Müller-Braun | Das Auge des Adlers | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Müller-Braun Das Auge des Adlers

Eintracht Frankfurt-Krimi
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-95542-366-7
Verlag: Societäts-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

Eintracht Frankfurt-Krimi

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

ISBN: 978-3-95542-366-7
Verlag: Societäts-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



19. Oktober 2018: Als Ex-Hooligan und Sportredakteur Severin kurz vor dem Spiel der Eintracht gegen Fortuna Düsseldorf einem auffälligen Ordner bis in die Tiefgarage folgt, wird er Zeuge zweier Morde und selbst schwer verletzt. Lydia, die als stellvertretende Pressesprecherin der Eintracht zum Tatort gerufen wird, findet kurz darauf einen Sprengsatz an der Fankurve. Als der Verdacht auf Severins Freund Mic fällt, bittet Severin Lydia um Hilfe und sie beginnt zu begreifen, dass mehr hinter all dem steckt, als die Polizei vermutet. Ihre Ermittlungen ziehen sie nicht nur in einen Sog aus Intrigen, Verrat und weiteren Morden, sondern vor allem Severin wieder tiefer hinein in die Szene. Als sie selbst ins Fadenkreuz der Ermittlungen und ins Visier des Täters geraten, beginnt ein gefährlicher Wettlauf gegen die Zeit. Wer ist für all die Taten verantwortlich? Und steht Severin ihm nur im Weg, oder hat der Täter ganz andere, persönliche Motive?

Dana Müller-Braun wurde Silvester '89 in Bad Soden am Taunus geboren. Geschichten erfunden hat sie schon immer - mit 14 Jahren fing sie schließlich an ihre Fantasie in Worte zu fassen. Als das Schreiben immer mehr zur Leidenschaft wurde, begann sie Germanistik, Geschichte und Philosophie zu studieren und veröffentlichte schließlich 2017 ihren Debütroman, auf den weitere Bücher folgten.
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1


