E-Book, Deutsch, Band 5, 176 Seiten
Reihe: Ein Fall für die MounTeens
Naas Diebstahl in der Dämmerung
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-906037-70-7
Verlag: boox-verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der fünfte Fall für die MounTeens
E-Book, Deutsch, Band 5, 176 Seiten
Reihe: Ein Fall für die MounTeens
ISBN: 978-3-906037-70-7
Verlag: boox-verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Marcel Naas, geboren 1973, arbeitete zehn Jahre als Sekundarlehrer, bevor er ein Studium der Pädagogik, Publizistik und Philosophie an der Universität Zürich abschloss. Nach Promotion an der Universität Luxemburg war er in einem Post-Doc-Projekt der Universität Basel für die Herausgabe von Isaak Iselins pädagogischen Schriften verantwortlich. Seine Tätigkeit in der Lehrerbildung begann er 2010 als Dozent an der Pädagogischen Hochschule Zürich, wo er heute als Bereichsleiter «Bildung und Erziehung» wirkt. Nach diversen wissenschaftlichen Publikationen erfüllt er sich mit seiner Jugendbuchserie «MounTeens» einen lange gehegten Wunsch. Marcel Naas lebt mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen im Zürcher Oberland.
Weitere Infos & Material
1. DIE MOUNTEENS SIND
2. HALTET DEN DIEB
3. TRÄNEN IM HAUPRQUARTIER
4. KALTE HÄNDE
5. DER EINBRUCH
6. SCHARFE KANTEN
7. TIEFE WUNDEN
8. WER IST IM SKIEKELLER?
9. VERDÄCHTIGER HANDSCHUH
10. EIN BITTERER SIEG
11. DIE FALLE
12. DAS VERSTECK
13. FOLGENSCHWERE TRENNUNG
14. SKIFAHRT INS UNGEWISSE
15. DAS LAUERNDE UNGETÜM
16. EINE ZÜNDENDE IDEE
17. RÜCKBLICK MIT WEITSICHT
Haltet den Dieb!
»Da vorne!«, schrie Amélie, und ihre Stimme überschlug sich. Sie zeigte auf einen großen Mann mit schwarzer Wollmütze, der sich mit schnellen Schritten von ihr wegbewegte. »Er hat meine Ski geklaut!«
Sam zögerte keinen Augenblick und rannte los. »Doofe Skischuhe!«, presste er hervor. Sein Sprintversuch glich mehr einem Stolpern und Rutschen. Diese Schuhe waren definitiv nicht für solche Verfolgungsjagden gemacht. Er versuchte, etwas runder zu laufen, und hastete dem Fremden hinterher. Zum Glück waren Amélie und er schon vor dem Ende des Abfahrtstrainings von der Tribüne hinuntergestiegen, dachte er. Sonst wäre der Dieb längst über alle Berge gewesen. Sam bahnte sich seinen Weg durch die Zuschauer, die nun in Scharen zu den Ausgängen des Zielgeländes strömten. Den großen Mann ließ er dabei nicht aus den Augen.
Noch zehn Meter.
Hoffentlich trug der Kerl nicht seine eigenen Ski, hoffte Sam. Das wäre peinlich. Amélie schien aber ganz sicher gewesen zu sein, dass es ihre waren. Ungläubig hatte sie kurz zuvor den Skiständer betrachtet, wo neben Sams Ski ihre eigenen hätten stehen sollen. Nach einer ersten Schrecksekunde war sie gleich dazu übergegangen, die Menschenmenge systematisch nach Verdächtigen abzusuchen, bis sie den Mann mit der Wollmütze entdeckt hatte.
Sam blickte im Laufen zurück. Wo war Amélie? Jedenfalls nicht mehr beim Skiständer. Sie musste zum linken Ausgang des Zielraums geeilt sein, um dem Skidieb draußen den Weg abzuschneiden, vermutete Sam und schaute wieder nach vorne.
