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E-Book

E-Book, Deutsch, 109 Seiten

Müller Legenden 5

Das Bloody Mary Ritual
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-8187-2253-1
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Das Bloody Mary Ritual

E-Book, Deutsch, 109 Seiten

ISBN: 978-3-8187-2253-1
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Bloody Mary gibt es wirklich! Das zumindest glauben Luisas Schüler, als eine von ihnen stirbt. Alle Versuche, sie von diesem Irrglauben abzubringen, scheitern. So fasst Luisa einen folgenschweren Entschluss. Die Teile sind unabhängig voneinander in beliebiger Reihenfolge zu lesen. 1. Das Fahrstuhlritual 2. Die verfluchte Puppe 3. Wachul, der Alte 4. Der Werwolf 5. Das Bloody Mary Ritual 6. Corner Game 7. Brieselanger Lichter 8. Voodoo 9. Die verschwundene Stadt 10. Stranger 11. Das 11-Meilen-Ritual 12. Das Zwillingsspiel 13. Das japanische Neujahrsritual 14. Das Türenspiel 15. Spaltgeister 16. Chupacabra 17. Die drei Könige

Die 1974 in Berlin geborene Dana Müller ist von allem Okkulten und Übersinnlichen so fasziniert, dass sie sich zwischen Horror und Fantasy pudelwohl fühlt. Ihre Ideen begegnen ihr oft im Traum. Im Wald findet sie die notwendige Ruhe, um den Geist freizubekommen und der Inspiration freien Lauf zu lassen. Ebenso begeistert ist sie seit früher Jugend vom Geschichtenerzählen. Um die Grundlagen des schriftstellerischen Handwerks zu erlernen, absolviert sie 2013 erfolgreich das Fernstudium »Kreatives Schreiben«. Seitdem ist sie nicht zu bremsen. Sie erfindet unaufhörlich neue Geschichten und Charaktere. 2017 erblickt die Buchreihe »Legenden« das Licht der Welt, die bis heute regelmäßig erweitert wird.
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Überraschung



Auf dem Heimweg kehrte sie rasch in den Supermarkt ein. Doch auf den Einkauf konnte sie sich kaum konzentrieren, denn die Aussagen ihrer Schüler schwirrten Lu im Kopf herum. Und als ihr eine Flasche Ketchup aus der Hand glitt und auf den Steinfliesen zerschellte, hielt sie es nicht mehr aus. Sie betrachtete das Rot und dachte zwangsläufig an die Legende der Bloody Mary.

Etwas schnürte ihre Kehle zu, ganz so, als hätte die Tote aus dem Mythos Luisas Hals gepackt. Kurzschlussartig ließ sie ihren Einkaufswagen stehen und rannte an der Kasse vorbei an die frische Luft. Das Atmen fiel ihr schwer. Nur mit Mühe sog sie den Sauerstoff ein, den sie so dringend brauchte. Sie musste um jeden weiteren Atemzug kämpfen. Der Weg in die Lunge schwoll zu. Nur ein stecknadelkopfgroßer Kanal blieb, durch den sich ihr Atem hin-durchpresste. Ein Pfeifen ertönte und ein Karussell setzte ein, das Luisa in seinen schnellen Umdrehungen mit sich riss.

Gedämpftes Stimmgewirr drang in Luisas Kopf. Ihr Schädel brummte, sie öffnete die schwerfälligen Lider. Eine Menschentraube hatte sich um sie versammelt. Sensationsgierige Gaffer starrten sie an. Junge wie Alte versuchten, einen Blick auf das Unglück zu erhaschen.

»Alles okay«, beteuerte Lu und probierte sich aufzurichten. Ein Mitarbeiter der Filiale eilte ihr zu Hilfe und stützte Luisas Ellenbogen. Eine Kollegin gesellte sich zu ihm und nahm ihren anderen Arm.

»Brauchen Sie einen Krankenwagen?«, fragte die junge Brünette, deren kurzes Haar dem plötzlich aufgekommenen Wind strotzte. Auf dem Namensschild stand in gedruckten Buchstaben Gabi geschrieben.

»Nein danke, es geht schon.«

»Herrschaften, hier gibt es nichts zu sehen«, rief ihr Retter und die Menschenmenge löste sich träge auf.

»Sie können mich jetzt loslassen«, sagte Luisa, aber der Mann bestand darauf, ihr zumindest ein Wasser anzubieten, wenn sie schon keinen Krankenwagen wollte.

Sie wollte keinen Aufstand machen, so fügte sie sich und ließ sich in das Personalbüro des Ladens bringen.

