E-Book, Deutsch, 317 Seiten
Müller-Jahnke Gedichte
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8496-3231-1
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 317 Seiten
ISBN: 978-3-8496-3231-1
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Clara Müller-Jahnke war eine deutsche Dichterin, Journalistin und Frauenrechtlerin. Sie galt in ihrer Zeit als führende sozialistische Dichterin und machte insbesondere mit ihren agitatorischen Arbeitergedichten auf die Lage der Arbeiter und der Frauen aufmerksam. Dieser Sammelband beinhaltet ihre schönsten lyrischen Schöpfungen.
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Nicht im Rosenschmuck der Jugend
fand ich dich und liebt ich dich,
grau schon ringelten die Locken
um der Stirne Weisheit sich,
doch in deinem Kusse lodert
ungezähmte Jugendkraft,
stimmt die Harfe meiner Seele
zur Musik der Leidenschaft. –
Deine grauen Haare bergen,
was in deiner Seele ruht,
wie die Asche des Vulkanes
Zeuge ist der innern Glut,
und aus deiner Augen Tiefen,
sprühet blitzend, göttlich rein,
ewig junges Leben kündend,
deines Geistes Feuerschein.
Die ewige Braut
So lebt sie schon seit vielen Jahren,
ach, ohne Jammer, ohne Lust –
sie trägt Juwelen in den Haaren
und goldne Ketten auf der Brust.
Und doch vergißt sie nicht zu pflegen
der Myrte Reis, ein letztes Pfand,
das einst auf seiner Brust gelegen,
als schon sein Herze stille stand.
O einmal noch!
O einmal noch den Goldpokal
an meine Lippen setzen,
in hast'gem Zug zum letztenmal
mit sprüh'ndem Schaum sie netzen!
O einmal nur in jäher Lust
auflodern und – verderben, –
dann mag verwehn der Rosenblust,
dann schmettert hin, ihr Scherben!! –
Gewandert bin ich ohne Stern,
fand nirgends Ruh und Segen,
das holde Glück zog meilenfern
vorüber meinen Wegen;
Zuweilen klang in stiller Nacht
sein Ruf mir leis und linde,
er klang so süß, er lockt mit Macht
und ist verweht im Winde – – –
Du lichte Welt, du grüner Hag,
geschmückt mit Blumenkränzen,
du sonnengoldner Sommertag,
nicht mir gilt euer Glänzen!
Verrauscht, verrauscht ist Spiel und Tanz,
es welkt das Grün der Linde:
Auf meinem Grab der Totenkranz,
bald flattert er im Winde!
O einmal noch den Goldpokal
an meine Lippen setzen,
in hast'gem Zug zum letztenmal
mit sprüh'ndem Schaum sie netzen!
O einmal nur in jäher Lust
auflodern und verderben, – – –
dann mag verwehn der Rosenblust,
dann schmettert hin, ihr Scherben!
Tiefes Schweigen
Aus dem Schleier lichter Wolken
lächelt matt der Sterne Schein
auf die dunkle Welt hernieder,
auf den totenstillen Hain.
Lautlos ruht das Reh des Waldes,
lautlos steht des Waldes Baum,
und, von Geisterhand gesponnen,
deckt die Welt ein tiefer Traum.
Lautlos, wie des Waldes Schweigen,
ist der Menschenseele Schmerz –
Sterne blicken aus dem Schleier
lichter Wolken niederwärts.
Winternacht
Die lange, lange, dunkle Nacht
hab ich durchwacht,
mit Seufzen und in Tränen
tät sich mein Herz aus öder Qual
dem Sonnenstrahl,
dem Licht entgegensehnen.
Und nun es kommt – wie bleich und kalt:
es wogt und wallt
des Nebels Wahngebilde, –
zu Eis erstarrt die Träne – ach!
ein Wintertag
liegt über dem Gefilde!
Gewitterstimmung
Ueber das Meer hin zuckt der Blitz. –
Wehklagend neigen die Häupter der Eichen
sich vor dem rasenden Sturm; –
aber im Schatten der Wetterwolke,
fahl überflutet von wechselndem Zwielicht,
wogenumrauscht und weltvergessen
liegt der Ort, da die Sturmverschlagnen
Frieden endlich, die Müden alle
Ruhe finden und schlafen – schlafen.
Ruhe finden und endlich schlafen! –
Und nach dem Sturm, wenn die Donnerschläge
lange verhallt, wenn am Himmelsrande
müde die letzten Blitze flackern, –
dehnt sich noch immer die uferlose
Wüste weinender grauer Wolken, –
dehnt sich des Lebens endlose Leere,
wenn der Sturm in der Brust verrauscht.
Ruhe finden und endlich schlafen! –
Ja, ich grüße dich, heilige Erde,
die die Hoffnungen nie erfüllte,
alle die sturmgeknickten Knospen,
alle die blitzgetroffnen Blüten,
die den Garten des Lebens schmückten,
gnädig mit grünem Schleier deckt!
Ja, ich grüße dich, Hafen des Friedens;
sehnend wendet der Wandermüden
Blick sich nach dir. –
Ueber das Meer hin zucken die Blitze – – –
Die Fahrt des Lebens
Goldbeglänzt von Abendglut
träumt das Meer in Frieden;
lieblich tanzen auf der Flut
singende Sylphiden.
Fremdmelodisch klingt ihr Wort,
lockend ihre Töne, – – –
und du stehst an Schiffesbord,
lächelst ihrer Schöne, – – –
wie sie matt vor dir entstehn,
leuchtend sich entfalten,
grüßen und – vorübergehn,
wechselnde Gestalten.
Und mit jedem Bild des Scheins
allgemach entschwinden
wird ein Teil von deines Seins
innerstem Empfinden,
wird mit jedem Wesen, das
flüchtig schwebt von hinnen,
auch in deinem Stundenglas
Korn um Korn verrinnen, – – –
wird die Nacht den Ozean
finstern Blicks umschweben,
wird des Meeres glatte Bahn
wogend sich erheben. – – –
Dunkel wird's und schauerlich,
nun die Farben blassen,
nun der Jugend Träume dich,
treulos dich verlassen.
Kalt und einsam stehst du noch,
ob die Winde stürmen,
ob die Wogen bergehoch
um dein Schiff sich türmen.
Traumhaft wird dir manchmal sein,
ob aus Meerestiefen,
matt beglänzt von Sternenschein,
Geisterstimmen riefen –
und es wird ein bleiches Weib
aus den Fluten steigen,
weiß umwallt den schlanken Leib
mild sich zu dir neigen.
Gegen Morgen geht ihr Pfad . . .
– wie die Winde wehen:
Sehnsucht wird am Steuerrad
deines Lebens stehen,
wird mit leiser Geisterhand
deinen Kahn regieren,
sicher ihn zum Heimatland
deiner Träume führen.
Heimkehr
Die Abendglocken tönen
hinaus ins stille Land –
die Weizenfelder glühen
im letzten Sonnenbrand...




