E-Book, Deutsch, Band 7, 182 Seiten
Reihe: Ein Fall für die MounTeens
Naas Spuk auf Burg Dohlenfels
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-906037-90-5
Verlag: boox-verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der siebte Fall für die MounTeens
E-Book, Deutsch, Band 7, 182 Seiten
Reihe: Ein Fall für die MounTeens
ISBN: 978-3-906037-90-5
Verlag: boox-verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Marcel Naas, geboren 1973, arbeitete zehn Jahre als Sekundarlehrer, bevor er ein Studium der Pädagogik, Publizistik und Philosophie an der Universität Zürich abschloss. Nach Promotion an der Universität Luxemburg war er in einem Post-Doc-Projekt der Universität Basel für die Herausgabe von Isaak Iselins pädagogischen Schriften verantwortlich. Seine Tätigkeit in der Lehrerbildung begann er 2010 als Dozent an der Pädagogischen Hochschule Zürich, wo er heute als Bereichsleiter »Bildung und Erziehung« wirkt. Nach diversen wissenschaftlichen Publikationen erfüllt er sich mit seinem Jugendbuch »MounTeens« einen lange gehegten Wunsch. Marcel Naas lebt mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen im Zürcher Oberland.
Weitere Infos & Material
1. DIE MOUNTEENS SIND ...
2. GRUSELIGE ÜBERRASCHUNG
3. UND ES SPUKT DOCH ...
4. KUSSHAND UND HANDYKUSS
5. ES IST EIN KREUZ!
6. EINBRUCH FÜR EIN BUCH?
7. EIN DUBIOSES PAAR
8. FINGERZEIG AUF FINGERNAGEL
9. HYSTERISCHER HISTORIKER
10. DIEBIN ODER OPFER?
11. MUND ZU MUND
12. KREUZEHRLICH ODER KREUZFALSCH?
13. 0DOPPELT BESCHATTET
14. WENN SICH RACHE RÄCHT ...
15. GRABESSTILLE
16. ZU KREUZE GEKROCHEN
17. LETZTE WORTE ZUM KREUZRÄTSEL
Gruselige Überraschung
Blutrot verabschiedete sich der schwüle Sommertag am Horizont. Die MounTeens saßen auf einer der noch intakten Mauern von Burg Dohlenfels und ließen ihre Füße baumeln. Fasziniert beobachteten sie, wie sich der Abendhimmel immer intensiver färbte, bis sich schließlich die Nacht über das Tal legte und die Luft merklich kühler wurde.
Amélie schmiegte sich an Sam und genoss neben seiner Nähe auch die Wärme, die sich tagsüber in den Steinen der Ruine gespeichert hatte und selbst durch die Kleider spürbar war.
Sam wagte kaum, sich zu bewegen. So viel ungezwungene Berührung hatte es zwischen Amélie und ihm noch selten gegeben, stellte er fest. Ob sie jetzt tatsächlich ein Paar waren, auch wenn sie einander nie gefragt hatten? Jedenfalls würde er sich hüten, nun eine falsche Bewegung zu machen. Amélies Kopf an seiner Schulter fühlte sich großartig an. Er konnte sogar den Duft ihrer Haare riechen. Sam blickte hinunter auf Bad Lärchenberg, wo nach und nach die Lichter angegangen waren. Von hier oben, knapp hundert Höhenmeter über der Alpenstadt, ließ sich deutlich erkennen, wo um halb zehn Uhr abends noch etwas los war. Der kleine Bergsee, an dem sich tagsüber Erholungssuchende und Sportbegeisterte tummelten, lag nun dunkel und verlassen da. Auch das Thermalbad und das Sportzentrum, wo man das ganze Jahr eislaufen konnte, waren verwaist. Stattdessen drängten sich Einheimische und Gäste durch die hell erleuchtete Fußgängerzone zwischen Bahnhof und Kongresszentrum. Vermutlich versuchten sie, an einem der draußen aufgestellten Tische noch einen freien Platz zu ergattern, dachte Sam. Vor allem die Bars und Restaurants rund um die Kirche waren äußerst beliebt, wie er selbst von hier oben erkannte.
