E-Book, Deutsch, Band 163, 256 Seiten
Reihe: Historical
Navin Die Lilie und das Schwert
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-95446-041-0
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 163, 256 Seiten
Reihe: Historical
ISBN: 978-3-95446-041-0
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Cornwall 1196: Voller Hass blickt Catherine auf das Glück ihrer hinreißend schönen Schwester Lily, die kurz vor Hochzeit mit Lord Rogan St. Cyr steht. Catherine wollte Rogan für sich! Und so ersinnt sie einen grausamen Racheplan, der Liebe und Zukunft der arglosen Lily für immer zerstören soll. Nach der Hochzeitsnacht voller Leidenschaft wird Rogan das Opfer von Catherines Rache. Durch eine Intrige der Verschmähten wirft man Rogan in den Kerker und erklärt ihn für tot ...
Wie bei vielen Autoren lag der Ursprung meines Schaffens darin begründet, dass ich eine leidenschaftliche Leserin bin. Dadurch entwickelte ich eine innige Liebe zu Büchern und zum Geschichtenerzählen. Ich habe Schriftsteller immer bewundert, aber der Gedanke, selbst einer zu werden, lag mir so fern wie der Gedanke, ein berühmter Schauspieler zu sein. Doch bei mir ist es wirklich passiert. Ich fing an zu schreiben und schreibe immer noch. Seit der 7. Klasse schrieb ich zu meinem eigenen Vergnügen und hütete dies als mein kleines Geheimnis. Bei all den Geschichten in meinem Kopf hätten sie mich für verrückt erklärt. Ich erinnere mich noch daran, wie mein Psychologielehrer an der Highschool sagte, das Tagträumen sei ein Verdrängungsmechanismus. Seitdem wusste ich, ich bin in Schwierigkeiten und hütetet dieses Geheimnis wie meinen Augapfel. Später fand ich im Verlauf meines Psychologiestudiums und anschließend auch als praktizierende Psychologin heraus, dass mein Lehrer falsch lag. Manche Menschen sind einfach so gestrickt, und in meinem Fall, waren meine vielen Tagträume die Quelle für meine Geschichten. Erst nach der Geburt meines zweiten Kindes ging ich an die Öffentlichkeit. Ich hatte ein erfülltes Leben und war glücklich, doch ich spürte eine innere Unruhe und Unzufriedenheit. Schließlich fand ich heraus, dass ich diese Ruhelosigkeit nur besänftigen konnte, indem ich mich ernsthaft dem Schreiben widmen würde. So fing ich mit 40 Jahren an, mein erstes Buch zu verfassen, das nach zahlreichen Überarbeitungen in der Reihe Harlequin Historicals erschien. An zwei Tagen die Woche empfange ich immer noch Patienten in meiner Praxis in Maryland, wo ich mit meinem Mann, drei Kindern und mehreren Haustieren lebe. Ich bin entschlossen, weiter zu schreiben, denn wie Sie wissen, schwirren mir immer noch unzählige Geschichten durch den Kopf.
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1. KAPITEL
„Bei Gott, schaut doch“, sagte Andrew zu seinem Bruder. Rogan St. Cyr sah blinzelnd zum Horizont.
Die Burg von Charolais ragte am Rande einer Klippe empor, wie ein finsterer Riese, der die Wacht über die tosende Brandung hielt. Genau wie die berüchtigte Nachbarburg Tintagel war Charolais aus grobem grauen Stein zusammengefügt. Sie wirkte eher schlicht und keinesfalls bizarr. Die Ehrfurcht gebietende Gegenwart der Burg war vielmehr auf die wilde Umgebung zurückzuführen: die unruhige See, dahinjagende Wolken und die graue, öde Moorlandschaft, die sich so weit erstreckte, wie das Auge reichte.
Rogan verspürte ein flaues Gefühl in der Magengegend. Es war lange her, dass er derart unruhig gewesen war. Zwar war er immer noch vor jedem Kampf angespannt, aber diese nervenaufreibende Beklemmung war ihm unbekannt.
Nicht zum ersten Mal machte er sich bewusst, dass er nicht der Mann für jene Pflicht war, die ihn erwartete. Er besaß kein großes Verhandlungsgeschick, und er war nicht so zungenfertig, dass er geschliffene Worte vorzubringen wusste oder gar sein Gegenüber mit falschem Lob für sich einzunehmen verstand. Er war ein Krieger – er war nie etwas anderes gewesen –, aber er war auch ein Ehrenmann, und aus diesem Grund war er gekommen.
„Das macht mich wahrlich wütend“, murmelte Andrew, als sie näher kamen.
Rogan brummte und trieb sein Pferd weiter. Seine breitschultrige Gestalt bewegte sich im Einklang mit dem schwarzen Hengst. Rogan wirkte vollkommen gelassen, seinen Augen entging jedoch nichts, als er und seine Mannen durch das Tor ritten und den unteren Burghof erreichten.