Das durfte doch nicht wahr sein! Er stoppte seinen Lauf. Wo war die schwarze Mütze? Der Mann musste sie ausgezogen haben. Sams Blick flog über die Menge vor ihm – erfolglos! Die Zuschauermassen hatten den Skidieb verschluckt.
»Mist!«, fluchte Sam und pflügte sich vorwärts, wobei er manche Leute eher unsanft zur Seite stieß. Irgendwie erinnerte ihn das Ganze fast schon ans Eishockeytraining, wenn sie Bandenchecks übten.
»Hey, was soll das, Junge?«, beschwerte sich ein Mann, dem Sam soeben seinen Ellbogen in den Rücken gerammt hatte. Er trug eine Jacke des deutschen Skiteams. Ein Servicemann, der den Athleten die Ski präparierte, wie Sam wusste. Er war ihm im Hotel Montana bereits einmal begegnet.
»Entschuldigen Sie, aber ich verfolge einen Skidieb!« Er deutete mit seinem Kinn Richtung Ausgang.
Der Servicemann zweifelte keinen Moment an Sams Aufrichtigkeit, drehte sich um und schrie: »Haltet den Dieb!«
Seine dröhnende Stimme verfehlte ihre Wirkung nicht. Verdutzt blieben die meisten Leute stehen und wandten sich um. Nur wenige gingen unbeirrt weiter. Einer aber beschleunigte – wenn auch betont unauffällig – seine Schritte, bis er fast rannte.
»Da ist er!«, stieß Sam hervor. »Der große Blonde mit den roten Ski!«
Der Servicemann hatte die Erklärung gar nicht mehr gebraucht und sich gleich auf die Verfolgung gemacht. Sam heftete sich an seine Fersen.
Der Dieb schaute sich nicht um, schien aber bemerkt zu haben, dass es brenzlig wurde. Sobald er den Ausgang des Zielraums passiert hatte, sprintete er los, wobei ihn die Ski, die er in der linken Hand hielt, stark behinderten und ihn beinahe aus dem Gleichgewicht brachten. Auf der Hauptstraße angekommen, wandte er sich nach rechts.
Amélie hatte falsch spekuliert, dachte Sam. Der Dieb hatte sich für die andere Seite entschieden und bewegte sich Richtung Stadtzentrum.
»Na warte, Bürschchen, dir zeige ich’s!«, hörte Sam den Servicemann wild entschlossen sagen, bevor dieser ihm mit einem kurzen Nicken versicherte: »Den kriegen wir schon.«
Sie hatten die Straße nun ebenfalls erreicht und sahen, wie sich der Dieb, der knapp dreißig Meter Vorsprung hatte, links in die Büsche schlug, um seinen Verfolgern zu entkommen.
Der wollte bestimmt zum Parkplatz. »Ich nehme einen anderen Weg!«, rief Sam dem Servicemann hinterher und ließ ihn die direkte Verfolgung aufnehmen, während er selbst die Straße überquerte und sich einige Meter durch den kniehohen Schnee zum geräumten Weg im Stadtpark kämpfte. »Wie ich diese Skischuhe hasse!«, fluchte Sam und spürte, dass seine Schien- und Wadenbeine später rote und blaue Flecken aufweisen würden. Er biss die Zähne zusammen und erhöhte das Tempo. Dann schaute er nach rechts und triumphierte innerlich.
Da stolperte der Dieb aus den Büschen, allerdings ohne die roten Ski. Er musste sie abgelegt oder verloren haben. Darum würde er sich später kümmern, dachte Sam. Nun galt es, den Mann zu stellen. Oder wenigstens sein Gesicht zu erkennen. Dieser Skidieb trieb schließlich schon länger sein Unwesen in Bad Lärchenberg, wie Sam von seinem Vater erfahren hatte.
Der Verfolgte sprintete auf dem vom Schnee befreiten Parkweg Richtung Fußgängerzone. Überraschenderweise änderte er dann aber abrupt die Richtung und verschwand zwischen den Bäumen. Er wollte doch nicht etwa zum öffentlichen Parkplatz drüben beim Kongresshaus?
