E-Book, Deutsch, Band 431, 256 Seiten
Reihe: Historical
Morris Der Wikinger und die unbezähmbare Amazone
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7515-3167-2
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 431, 256 Seiten
Reihe: Historical
ISBN: 978-3-7515-3167-2
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Nordland, im Jahr 830. Prinzessin Astrid will Boote bauen, nicht Braut sein! Doch ihr Freiheitswille ist ihrem Vater König Viggo ein Dorn im Auge. Er zwingt sie in einen Wettkampf: Gegen den fremden Bootsbauer Ulrik muss sie antreten. Wer das beste Schiff baut, bleibt in der Siedlung am Fjord. Verliert Astrid, muss sie unters Ehejoch mit einem fremden Jarl. Entschlossen bekämpft die unbezähmbare Amazone mit allen Mitteln ihren Rivalen, sogar mit Sabotage. Doch gegen ihren Willen zieht der breitschultrige Wikinger sie immer tiefer in seinen männlichen Bann. Verrät sie ihr Herz - oder ihre Zukunft?
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3. KAPITEL
Astrid, die sich an einer klaren Bergquelle labte, welche über Stock und Stein zur Siedlung hinabrann, hatte oft davon geträumt, in der freien Natur leben zu können. Ihr Vater aber, dem selbst das kühle Nass gehörte, welches sie mit ihren Händen schöpfte, würde nie erlauben, dass sie sich der Familienbande entledigte.
Sie war auf dem Weg zum Eichenwald, einer Seltenheit in dieser Gegend. Die alten Bäume genossen bei den Wikingern einige Verehrung, und die junge Frau hätte gern gewusst, wer sie vor Generationen dort angepflanzt hatte. Das Wissen darum aber war verlorengegangen.
Um den Hain zu schonen, brachte Viggo das benötigte Eichenholz sonst mit Schiffen aus dem Süden des Landes herauf, wo er es im Tausch gegen die Kiefern erhielt, die rund um die Siedlung wie Unkraut sprossen. Diesmal aber hatte er die kostbaren Eichen ausnahmsweise zum Abholzen freigegeben und den Wettkämpfern befohlen, ihr Baumaterial selbst zu schlagen.
Im Geiste sah die Prinzessin eine besonders hohe Eiche mit geradem Stamm vor sich, die für das Schiff, das in ihrer Vorstellung bereits Formen annahm, einen wunderbaren Kiel abgeben würde. Dieser bestimmte die Größe und Tragfähigkeit eines Schiffes, während für Bug, Heck und Spanten gekrümmtes Holz benötigt wurde.
Beim Grundgerüst ihres Schiffes, für das beste Eiche vonnöten war, ging die junge Frau keine Kompromisse ein. Und durfte sie heute auch noch keinen Stamm schlagen, beabsichtigte sie, Vorkehrungen dazu zu treffen.
So stieg sie den ganzen Morgen bergan, bis die alten Bäume mit einem Unterwuchs von Heidekraut und Farn vor ihr auftauchten. Aber nur einen von ihnen, der windumtost knapp unter dem Berggrat wuchs, hielt sie für ihren perfekten Baum. Dieser war alt und stark wie kein zweiter.
Als sie stehenblieb, um Atem zu schöpfen, blickte sie empor und nahm ihn liebevoll in Augenschein.