»Endlich Sommerferien!«, murmelte Amélie.
»Und es ist sogar erst Freitagabend vor den Sommerferien«, frohlockte Matteo. »Die schulfreien Wochen haben also noch nicht einmal begonnen.«
»Cool, dass es geklappt hat mit unserer gemeinsamen Übernachtung hier auf der Ruine!«, sagte Lena. Sie rückte auf der Mauer nach hinten, zog die Beine an und legte ihre Arme um die Knie. »Hätte allerdings nicht gedacht, dass ich nach so einem heißen Tag am Abend frösteln würde.«
»Das muss an der unheimlichen Umgebung liegen.« Amélie löste sich von Sams Schulter und setzte sich auf. »Wusstet ihr eigentlich, dass es der Sage nach hier oben auf Burg Dohlenfels spuken soll?«
»Welche Sage?«, fragte Sam neugierig, obwohl es ihm einen Stich ins Herz versetzt hatte, dass der romantische Moment so schnell vorbei war. Konnte Amélie nicht wenigstens heute noch ihre Zweisamkeit genießen? Bereits morgen wäre sie ja weg. Familienferien in Frankreich – bloß eine Woche, aber Sam wusste, dass Amélie ihm fehlen würde.
»Du kennst sie nicht?«, antwortete Lena. »Die Sage von Burg Dohlenfels wird bei uns doch schon kleinen Kindern erzählt.«
Sam schüttelte den Kopf. »Ich habe noch nie davon gehört, aber legt mal los. Hoffentlich ist es eine Gruselgeschichte. Die liebe ich.«
»Seht ihr die Dohlen dort?« Amélie zeigte auf einen Schwarm Vögel, der sich auf den obersten Zinnen der ehemaligen Burg niedergelassen hatte. »Manche sagen, dass ihr Krächzen nichts anderes sei als die Schreie der hier Gefolterten.«
»Um Himmels willen«, entfuhr es Matteo. »Wer wurde denn hier gefoltert?«
»Hexen«, sagte Lena fast tonlos. »Im Mittelalter wurden viele Frauen, die den Machthabern nicht geheuer waren, als Hexen bezeichnet. Meist warf man ihnen Zauberei oder einen Pakt mit dem Teufel vor. Manche waren aber weise Kräuterfrauen und kannten sich mit Heilpflanzen aus. Von Zauberei keine Spur. Anderen Frauen wurde vorgeworfen, sie hätten Tiere oder die Ernte vergiftet. Man berichtete, sie beim Hexentanz oder auf Besen fliegend gesehen zu haben.« Lena senkte die Stimme. »So auch hier. Im Jahre 1567, als eine Dürre sogar die Mächtigen sterben ließ, brauchte es Schuldige. Man hat deshalb vier alleinstehenden Frauen, die unterhalb der Burg nach Kräutern gesucht haben, Hexerei vorgeworfen und ihnen den Prozess gemacht. Die Frauen wurden hier oben gefoltert und schließlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt.«
Sam schluckte leer. Das alles war ungeheuerlich.
»Man erzählt sich, dass die Schreie der Frauen bis hinunter ins Städtchen zu hören waren«, fuhr Lena grimmig fort. »Und als die Schreie verstummten, sind kurz nach dem Tod der angeblichen Hexen vier Dohlen aufgetaucht.«
»Du meinst, vorher gab es hier keine Dohlen?«, fragte Matteo, dessen zunehmendes Unbehagen spürbar war.
»Nein.« Lenas Stimme klang unheilvoll. »Die Dohlen tauchten erst nachher auf und galten fortan als Zeugen der Toten.« Sie schaute in die Runde, dann setzte sie zum Finale an. »Man sagt, dass seither im Krächzen der Dohlen von Burg Dohlenfels die Klagen der Toten zu hören seien und nachts deren Seelen durch die Ruinen streifen.«
»Das hättest du auch sagen können, bevor wir beschlossen, hier zu übernachten.« Sam lachte nervös. Beim Anblick des aufflatternden Vogelschwarms blieb ihm das Lachen aber jäh im Halse stecken.
