Müller-Lüneschloß / Lohse | Dramatik, Postdramatik und intermediales Spiel | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 1, 188 Seiten

Reihe: Theaterstudien

Müller-Lüneschloß / Lohse Dramatik, Postdramatik und intermediales Spiel

Theatertendenzen in der Romania
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7562-6040-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Theatertendenzen in der Romania

E-Book, Deutsch, Band 1, 188 Seiten

Reihe: Theaterstudien

ISBN: 978-3-7562-6040-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Band 1 der Reihe "Theaterstudien" versammelt die Beiträge der Sektion 6 des XXXVI. Deutschen Romanistentags an der Universität Kassel, 29.09.-2.10.2019. Die Beiträge der Teilnehmer dieser Sektion eröffnen einen weiten Horizont von Fragestellungen zum aktuellen Theater in der Romania. Der thematische Bogen der Beiträge spannt sich vom subversiven Theater indigener Kulturträger, die bis heute auf die Herausforderungen postkolonialer kultureller und sozialer Schieflagen reagieren, bis hin zu Entwicklungslinien in Zeiten der Postdramatik, die durch die Schlagworte Erzähldramaturgie, Mythenvariation, Metatheatralität, Auto(r)fiktion, Technikrezption, Präkarität, Gattungswandel und audiovisuelle Medien markiert sind.