FREITAG, 19. OKTOBER 2018, 20.10 UHR

SEVERIN


Nächster!“
Ich sehe mich unruhig um. Es sind weder der Lärm noch die vielen Menschen, die mich so höllisch nervös machen. Nein, es ist mein eigenes Ich. Ein Ich, das ich eigentlich vor langer Zeit begraben habe. Ein vergangenes Ich, das, so oft ich es auch versucht habe mir einzureden, noch zu mir gehört.
Mir schießt ein Seminar aus der Uni durch den Kopf. Mein Zweitfach war Philosophie, und ein Kommilitone bestand während einer hitzigen Debatte darauf, dass man sich nie ganz von seiner Vergangenheit trennen könne. Er war der Überzeugung, dass man sie annehmen müsse, um der Mensch zu sein, der man sein will. Ich hielt damals vehement dagegen, obwohl ein Teil von mir genau wusste, dass er recht hatte und ich es einfach nicht wahrhaben wollte.
„Bestellen Sie jetzt was?“, brummt ein bärtiger alter Mann hinter mir, die Eintracht-Kappe tief ins Gesicht gezogen, und schubst mich unsanft nach vorne.
„Wirklich freundlich“, nuschle ich zurück und atme genervt ein, als mich die Augen der Rothaarigen hinterm Tresen beinahe zu durchbohren drohen. „Eine Bratwurst … im Brötchen. Bitte“, gebe ich halbherzig meine Bestellung auf und beobachte, wie sie eine der Würste in ein Brötchen schiebt und mir reicht. „Senf steht dahinten.“
Ich habe keine Lust auf weitere Kommunikation und schon gar nicht auf unfreundliche Begegnungen, also nicke ich nur. Ich will einfach nur meinen Job machen und wieder nach Hause fahren.
Als ich jedoch gerade mein Brötchen genommen und der Frau ihr Geld in die Hand gedrückt habe, schiebt sich ein stämmiger, großer Mann an mir und dem Bärtigen vorbei und rammt mich regelrecht gegen die Theke, sodass mir das Brötchen aus der Hand gleitet und auf den Boden fällt. Na klasse.
„Können Sie nicht aufpassen?“, dringt die monotone Stimme der Wurstverkäuferin an meine Ohren. Wut kocht in mir hoch, doch ich wende mich mit der mir wohlbekannten Mischung aus Zorn und Verschämtheit ab und sehe dem Mann hinterher. Trägt er etwa die gelbe Weste der Ordner, die um diese Zeit längst irgendwo in der Arena nach dem Rechten sehen oder an den Eingängen die Zuschauer kontrollieren sollten? Ich war zu lange nicht hier, weshalb ich meine Augen zusammenkneife, um die Beschriftung erkennen zu können. SECURITY. Ganz eindeutig einer der Ordner, aber was macht er hier draußen zwischen all den johlenden Fans? Ist etwa irgendetwas passiert, oder warum hat er es so eilig, dass er Zuschauer ihres Abendessens beraubt? Könnte natürlich aber auch sein, dass ich heute eine fette Aufschrift auf dem Rücken trage, man solle mich doch bitte ein wenig herumschubsen. Würde zu mir passen.
Ich verenge nachdenklich meinen Blick, lasse meine Augen noch ein letztes Mal über die unglaublichen Menschenmassen hier hinter der Haupttribüne wandern, bevor ich mich dazu entschließe, ihm nachzugehen. Aus dem Innenraum wabert bereits der mir immer noch so vertraute Gesang herüber … Wir holen den DFB-Pokal und wir werden … „Deutscher Meister!“, höre ich mich selbst mit einem Grinsen im Gesicht skandieren. Ich hole mein Handy heraus, ignoriere die tausend WhatsApp-Nachrichten von Achim und werfe einen Blick auf die Uhrzeit. Viertel nach acht. In einer Viertelstunde geht das Spiel gegen Düsseldorf los. Als ich das letzte Mal hier war, stand der Gästetrainer noch auf unserer Seite. Jetzt spielt er mit seiner neuen Mannschaft gegen meinen Verein. Der Gedanke fühlt sich falsch an. Nein, nicht wegen des Trainers. Wegen mir. Obwohl der Verein immer ein Teil von mir sein wird, ist er jetzt nur noch ein Fußballverein, über den ich hin und wieder schreiben darf. Er gehört nicht wirklich zu mir. Nicht mehr.
Ich beschleunige meine Schritte, um den Ordner nicht in der Menge zu verlieren. Sein Auftritt hat mich neugierig gemacht. Die Schleuse, die er sich durch die Menschen gegraben hat, verschwindet schneller, als ich folgen kann. Trotzdem schlängle ich mich irgendwie hindurch und bleibe an ihm dran.
Presse, steht in fetten Buchstaben über dem Zugang, den er gerade passiert. Vielleicht hat er tatsächlich nur seine Einsatzzeit verschlafen und versucht jetzt auf kürzestem Weg an seinen Platz zu gelangen. Doch der Hüne stapft die Treppe hinunter und biegt zur Tiefgarage ab. Meine journalistische Neugier ist nun endgültig geweckt. Für einen Einsatz unterm Rasen ist der Bursche schließlich dreimal zu spät dran. Noch zehn Minuten bis zum Anpfiff. Da gibt es da unten nur noch eine Handvoll Nachzügler und unendlich viel Blech.
Verdammt. An der nächsten Tür erwartet uns ein Ordner. Er lässt den Kollegen mit einem fragenden Blick durch, und ich setze meine geschäftsmäßige Miene auf, als er mich anhalten will. Und tatsächlich wirft er nur einen flüchtigen Blick auf den Presseausweis, der an einer Kette um meinen Hals baumelt, und macht keine Anstalten, mich aufzuhalten.
