E-Book, Deutsch, 223 Seiten
Nebel Die CEO-Bewerbung
3. Auflage 2022
ISBN: 978-3-593-45019-3
Verlag: Campus Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Karrierebeschleunigung ohne Netzwerk und Headhunter
E-Book, Deutsch, 223 Seiten
ISBN: 978-3-593-45019-3
Verlag: Campus Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dr. Jürgen Nebel war unter anderem Geschäftsführer eines Konzerntochterunternehmens und Headhunter für eine international führende Executive-Search-Beratung. Er ist heute als Karriere-Berater, Karriere-Coach und Rechtsanwalt auf das Newplacement oberer Führungskräfte spezialisiert.
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Mit neuer Strategie zum Erfolg!
In diesem Kapitel zeigen wir Ihnen, welche eindrucksvollen Erfolge Sie mit einer völlig veränderten Bewerbungsstrategie erreichen können. Unsere Beispiele aus der Praxis illustrieren, wie drei unserer Klienten ihrer bereits beachtlichen Karriere einen weiteren Aufschwung oder gar eine völlig neue – gewünschte – Richtung gegeben haben. Im ersten Praxisfall wird die Frage geklärt, welche Karrierechancen man sich mit einer gezielten Initiativbewerbung eröffnen kann – wie kann man beispielsweise die Branche oder den Wirtschaftssektor wechseln? In einem weiteren Beispiel wird gezeigt, dass man auch nach einer längeren Phase ohne Berufstätigkeit (beispielsweise aufgrund von Sabbatical, Krankheit, familienbedingter Abwesenheit, fehlender Anschlussbeschäftigung) wieder ganz oben mitmischen kann. Und im letzten Praxisfall sehen Sie, warum es darauf ankommt, die richtigen Entscheider anzusprechen – wer kein Profil wie aus dem Lehrbuch hat, fällt bei Personalern schnell durchs Raster. Mit der richtigen Methode aber erhalten selbst außergewöhnliche Karrieren neuen Schub.
Praxisfall 1: Welche Karrierechancen sind noch drin?
Mark Sprenger, 47, hat immer alles gegeben: schulisch, sportlich, familiär und natürlich auch und gerade beruflich. Und er war belohnt worden. Mit Anfang 40 verdiente er bereits 300?000 Euro im Jahr, war Geschäftsführer Vertrieb, Marketing und Einkauf einer internationalen Handelsgruppe mit direkter Personalverantwortung für 2?000 Mitarbeiter und einem Umsatz von 800 Millionen Euro. Freunde fragten sich oft, wie er das machte, denn seiner Familie mit vier Kindern widmete er mehr Zeit, als es Manager in vergleichbaren Positionen gewöhnlich tun, und auch der Sport – früher selbstredend Leistungssport mit zwei Vize-Landesmeistertiteln – forderte noch so viel Zeit, dass bei all den Geschäftsreisen, die er unternahm, kaum fassbar war, wie er das alles managte. Sprenger war fraglos ein Manager mit besonderem Potenzial. Einem Potenzial, das selbst bei den Executive-Search-Beratern der ersten Liga immer wieder auf großes Interesse stieß – und nicht nur einmal zu der fast vorwurfsvollen Frage führte: »Wieso arbeitet ein Mann wie Sie denn im Handel?«
Ein Blick auf seine Vita gibt die Antwort: Schon an der Universität vertiefte er die Themen Handel, Banken und Versicherungen und er ließ sich auch später von seinen Interessen und seiner großen Begeisterungsfähigkeit leiten. Auch wenn er beruflich weit höher aufgestiegen war als die meisten, besaß er keinen verbissenen Ehrgeiz, war auch menschlich geschätzt, ja beliebt, und entfaltete seine Fähigkeiten nicht nur unter Maximierungsgesichtspunkten. Drohte ihn all dies jetzt im letzten Abschnitt seiner Entwicklung zu bremsen? Denn mancher Aufsichtsrat und Chef angesehener Personalberatungen hatte ihm eine Vorstandskarriere prophezeit, Verantwortungsübernahme vorausgesehen für Milliardenumsätze börsennotierter Unternehmen.
Wie kam es, dass er trotz aller gelassenen Scharfsichtigkeit, die ihn kennzeichnete, nicht dort angelangt war? Heute weiß Sprenger, woran es lag: Er hatte wie die meisten hochbegabten Manager auf Leistung Beziehung gesetzt – schon sein Universitätsprofessor hatte ihn an ein Vorstandsmitglied einer börsennotierten Versicherung weiterempfohlen. Ehrenwert, aber nicht systematisch, wie ihm heute klar ist. Denn kaum hatte er als Vorstandsassistent begonnen, wurde sein Chef zum Vorstandssprecher eines Konkurrenten berufen – und Sprenger verließ das Unternehmen in Jahresfrist. Gute, entwicklungsfähige und -bereite Manager finden überall wieder einen Einstieg auf hohem Niveau: Nach dem ersten, fast vertanen Berufsjahr startete er erneut, dieses Mal in der internen Unternehmensberatung eines globalen Handelskonzerns. Schnell erkannte der Vorstand seine Fähigkeiten, und nach mehreren, auch praktisch erfolgreichen Beratungsprojekten wurde ihm die Vertriebsverantwortung für ein Unternehmen mit niedrigem dreistelligem Millionenumsatz anvertraut. Auch dies meisterte er bravourös, sodass er den Handelskonzern verließ, um seinem Chef in einen anderen Handelskonzern zu folgen. Nach seiner operativen Verantwortung übernahm er dort erneut eine herausragende Funktion in der Unternehmensentwicklung, unter anderem begleitete er die Fusion zweier ehemals konkurrierender Handelskonzerne.
