Mügge | Der Vogt von Sylt (Historischer Roman) | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 300 Seiten

Mügge Der Vogt von Sylt (Historischer Roman)


1. Auflage 2015
ISBN: 978-80-268-4619-2
Verlag: e-artnow
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 300 Seiten

ISBN: 978-80-268-4619-2
Verlag: e-artnow
Format: EPUB
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Dieses eBook: 'Der Vogt von Sylt (Historischer Roman)' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Theodor Mügge, eigentlich Friedrich Theodor Leberecht Mücke (1802-1861) war ein deutscher Schriftsteller und Verfasser von Abenteuerromanen. Wie die Romane mit dem Hintergrund des nordischen Lebens Mügges beste poetische Leistungen waren, so ragten auch unter seinen Reisebildern die Schilderungen aus dem Norden besonders hervor, und bei glücklicher Auffassung der geographischen und ethnographischen Eigentümlichkeiten der durchstreiften Länder werden darin auch die politischen Verhältnisse mit Sachkenntnis besprochen. Aus dem Buch: 'Die Menschen, welche vorübergingen, grüßten ihn zum öfteren, namentlich thaten es die Armen, denen er gut bekannt sein mußte. Er war ein Mann von vielleicht vierzig Jahren, aber er mußte sehr krank gewesen sein, denn er sah viel älter aus. Sein Gesicht war gelb und hager, sein Auge matt und langsam, sein großer Körper gebeugt und zusammengezogen; dennoch aber lag ein Ausdruck von Schönheit und Stärke in seiner breiten hohen Stirn und sein halb ergrautes Haar, das in ungemeiner Fülle bis auf den Nacken niederfiel, machte seinen Anblick noch fremdartiger und auffallender.'

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Zweites Kapitel.


Am nächsten Morgen schaukelte dicht unter der Klippe eine zierliche Schlupp, die sich möglichst nahe ans Land gelegt hatte. Zwei rasche junge Seeleute waren geschäftig, das große Gaffelsegel zu kürzen, die Klüver aufzurollen und das Tauwerk in Ordnung zu bringen. Der Himmel war mit Wolken bedeckt, die schnell ihren Flug gen Südost fortsetzten, bald brach Sonnenschein zwischen ihren Spalten hervor, bald wieder verschwand er unter den dunklen Massen.

Die Flut drang mit Macht durch den schmalen Meeresarm, der die Insel von der Düne trennt und wälzte mächtige Wogen herein, die donnernd ihren Schwall an das Felsenufer schickten und am Pfahlwerk aufstäubten. – Eine Menge müßiger Fischer und Lotsen standen dort in der gewöhnlichen Trägheit beisammen, die dem Seevolk eigentümlich ist, so lange es zum Handanlegen weder Gelegenheit noch Gewinn sieht. – Alte und junge Leute aus kurzen Pfeifen rauchend, die Reste eines Dinges auf den Köpfen, das eingedrückt, verbogen, ohne Krempen und zerrissen, von ihnen Hut genannt wurde, in ungeheueren Wasserstiefeln und grauen weiten Zwillichhosen, plauderten gemeinsam, indem sie die Arbeiten auf der Schlupp und den Himmel betrachteten.

Dann und wann kam mehr Leben in diese Gesellen, wenn unter dem dumpfen Rollen der Brandung eine der höchsten Wogen weit über die Pfählung flog und die neugierigsten mit einem Sprühregen schwerer Tropfen zurückscheuchte. Ein allgemeines Gelächter begleitete ihre Flucht, die so eilig war, als sei die Durchnässung ihnen so unangenehm, wie den ehrsamen Spießbürgern des Binnenlandes.

Endlich kam ein Mann, dem das Haar zu grauen begann und dessen Gesicht Redlichkeit und Verstand ausdrückte. Er richtete seine klugen Augen auf die Schlupp und sagte dann mit einer gewissen warnenden Betonung: »Will denn Jens Lornsen wirklich diesen Morgen fort?«

»Ja, Andersen Simens, er will fort, du siehst es.« erwiderte ein alter Mann.

Der andere schüttelte den Kopf. »Habt ihr nichts dazu gesagt?« fragte er weiter.