„Wohl den Kuli vergessen“, höre ich ihn hinter mir noch sagen. Klar, den imaginären Kuli in meinem nicht vorhandenen Auto. Autos können sich Leute leisten, die nicht wie ich dumme kleine Spielberichte schreiben. Aber das muss der Kerl ja nicht wissen.
Ich biege rechts ab, so wie der Ordner vielleicht 15 Meter vor mir, und folge nun lediglich dem Hall seiner Schritte. Sehen kann ich ihn im engen Labyrinth der Tiefgarage nicht mehr.
Etwas an all dem stimmt nicht. Mein Chef sagt zwar immer wieder, dass ich die schlechteste Spürnase der gesamten Hemisphäre hätte, was eine gute Story angeht, aber vielleicht ist das hier genau der richtige Zeitpunkt, um ihm das Gegenteil zu beweisen. Ein Ordner, der … ja, was? Der vielleicht einfach zu spät ist? Oder dringend nach Hause muss, weil seine Frau ein Kind bekommt und einfach nur eilig zu seinem Auto will?
Trotzdem ist es seltsam, dass es hier so verdammt dunkel ist. Zu dunkel, wenn ich mir die vielen Neonröhren über mir ansehe, die ausgeschaltet sind.
„Oh, Severin“, raune ich mir selbst zu, als ich begreife, dass der Chefredakteur der Frankfurter Post sicher einen Grund hat, an meinem Riecher zu zweifeln. Mal wieder jage ich einem Phantom hinterher. Typisch.
Ein Schrei lässt mich zusammenzucken. Der Schrei einer Frau, der aus dem spärlich beleuchteten Nichts der nächsten Ebene kommt, lässt meinen Nacken prickeln und meinen Puls ins Stolpern geraten.
Die Gänge und Rampen strömen eine seltsame Atmosphäre aus. Warum ist hier niemand? Warum ist es so leer? Ich schüttle den Kopf, um wieder ein wenig klarer zu werden. Mich nicht von diesem flatternden Gefühl in meiner Brust ablenken zu lassen und so zu tun, als wäre ich hier in einem waschechten Hitchcock-Film gelandet. Natürlich ist hier niemand. Sie sind alle schon oben, und die, die hier arbeiten, sind wahrscheinlich irgendwo eine rauchen.
Ich laufe weiter. Eigentlich stolpere ich viel eher um die nächste Ecke und die nächste Rampe hinauf, diesen Schrei noch immer in meinen Ohren. Und ganz plötzlich steht da der Kerl in seiner schreiend gelben Weste. Ich hätte ihn fast über den Haufen gerannt. Seine Augen treffen auf meine. Grüne Augen, die entgegen meiner Erwartungen nicht böse, sondern eher panisch aussehen. Verängstigt.
Seine Lippen beben. Dann senkt er den Kopf Richtung Boden. Ich folge seinem Blick und brauche eine halbe Ewigkeit, um zu realisieren, was ich da sehe.
Wie von einer fremden Macht geleitet, weiche ich einen Schritt zurück. Weg von der blutüberströmten Frau zu Füßen des Ordners.
„Ich wollte das nicht“, wispert er mit rauer, fassungsloser Stimme. Aber ich höre ihn kaum. Höre kaum noch das Tosen der Menge draußen, die mit dem Polizeichor das Eintracht-Lied angestimmt hat. Da ist nur noch das leise Wimmern der Frau zu seinen Füßen.
„Ich …“, beginne ich zu stottern und weiche einen weiteren Schritt zurück. „Ich … hole Hilfe.“
Der Kerl schaut wieder auf, greift sich kurz ans Ohr. Nestelt daran herum.
„Das wirst du nicht …“ Jetzt hört er sich ganz und gar nicht mehr fassungslos an. Im Gegenteil. Seine Stimme ist bedrohlich. Er macht einen Schritt auf mich zu. Blut spritzt dabei von seiner Stiefelspitze auf den Boden. Das Blut der Frau, die gerade aufgehört hat zu atmen. Jede Faser meines Körpers schreit mich an, wegzurennen. Wieder zu Bewusstsein zu kommen. Das hier zu überleben. Und trotzdem ist es, als wäre mein Körper festgefroren. Zu Stein erstarrt.
„Was machen Sie hier unten?!“, zerschneidet eine weibliche Stimme die Stille. Die Frau vom Wachdienst steht plötzlich vor uns.
Ich will sie warnen. Will ihr sagen, dass sie wegrennen soll, doch da tritt sie bereits wutschnaubend vor mich und realisiert erst viel zu spät, dass der Ordner ein Messer in der Hand hält und nun sie ins Visier genommen hat.
„Und warum sind Sie nicht draußen am Spielfeldrand?“, fragt sie zornbebend und offenkundig genervt, bis ihr Blick hinunter wandert – dorthin, wo seine Schuhe blutrote Abdrücke hinterlassen haben.
„Passen Sie auf!“, stoße ich hervor, als ich endlich meine Stimme wiedergefunden habe, doch da packt er sie bereits und rammt auch ihr das blutige Messer in den Bauch.
„Nein!“, schreie ich und will auf ihn zustürmen. Ihn aufhalten. Aber es ist zu spät. Ihr Blut tränkt bereits das Weiß der hübschen Bluse, die sie unter ihrer blauen Weste trägt.
„Mich darf keiner sehen. Verstehst du?!“, schreit mich ihr Mörder panisch an und lässt den Körper der Frau los. Er sinkt leblos zu Boden.
Mein Blick wandert zu seiner rechten Hand mit dem blutverschmierten...


Dana Müller-Braun wurde Silvester ’89 in Bad Soden am Taunus geboren. Geschichten erfunden hat sie schon immer – mit 14 Jahren fing sie schließlich an ihre Fantasie in Worte zu fassen. Als das Schreiben immer mehr zur Leidenschaft wurde, begann sie Germanistik, Geschichte und Philosophie zu studieren und veröffentlichte schließlich 2017 ihren Debütroman, auf den weitere Bücher folgten.



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