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E-Book

E-Book, Deutsch, 125 Seiten

Nelting traumtief

Bilder der Vergangenheit
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-347-52684-6
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Bilder der Vergangenheit

E-Book, Deutsch, 125 Seiten

ISBN: 978-3-347-52684-6
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Eine junge Frau - ein düsteres Geheimnis Seit ihrer Kindheit träumt Rosa diesen einen Traum. Zum Studium allein in Freiburg beginnen die Fäden ihrer mysteriösen Traumgestalt sie auch tagsüber zu umfangen, pfuschen ihr in eine aufkeimende Liebesbeziehung und machen sie zunehmend zur Getriebenen. Auf den Spuren der Vergangenheit ihrer Ahnen sucht Rosa verzweifelt einen Ausweg. Doch wird sie ihn finden?

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Der Kuss

Doch auch das war nun schon lange her. Manchmal sehnte Rosa sich nach der Einfachheit ihres Lebens, als Jugendcamps in diesem noch die maximalste Aufregung und eine verpatzte Mathearbeit der größte anzunehmende Unfall waren.

Joelle hatte sie aus den Augen verloren. Das letzte, was sie von ihr gehört hatte, war, dass die Freundin sich bei einem Au Pair – Jahr in Kanada unsterblich verliebt und daraufhin ihren Aufenthalt im Land der Bären und Ahornblätter verlängert hatte – auf unbestimmte Zeit, hieß es.

Rosa selbst hatte sich nach dem Abitur für ein Geschichtsstudium entschieden und war dafür nun schon seit 3 Semestern in Freiburg. Irgendetwas nicht näher benennbares hatte sie trotz ihrer norddeutschen Herkunft in den Süden der Republik gezogen. Und mehr noch: ihre eigentliche, auch dies eine unbestimmbare, ihr zuvor eher unbekannte, Sehnsucht galt den Bergen jenseits der Grenze. Den hoch aufragenden Schweizer Alpen, die man bei klarer Sicht vom Gipfel des Freiburger Hausbergs, dem Schauinsland, in der Ferne erahnen konnte.

Wieso das so war, wusste Rosa nicht. Vielleicht hatte es etwas mit den Wurzeln ihrer Familie zu tun. Mit ihrem erst vor wenigen Jahren erwachten historischem Interesse hatte sie jene (zumindest auf mütterlicher Seite) im süddeutschen Raum detektiert. Die Wirrungen des zweiten Weltkriegs hatten die urgroßelterliche Familie immer weiter in den Norden gespült, so dass Rosa selbst in Hamburg aufgewachsen war.

Doch ihre Herkunft war definitiv nicht das, was Rosa im Kopf hatte, als sie sich an diesem Abend durch die Gassen der Altstadt in Richtung ihres Zieles bewegte.

Nein, Rico war es, dem ihre Gedanken galten. Rico war ein spanischer Kommilitone, mit dem sie auf dem Freiburger Weinfest vor zwei Wochen einige vergnügliche Stunden verbracht hatte. Obwohl Rico den badischen Weißwein als „Limo“ verlachte und auch Rosa lieber kräftige Rotweine trank, war ihnen die „Limo“ nach ein paar Gläsern ordentlich zu Kopf gestiegen. Arm in Arm waren sie, mehr schwankend denn gerade, von Stand zu Stand gezogen. Vom angenehmen Kribbeln, welches Rosa jedes Mal sprudelblasengleich durchwandert hatte, wenn er ihr tief in die Augen geschaut oder ihre Hand genommen hatte, genau davon wollte sie mehr. Am besten direkt heute!

Das Weinfest war vorbei, doch gab es da zum Glück im Schatten des Münsters diese Weinbar. Dort wollten sie sich heute (mit der Schar ihrer anderen Studienkollegen) treffen. Als Rosa auf den Marktplatz einbog, fuhr ihr Blick wie jedes Mal hoch an den Türmen des Münsters. Wie immer löste der Anblick des alten Gemäuers in ihr eine Mischung aus Schaudern und Wohligkeit aus. Seltsam vertraut fühlten sich das Ziffernblatt am Portal, die Wasserspeier und sogar die Dachschindeln an – so, als sei sie auch vor ihrem Hinzug nach Freiburg schon unzählige Male hier gewesen und – habe was? Rosa konnte nicht fassen, ob die Vertrautheit eine gute oder schlechte Sache war. Immer, wenn sie versuchte sich über ihre genauen Gefühle klar zu werden, entwischten sie ihr. Und auch hier wusste sie nicht, ob sie das traurig oder froh stimmen sollte.

Energisch schon Rosa jedenfalls an diesem Abend ihre verworrenen Überlegungen zur Seite und näherte sich der ausgemachten Weinbar. Schon von weitem sah und hörte sie ihn: Rico!

Dank nicht nur spanischer, sondern über 3 Ecken auch puertoricanischer Wurzeln war sein Teint von gerade der Bräune, die durchschnittliche Europäer auch durch wochenlange Besuche von Solarien nicht erreichen konnten. Die Attraktivität seiner Gesichtsfarbe wurde verstärkt durch das Blitzen weißer Zähne, wenn er lachte, was er gerne und oft tat. So auch gerade wieder. Umringt von einer Wolke Studentinnen, erzählte er irgendeine Story, dabei fiel ihm eine seiner schwarzen Locken immer wieder ins Gesicht.

Ja, Rico verteilte seinen Charme und seine Aufmerksamkeit gerne großzügig und recht gleichmäßig unter seinen Kommilitoninnen, von denen es hier in Freiburg, zumal in der geisteswissenschaftlichen Fakultät, mehr als genug gab. Dafür, dass sein Lachen exklusiv ihr galt und nur sie die Adressatin seiner witzigen Sprüche wäre, dafür wollte Rosa heute sorgen.