»Wir haben mit ihm gesprochen,« war die Antwort, »aber er meint, die Schlupp hält es aus.«

In diesem Augenblick kam Lornsen mit dem Staatsrat und seiner Tochter die Treppe herunter, die von der Höhe des Felsens an den unteren Strand, den einzigen Landungsplatz, führt, und näherte sich nach wenigen Minuten der Stelle. – Zwei Männer trugen das Gepäck der Reisenden, die munter und guter Dinge waren. Das Fräulein lachte über ihres Vaters Stoßseufzer wegen der zahllosen spitzen Steine und des fauligen Geruchs, den die Haufen Seetang verbreiten, welche die Wellen ausgeworfen hatten, ohne daß einer der vielen müßigen Schelme, die hier umherlungerten, wie er sagte, es der Mühe wert hielt, etwas zur Verbesserung des Weges zu thun. Jens trug den Mantel der Dame samt ihrer Kappe von schwarzem Wachstaffet über dem Arm und stimmte in ihre Fröhlichkeit ein, während seine Augen Segel und Tauwerk der Schlupp musterten und nichts seiner Aufmerksamkeit zu entgehen schien.

»Bringt die Jolle heran,« rief er den beiden Männern zu, die, als sie ihn erblickten und seinen Befehl hörten, sogleich in das kleine Boot sprangen. Plötzlich aber fühlte er sich am Arm ergriffen und sah, daß es Andersen Simens war.

»Guten Morgen und Lebewohl zu gleicher Zeit, mein wackerer Freund,« sprach er, »Ich war gewiß, dich hier zu finden.«

Er redete in friesischer Sprache, die keine Unterschiede der dritten Person kennt. »Jens Uve,« erwiderte der Freund, seine Hand fest haltend, »du sollst uns heut nicht verlassen. Siehst du dort unten die schwarzen Hände des Himmels und vor dir die weißen Köpfe in der See?«

»Ich sehe alles,« rief Jens unbesorgt lachend; »ich sehe was vorgeht über mir und neben mir, weiß auch, was ich unter mir habe.«

»Ein wackeres Schiffchen, dicht und drall, Hanf und Leinen in bester Ordnung, Ballast unten und jeder Kloben fest. Aber Menschenkräften und Menschenwerk ist ein Ziel gesetzt, darüber hinaus kommen beide nicht; auch dem besten kann es zu viel werden.«

»Höre, Andersen,« fiel der junge Mann lebhaft ein, »du weißt gewiß, daß ich nicht die geringste Lust habe, mich von Haien auffressen zu lassen, aber ebensowenig habe ich Lust, deine Klagetöne anzuhören, als läge im Hause eine Leiche und die Klageweiber säßen auf der Schwelle. So gut es auch gemeint ist, ich sage dir, ich will heut abend in Sylt an meines Vaters Herd sitzen und das erste Glas auf dein Wohl leeren.«

»Wärst du ein anderer, der du bist,« sprach Andersen, ohne sich irre machen zu lassen und auf den lustigen Ton einzugehen, »wärst du ein tollköpfiger Junge, der heraus will, um den hungrigen Wolf kennen zu lernen, der ihm die weißen Zähne zeigt, so würde ich sagen: ›Fahre hin und sieh zu, daß er dich nicht beißt.‹ Aber deines Vaters Sohn hat mehr zu verlieren als sein armseliges Leben. Auf dir ruhen die Blicke deines Volkes, die Hoffnungen deiner Freunde. Du Hast viel zu verantworten, Jens Uve, wenn du nicht, wie ein Mann, klug überlegst, ehe du handelst.«

»Nun, bei allen Geistern und Hexen, die jemals über Wiesen und Deiche um Mitternacht tanzten,« rief Jens lachend, »was soll ein kluger Mann nicht alles thun. – Sieh den alten Herrn dort, Andersen, er hat mir gestern gesagt, was klug sei, aber daß ich hier bleiben soll, davon sagte er nichts, und er ist ein Staatsmann, ein Baron und ein Däne, drei Dinge, die sich zu den weisesten in der ganzen Welt zählen. Seinetwegen und wohl mehr noch des schönen Mädchens wegen, die so viel Mut wie der beste Mann hat, will ich's wagen und wenn der Wind aus meiner Mutter Schürze bliese.«

Währenddessen war die Jolle ans Land gerudert und hatte das Gepäck der beiden Reisenden aufgenommen. Der Baron bezahlte die Träger und hatte ihnen sicher reichlich gegeben, denn sie machten frohe Gesichter.