»Da lang!«, rief Sam dem Servicemann zu, der soeben aus dem Busch gestürmt kam.
»Wo genau?« Der Servicemann hob die Schultern und wartete, bis Sam bei ihm war.
»Hier«, keuchte Sam und rannte voraus. Er duckte sich und zwängte sich durch die Nadelbäume, die hier so eng standen, dass kaum Tageslicht durchdrang. Er hoffte, den Dieb wieder vor sich zu sehen.
Fehlanzeige! Wo war er?
Sam blieb stehen und horchte. Irgendwo knackten Zweige.
»Es sind keine Fußspuren zu sehen«, ärgerte sich der Servicemann. »Der Schnee ist durch das dichte Geäst nicht bis auf den Boden gefallen!«
Sam wollte keine Zeit mit Spurensuchen verlieren. Er schob einige Äste zur Seite und hastete weiter.
Wenig später konnte er zwischen den Bäumen vor sich eine Bewegung ausmachen. »Der Dieb!«, schrie er über seine Schulter. »Ich sehe ihn wieder. Er will runter zur Straße.«
»Der Kerl hat uns abgehängt!«, schnaubte der Servicemann. »Er ist offenbar topfit.«
Sam hörte, wie ein Motor gestartet wurde. »Nein!«, rief er verzweifelt. »Der hat seinen Wagen da unten geparkt!«
Sie stürzten aus dem Dickicht und sprangen von der hüfthohen Mauer auf die darunterliegende Straße.
Keine gute Idee mit Skischuhen! Sam stöhnte auf vor Schmerz. Er sah sich hastig um. »Dort!«, schrie er. »Der Wagen bewegt sich!«
Zu spät! Ein weißer Lieferwagen mit offener Ladefläche beschleunigte mit durchdrehenden Rädern und schoss davon.
»Verdammt!«, fluchte der Servicemann. »Ich habe noch nicht einmal die Nummer sehen können.«
»Ich auch nicht«, japste Sam. Er schloss die Augen und lehnte sich an die Mauer.
Der Servicemann stützte sich mit den Händen auf seine Knie und atmete tief durch. »Schade, den hätte ich gerne erwischt!«
»Mit anderen Schuhen hätte es klappen können.« Sam öffnete die Schnallen seiner Skischuhe und rieb sich die schmerzenden Schienbeine. »Danke für Ihre Hilfe!«
»Keine Ursache!« Er streckte Sam die Hand hin. »Tobias Schiffer. Ich bin Servicemann im deutschen Skiteam. Du kannst mich duzen.«
»Freut mich, ich bin Sam.« Er schlug ein. »Ich habe dich im Hotel Montana oben auf der Lärchenalp schon mal gesehen.«
»Ah, ich erinnere mich an dich. Du hast im Hotel geholfen, oder?«
»Genau. Ein Job, um mein Taschengeld etwas aufzubessern.« Sam wusste, dass dies so nicht stimmte. Er dachte daran, wie viel ihm das Hotel und sein Pächter, Dirk Beermann – sein Eishockeytrainer und väterlicher Freund –, bedeuteten. Das war weit mehr als ein Job, schließlich stellte ihm Dirk sogar ein Angestelltenzimmer unter dem Dach zur Verfügung, welches die MounTeens auch als ihr »Hauptquartier« bezeichneten.
»Sind das deine Ski, die der Typ klauen wollte?«, fragte Tobias, während sie sich auf den Rückweg zum Zielgelände machten.
»Nein, sie gehören meiner … Freundin.« Sam hatte kurz gezögert, denn Amélie und er waren ja nicht wirklich zusammen, aber er fand es zu kompliziert, um es Tobias zu erklären.
»Er hat sie im Busch oben beim Zielgelände verloren.« Tobias grinste. »Ich glaube, er ist damit im Gestrüpp hängengeblieben. Und ich wäre fast darübergefallen.«
Amélie hatte neben dem Eingang zum Zielgelände gewartet. Sie entdeckte Tobias und Sam und strahlte, als sie beim Näherkommen sah, dass Sam ihre Ski trug....




