Morris | Das Schwert der Wahrheit | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 464 Seiten

Reihe: Wakefield Saga

Morris Das Schwert der Wahrheit


1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7751-7464-0
Verlag: Hänssler
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 1, 464 Seiten

Reihe: Wakefield Saga

ISBN: 978-3-7751-7464-0
Verlag: Hänssler
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



England im 16. Jahrhundert. Durch tragische Umstände lernt Myles, unehelicher Sohn einer Magd, seinen adeligen Vater kennen: Sir Robert Wakefield. Plötzlich findet Myles sich im schillernden Hofleben voller verwirrender Liebesaffären und Machtkämpfe wieder. Als er in die Auseinandersetzungen um William Tyndale gerät, der die Bibel ins Englische übersetzt, muss er wählen zwischen der Frau, die er liebt, und dem Glauben, dem er seinen Lebenssinn verdankt.

Gilbert Morris (1929-2016) war Pastor, Englisch-Professor und Bestsellerautor. Mit seiner Frau und seinen drei Kindern lebte er in Alabama, USA.
Morris Das Schwert der Wahrheit jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

2

Der Krieg des Königs


Sir Robert Wakefield schritt durch die große, mit Binsen bestreute Halle und machte im Geist eine Notiz, den Dienern aufzutragen, dass sie die Pflanzen wechseln sollten. Sie waren feucht und schmutzig. Er verließ die Halle und schritt durch eine Flucht von Räumen, wobei er an die neueren Häuser im England der Tudors dachte, die mit eingebauten Korridoren versehen waren. Da er einen logischen Verstand hatte, sprach ihn diese neue Bauweise an. Sein Herrenhaus, Wakefield, war ein altes Bauwerk, und als es erbaut worden war, hatte man von Korridoren noch nichts gewusst. Folglich öffnete sich ein Raum in den nächsten, so dass es unmöglich war, irgendwo die Türen zu schließen und sich ein wenig Privatsphäre zu vergönnen, ohne den Verkehrsfluss zu unterbrechen. Gelegentlich wurde ein Raum abseits der Hauptverkehrsadern gebaut, damit man ihn abschließen – engl. close – konnte, und diese Räume nannte man Klosetts.

In den meisten dieser Räume, die er passierte, hielten die Leute in ihren Tätigkeiten inne, um sich zu verbeugen oder zu knicksen, aber er schenkte dem keine Aufmerksamkeit. Schließlich durchschritt er eine mächtige, acht Fuß hohe Eichentür und betrat seine eigene Kammer.

»Du bist spät dran, Robert«, sagte die Frau, die in dem riesigen Bett saß. Das Bett nahm einen Großteil des Raumes ein. Es war aus geschnitztem Eichenholz und geräumig genug, um mindestens für ein halbes Dutzend Menschen Platz zu bieten. Lady Jane Wakefield hob ihre warmen braunen Augen und lächelte ihren Gatten an. »Ich habe auf dich gewartet.« Sie war eine kleine und zierliche Frau, mit dem Aussehen einer kränklichen Person, obwohl sie nicht bettlägerig war. Eine Reihe von Fehlgeburten in ihrer Jugend hatte ihre Gesundheit untergraben, und nun waren ihr die meisten Tätigkeiten, denen sich Damen ihrer gesellschaftlichen Stellung gerne hingaben, verschlossen. Sie war jedoch fröhlich und beklagte sich niemals über ihr Schicksal. Als ihr Gatte ans Bett trat und die Hand ausstreckte, ergriff sie sie und küsste den Handrücken, wobei sie sagte: »Was hast du gemacht?«

Sir Robert Wakefield blickte von seiner Höhe von sechs Fuß auf sie herab. Er war ein kraftvoll gebauter Mann mit dunkelrotem Haar und blaugrauen Augen. Er hatte ein kantiges, trotziges Gesicht. Eine Narbe verlief über seine linke Wange – eine Erinnerung an seine Tage in der Armee. Sein kurzer Bart und sauber getrimmter Schnurrbart hatten dieselbe rötliche Farbe wie sein Haar und trugen zu seinem guten Aussehen – wie man es allgemein betrachtete – bei. Er machte nicht den Eindruck, 43 Jahre alt zu sein. Man musste schon genau hinsehen, um die feinen Linien in seinem Gesicht und die wenigen grauen Haare auf seinem Kopf zu entdecken.