»Passiert Ihnen das öfter?«, wollte Gabi wissen.

Lu überlegte kurz. Tatsächlich hatte sie seit Kurzem mit Schwindelattacken zu kämpfen. Sie nickte verhalten, während ihre Gedanken noch bei den letzten Tagen verharrten. Übel war ihr gewesen und sie war ständig müde. Heute war es ihr ein wenig besser gegangen, wenn man mal von der Ohnmacht absah.

Gabi setzte ein warmes Lächeln auf. »Wie weit sind sie?«

»Wie bitte?«, Luisa verstand nicht, worauf die Frau hinauswollte.

Sie hatte sich was eingefangen, das war fast sicher. Irgendeinen Bazillus, der ihr das Leben erschwerte, der von ihrem Immunsystem bekämpft wurde und so langsam den Rückzug antrat. So fühlte es sich zumindest an.

»Oh je, Sie haben noch keinen Test gemacht, oder?«

Test? Lu konnte den Groschen hören, der lautstark auf dem Bo-den aufkam. Sollte sie tatsächlich schwanger sein? Nein, das war unmöglich. Sie und Jens hatten doch aufgepasst, sie hatten verhütet. »Sie irren sich«, erwiderte Luisa.

Gabi schien sich ihrer Sache sicher, denn ihr Lächeln verwandelte sich in ein breites Grinsen. »Oh, das dachte ich auch immer. Und ich wurde jedes Mal eines Besseren belehrt. Leben sucht sich einen Weg, immer.«

»Jedes Mal?«, hinterfragte Lu.

»Vier Mal, um genau zu sein.«

Das hatte sie nicht erwartet. Die junge Frau war schlank und zierlich. Niemals hätte sie ihr vier Kinder zugetraut.

»Trotzdem. Das ist es nicht. Ich brüte einfach was aus«, versicherte Luisa.

Neben Gabi erschien der Mann, dessen Namen sie nicht einmal kannte. Angestrengt starrte sie auf sein Namensschild, konnte aber die kleine Schrift aus der Entfernung nicht entziffern. Es schien ein Doppelname zu sein. »So, hier ist Ihr Wasser. Soll ich nicht doch lieber einen Arzt rufen?«

»Mir geht es wieder gut«, sagte Lu und nahm das Glas entgegen. Jetzt konnte sie auch das Schild entziffern. Sven-Gerhard Borsig-Bräunert.

Kein Wunder, dass ich das nicht lesen konnte. So viele Buchstaben auf so einer winzigen Fläche, dachte Luisa und trank das Glas nahezu leer.

»Vielleicht könnten Sie jemanden anrufen, der Sie abholt?«, drängte der Mann, aber Gabi widersprach.

»Ich glaube, das wird nicht nötig sein. So was wird in Zukunft bestimmt noch öfter passieren. Sie sollten einen Termin machen«, sagte sie und zwinkerte Luisa zu.

Mit einem raschen Nicken erhob sich Lu aus dem Stuhl und schob den Henkel ihrer Handtasche auf die Schulter. Sven-Gerhard Borsig-Bräunert sah sie erst verdutzt an, dann löste sich sein starrer Blick und machte Platz für ein Lächeln. »Ach so ist das«, sagte er und wollte Luisa erneut stützen, aber sie entzog ihm den Arm und bedankte sich abermals, während sie auf den Ausgang zusteuerte.

»Warum müssen Männer immer denken, wir wären in dieser Situation schwer krank?«, hörte Luisa Gabi sagen, dann zog sie die Tür hinter sich zu und hastete zum Auto.

Den Einkauf beendete sie nicht mehr. Lu wollte nur noch nach Hause und ihre Gedanken ordnen, die sich während der Heimfahrt immer stärker durcheinanderwirbelten.

Da war die Sache mit dieser dummen Legende, an die ihre Schüler glaubten. Thorsten hatte sie aufgefordert, das Bloody-Mary-Ritual zu machen. Sie hatte keine Ahnung, wie das funktionierte. Dennoch behielt sie die Idee im Hinterkopf, denn damit könnte sie ihren Schülern beweisen, dass sie einem Phantom hinterherjagten, einem Mythos, der ebenso tödlich war, wie das Lesen eines Romans.

Und dann war da noch ... Nein! Daran wollte sie nicht denken. Es mochte sein, dass sich Leben einen Weg sucht, aber in Luisas Fall hätte das Leben den Mount Everest erklimmen müssen, um anschließend auf den Grund des Mariannengrabens zu tauchen. Eine Schwangerschaft war ebenso wahrscheinlich wie der Besuch von einer fiktiven Figur.

