E-Book, Deutsch, 117 Seiten
Reihe: Reclams Universal-Bibliothek
Nestroy Der Talisman
2. Auflage 2012
ISBN: 978-3-15-960021-5
Verlag: Reclam Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Posse mit Gesang in drei Akten - Nestroy, Johann - Deutsch-Lektüre, Deutsche Klassiker der Literatur - 14112
E-Book, Deutsch, 117 Seiten
Reihe: Reclams Universal-Bibliothek
ISBN: 978-3-15-960021-5
Verlag: Reclam Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Johann Nepomuk Nestroy (7. 12. 1801 Wien - 25. 5. 1862 Graz) war Sänger, Schauspieler und Theaterdirektor; er schrieb für sich über 80 Stücke, die als Possen, Parodien oder Komödien erfolgreich waren, deren treffender Sprachwitz aber auch auf Gesellschafts- und politische Kritik zielte.
Weitere Infos & Material
[5] Erster Akt
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Erste Szene
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Chor
DIE MÄDCHEN.
Au’m Nachkirtag tanzt man schon in aller Fruh’,
Dort kommen die Burschen und holen uns dazu.
DIE BAUERNBURSCHE .
Wo bleibt’s denn? Laßt keine sich sehn, das ist schön,
Au’m Tanzboden tut’s drüber und drunter schon gehn.
DIE MÄDCHEN. Wir sind schon bereit.
DIE BURSCHE. So kommt’s, es is Zeit.
ALLE. Es hat jeds sein’ Gegenteil, die Wahl is nit schwer,
D’ Musikanten, spielt’s auf, heut’ geht’s lustig her.
CHRISTOPH . Wir zwei tanzen miteinand’!
HANS . Wir zwei sein schon seit zehn Kirtäg’ ein Paar.
HANNERL . Ich tanz auf der Welt mit kein’ andern als mit dir.
CHRISTOPH . Da schaut’s, da kommt die Salome.
HANNERL. Mit die baßgeig’nfarbnen Haar’!
CHRISTOPH. Was will denn die auf ’m Kirtag?
HANNERL. Eure Herzen anbrandeln, das is doch klar!
[6] Zweite Szene
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SALOME . Da geht’s ja gar lustig zu; wird schon auf ’m Tanzboden gangen, nit wahr?
CHRISTOPH . Is möglich!
SALOME. Ös werd’t’s doch nix dagegen haben, wenn ich auch mitgeh?
HANS. No ja – warum nit – hingehn kann jeds.
CHRISTOPH . Aber ’s is weg’n der Feuersg’fahr!
HANS . ’s is der Wachter dort –
CHRISTOPH . Und der hat ein’ starken Verdacht auf dich; du hast deine Gäns’ beim Stadl vorbei’trieben, der vorgestern ab’brennt is.
HANNERL. Und da glaubt man, du hast’n an’zund’n mit deiner Frisur.
SALOME. Das is recht abscheulich, was ihr immer habt’s über mich; aber freilich, ich bin die einzige im Ort, die solche Haar’ hat. Für die Schönste wollt’s mich nicht gelten lassen, drum setzt’s mich als die Wildeste herab.
DIE MÄDCHEN. Ah, das is der Müh’ wert, die wollt’ die Schönste sein!
CHRISTOPH . Schau halt, daß d’ ein’ Tänzer find’st.
SEPPEL . Ich tanz mit ihr, was kann mir denn g’schehn?
CHRISTOPH. Was fallt dir denn ein? Ein Kerl wie du wird doch wohl eine andere kriegen?
SEPPEL. Is auch wahr, man muß sich nit wegwerfen.
HANS. Vorwärts! Brodelt’s nit so lang herum!
ALLE. Auf ’n Tanzboden! Juhe! Zum Tanz!
[7] Dritte Szene
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SALOME. Ich bleib halt wieder allein z’ruck! Und warum? Weil ich die rotkopfete Salome bin. Rot ist doch g’wiß a schöne Farb’, die schönsten Blumen sein die Rosen, und die Rosen sein rot. Das Schönste in der Natur ist der Morgen, und der kündigt sich an durch das prächtigste Rot. Die Wolken sind doch g’wiß keine schöne Erfindung, und sogar die Wolken sein schön, wann s’ in der Abendsonn’ brennrot dastehn au’m Himmel; drum sag ich: Wer gegen die rote Farb’ was hat, der weiß nit, was schön is. Aber was nutzt mich das alles, ich hab doch kein’, der mich auf ’n Kirtag führt! – Ich könnt’ allein hingehn – da spotten wieder die Madeln über mich, lachen und schnattern. Ich geh zu meine Gäns’, die schnattern doch nicht aus Bosheit, wann s’ mich sehn, und wann ich ihnen ’s Futter bring, schaun s’ mir auf d’ Händ’ und nit auf ’n Kopf.
