Murakami Nach dem Beben
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-8321-8609-8
Verlag: DuMont Buchverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Erzählungen
E-Book, Deutsch, 192 Seiten
ISBN: 978-3-8321-8609-8
Verlag: DuMont Buchverlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
HARUKI MURAKAMI, 1949 in Kyoto geboren, lebte längere Zeit in den USA und in Europa und ist der gefeierte und mit höchsten Literaturpreisen ausgezeichnete Autor zahlreicher Romane und Erzählungen. Sein Werk erscheint in deutscher Übersetzung bei DuMont. Zuletzt erschienen die Romane >Die Ermordung des Commendatore< in zwei Bänden (2018), in einer Neuübersetzung >Die Chroniken des Aufziehvogels< (2020), der Erzählband >Erste Person Singular< (2021), >Murakami T< (2022) und >Honigkuchen< (2023).
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(S. 69-70)
Als Katagiri in seine Wohnung kam, wartete dort ein riesenhafter Frosch auf ihn. Auf seinen Hinterbeinen stehend, war er über zwei Meter groß und dazu stattlich gebaut. Katagiri, selbst nur ein Meter sechzig groß und eher schmächtig, war überwältigt von der imposanten Erscheinung des Froschs. »Nennen Sie mich bitte einfach Frosch«, sagte der Frosch mit kräftiger, sonorer Stimme. Katagiri fehlten die Worte. Mit offenem Mund blieb er wie angewurzelt in der Eingangstür stehen.
»Erschrecken Sie doch nicht so. Ich will Ihnen ja nichts tun. Kommen Sie bitte herein, und schließen Sie die Tür«, sagte Frosch. Die Aktentasche in der rechten Hand und eine Papiertüte mit Gemüse und Dosenlachs aus dem Supermarkt in der linken, tat Katagiri keinen Schritt. »Rasch, Herr Katagiri, machen Sie die Tür zu, und ziehen Sie die Schuhe aus.« Als Katagiri seinen Namen hörte, löste sich seine Erstarrung. Gehorsam schloss er die Tür, stellte die Tüte auf den Boden und zog sich, die Aktenmappe unter dem Arm, die Schuhe aus. Sodann führte der Frosch ihn in die Küche, wo sie sich an den Tisch setzten.
»Also, Herr Katagiri«, begann Frosch. »Entschuldigen Sie, dass ich während Ihrer Abwesenheit einfach hier eingedrungen bin. Ganz sicher ist das ein Schock für Sie, aber mir blieb nichts anderes übrig. Wie wär’s mit einer Tasse Tee? Ich vermutete, dass Sie bald nach Hause kommen würden, und habe vorsorglich schon mal Wasser aufgesetzt.« Katagiri hielt noch immer seine Aktenmappe umklammert. Da spielt mir doch jemand einen Streich, dachte er.
Jemand hat sich verkleidet, um mich auf den Arm zu nehmen. Doch die Bewegungen, mit denen der Frosch das heiße Wasser in die Teekanne goss – er summte dabei ein Liedchen – ließen keinen Zweifel daran zu, dass es sich um einen echten Frosch handelte. Frosch stellte eine Tasse für Katagiri und eine für sich selbst auf den Tisch. »Haben Sie sich ein bisschen beruhigt?«, fragte Frosch, während er seinen Tee schlürfte. Katagiri war noch immer sprachlos. »Natürlich hätte ich meinen Besuch ankündigen sollen«, sagte Frosch. »Ich weiß, Herr Katagiri. Jeder würde erschrecken, wenn in seiner Wohnung plötzlich ein großer Frosch auf ihn wartet. Aber es handelt sich um eine wichtige,