Müller | Nordstern - Der Zauber der freien Pferde | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 272 Seiten

Reihe: Nordstern

Müller Nordstern - Der Zauber der freien Pferde


1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-505-14471-4
Verlag: Schneiderbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, Band 3, 272 Seiten

Reihe: Nordstern

ISBN: 978-3-505-14471-4
Verlag: Schneiderbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Wo Pferde und Magie aufeinandertreffen
Es ist das Jahr 1783 und der Ausbruch des Laki-Vulkans steht kurz bevor. In wenigen Tagen wird eine Naturkatastrophe über Island hereinbrechen, die weltweite Klimafolgen hatte. Um die Menschen vor der tödlichen Gefahr zu warnen, ihre geliebte Stute Drifa und möglichst viele Pferde zu retten, ist Erla durch Raum und Zeit gereist. Doch dabei hat sie Flóki und Kadlin verloren. Erla ist verzweifelt. Ohne die beiden und ihre Fähigkeiten sieht sie keine Möglichkeit, sich zurück in die Gegenwart zu retten. Doch der Vulkanausbruch ist nicht ihr einziges Problem. Es gibt jemanden, der alles daransetzt, ihre Mission zum Scheitern zu bringen.
Ein mitreißender Pferderoman vor der traumhaften Kulisse Islands
Der Finale der Vorgeschichte zum Pferderoman-Bestseller 'Nordlicht'!



Karin Müller ist mit 'Nordlicht' bei Schneiderbuch ein großer Bestseller gelungen. Darüber hinaus schreibt sie Tierratgeber, Kinder- und Jugendbücher. Sie wurde in Kitzingen am Main geboren, studierte an der Leuphana Universität Lüneburg und arbeitete viele Jahre als Radio- und Zeitungsredakteurin im Kulturressort. Heute lebt sie auf dem Land bei Hannover. Die besten Ideen hat sie am Gartenteich, auf Reisen oder wenn sie einem Pferd beim Grasen zuhört.

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2. Draugur mal zwei

Das Wesen kämpfte. Musste das Mädchen kriegen. Durfte nicht wieder versagen, die Fährte verlieren. Und immer dieser bohrende Hunger. Es kratzte sich am Hals, dort, wo die Kette des Meisters sein Fell weggescheuert hatte. Sie darf nicht zurück, hatte er gesagt. Hol sie, das dumme Kind. Ist nicht von hier, kann nicht so schwierig sein, dämliches Vieh.

Mochte nicht mehr, wollte seine Ruhe haben. Kein schweres Klimperding mehr um den Hals. Nach Hause gehen. Dahin, wo die Erde blubberte. Von unten. Braun oder grün und gelb. Feuerrot auch. Dann musste man aufpassen. Nicht verbrennen. Tat auch weh, das.

Sie waren so laut. Schrien ihn an. Machten Lärm. Pieksten. Und stachen. Wollten ihn nicht zu dem Mädchen lassen. Konnte sie nicht erwischen. Waren flink. Und immer laut. Biss in den Ohren. Und Mäh auch noch. Schafe? Hunger.

Aber der Meister hatte es befohlen. Musste das zu Ende bringen. Sollten leise sein. Alle! Auch das Mäh!

Das Untier stellte sich auf die Hinterbeine, fletschte die Zähne und brüllte. Dann holte es zu einem tödlichen Schlag aus. Alle weg. Vorbei jetzt. Ruhe machen!

Da plötzlich stand alles still. Keine Bewegung. Kein laut. Nur halt. Und bunt. Konnte sich nicht bewegen. Wie das? Das Mädchen war das. Das andere. Die Alte. Und der Junge. Böse. Hörte sie reden. Verstand nicht.

Was war das für ein Wirbel? Farben? Zu Hause? Es hätte gern gewittert, aber es konnte nicht einmal mit der Nase zucken. Spürte nichts. Hörte nur weit weg. Sah zu. Sah, wie das Mädchen zum liegenden Pferdezottel ging, das nach Sterben roch. Den Jungen ansah. Nickte. Und wie der Nebel kam. Mit bunt und Blitzen. Und Farben. Wie Zuhause! Das Wesen spannte all seine Muskeln an. Wollte dahin. Wollte frei sein. Jetzt! In den Strudel. Nicht das Mädchen. Nicht der Junge. Selbst da durch. Nach Hause! Weg da. Alle!

Und dann … schaffte es. Frei! Gleich!

