage, sich nicht gemeinsam auf den Weg zu machen. Der Ruf ihrer Mutter, sie sollten gut auf sich aufpassen, fühlte sich im Nachhinein sehr endgültig an. Im Gegensatz zu den drei Geschwistern hatte ihre Mutter genau gespürt, dass sie ihre Kinder nicht mehr würde wiedersehen. Als ihnen dieser Umstand bewusst geworden war, bereuten sie ihre abwiegelnden Worte.

»Ja, ja, Mutter, wir sind schon vorsichtig.«

»Sind wir doch immer.«

»Du kennst uns doch.«

Sie hatten sich nicht einmal nach ihr umgedreht und als sie dann doch einmal zurückschauten, waren sie schon viel zu weit gewandert. Eine Umkehr erschien ihnen jedoch ebenfalls ganz unmöglich. Dazu rief die Ferne und das Unbekannte in zu verlockenden Tönen. Und bis sie schließlich jene fast endlos erscheinende Wiese erreicht hatten, waren sie miteinander gewandert, hatten sich gegenseitig ermutigt, weiter und weiter die Fremde zu erforschen. Und dann, als sie rundherum von hohem Gras umgeben waren, hatten sie sich getrennt. Nicht, dass es abgesprochen gewesen war oder auf irgendeine Weise geplant. Nein. Einer war einfach nach rechts abgebogen, der zweite nach links und sie war geradeaus weiter gegangen, einem bunten Schmetterling hinterher gesprungen, der vor ihrer Nase einen wilden Flug mit solch akrobatischen Pirouetten aufgeführt hatte, dass es ihr in den Pfoten kribbelte. Plötzlich erschien es ihr als das Wichtigste auf der Welt, diesem Falter habhaft zu werden. Sie war schon immer eine geschickte Insektenfängerin gewesen, auch wenn ihr die im harten Panzer steckenden Flieger nicht sonderlich mundeten. Und die pudrigen Flügel der Schmetterlinge lösten in ihr sogar den leichten Anflug von Ekel herauf. Doch ihr Magen knurrte und selbst ein ungeliebter Schmetterling war besser als gar nichts zu fressen. Also nahm sie dessen Verfolgung auf und tobte durch das hohe Gras der Wiese. Auf diese Weise war ihr der genaue Moment ihres Auseinandergehens gar nicht wirklich bewusst geworden. Als sie schließlich bemerkt hatte, dass ihre Geschwister nicht mehr an ihrer Seite liefen, hatte sie sich im ersten Moment ein wenig irritiert gefühlt. Aber sehr schnell war ihr die Erkenntnis gekommen, in welchen Maßen sich ihre Futtersituation verbessert hatte, wenn nicht mehr durch drei Mäuler geteilt werden musste. Instinktiv spürte sie, dass es gut so war, so wie es war, auch wenn sie die nächsten Tage ein Gefühl von Einsamkeit empfand. Denn ihr ganzes bisheriges Leben waren sie immer beieinander gewesen — sie, ihre beiden Brüder und Mama. Und nun wanderte sie mit einem Male allein durch die Welt und ihr Leben. Obwohl die Umgebung erfüllt war von Geräuschen, breitete sich in ihr eine merkwürdige Stille aus, die sie zuvor nie registriert hatte. Ja, die sie nie hatte wahrnehmen können, denn immer war jemand bei ihr gewesen, der das Wort an sie gerichtet hatte – und sei es nur durch das Knuffen einer Tatze in die Seite gewesen. Doch jetzt war niemand mehr bei ihr.

Mit der Zeit begannen die Bilder in ihrem Kopf zu verblassen. Die Zwänge des Alltags, die Suche nach Nahrung und einem Unterschlupf für die Nächte beanspruchten sie zunehmend. Und bald fiel es ihr schwer, sich an die Zeichnung des Fells ihrer Geschwister zu erinnern.

Manchmal, wenn ihr Artgenossen über den Weg liefen, dachte sie schon, ihre Brüder wieder vor sich zu sehen, doch erwiesen sich diese Begegnungen ein ums andere Mal als Irrtum. Allein der Geruch passte bereits nicht, wenn sie sich aus der Ferne näherten. Und schnell lernte sie, solch ein Aufeinandertreffen zu vermeiden. Die Kater in dieser Region schienen nicht besonders umgänglich zu sein. Das galt insbesondere für jene Exemplare ihrer Gattung, die ihr Revier mit ausreichend Duftmarken bereits gekennzeichnet hatten. Solchen Katern mit einem ausgeprägten territorialen Anspruch ging man besser aus dem Weg. Der ein oder andere gestattete womöglich noch mit Argusaugen ein Durchqueren seines Reviers, die meisten aber nicht einmal das. Deshalb, so wusste die Katzendame inzwischen, sollte man schleunigst die Pfoten bemühen, wenn man frische Markierungen passierte. Auf den letzten Kilometern hatte sie nichts Derartiges gerochen - immerhin. Aber für einen Spurt fehlte ihr sowieso der Elan. Wie schon erwähnt, erdrückte die Hitze alles was kreuchte und fleuchte. Außerdem knurrte der Katze der Magen. Es war schon eine ganze Weile her, dass sie etwas zwischen die Zähne bekommen hatte. Ein kleiner Singvogel mit gebrochenem Flügel hatte sich dem grausamen Schicksal ergeben und ihr als ausgesprochen frugale Mahlzeit gedient. Unter den Federn und Bergen von Flaum war kaum noch etwas Genießbares für sie verblieben. Auch der Vogel hatte längere Zeit nichts mehr zu fressen gehabt und wäre in Kürze sowieso verhungert. So hatte sein Tod wenigstens noch Sinn gehabt. Auch wenn die Mahlzeit praktisch nur aus Federn und Knochen bestanden hatte. Mäuse waren in der letzten Zeit leider sehr rar geworden. Dabei musste sie doch gerade jetzt regelmäßig Nahrung zu sich nehmen, wenn sie ihren Nachwuchs zur Welt bringen wollte.

Im letzten Sommer, ein gutes Jahr nachdem sie und ihre Geschwister getrennte Wege gegangen waren, hatte sie das erste Mal gespürt, dass in ihr Leben heranzuwachsen begann. Es gab niemanden, der ihr die Zusammenhänge erklären konnte, aber sie ahnte auch ohnedies den Grund ihrer anderen Umstände: das kurze, aber überraschend emotionsgeladene Aufeinandertreffen mit jenem gestromten Kater. Er hatte sie nicht an ihre beiden Brüder erinnert, aber auf unerklärliche Weise etwas in ihr erweckt, das bislang geschlafen hatte. Sie hatten eine stürmische Affäre miteinander durchlebt, die ein paar Tage angehalten hatte. Dann war der Fremde wieder seines Weges gezogen, war er doch wie sie selbst nicht jenem Ort angestammt, sondern sprichwörtlich auf der Durchreise. Ohne jeglichen Kommentar oder Worte des Abschieds war er plötzlich wieder aufgebrochen und nicht mehr zurückgekehrt. Aber sie hatte im Nachhinein dem Kater auch keine Träne hinterher geweint. Nicht wirklich.

Nach zwei Monaten hatte sie dann vier Junge auf die Welt gebracht. Es war eine schwere Geburt gewesen, die sich über die ganze Nacht hingezogen hatte. Und erst in den frühen Morgenstunden, die Sonne war bereits deutlich über den Horizont gewandert, fühlte sie sich sicher genug, um behaupten zu können, dass es vorüber gewesen war. Leider hatten sich die Kleinen als zu...



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