Lu hatte sich hingelegt, um ein wenig zu entspannen. Sie kam einfach nicht zur Ruhe. Der Tod ihrer Schülerin belastete sie sehr. Außerdem entzogen ihr der Ungehorsam ihrer Klasse und die Verblendung einiger Kids den Boden unter den Füßen. Das Denken hatte sich verselbstständigt.

Während ihr Blick die Höcker der Raufasertapete an der Decke erfasste, fragte sie sich, ob es wohl irgendwelche Aufzeichnungen über dieses Ritual gab. Vor vielen Jahren hatte Luisa mal einen Film gesehen, in dem Bloody Mary Rache nahm. Aber das war eben nur ein Spielfilm. Vielleicht, so dachte sie, beruht das Drehbuch auf einer Person, die tatsächlich mal gelebt hat. Wenn sie sich recht erinnerte, hatte sie darüber gelesen, dass eine Adlige die Vorlage für Bloody Mary gewesen sein sollte.

Dem wollte sie unbedingt nachgehen. Also sprang sie regelrecht aus dem Bett und musste sich sofort am Türrahmen festhalten, denn Schwindel überkam sie. Dieser hielt zum Glück nicht lange an. Entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen, schaltete sie den Rechner ein und wartete ungeduldig darauf, dass das System hochfuhr. Sie hatte etwa zwei Stunden Zeit, bis Jens nach Hause kam. Genug für eine kleine Recherche, dachte sie und trommelte mit den Fingern auf dem Schreibtisch herum. Endlich ertönte die erlösende Melodie. Hastig tippte sie das Kennwort ein und rief den Browser auf.

BLOODY MARY gab Luisa in das Suchfeld ein. Zu ihrer Enttäuschung spuckte die Suchmaschine das Rezept für den Cocktail-Klassiker aus. Tomatensaft mit Schuss, das Ganze mit einer Prise Pfeffer abgerundet. Dafür brauchte sie kein Rezept, denn dieses Gesöff trank ihre Mutter. Als sie noch minderjährig war, musste sie ihr das Getränk mixen.

Also ergänzte sie ihren Suchauftrag um ein Wort: Legende. Und siehe da, der erste Eintrag sah bereits vielversprechend aus. Es war die Bereitstellung einer Sammlung von Informationen rund um das Thema.

Doch hier war nicht die Rede von einer Adligen, sondern von einer jungen Frau, deren Gesicht entstellt gewesen war. Das hatte den Kindern Angst gemacht. Sie riefen der armen Frau »Bloody Mary« hinterher.

Irgendwie befriedigte diese Information Luisa noch nicht. Also ging sie zurück und scrollte weiter nach unten. Schließlich fand sie die Seite einer Organisation, die sich mit urbanen Legenden befasste. Hier entdeckte sie zwischen anderen Vermutungen auch die Adelige, mit der sie selbst die Legende in Verbindung brachte.

Mary Tudor, die sich nach fünf Fehlgeburten nichts sehnlicher gewünscht hatte, als ihre Kinder zu sehen. Diese Version bezog sich auf ein Ritual, in dem man Bloody Mary angeblich mit ihrem Kind herbeilockte.

Während ihrer Regierungszeit hatte sie versucht, den Katholizismus erneut als Staatsreligion zu etablieren. Dabei kam es zur Hinrichtung von fast dreihundert Protestanten, was ihr den Beinamen »die Blutige« bescherte.

»Mary, die Blutige«, murmelte Luisa vor sich hin. »Das ist doch alles Quatsch!«

Luisa erschrak, als plötzlich der Schlüssel zu hören war. Sie vergewisserte sich auf dem Monitor der Uhrzeit und war verblüfft, dass bereits zwei Stunden vergangen waren.

»Bin da«, ertönte die Stimme ihres Freundes.

Scheiße, dachte sie. »Ähm, wir müssen heute leider außerhalb essen gehen. Ich habe nichts eingekauft«, räumte sie ein und schaltete den Monitor aus, um nicht bei diesen dümmlichen Recherchen ertappt zu werden. Dann ging sie Jens im Flur entgegen.

Er hängte seine Jacke an den Haken und lächelte. »Das trifft sich gut, wir haben was zu feiern.«

Sie lehnte sich mit verschränkten Armen an den Türrahmen des Wohnzimmers. »Aha, und was? Bis du befördert worden?«

Er kam auf sie zu und schenkte ihr einen flüchtigen Kuss. Dann verschwand er im Schlafzimmer, Luisa folgte...



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