Da Rogan sich weiterhin in Schweigen hüllte, sagte Andrew: „Ich weiß, diese Pflicht lastet schwer auf Euren Schultern.“
Endlich sprach Rogan. „Nicht einmal Ihr macht Euch bewusst, wie schwer, Bruder.“
Als sie durch das innere Torhaus ritten, tauchte der Bergfried steil vor ihnen auf. Er war schlicht und ohne Verzierungen gebaut und wirkte wie ein großer Grabstein. Dieser Gedanke ließ Rogan erschauern.
Die Reiter hielten an und stiegen von ihren Pferden. Andrew sah seinen Bruder durchdringend an. „Warum, zum Teufel, starrt Ihr mich derart an?“ fragte Rogan in barschem Ton.
„Es ist eine Sünde zu fluchen“, erwiderte Andrew mit einem Lächeln. Rogan blickte seinen jüngeren Bruder erstaunt an. Der nahm selten etwas ernst, schon gar nicht eine Sünde – und das, obwohl er ein Priester war.
Rogan übergab die Zügel einem seiner Männer und schaute sich voller Unbehagen um. „Garven, bleibt mit den anderen draußen. Andrew, Ihr kommt mit mir.“
Ein Wachmann stand vor der mächtigen, eisenbeschlagenen Tür des Bergfrieds und betrachtete die Männer mit neugierigen Blicken. Rogan stellte sich dem Mann vor. Als der seinen vollen Namen vernahm, weiteten sich seine Augen vor Erstaunen. Dann lief er hastig hinein und verschwand in einem Gang. Rogan betrat mit seinem Bruder den Bergfried.
Die schweren Stiefel dröhnten auf dem steinernen Fußboden, und der Widerhall brach sich geisterhaft am hohen Deckengewölbe. Sie schritten an einer Reihe von kunstvoll gewölbten Fenstern vorbei, die man wegen der Hitze des Spätnachmittags geschlossen hatte. Waffen hingen an den Wänden aus Kalkstein. Die Wappenfarben der Familie schmückten Schilde und leuchteten stolz auf zahlreichen Bannern. Szenen aus unzähligen Schlachten zierten die Wandbehänge, die Generationen von Frauen aus dem Geschlecht der Marshand mit geschickter Hand gewebt hatten, um die Erinnerung an die Kampfesstärke ihrer Gemahle und Söhne wach zu halten.
Rogan seufzte und rieb sich nachdenklich den Nacken. „Er ist wohlhabend“, meinte er leise. „Es wird ihm keine Schwierigkeiten bereiten, ein Heer zusammenzustellen.“
„Wir sind hier, um sicherzustellen, dass er keines braucht“, erwiderte Andrew ruhig. „Wir werden, wie es sich gehört, zu Kreuze kriechen und mit beschwichtigenden Worten seinen Stolz nähren, und schon wird er uns vergeben. Obgleich ich immer noch der Meinung bin, dass Alexander hier sein sollte, um sich selbst zu entschuldigen. Lasst ihn doch um Verzeihung bitten …“
Er wurde von Rogans spöttischen Worten unterbrochen. „Der Narr würde alles nur noch schlimmer machen und fortwährend von Liebe schwafeln.“
Andrew lächelte hintergründig. „Wie ich sehe, glaubt Ihr nicht an die wahre Liebe.“
„Kaum.“ Rogans ebenmäßige Züge blieben kalt.
„Nun, ich kann nicht sagen, ob ich daran glaube oder nicht. Sie ist mir noch nicht begegnet und wird es wohl auch nicht. Ich habe ein Keuschheitsgelübde abgelegt, und wenn ich auch nicht allen Verpflichtungen nachkomme, so werde ich einen einmal geleisteten Schwur nicht brechen. Und dennoch muss ich zugeben, dass unser Bruder wahrhaft glücklich mit seiner Kaufmannstochter wirkt.“
„Verwechselt niemals Fleischeslust mit Liebe, Andrew. Gemessen an der Zeit, die beide in ihren Gemächern zubringen, glaube ich nicht, dass sie dem Drang des Herzens folgen, sondern eher niederen Gelüsten frönen.“ Rogan ließ seinen Blick schweifen und musterte die trägen, feisten Ritter, die sich die Zeit mit Schachspielen vertrieben und Met schlürften. „Alexander ist verwirrt, und die Ehre unserer Familie steht auf dem Spiel.“
„Dem stimme ich zu. Und immer seid Ihr es, der sie verteidigt.“
Dem war tatsächlich so. Obwohl Alexander der Älteste war, den Titel eines bretonischen Herzogs geerbt hatte und über große Besitztümer verfügte, war es stets Rogan, der Zweitgeborene, der die Verantwortung auf sich nahm. Er hatte gehofft, dass die vier Jahre, die er im Kampf im Heiligen Land verbrachte, Alexander ermutigt hätten, den weit reichenden Pflichten seiner Stellung nachzukommen. So, wie es sich indes darstellte, hatte sein aufbrausender, störrischer Bruder weder Benehmen noch Selbstbeherrschung gelernt. Und nun, kaum ein Jahr nachdem Rogan von König Richards Kreuzzug zurückgekehrt war, hatte Alexander eine Abmachung mit einem Edlen missachtet – eine überaus schändliche Tat.