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Christiane Müller-Lüneschloß und Rolf Lohse Einleitung
Theater ist ein Raum, in dem spielende Individuen oder ein spielendes Kollektiv Handlungen und Situationen vorführen, die zentrale, aber auch marginale Anliegen des zuschauenden Kollektivs adressieren. Die aktuellen Dramen jeder Epoche verhandeln individuelle Befindlichkeiten, die Suche nach intersubjektiven Werten und geistigen Horizonten, verkünden politische, soziale, wirtschaftliche und religiöse Überzeugungen und stellen die Konflikte zwischen diesen dar, seien sie real oder imaginär, brandaktuell oder latent, utopisch oder dystopisch. (Vgl. jüngst Cao Kefei u.a. 2017) Die kollektive Dimension des Theaters ist aus dem öffentlichen Bewusstsein nicht mehr wegzudenken. Sie hat ihre Wirksamkeit immer wieder unter Beweis gestellt und dürfte dies auch weiterhin tun. Denn im Theater steht – im Gegensatz zu schriftsprachlichen, audiovisuellen sowie elektronischen Ästhetiken und Unterhaltungsangeboten – die menschliche Präsenz im Mittelpunkt. Der Reiz einer Aufführung liegt in der Unmittelbarkeit und in der Nähe des Geschehens zum Zuschauer. Der vorliegende Sammelband präsentiert die Beiträge der Sektion 6 des XXXVI. Deutschen Romanistentags an der Universität Kassel, 29.09.-2.10.2019. Thematisch waren Tagung und Sektion durch das im Tagungsmotto „Wiederaufbau, Rekonstruktion, Erneuerung“ und besonders die im Untertitel evozierte dynamische Beziehung von „Wiederaufbau, Rekonstruktion und Erneuerung“ verknüpft. Das dem Motto implizit zugrunde gelegte Spannungsfeld von Zerfall und Neubeginn kann beim Nachdenken über Ort und Stellenwert des aktuellen Theaters in den romanischsprachigen Kulturen für jeden Aspekt der dramatischen Kunst, für Spielweisen, Figurengestaltung, literarische Formen und Gattungen fruchtbar gemacht werden. Der Titel der Sektion signalisiert einen Wechsel, der sich als Verfall der Relevanz bestehender Formen zeigt, gleichzeitig aber auch in neuen und ungewohnten Formen – historisch ein immer wieder feststellbarer Vorgang. Jenseits der Archetypen Tragödie und Komödie werden kontinuierlich neue dramatische Gattungen entwickelt, neue Theaterästhetiken, ungewohnte Spielformen, und es wurde besonders in den letzten 100 Jahren eine große Bandbreite an Performativität entfesselt. Das Spannungsfeld von Dekonstruktion und Rekonstruktion zählt, auch wenn dies paradox anmuten mag, zu den fraglosen Kontinuitäten der Dramen- und Theatergeschichte. Das Theater als gesellschaftliches und ästhetisches Reflexionsmedium, das der Selbstvergewisserung dient sowie als komplexe Form von Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung, antwortet beständig auf zeitgenössische Bedürfnisse und baut unablässig das Gefüge von historischen und zeitgenössischen Gattungen um. Die Sektion richtet den Blick auf das Theater der Romania. Aus dem weiten Spektrum von mehr als zwei Dutzend Nationalliteraturen werden einige wenige, bedeutsame Fallstudien zum Theater vorgelegt, an denen sich Einsichten in den Wandlungsprozeß gewinnen lassen. Die Diskussion konzentrierte sich auf das zeitgenössische Theater, denn allein seit dem Ende der Sechziger Jahre ist das Material überaus reichhaltig. Die Bestandsaufnahme, die der vorliegende Band vorlegt, soll dazu beitragen, bisherige Perspektivierungen zu ergänzen und zu schärfen, und richtet sich auf Transformationsprozesse, über die auch weiterhin noch zu handeln sein wird. Der Fokus der Beiträge liegt jeweils auf Einzelnen oder Gruppen von Stücken sowie Autorinnen und Autoren, an denen sich Entwicklungstendenzen des Theaters beobachten lassen, die auf der Ebene von Schreib- und Darstellungsweisen liegen, die sehr unterschiedlich artikuliert sein können, bis hin zu Fragen der Relevanz von Gattungen. Immer geht es um die Frage, auf welche Weise Kollektive und Individuen Konflikte dramatisch gestalten. Drama ist immer auch Aufführung, an deren Analyse die Theaterwissenschaft interessiert ist. Inszenierungsanalyse und Textanalyse gehen jedoch unterschiedliche Wege. Der Bezug all dessen, was auf der Bühne geschieht, auf den Text unterstreicht, wie relevant die textkritische und philologische Analyse dieser Basis ist. Den Philologien kommt dabei neben der Theaterwissenschaft, die sich im Laufe des 20. Jahrhunderts herausgebildet hat, eine wichtige Rolle zu. Denn die auf den Dramentext fokussierende hermeneutische Analyse zielt darauf ab, vor einer inszenatorischen Interpretation zunächst einmal den gegebenen Bedeutungshorizont zu