Der Junge rammte es von der Seite. Wollte es weghalten von dem bunten Wirbel und dem Mädchen. Doch es schlug ihn weg mit einem beiläufigen Tatzenhieb. Fauchte böse. Wild.

Und sprang.

Pause.

Ohne Mädchen.

Dann nichts. Bunte Nebel. Schwarz.

Viel schwarz. Und immer noch Hunger. Und keine Mähs mehr.

Und Meister wird böse. Böses Gesicht. So rot wie der Bart.

Rumpel und Pumpel. Steine. Schwefel. Lava. Die Erde bebte. Meister so, so böse. Oh, oh. So hatte alles angefangen. So lange her.

Das Untier rappelte sich auf, schüttelte sich und schnupperte. Wieder Gerumpel. Wilde Erde. Mädchen suchen gleich. Nur erst was trinken. Schrecklicher Durst. Und Magenweh. Immer und immer. Und Klimperding auch noch da. Vertrauter Geruch. Zu Hause?

Das Zwischenwesen erhob sich auf die Hinterbeine und witterte. Dann sprang es tiefer in die Höhle hinein, tief ins Dunkel, wo es nach Gletscherwasser roch und Schwefel.

Draußen, zwischen den Felsen erwachte die Zwillingskreatur aus einer sonderbaren Bewusstlosigkeit. Wunderte sich. Kratzte sich am Hals. Schnupperte ebenfalls. Etwas war seltsam. Flaues Gefühl. Sollte nicht hier sein. Oder doch? Doch! Sollte wohl hier sein! Aber der gelbe Ball stieg bald wieder hoch. Machte die Nacht so kurz und die Tage so warm. Schwitzen.

Es witterte noch einmal. Roch nur sich selbst. Schüttelte sich. Denken tat weh. Irgendwas war anders, spielte keine Rolle. Denken machte der Meister, hatte er gesagt.

Das Mädchen würde gleich da sein, hatte der Meister gesagt. Mit einem Knall. Dann hinein da. Würde es schon kriegen. Konnte ja nicht so schwer sein. Schnelle Sache. Zack, vorbei, frei.

Behäbig setzte es die Tatzen voreinander und schlich auf die Höhle zu. Schäferjunge. Hatte Feuer an, flackernder Lichtschein, war aber nicht gefährlich. Leichte Beute. Alle zusammen.

Das Wesen schnupperte noch einmal. Schlich an dem Menschlein vorbei. Wollte das andere zuerst, mit den vier Beinen, das fraß und träumte.

Doch da hörte es das Tapsen von klauenbewehrten Pranken aus dem dunklen Inneren der Höhle. Kamen rasch näher. Warum?

Meins! War zuerst da! Drohend richtete es sich auf und brüllte, dann stürmte es ohne zu zögern auf seinen Gegner zu. Wer wagte es, ihm sein Essen abzujagen? Hässliches altes Zottelvieh!

Alleine haben. Nicht teilen! Davon hatte der Meister nichts erzählt!

1783 also. Keine Armbanduhren, keine größeren Orte, dafür Mondkalender und ein König in Dänemark.

Als ich langsam zu verstehen beginne, was es für Folgen nach sich zieht, dass Flóki und Kadlin nicht mit mir hier sind, trifft es mich wie ein Faustschlag in die Magengrube. Ich habe ihn selbst zurückgestoßen. Ich hätte es mir nie verziehen, wenn Flóki etwas geschehen wäre, durch meine Schuld. Ich kann nur hoffen, dass er sich erholen wird von dieser Anstrengung, Raum und Zeit für mich zu beugen. Und Kadlin natürlich auch.

Aber ich bin nun allein.

Ich ziehe mir den Pulli aus und knote ihn um meine Hüfte, weil mir plötzlich der Schweiß ausbricht. Heiße Tränen schießen mir in die Augen, die ich energisch wieder wegwische.

Oh Gott, ich fühle mich elend. Mit voller Wucht bricht die Erkenntnis über mich herein, in welcher Situation ich mich befinde: Meine Freunde sind noch nicht geboren. Nicht einmal meine Mutter – oder meine eigenen Großeltern. In wenigen Tagen wird hier eine Naturkatastrophe ihren Anfang nehmen, die ein Viertel der Bevölkerung Islands und mehr als die Hälfte der Schafe, Kühe und Pferde das Leben kosten wird. In der kurzen Zeit, die ich als Vorbereitung hatte, habe ich so viel darüber gelesen, wie ich konnte.