»So sind wir denn zu Ihren Diensten,« rief er dem jungen Manne zu, »und haben, Gott sei Dank! hier nichts weiter zu schaffen.«

»Wenn du es nicht um deiner selbst wegen thust,« sagte Andersen mit lauter Stimme und in deutscher Sprache, »so thue es dieser beiden Leute wegen.«

»Was ist es denn?« fragte der alte Herr, »Meinen Sie, daß wir nicht hinüber können?«

»Hinüber!« versetzte Andersen, mit einem schwermütigen Ausdruck in seinem milden Gesicht; »o ja, es ist möglich – hinüber kommen wir alle, früher oder später.«

»Glauben Sie, daß wirkliche Gefahr dabei ist?« fragte der Baron, die Gesichter der Umstehenden betrachtend.

»Das ist kein Wetter, um hinauszugehen,« fuhr der alte Seemann fort, »wenn es die Nacht über heftig geweht hat und der Wind nach Norden umsetzen will.«

»Wenn die Schlupp nicht sicher ist,« sagte der Baron, »oder vielleicht – verzeihen Sie, Herr Lornsen – auf der Insel sich ein Mann findet, der uns besser nach Husum zu führen vermag, so will ich gern Vorschläge hören.«

»Das nicht,« erwiderte Andersen, »Die Schlupp ist so sicher, wie sie sein kann, und wenn es einen Mann giebt, dem ich mein Leben anvertrauen möchte, so ist es Jens Lornsen. Aber alles hat seine Zeit und sein Ende.«

Der Baron war bedenklich geworden. Er sah die Fischer an, die mit ihren mageren Körpern und harten Gesichtern einen Halbkreis um ihn bildeten, dann den hastigen Zug der Wolken, das Boot und das dumpfe Stöhnen der Brandung, die es hoch aufhob und wieder nieder warf; endlich Jens, der mit untergeschlagenen Armen ruhig vor sich hin auf die Schlupp blickte und seine Tochter, welche Muscheln aufhob und die langen Fäden des Seetangs untersuchte.

»Was sagen Sie, Herr Lornsen?« rief er endlich.

»Ich sage, daß dieser wackere Mann, mein Freund Andersen, nicht so ganz unrecht hat, wenn er uns schwere Fahrt prophezeit. Die See geht hoch und kann leicht noch höher gehen. Wie die Sache aber jetzt steht, scheint mir eigentliche Gefahr nicht vorhanden. Wollen Sie besser Wetter abwarten, so ist wohl möglich, daß es schon morgen kommt, möglich aber auch, daß es lange anhält und ärger wird.«

»Das heißt also, Sie werden jedenfalls den Versuch wagen?«

»Ich denke, daß ich es wagen kann,« erwiderte Lornsen mit ruhiger Sicherheit.

»Entscheide du, Lina,« rief der alte Herr seiner Tochter zu.

Die Dame warf die Muschel fort, welche sie betrachtete und sagte lächelnd: »Da unser Kapitän guten Mutes ist, warum sollten wir ihn verlieren? Keinem besseren Mann kann man sich anvertrauen, sagte der wackere Herr dort. – Ich bin gewiß, daß eine wirkliche Gefahr uns nicht droht, denn wenn sie drohte, würden wir alle hier bleiben. Ein wahrhaft mutiger Mann wagt nichts, was er nicht zu bestehen glaubt.«

Lornsen ließ die Arme sinken. Die kalte Ruhe seines Gesichts belebte sich in einem Ausdruck der Freude. – Ohne ein Wort zu sagen, trug er sie über die nassen Steine in das Boot, einen Augenblick später saß auch der alte Herr darin. Dann drückte er dem Freunde die Hand, der noch immer ermahnende Worte sprach und nun stieß er rasch von dem Steine ab und die Jolle flog über die Brandungswellen.

»Reef doppelt und beschlag deinen Stag!« schrie ihm der Seemann nach. Jens nickte. In derselben Minute war er am Bord der Schlupp und half seinen Gästen die kleine Treppe hinauf.

»Hier erst,« sprach er, »danke ich Ihnen nochmals für Ihr Vertrauen. Was dies kleine Schiff an Bequemlichkeiten bieten kann, ist zu Ihrem Befehl. Es ist wenig genug, aber ich hoffe noch immer, daß unsere Reise kurz sein wird.«

Mit diesen Worten führte er sie in die Kajüte hinab, die geräumiger war, als man...



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