erschließen. Denn erst in dieser Perspektive ist es sinnvoll, über Fragen wie Texttreue und die Relevanz von Entscheidungen der Regie zu diskutieren. Ohne eine solche Analyse läuft die Inszenierungsanalyse Gefahr, das dem Theater eigene sprachliche, kulturelle, referentielle Potential zu verfehlen. Der Text, der auch spontan während einer Vorstellung entstehen kann, ist nicht als Kriterium normativer Objektivierung zu verstehen, sondern als eine sinnkonstituierende und -kondensierende Referenz, die die jeweiligen inszenatorischen Entscheidungen begründet und plausibilisiert. * Der Beitrag von Annika Mayer „Zeitgenössische französischsprachige Erzähldramaturgien (1980-2000)“ bietet eine aus aktuellen Theatertexten heraus entwickelte Systematik theaterspezifischer Erzählverfahren. Zahlreiche Autorinnen und Autoren halten gegenüber dem Paradigma des postdramatischen Theaters am Sprechtext fest und reaktivieren eine traditionelle Praxis, in der bereits Erzählpassagen in den Dramentext eingelassen sind. Statt diese der Handlung jedoch unterzuordnen, heben sie diese in Umfang und Bedeutung so deutlich an, daß die narrative Prägung im innovativen und explorativen Formenpluralismus der Gegenwartsdramaturgie als Merkmal deutlich hervorsticht. Mayer akzentuiert Azamas Beobachtung „Nous sommes passés d’un théâtre [...] du ‚faire‘ à un théâtre du ‚dire‘.“ (Azama 2004, 19) damit neu. Sie zeigt, wie das Erzählen Dialog und Handlung transformiert und neue Formen szenischen Handelns ausbildet. Analog zu der von Lyotard in La condition postmoderne (1979) entwickelten These, die großen Erzählungen werden durch „petit(s) récit(s)“ ersetzt, wird auch die Erzählung im Theatertext zu Fragmenten und Mikroerzählungen atomisiert. Erzählformen des Alltags, wie z.B. der Lebenslauf, werden zum Material formalästhetischer und kritisch-reflexiver Spiele, etwa bei Noëlle Renaude oder Valère Novarina. Die fragmentierende Arbeit an großen Mythen ist eine Konstante der Literatur im 20. Jahrhundert. Diese tangiert über Dramatisierungen epischen Materials immer auch das Theater. In dem Beitrag „Die Figur der Klytämnestra bei Marguerite Yourcenar und Valeria Parrella“ bearbeitet Marco Antonio Cristalli zwei zentrale Aspekte des zeitgenössischen Theaters: zum einen die Dramatisierung von Prosatexten, hier am Beispiel von Marguerite Yourcenars Prosatext Clytemnestre ou le crime, der als Dramentext Verbreitung gefunden hat, zum anderen das Umschreiben bekannter Mythen durch Adaptionen. Valeria Parrellas Adaptation von Yourcenars Text mit dem Titel Io Clitemnestra. Il verdetto macht die Möglichkeiten der intertextuellen und internationalen Verknüpfung textlicher Bezugnahmen erkennbar. In ihrer „Mafia-Orestie“ wird Klytämnestra zur Projektionsfläche für die Darstellung der Frau im Verbrechermilieu Neapels. Beide, Yourcenar und Parrella, nehmen ironische Aktualisierungen des klassischen Stoffs vor und machen die Figur zur Projektions- und Reflexionsfläche für aktuelle Anliegen, wie Emanzipation und Mafia-Problematik, zu der sich im heutigen Italien tragisch verlaufende Dramen mehren. Das postkoloniale Theater nutzt die Subversion von Mythen und die Gewinnung von narrativer Kleinteiligkeit auf seine Weise. In ihrem Beitrag „Die tragischen Heldinnen und Helden des Dias Gomes. Eine Analyse der Dramen O Pagador de Promessas und O Santo Inquérito“ führt Julia Krumrei ein in das Werk von Dias Gomes, das seit 1937 entsteht. Gomes gehört einer Generation von Autoren des jüngeren brasilianischen Theaters an, die sich losmachen von Themen und Formen der ehemaligen Kolonialmacht und auf die Darstellung von zeitgenössischen Sensibilitäten und Mentalitäten zielen. O pagador de Promessas wird als eine „tragedy of the common man“ (Arthur Miller) und als modernes Märtyrer-Drama interpretiert. In ihrem Beitrag „Ra xeka hai tsatyo thutsi – La isla de los perros (2003): kulturelle, sprachliche und soziale Anerkennung im zeitgenössischen mexikanischen Drama“ stellt Anna-Lena Glesinski die identitätsstiftende und identitätssichernde Funktion von Theatertexen des indigenen Theaters in Mexiko heraus. In der kulturellen Sphäre Mexikos, die von ‚Sprachpluralismus‘ geprägt ist, hat sich gegenüber dem dominierenden spanischsprachigen Theater eines in indigenen Sprachen etabliert, dem es zentral um die Suche der indigenen Bevölkerung nach Anerkennung geht. Das Stück Ra xeka hai tsatyo thutsi – La isla de los perros (2003) von Leonarda Contreras Cortés wird als Beispiel für ein...



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