»Siebzehnhundertdreiundachtzig«, murmele ich auf Deutsch und schlucke einen dicken Kloß hinunter. »Das war schließlich der Plan, nicht wahr? Natürlich habe ich es gewusst … Aber … oh Gott, wie finde ich euch denn nur? Wie komme ich hier wieder weg? Mir ist schlecht.«

Der Junge starrt mich unentwegt mit riesengroßen Augen an. Er versteht kein Wort von meinen Problemen, egal in welcher Sprache ich es versuchen würde. Und das ist vermutlich besser so, wenn ich nicht auch noch als Hexe auf dem Scheiterhaufen landen will. Gab es Scheiterhaufen in Island? Im achtzehnten Jahrhundert? Keine Ahnung, ich will es auch gar nicht herausfinden. Ich möchte einfach nur nach Hause zurück.

»Ist alles in Ordnung? Kann ich etwas tun?« Er hält schon wieder diesen ranzigen Fetzen in meine Richtung.

Ich wehre ihn gerade noch ab, bevor das stinkende Ding erneut auf meiner Stirn landet.

»Nein, lass. Danke. Es geht mir gut. Es ist nur alles … ein bisschen viel gerade. Ich bin wohl wirklich … gestürzt. Auf den Kopf … vermutlich.« Vorsichtig stütze ich mich auf dem Boden ab, um aufzustehen. Er reicht mir seinen Arm, und ich halte mich dankbar daran fest. Es brizzelt ein wenig bei der Berührung, und jetzt bin ich verwirrt und muss schon wieder an Flóki denken, und mein Magen zieht sich schmerzhaft zusammen.

Hier drin ist es noch schummrig, aber draußen färbt sich der Himmel bereits rosaviolett. Stöhnend mache ich ein paar Schritte auf den Höhlenausgang und auf Drifa zu, die neben einem Fuchs mit üppiger strohgelber Mähne steht und einträchtig mit ihm Heu malmt. Mein Pferd rennt nie weit weg, wenn es Futter gibt.

»Was habt Ihr vor?«, fragt der Junge.

»Ich muss dringend ein wenig frische Luft schnappen«, antworte ich und greife nach Drifas Führstrick. »Das ist gerade alles ein bisschen viel.«

Mir fällt auf, dass ich noch nicht einmal weiß, wie der Hirtenjunge, mit dem ich die letzten Stunden in der Höhle verbracht habe, überhaupt heißt. Ich öffne meinen Mund, um ihn das zu fragen, doch ich komme nicht mehr dazu.

»Ich würde auf keinen Fall nach draußen gehen, solange es noch nicht richtig hell …«, setzt er an, mir zu antworten. Doch auch er kommt nicht weiter, der Rest seines Satzes geht unter in einem fürchterlichen Gebrüll, das mir die Nackenhaare senkrecht stellt. Im nächsten Augenblick passiert alles gleichzeitig.

Drifa steigt. Wiehernd reißt sie sich los. Im Aufsetzen der Vorderhufe dreht sie sich, verlagert ihr ganzes Gewicht darauf und keilt nun nach hinten aus, beißt und tritt. Das andere Pferd stürmt einfach davon.

Ich bekomme einen dumpfen Schlag ab, stürze, rappele mich wieder auf. Was passiert hier gerade? Werden wir angegriffen? Von wem?

Über mir sind Hufe, zotteliges Fell, Pranken. Drifa schreit und tobt, solche Geräusche habe ich noch nie von einem Pferd gehört.

Etwas reißt mich erneut um. Ich werde zu Boden geschleudert, jemand brüllt wie am Spieß, vermutlich ich selbst.

Fauliger Atem schlägt mir ins Gesicht, und dicht neben meinem Ohr ertönt ein grauenhaftes Grollen, das mir erschreckend bekannt vorkommt. Hinter mir, vor mir, neben mir, die Kreatur scheint überall zu sein. Oh nein! Nicht noch einmal!

Ich trete und schlage um mich, so gut ich das auf dem Rücken liegend kann. Ein Tatzenhieb mit nadelspitzen Krallen verfehlt mich um Haaresbreite, doch der nächste erwischt mich am Magen. Mir bleibt die Luft weg. Krampfhaft bemühe ich mich um Atem, aber es klappt nicht.

Drifa steht halb über mir. Unerschrocken trotzt sie dem Ungeheuer....



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