Nun lächelte er seine Frau an, drückte ihre Hand, dann ließ er sich müde in den Sessel neben ihrem Bett sinken. Er starrte zur Decke und erklärte: »Ich habe einige Arrangements getroffen.« Seine klare Tenorstimme trug im Freien ziemlich weit – eine nützliche Eigenschaft, wenn man mit den Hunden zur Jagd ritt. Er lehnte sich einen Augenblick lang in den Sessel zurück, dann setzte er sich gerade auf und drehte sich um, so dass er Jane ins Gesicht blickte. »Meine Liebe«, sagte er langsam, »ich habe einen Entschluss gefasst, was Ralph angeht. Ich möchte ihn als meinen Erben adoptieren.«

Bei seinen Worten wurden Lady Janes Lippen schmal, und ihre sanften Augen wurden aufmerksam. Sie sagte einen Augenblick lang kein Wort und blickte auf ihre Hände nieder. Da er wusste, dass sie sich nicht schnell zum Sprechen entschloss, wartete er. Schließlich hob sie das Gesicht und sagte mit gedämpfter Stimme: »Ich habe dir gegenüber versagt, Robert.«

Er wusste augenblicklich, was sie meinte. Er hatte sich in Lady Jane Harwich verliebt, kaum dass er sie zum erstenmal gesehen hatte. Nach einer stürmischen Werbung hatten sie geheiratet und sich dann behaglich eingerichtet, mit der Absicht, eine große Familie zu gründen. Die Jahre waren vergangen, und ein Kind nach dem anderen war tot geboren worden. Robert Wakefield hatte seiner Frau niemals Vorwürfe gemacht, weil sie keine Kinder hatten, aber er wusste, dass es ihr tiefen Kummer bereitete. Er blickte sie an, und da er sie so gut kannte, war ihm bewusst, welchen Gram sie bei dem Gedanken empfand, dass sie ihm keine Kinder geschenkt hatte.

Er neigte sich zu ihr und ergriff von Neuem ihre Hand. Er drückte sie sanft und lächelte, so gut er konnte. »Diese Dinge stehen in Gottes Hand«, murmelte er.

Sie schüttelte leise den Kopf, und er wusste, dass sie nicht überzeugt war. Er stand auf, beugte sich zu ihr und küsste sie, dann begann er mit einer Begeisterung zu sprechen, die sie schon lange nicht mehr an ihm gesehen hatte. »Nun, meine Liebe, wir werden einen Jungen an Ralph haben. Er wird unser Sohn sein, jemand, der unser Erbe antreten wird. Er wird heiraten und Kinder haben, und wir werden den Kleinen beim Spielen zusehen.«

Lady Jane lauschte und versuchte, sich zurückhaltend zu benehmen. Sie mochte Ralph Geddes nicht. Es stimmte, er war ein Verwandter, ein entfernter Cousin Roberts, und manchmal fühlte sie sich schuldig, weil sie ihm misstraute. Es gab zwar nichts in seinem Verhalten, ja überhaupt nichts in seinem Leben, das sie ihm konkret vorwerfen konnte. Das Einzige, was sie ihm ankreiden konnte, war die Tatsache, dass er nicht warmherzig und offen war, jedenfalls nicht ihr gegenüber. Sie wusste, dass er Robert durchaus so erschien, aber das war in ihren Augen nur ein weiteres Zeichen für seinen Mangel an Ehrlichkeit. Sie wusste, dass er von Natur aus kein offenherziger junger Mann war, und sein Benehmen Robert gegenüber erschien ihr … berechnend. Als Robert kam und sich neben sie setzte, wusste sie, dass er auf ihre Zustimmung wartete.

»Ich verstehe, dass du einen Erben brauchst, Lieber«, sagte sie. »Und nichts würde mir mehr Freude machen, als eine junge Braut in Wakefield einziehen zu sehen – zu sehen, wie hier Kinder geboren werden.« Traurige Sehnsucht trat in ihre Augen, und sie fuhr fort: »Wenn ich nur ein Kind in den Armen halten könnte, würde ich nichts weiter auf Erden oder im Himmel verlangen.« Sie hielt nachdenklich inne. »Aber es ist ein so endgültiger Entschluss, jemand als Erben anzunehmen. Es ist so völlig anders als alles andere …«

