O’Brian | Der verliebte Kapitän | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 2, 624 Seiten

Reihe: Die Abenteuer von Aubrey und Maturin

O’Brian Der verliebte Kapitän

Das zweite Abenteuer für Aubrey und Maturin
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-311-70429-4
Verlag: Kampa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Das zweite Abenteuer für Aubrey und Maturin

E-Book, Deutsch, Band 2, 624 Seiten

Reihe: Die Abenteuer von Aubrey und Maturin

ISBN: 978-3-311-70429-4
Verlag: Kampa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Kapitänsleutnant Jack Aubrey genießt seinen verdienten Landurlaub: Fuchsjagden, anständige Musik, hier und da ein Opernbesuch. Sein letztes Gefecht, in dem er mit seiner kleinen Vierzehn-Kanonen-Brigg Sophie die spanische Schebeckenfregatte Cacafuego erobert hat, war monatelang in aller Munde und hat ihm Ruhm und Anerkennung eingebracht. Da erhält Aubrey einen Brief: Sein Prisenagent hat ihn um die verdienten Anteilsgelder betrogen. Nicht nur seine Karriere gerät jetzt in gefährliche Fahrwasser, für die Mutter der jungen Frau, in die er sich verliebt hat, wird er auch zu einem inakzeptablen Heiratskandidaten. Um dem Schuldgefängnis zu entgehen, flieht Aubrey zusammen mit seinem Freund und Schiffsarzt Dr. Stephen Maturin Hals über Kopf außer Landes. Erst als die beiden wieder Planken unter die Füße bekommen, kann Aubrey erneut beweisen, was in ihm steckt. Die zweifelhafte Belohnung für seine Verdienste: Das Kommando der Polychrest, einer schwimmenden Fehlkonstruktion, mit der er Napoleons Truppen in einem ihrer eigenen Häfen attackieren soll ...

Patrick O'Brian, geboren 1914 in Chalfont St Peter bei London, machte früh erste Schreibversuche und veröffentlichte im Alter von fünfzehn Jahren seinen ersten Roman. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete er als britischer Geheimagent. Nach Kriegsende zog er mit seiner zweiten Frau Mary zunächst nach Wales, später ließen sie sich in Südfrankreich nieder. Lange Zeit lebte O'Brian von bescheidenen Einkünften aus der Schriftstellerei und Übersetzungen, unter anderem von Sartre und Colette. 1969 schrieb er den ersten Band seiner maritimen Abenteuerserie um Jack Aubrey und den Schiffsarzt Dr. Stephen Maturin, die ihn zum internationalen Bestsellerautor machte. Es erschienen zwanzig Bände, die weltweit Millionenauflagen erzielten. Auch der Hollywoodfilm Master & Commander - Bis ans Ende der Welt basiert auf dieser Reihe. Patrick O'Brian starb 2000 in Dublin, ein einundzwanzigster Band der Reihe blieb unvollendet.
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1


Im Morgengrauen teilten sich die über dem Ärmelkanal ostwärts treibenden Regenschleier gerade lange genug, um den Verfolgern zu zeigen, dass ihr Jagdwild Kurs geändert hatte. Die Charwell war fast die ganze Nacht seinem Kielwasser gefolgt, mit sieben Knoten Fahrt trotz ihres stark verkrusteten Unterwasserschiffs, und jetzt trennten sie nur noch gut anderthalb Seemeilen. Das vordere Schiff drehte, ging immer höher an den Wind, und das Schweigen an Deck der britischen Fregatte gewann eine neue Intensität, als jeder Mann an Bord die beiden Reihen der feindlichen Stückpforten in Sicht kommen sah. Zum ersten Mal, seit der Ausguck in der Abenddämmerung das Auftauchen eines Segels am Horizont gemeldet hatte, konnten sie das fremde Schiff zur Gänze erkennen. Einen Strich an Backbord voraus hatte es die ganze Zeit Nordnordostkurs gehalten, und an Bord der Charwell war man der einhelligen Meinung gewesen, dass es sich entweder um einen von seinem Konvoi versprengten Franzosen oder um einen amerikanischen Blockadebrecher handeln musste, der im Schutz der Neumondnacht Brest zu erreichen hoffte.