Der Start war auf jeden Fall schon einmal gut: Als Rico sie entdeckte, trat er aus der Gruppe hervor und begrüßte sie mit einem Kniefall: „Seid willkommen, hochwohlgeborene Weinfürstin!“

Instinktiv und ohne darüber nachzudenken erwiderte Rosa den Knicks lachend mit einer eleganten in einen Tanzschritt eingebauten Verbeugung. Rosa, für die Ballett trotz einiger frühkindlicher Probestunden ein Buch mit 7 Siegeln geblieben war und die sich auch durch die zu einem späteren Zeitpunkt folgende Tanzschulzeit nur mit Ach und Krach durchgemogelt hatte, ohne zum Gespött der ganzen Gruppe zu werden! Aus welchem magischen Hut hatte sie diese Miniatur-Performance jetzt bloß gezaubert?

Rico jedenfalls schien sie zu gefallen, denn er sagte: „O la la, nicht nur eine exzellente Historikerin, sondern auch noch eine hübsche Primaballerina, was nicht alles in Dir steckt, Rosa!“

Als Antwort kniff sie ihm neckend in die Wange und setzte sich dann zu ihm.

Der Abend nahm seinen Lauf. Auch hier gab es ausschließlich badische Weine, denen sie reichlich zusprachen. Wie immer, wenn sie etwas trank, konnte Rosa sich auch heute in durchaus angenehmer Weise von sich selbst distanzieren: Probleme waren plötzlich weniger wichtig und die Stimmen um sie her verschmolzen zu einem entspannten Rauschen. Die neidischen Blicke ihrer Freundinnen hingegen bemerkte Rosa sehr wohl, als Rico auch die nächsten Stunden ausschließlich bei ihr sitzen blieb. Wie sie selbst waren auch die Anderen als Singles zum Studium nach Freiburg gekommen, in der Hoffnung, in der schönen Stadt im Breisgau die große Liebe oder zumindest einen netten Flirt zu finden. Eine Hoffnung, die deutlich limitiert wurde durch das geringe Angebot an Männern - zumindest, wenn man bzw. frau nicht bei den technischen oder mathematischnaturwissenschaftlichen Fakultäten hausieren gehen wollte.

Tja, Mädels, Pech gehabt, dachte Rosa recht zufrieden mit sich selbst, den Rico geb´ ich erstmal nicht mehr her.

Schließlich wollten einige von ihnen weiterziehen, vielleicht noch etwas tanzen. Die Mehrheit sprach sich fürs „Räng Teng Teng“ aus, eine in Rosas Augen eher schmuddelige Kneipe samt kleiner Tanzfläche im Freiburger Szeneviertel Sedan. Rosa zögerte. Vielleicht hatte sie in der Vergangenheit ja ein bisschen zu viel Zeltlager gehabt – aber sich nach der gehobenen Weinbar jetzt in so einen Schuppen zu bewegen, kam für sie nicht in Frage.

Sie nahm Rico beiseite und sagte ihm dies.

„Ach Rosa, komm schon!“ Das „s“ in Rosa sprach er aus wie ein deutsches „ß“, wodurch ihr eigentlich langweiliger Name deutlich an Charakter gewann, wie sie fand.

Als er ihre beiden Hände in die seinen nahm, war es, als durchfahre sie ein elektrischer Schlag. Zugleich schalteten ihre Sinne in eine Art „hyper-alert“ – Zustand. Jede einzelne Furche und Schwiele an Ricos Händen nahm sie nun ebenso überdeutlich war wie ihr eigenes plötzlich doppelt so schnell schlagendes Herz. Mit einer Fremdgesteuertheit, die weit über ihre vorherige Distanzierung hinausging, löste sie ihre Hände aus seinen und legte sie an Ricos Hinterkopf. Mit Nachdruck zog sie ihn zu sich hinunter und legte ihre Lippen auf die seinen. Diese Berührung jagte ein weiteres Feuerwerk der Emotionen durch ihren Körper. Doch obwohl Übermut, Lust und Erregung in ihr miteinander rangen, fühlte sie sich dennoch wie getrennt von ihren Gefühlen, wie eine Beobachterin ihrer Selbst.

Jetzt teilten Ricos Lippen sich, nein, vielmehr war sie es gewesen, die dies mit sanften Druck der ihren erwirkt hatte. Voller Gier suchte ihre Zunge die seine, fand sie und lud sie auf ein wildes Spiel zu sich ein. Gleichzeitig fuhr sie ihm mit der rechten Hand durch die Locken, während die linke den warmen Nacken des Jungen weiterhin fest umklammert hielt. War das wirklich sie, Rosa? Nicht einmal ihren ersten Freund, eine leidenschaftliche, aber unglückliche frühe Teenagerliebe, hatte sie mit einer derartigen Inbrunst geküsst und Rico – mit dem war sie doch nicht einmal richtig zusammen!

Irritiert und atemlos beendete Rosa den Kuss und starrte den Anderen an. Dieser rang ebenfalls nach Luft und brachte keuchend hervor: „Wow, Rosa, Du bist ja eine ganz Wilde!“

Aber das war sie doch überhaupt nicht! Was um alles in der Welt war da gerade geschehen? Was (oder wer) hatte sie denn da geritten? In sich hineinhorchend stellte Rosa fest, dass, was (oder wer) auch immer es gewesen sein mochte, dieses Etwas (jemand) jetzt restlos verschwunden war und sie, Rosa, ratlos, beschämt und zu einem nicht unerheblichen Grade erregt, zurückgelassen hatte.

Sie schaute zu Rico auf und merkte an seinem erwartungsvollen Blick, dass eine Antwort wohl...



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