Das Krächzen einer Dohle durchschnitt die Stille.
Die MounTeens fuhren zusammen.
»Bestimmt bloß ein Zufall«, versuchte Sam die anderen zu beruhigen.
»Ich glaube nicht an Zufälle«, erwiderte Amélie leise.
Weitere Vögel krächzten.
Matteo schauderte. »Sind das vielleicht die Stimmen der vier Hexen?«
Der Lärm schwoll an.
Lena sprang von der Mauer und zeigte zu einem der noch fast intakten Türme. »Das scheint von dort drüben zu kommen. Lasst uns nachsehen.«
Sam rutschte das Herz in die Hose. Alles hätte er vorgeschlagen, bloß das nicht, aber wenn Lena so viel Mut hatte, wollte er auf keinen Fall Schwäche zeigen. »Ja, auf zum Turm«, sagte er etwas ängstlicher als geplant.
Die MounTeens folgten den Schreien der Dohlen. Als sie beim gähnend schwarzen Eingang zum Turm angekommen waren, veränderte sich das Gekrächze plötzlich.
»Hört ihr das auch?«, fragte Sam mit weit aufgerissenen Augen.
»Frau…en…stimm…en!«, stotterte Matteo. Er machte einen Schritt rückwärts.
»Was sagen sie?«, zischte Amélie.
»RACHE!«, forderte eine krächzende Stimme, die man unter anderen Umständen auch mit dem Schrei einer Dohle hätte verwechseln können.
»Die … wollen … Rache«, stammelte Sam. Alles in ihm schrie nach Flucht. Nur mit größter Selbstbeherrschung blieb er stehen. Verwundert beobachtete er, wie Amélie ihren Fuß auf die erste Stufe des Turmaufgangs setzte. Ihr schien der Hexenspuk weniger Angst einzujagen als ihm. Er schluckte leer, nahm seinen ganzen Mut zusammen und stieg hinter den anderen die steinerne Treppe hoch.
»WER WAGT ES, UNSERE TOTENRUHE ZU STÖREN?«, krächzte die Stimme nun.
»Schnell weg hier!« In Matteos Augen blitzte Panik auf.
Lena hielt ihn zurück. »Komm!«, drängte sie. »Die Dohlen müssen hier oben bei den Turmzinnen sitzen.«
Sam und Matteo sahen sich an. Was war bloß in die Mädchen gefahren? Fürchteten die sich nicht?
»Weshalb zögerst du, Sam?«, fragte Amélie. »Gehen wir dem Spuk auf den Grund oder nicht?«
Matteo und Sam gaben sich einen Ruck. Sie waren ja nicht umsonst Teil einer Detektivbande, die sich nicht so schnell einschüchtern ließ. Also weiter!
»Könnt ihr vorgehen, Jungs?«, bat Lena.
Mit Genugtuung stellte Sam fest, dass er offenbar doch nicht der Einzige war, dem der Schreck in die Glieder gefahren war. Gemeinsam mit Matteo nahm er die letzte Stufe zur obersten Plattform des Turms.
Keine Spur von Dohlen oder Gespenstern!
Im Schein von Sams Taschenlampe schlichen die MounTeens vorsichtig den zerfallenen Zinnen entlang. Sie folgten einem der noch gut erhaltenen Wehrgänge hinüber zum anderen Turm, der allerdings zur Hälfte eingestürzt war.
»MÖRDER!«, schrie es plötzlich direkt vor ihnen.
Instinktiv warfen sich Sam und Matteo zu Boden, während sich Amélie und Lena an die Mauer drückten.
Am ganzen Körper zitternd stemmte sich Sam hoch, um zwischen zwei Zinnen über den Rand der Mauer zu schauen. »Woher kam das?«
Matteo rappelte sich neben ihm auf, bevor er in eine kleine Maueröffnung griff und einen etwa dreißig Zentimeter langen,...