Rogan fuhr mit der Hand durch sein braunes Haar und ließ eine widerspenstige Locke auf die Stirn zurückfallen. „Wo bleibt Marshand?“
Als hätte seine Ungeduld ihn herbeigezaubert, verkündete ein lauter Ausruf die Ankunft des Hausherrn. Rogan drehte sich ruckartig um und sah Enguerrand Marshand auf sie zukommen. Er war ein kleiner Mann, der zwar nicht dick, aber merkwürdig gewachsen wirkte. Seine Beinkleider bedeckten unglaublich dürre Beine, auf denen ein rundlicher Körper ruhte. Sein Kopf war bis auf einen grauen Haarkranz, der sich von einem Ohr zum anderen zog, völlig kahl. Er strahlte vor Freude, bis er näher herangekommen war und einen verwunderten Blick auf Rogan heftete. Die buschigen Brauen zogen sich zusammen, als er Andrew ansah. „Wo ist der Herzog?“ fragte er in einem fordernden Ton.
Rogan spürte sogleich, dass er diesen kleinen, überheblichen Mann nicht ausstehen konnte. „Ich bin Rogan St. Cyr, Alexanders Bruder. Dies ist mein jüngerer Bruder, Pater Andrew.“
Enguerrand würdigte den Priester kaum eines Blickes. „Als man mir sagte, die Banner von St. Cyr seien zu sehen, nahm ich an, es sei der Herzog.“
„Vater?“ Eine energische Stimme forderte Gehör. Zunächst hatte Rogan die Frau nicht bemerkt, die hinter Enguerrand stand. Sie war groß und gertenschlank, besaß ebenmäßige Züge und war zweifelsohne eine Schönheit. Ihr Haar war der Mode entsprechend zurückgeflochten und betonte die hervorstehenden Wangenknochen und ihr spitzes Kinn. Das muss Catherine sein, die Frau, die Alexander verschmäht hat, dachte Rogan. Sie hatte gewiss das entsprechende Alter, und er wusste von ihrer Schönheit, obgleich die strenge und gebieterische Vollkommenheit dieser Frau eine Kälte ausstrahlte, die leicht abstoßend wirkte.
„Stimmt etwas nicht?“ fragte Catherine.
„Ich werde Euch alles erklären“, entgegnete Rogan scheinbar ruhig. Doch die Anspannung wuchs in ihm.
Andrew ergriff die Gelegenheit, um zu sprechen. „Vielleicht sollten wir uns erst einmal setzen.“ Er deutete auf eine Gruppe bequemer Stühle neben der großen Feuerstelle.
Enguerrand hingegen war zu ungeduldig. „Ich verlange zu wissen, was hier vor sich geht. Warum seid Ihr hier ohne den Herzog?“
Rogan wusste, dass die Angelegenheit keinen Aufschub erlaubte. Er atmete tief durch. „Der Herzog wird nicht kommen. Ich bin hier, um im Namen meiner Familie um Verzeihung zu bitten und um kundzutun, dass mein Bruder die Verhandlungen mit Euch bezüglich der Heirat Eurer Tochter abbricht.“ Er hielt inne, denn er hatte Angst vor dem, was kommen würde. „Alexander hat sich für eine andere Frau entschieden.“
Eine kurze, bedrückende Stille trat ein. „Er hat eine andere geheiratet?“ sagte Catherine schließlich. Wut verzerrte ihre schönen Züge. „Wen?“
Jetzt kam der schlimmste Teil der Nachricht. „Die Tochter eines Kaufmanns. Ihr Name ist Carina.“
„Er nahm die Tochter eines Kaufmanns zur Frau?“ rief Enguerrand mit schriller Stimme aus.
Andrew legte eine Hand auf den Arm des Mannes, um ihn zu beruhigen. „Vielleicht möchtet Ihr Euch nun setzen. Ich denke, wir sollten …“
„Nehmt Eure verfluchte Hand von mir!“ donnerte Enguerrand.
„Wie Ihr meint“, erwiderte Andrew gelassen und trat einen Schritt zurück.
„Mein Bruder wählte seine Gemahlin aus Liebe“, fuhr Rogan ohne Entschuldigung fort. Seine anfängliche Besorgnis war verflogen, und er stand Enguerrand wie jedem anderen Gegner...