Vierte Szene
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FLORA . Nein, das is wirklich arg! Das bisserl Weg von der Stadt fünf Viertelstund’ herausfahren! Schamen soll sich so ein Stellwagen!
PLUTZERKERN. Warum denn? Er heißt ja deßtwegen Stellwagen, weil er von der Stell’ nicht weiterkommt.
FLORA. Schad’, daß du mit deiner Langsamkeit kein Stellwag’n worden bist.
PLUTZERKERN. Dazu fehlet mir die Pfiffigkeit. Ein Stellwagen is das pfiffigste Wesen auf der Welt, weil er ohne Unterschied des Standes jeden Menschen aufsitzen laßt.
[8] FLORA. Ich glaub, du hast wieder dein’ witzigen Tag, da bist du noch unerträglicher als gewöhnlich.
PLUTZERKERN. Schimpfen S’ zu, lassen S’ Ihre Gall’ aus an mir! Lang wird’s so nit mehr dauern.
FLORA. Willst du etwa aus dem Dienst der gnädigen Frau gehn? Das wär’ g’scheit.
PLUTZERKERN. O nein; aber Sie werden gewiß bald heiraten, dann ist Ihrer Sekkatur ein neues Feld eröffnet, und ich bin nicht mehr der Spielraum Ihrer Z’widrigkeit.
FLORA. Dummer Mensch! Ich werd mich nie mehr verheiraten, ich bleib meinem Verstorbenen getreu.
PLUTZERKERN. Vielleicht sieht er’s ein nach sein’ Tod; bei Lebzeiten hat er’s nie recht glauben wollen.
FLORA. Wenn ich die gnädige Frau wär’, ich hätt’ Ihn schon lang gejagt.
PLUTZERKERN . Wenn ich die gnädige Frau wär’, blieb auch nicht alles im Haus.
FLORA. Wer weiß, ob Er nicht bald springt! Ich hab die Erlaubnis, einen flinken, rüstigen Burschen aufzunehmen.
PLUTZERKERN. Das is recht, dann is doch die Plag’ nicht mehr so groß! Ich gieß den Winterradi, mehr Einfluß verlang ich mir nit.
FLORA. Geh Er jetzt zum G’vatter Polz, der will mir einen Gartenknecht rekommandieren.
PLUTZERKERN. Gut, vielleicht wird aus dem Knecht Ihr künftiger Herr.
FLORA. Warum nicht gar! Von mir bekommt jeder einen Korb.
PLUTZERKERN. Leider, das g’spür ich! Jetzt müssen Sie ihn aber wieder nehmen, wenn ich zum G’vattern soll.
FLORA. Mach Er geschwind, langweiliger Mensch!
PLUTZERKERN . Hm, hm! Der Garten ist doch nicht so verwahrlost, und wie’s die treibt um den flinken, rüstigen Gartenknecht – hm, hm!
[9] Fünfte Szene.
Lied
1
Der hat weiter nit g’schaut,
Beinah’ hätt’ ich’n g’haut;
Der Spitzbub’, ’s is wahr,
Lacht mich aus weg’n die Haar’!
Wen geht’s denn was an,
Ich hoff doch, ich kann
Haar’ hab’n, wie ich will,
Jetzt wird’s mir schon z’viel!
Rote Haar’ von ein’ falschen Gemüt zeig’n soll’n?
’s is’s Dümmste, wann d’ Leut’ nach die Haar’ urteil’n woll’n.
’s gibt G’schwufen g’nug mit ein kohlrab’nschwarzen Haupt,
Und jede is ang’schmiert, die ihnen was glaubt;
Manch blondg’lockter Jüngling is beim Tag so still
Und schmachtend – warum? Bei der Nacht lumpt er z’ viel!
Und mit eisgraue Haar’ schaun die Herrn aus so g’scheit
Und sein oft verruckter noch als d’ jungen Leut’!
Drum auf d’ Haar’ muß man gehn,
Nachher trifft man’s schon schön.
2
Mir soll einer traun,
Der wird sich verschaun,
Auf Ehr’, dem geht’s schlecht,
Denn ich...