Nach nur zwei Jahren verließ er das Unternehmen, weil wieder sein Chef und Mentor, wie damals schon bei der Versicherung, das Unternehmen verließ. Dieses Mal entschloss Sprenger sich aber, sich freizuschwimmen, nicht seinem Chef und Mentor zu folgen – und das gelang ihm auch souverän: Er übernahm eine überaus aussichtsreiche Alleingeschäftsführung für ein Joint Venture zwischen einem großen Handelskonzern und einem nicht minder bedeutenden Verlagshaus. Das Start-up-Unternehmen sollte ein bahnbrechendes Konzept in der Internet-Goldgräberzeit Anfang des Jahrtausends verwirklichen. Pech für Sprenger war nur, dass schon nach dem Startjahr der eine Joint-Venture-Partner die Zusagen nicht einhielt und sich fluchtartig aus der Partnerschaft verabschiedete. Jahre später wurde das Konzept erfolgreich realisiert – von anderen Geschäftsführern mit anderen Kapitalgebern. Sprenger fehlte ganz offensichtlich Fortune, das, was schon Friedrich der Große von seinen Offizieren forderte.
Der Rest ist schnell erzählt: Nach einer letzten kurzen Station noch einmal bei einem seiner Mentoren, der jetzt wieder in einem anderen Handelskonzern den Vorstandsvorsitz übernommen hatte, schwamm er sich nun endgültig frei und übernahm bei zwei weiteren Unternehmen eine Geschäftsführung beziehungsweise eine Bereichsleitung – das erste war im Handel aktiv, das zweite in der Dienstleistung. Schon im ersten schwoll sein Jahressalär auf die verdienten 300?000 Euro an – Glück hat auf Dauer eben nur der Tüchtige, wie gleichfalls Friedrich der Große schon wusste, weshalb von Glück nicht eigentlich gesprochen werden kann. Denn so viel Pech konnte selbst Sprenger nicht haben, dass exzellente Leistung sich nicht durchsetzen würde. Aber die mehrfach prophezeite Karriere an der Spitze eines Milliardenunternehmens hatte sich nicht bewahrheitet, zu ungünstig waren die Wechselfälle des Lebens für Sprenger gewesen.
Während auch mittelmäßige Manager am Ende einer Seilschaft den Berg auf beachtliche Höhe hochgezogen wurden, wenigstens bis zur Mittelstation, gelegentlich sogar bis zur Bergstation, schaffte es Sprenger – immerhin aus eigener Kraft – nur an die Spitze eines vergleichsweise kleinen Bergs, weil er strategisch, wie sich heute zeigt, unsystematisch vorgegangen war. Letztlich deshalb, weil er es nicht besser wusste, als das zu tun, was allenthalben geraten wurde: sich einen Mentor suchen, von ihm fördern lassen und im Übrigen die weitere Karriere über professionelle Headhunter einfädeln. Diese »Strategie« wurde ihm nicht gerade zum Verhängnis, aber genutzt hat sie ihm rein gar nichts – eher hat sie ihn in falscher Sicherheit gewiegt und seine Loyalität zu den beiden Mentoren strapaziert. Heute, wie gesagt, weiß er es besser. Und noch ist er jung genug, um sein exzellentes Potenzial entfalten zu können. Vorausgesetzt, er geht künftig strategisch bedachtsamer vor.
Sprenger begab sich daher in unsere strategische und nicht nur praktische Beratung mit ganz klaren Zielen, ja Vorgaben: Zum ersten Mal in seinem Berufsleben wollte er richtig wählen, seine Karriere nach Vorstellungen fortentwickeln, und daher brauchte er viele Erstgespräche bei vielen Unternehmen – und das innerhalb eines vergleichsweise kurzen Zeitraums, um auch tatsächlich zwischen verschiedenen Alternativen wählen zu können. Und außerdem – so sehr er auch den Handel liebte, so schwer ertrug er ihn manchmal – wollte er herausfinden, ob nicht nur ein Branchenwechsel möglich wäre, sondern sogar ein Wechsel in andere Wirtschaftssektoren, beispielsweise in die Industrie, eine Bank, eine Versicherung oder in ein Dienstleistungs- oder Beratungsunternehmen. Und das zu Konditionen, die keine Einbußen gegenüber dem jetzigen Status mit sich brächten. Sprenger wollte es noch einmal wissen und zugleich herausfinden, was ihn für die nächsten 20 Jahre seines Berufslebens wirklich interessierte. Da traf er bei uns auf offene Ohren, denn wir haben schon oft erlebt, dass selbst erstklassige Manager keineswegs immer genau wissen, was sie...