„Ein schöner Morgen, Prinzessin, nicht wahr?“, tönte da eine tiefe Männerstimme so nahe neben ihr, dass sie vor Schreck zusammenzuckte. Es war Ulrik, der sie belustigt angrinste. „Seid Ihr erstaunt, mich zu sehen? Ihr wähntet mich wohl mit dem Unrat beschäftigt, den Ihr mir ins Haus gekippt habt.“
Jetzt war es an ihr zu feixen. „Verstehst du keinen Spaß, Ulrik? Wie langweilig … Bist du ein solcher Griesgram, wirst du nicht weit kommen bei uns.“
„Wenn das Eure Vorstellung von Spaß ist, tut Ihr mir leid, Prinzessin! Da bin ich doch lieber von ernster Natur als gehässig und rücksichtslos wie Ihr. Immerhin aber liefertet Ihr mir schönes Feuerholz frei Haus, darunter manch schöne Schnitzerei.“
Da reute es sie, so impulsiv gehandelt und sogar halbfertige Arbeiten geopfert zu haben, um den Eindringling zu ärgern. „Glaubst du etwa, du wirst lange dort wohnen?“, konterte sie. „Mach dir bloß keine Illusionen! Denn ich werde dich um Längen schlagen, so viel ist gewiss.“ Sie runzelte die Stirn. „Nebenbei bemerkt, lehne ich es ab, bei meinem Titel genannt zu werden. Ich bin ein Mensch wie jeder andere und will auch so behandelt werden.“
„Ein Mensch wie jeder andere?“ Er schnaubte verächtlich. „Welch schöne Vorstellung! Doch will ich dir den Gefallen tun und dich fortan duzen … Und hoffen, dass du dich wie jede andere Frau verhalten und heiraten wirst, statt mir die Stellung zu neiden, die dein Vater mir versprach.“
„Was nimmst du dir heraus?“, fuhr sie ihn an.
„Schiffsbau ist harte Arbeit, die einem über die Jahre nicht nur schwielige Hände und einen krummen Rücken beschert“, versetzte er grimmig. „Warum sollte eine hochgestellte junge Frau sich darum reißen, wenn sie doch in Luxus und Müßiggang schwelgen könnte, ohne einen Finger zu rühren?“
„Vermagst du dir nicht vorzustellen, dass jemand diese Arbeit liebt? Hast du das Handwerk einst aus reiner Not ergriffen, so unterscheidet uns das von vornherein. Denn mein Herz schlägt für die Kunst in allen ihren Spielarten.“
„Wie kommst du darauf, der Schiffsbau sei für mich ein bloßer Notbehelf?“, fragte er irritiert.
„Warst du früher etwa kein Krieger? Du hast den Körperbau dafür und rettetest meinem Vater sogar das Leben.“ Sie deutete auf sein Bein, das ihn zum Hinken zwang. „Ich nehme an, die Wunde, die du davontrugst, verbietet es dir seither, dein Auskommen im Kampf zu finden.“
Seine nächsten Worte überraschten sie. „Du folgerst richtig, weißt aber nicht, dass mir das Schreinern im Blut liegt. Schon mein Vater war ein Schiffsbauer, sodass ich in das Handwerk hineinwuchs und es selbstverständlich wiederaufnahm, als ich nicht länger für den Schildwall taugte. Ich bin sicher, dass du es an Erfahrung nicht mit mir aufnehmen kannst! Bist du überhaupt jemals aus deinem Fjord herausgekommen?“ Als er sah, dass er einen Treffer gelandet hatte, verzog er spöttisch den Mund. „Und wie alt kannst du schon sein?“
„Du musst geschlafen haben, als Viggo mir gestern Abend mein Alter vorwarf“, gab sie bissig zurück. „Ich gebe dir den guten Rat, besser aufzupassen, wenn er spricht. Oft genug kommen ihm unerwartet Ideen, nach denen man sich ebenso plötzlich zu richten hat.“ Da er sie weiter fragend ansah, fügte sie unwillig an: „Ich zähle fünfundzwanzig Winter, wenn du’s unbedingt wissen willst.“
„Das erklärt einiges“, murmelte er.
„Und was sollte das sein?“, fragte sie unfreundlich.
„Deine Launen und die kindische Gehässigkeit“, antwortete er geradeheraus.
„Wage es nicht, in diesem Ton mit mir zu reden!“, rief sie aus.
„Willst du wie jeder andere Mensch behandelt werden oder nur Schmeicheleien hören? Da musst du dich schon entscheiden.“ Mit scharfem Blick durchbohrte er ihren Stolz, dass dieser wie Staub in sich zusammenfiel. Da setzte sie erst recht wütend zum Gegenangriff an.
„Bloß weil du älter bist, soll ich mich von dir beleidigen lassen? Ich frage mich, wie viele Winter auf deinem Haupt liegen, alter Mann. Vielleicht fünfzig oder mehr?“, spottete sie, indem sie bewusst übertrieb.