»Es ist sehr ernst«, stimmte er zu, »und ich habe lange darüber nachgedacht.«

»Warum wartest du nicht noch ein Weilchen? Bring den jungen Mann nach Wakefield. Lass ihn hier wohnen, und wir werden sehen, wie wir zurechtkommen. Schließlich hast du später immer noch Zeit, die Formalitäten, die gesetzlichen Angelegenheiten zu regeln. Sobald du das einmal getan hast, kannst du es auf keine Weise mehr zurücknehmen.«

Robert warf ihr einen prüfenden Blick zu. Er hatte ihren Widerwillen gegen Geddes gespürt, aber sie hatte ihn niemals deutlich ausgesprochen. Er hatte jedoch großen Respekt vor ihrem Urteil, und er hatte den Eindruck, dass sie weise Worte gesprochen hatte. Er überlegte einen Augenblick, dann nickte er entschieden. »Ich denke, du hast recht. Ich werde sofort mit ihm reden, dann sehen wir weiter.«

»Das halte ich für das Beste, Liebster.« Sie lächelte ihn strahlend an. Es war eine Sache, hin und wieder zu schauspielern, aber eine andere, jeden Tag eine Maske zu tragen … wenn Ralph Geddes mit ihnen zusammenlebte, würde er doch gewiss eines Tages enthüllen, was wirklich in ihm steckte. Lady Jane selbst war sich keineswegs sicher, was das nun sein mochte, und fragte sich, ob sie ihn vielleicht falsch beurteilt hatte … aber sie konnte nicht leugnen, dass sie Erleichterung empfand, weil ihr Mann sich entschlossen hatte, noch zuzuwarten.

»Ich habe andere Neuigkeiten, die dir nicht gefallen werden«, sagte er und verzog das Gesicht.

»Ja, Liebster?«

»Eine Botschaft des Königs kam heute morgen an.« Er fuhr ungeduldig mit den Fingern durch sein dickes, rötliches Haar. »Er möchte, dass ich mit ihm in diesen törichten Krieg gegen Frankreich ziehe.«

»Ach, und ich hoffte, er würde dich nicht darum bitten!«

»Nun, er hat es getan, und natürlich muss ich gehen.« Wakefield erhob sich und begann seine Kleider abzulegen, die er liegen ließ, wie sie fielen. Er schritt hinüber und blies die Kerzen aus, dann schlüpfte er unter die Bettdecken. Als sie dicht beisammen lagen, streckte er die Arme aus, hielt sie zärtlich fest und streichelte ihr Haar. Selbst nach all diesen Jahren und trotz ihrer Unfruchtbarkeit war er immer noch sehr verliebt in seine Frau.

»Ich muss gehen«, wiederholte er mit gedämpfter Stimme.

Sie streckte die Hand aus und berührte seine Wange. »Wie lange wird es dauern?«

»Keine Ahnung. Und es ist keine gute Sache. Aber du kennst Heinrich. Er hat es sich nun einmal in den Kopf gesetzt und nichts auf Erden wird ihn aufhalten.« Er versank in nachdenkliches Schweigen, während er ihren Arm streichelte und wie immer die Glätte ihrer Haut bewunderte. Dann fuhr er fort: »Ich glaube nicht, dass es lange dauern wird. Ich glaube, die Schlacht wird am grünen Tisch stattfinden.« Ein Gedanke fuhr ihm durch den Kopf, und er sagte: »Ich werde den Jungen mitnehmen. So können wir einander besser kennenlernen.«

Sie hatte Angst, wohl wissend, wie unsicher das Kriegsglück ist, und schlang die Arme um ihn, um ihn eng an sich zu ziehen. »O Robert. Ach, sei vorsichtig!«

***

Um sieben Uhr am Donnerstag, dem 30. Juni 1513, standen Sir Robert Wakefield und Ralph Geddes an Bord eines der Kriegsschiffe, die die englische Armee nach Calais gebracht hatten. Für den jungen Geddes war es eine...


Morris, Gilbert
Gilbert Morris (1929-2016) war Pastor, Englisch-Professor und Bestsellerautor. Mit seiner Frau und seinen drei Kindern lebte er in Alabama, USA.

Gilbert Morris (1929-2016) war Pastor, Englisch-Professor und Bestsellerautor. Mit seiner Frau und seinen drei Kindern lebte er in Alabama, USA.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.