„Ich zähle fünfunddreißig Winter, um genau zu sein“, gab er mit saurer Miene zurück. „Du hältst mich für älter, als ich bin.“
Mit hämischem Grinsen wandte sie sich ab und begann sich mit einem Knüppel ihren Weg durch das Farngestrüpp hügelaufwärts zu bahnen, doch blieb Ulrik ihr trotz seiner Behinderung auf den Fersen. Entnervt drehte sie sich zu ihm um und erstarrte vor Schreck, denn auch er verschlang ihre Lieblingseiche, den besten Baum für einen Schiffskiel, förmlich mit den Augen.
„Schön, nicht wahr?“, murmelte sie wie beiläufig. „Aber das ist meiner. Ich entschied mich schon beim Frühstück für ihn, denn ich kenne ihn von klein auf und hatte ihn bereits im Hinterkopf.“
„Viggo entschied, dass kein Baum markiert werden darf, bevor die Arbeiter ausgelost wurden“, entgegnete er mit schmalen Augen.
Triumphierend zog sie ein rotes Band aus ihrem Beutel. „Ta-da! Es gibt andere Wege, einen Baum zu beanspruchen, als ihm eine Marke in die Rinde zu schneiden!“
„Andere Markierungen sind genauso unzulässig.“
Als hätte sie ihn nicht gehört, rannte sie los, indem sie leichtfüßig wie ein Reh hügelaufwärts durchs Gestrüpp sprang. Und als Ulrik sie auf dem Kamm einholte, flatterte das Band bereits wie ein Siegesbanner am untersten Zweig der Eiche. „Ich habe den besten aller Bäume!“, lachte sie. „Sei klug und gib auf der Stelle auf!“ Angesichts seiner unbeeindruckten Miene aber erstarb ihr Übermut, und wieder fühlte sie sich klein vor ihm. Das ärgerte sie sehr.
„Du wirfst mir vor, gegen die Regeln zu verstoßen, doch bist du derjenige, der unfairerweise alle Vorteile genießt!“, warf sie ihm an den Kopf. „Hast du denn nicht gemerkt, dass mein eigener Vater meinen Sieg verhindern will? Glaub mir, er hätte jeden anderen Schiffsbauer aus Aalborg ebenso bereitwillig zu sich eingeladen, hätte er nicht zufällig dich getroffen! Denn er liebt mich nicht, wie ich bin, sondern will mich nach seiner Vorstellung ummodeln und unterjochen.“ Sie holte tief Atem. „Siehst du nicht ein, dass der Platz, um den du kämpfst, mir gehört? Wie kannst du es darauf anlegen, ihn mir zu stehlen? Hast du keine Ehre im Leib? Du hättest erst gar nicht herkommen dürfen, sagtest du doch selbst, dass an Viggos Schiff, das ich gebaut habe, nichts auszusetzen ist!“
„Ach, sagte ich das?“, murmelte Ulrik wie gelangweilt, während er sich in aller Ruhe umsah.
„Bei den Raben Odins! Erinnerst du dich deiner eigenen Worte nicht?“, schäumte sie. „Aber egal! Ein Schiff ist gerade so gut wie das Holz, aus dem es gemacht ist. Und ich habe den besten Baum, der zur Verfügung steht, als den meinen gekennzeichnet und gebe ihn nicht mehr her. Schluss mit der Debatte!“
Ulrik aber schien kaum zuzuhören, während er eingehend einen anderen Baum betrachtete, der sogar noch größer als Astrids Favorit und ebenso gerade gewachsen war. Allerdings balancierte er halbentwurzelt auf dem Hügelkamm, weshalb es ein großes Wagnis darstellte, ihn zu schlagen. Dies war der Grund, dass die junge Frau diese Eiche von vornherein vom Fällen ausgeschlossen hatte.
„Glaubst du wirklich, ein Stofffetzen reicht, um den Baum mit Beschlag zu belegen?“, fragte Ulrik, indem er Astrids Augen gänzlich unaufgeregt mit den seinen begegnete.
„Jedenfalls werde...