Zwei Minuten nach dieser ersten Sichtmeldung hatte die Charwell ihr Fock- und Großbramsegel gesetzt: nicht gerade eine gewaltige Menge Tuch, aber schließlich hatte die Fregatte eine lange, mühselige Überfahrt von Westindien hinter sich, mit neun Wochen ohne Landsicht. Die Äquinoktialstürme hatten ihre Takelage bis an die Bruchgrenze gebeutelt, und auf dem Höhepunkt des Unwetters hatte sie im Golf von Biskaya drei Tage lang beidrehen müssen. Deshalb war es verständlich, dass der Kommandant, Kapitän Griffiths, Schiff und Besatzung schonen wollte. Keine Wolke von Segeln also, aber trotzdem hatten sie sich binnen zweier Stunden ins Kielwasser des Fremdlings gesetzt, und bei vier Glasen in der Morgenwache hatte die Charwell gefechtsklar gemacht. Die Trommel schlug ihre Wirbel, die eingerollten Hängematten wurden an Deck gebracht und als Kugelfang in den Finknetzen an der Reling verstaut. Die Kanonen wurden ausgefahren, und die schlafwarme, aus rosigem Schlummer gerissene Freiwache stand in Bereitschaft, seit über einer Stunde im kalten Regen an Deck und bis ins Mark durchgefroren.

In der Stille, die dieser neuen Wendung gefolgt war, konnte man nun hören, wie ein Kanonier in der Kuhl seinem erschreckt nach vorn starrenden Nachbarn erklärte: »Das ist ein französischer Zweidecker, Kamerad, mit vierundsiebzig oder achtzig Kanonen. Da sind wir an den Falschen geraten, mein Freund.«

»Ruhe dort unten, verdammt noch mal«, brüllte Kapitän Griffiths. »Mr Quarles, notieren Sie den Namen dieses Mannes.«

Dann schlossen sich die grauen Regenschleier wieder um die beiden Schiffe. Doch jetzt wusste jeder auf dem überfüllten Achterdeck der Fregatte, was hinter den treibenden, alle Formen verwischenden Schauern auf sie wartete: ein französisches Linienschiff mit zwei Reihen bereits geöffneter Stückpforten. Und keinem einzigen Mann war die leichte Drehung der Rah entgangen, die bedeutete, dass der Franzose seine Fock back stellte, um beizudrehen und es mit ihnen aufzunehmen.

Die Charwell war mit zweiunddreißig Zwölfpfündern bewaffnet, und wenn sie nahe genug herankommen konnte, um ihre gedrungenen Karronaden auf Achterdeck und Vorschiff und ihre langen Jagdkanonen einzusetzen, konnte sie mit einer Breitseite insgesamt zweihundertachtunddreißig Pfund Eisen verschießen. Aber ein französisches Linienschiff brachte es auf mindestens neunhundertsechzig Pfund. Von Ebenbürtigkeit konnte da keine Rede mehr sein, und es wäre keine Schande gewesen, hätte Griffiths jetzt abdrehen lassen und Fersengeld gegeben. Doch da war noch ihr Begleitschiff, die starke Fregatte Dee mit ihren achtunddreißig Achtzehnpfündern, irgendwo hinter ihnen auf der dunstigen See. Im letzten Sturm hatte sie eine Maststenge verloren und dadurch an Fahrt eingebüßt, aber bei Einbruch der Nacht war sie noch gut in Sicht gewesen und hatte auch Kapitän Griffiths’ Signal bestätigt, mit dem er die Verfolgung des fremden Schiffes befohlen hatte. Denn Kapitän Griffiths war der ranghöhere Kommandant.

Der Bewaffnung nach waren selbst beide Fregatten zusammen einem Linienschiff noch immer weit unterlegen, dennoch stand außer Zweifel, dass sie den Kampf aufnehmen konnten: Der Franzose würde mit seiner Breitseite auf die eine Fregatte feuern und sie mit Sicherheit schrecklich verwüsten, aber die zweite konnte sich vor seinen Bug oder sein Heck legen und ihn der Länge nach beharken: mit einem mörderischen Kugelhagel durch all seine Decks, dem er fast nichts entgegenzusetzen hatte. Das war zu schaffen, wie andere zuvor bewiesen hatten: 1797 beispielsweise hatten die britischen Fregatten Indefatigable und Amazon einen französischen Vierundsiebziger vernichtet. Andererseits hatten es die beiden Fregatten zusammen auf achtzig lange Kanonen gebracht und die Droits de l’Homme hatte damals wegen des rauen Seegangs ihre unteren Stückpforten nicht öffnen können. Jetzt aber lief nur ein leichter Schwell, und um den Franzosen zu besiegen, hätte ihn die Charwell von Brest abschneiden und ihn längere Zeit ins Gefecht verwickeln müssen. Aber wie lange?

»Mr Howell«, befahl der Kommandant, »nehmen Sie ein Fernglas mit in den Masttopp, und berichten Sie, was von der Dee zu sehen ist.«

Der langbeinige Kadett war schon halb die Besanwanten hochgeklettert, bevor der Kommandant zu Ende gesprochen hatte, und sein »Aye-aye, Sir« klang gedämpft durch den Regen herab. Eine dunkle Schauerbö peitschte das Deck mit ihren Güssen, sodass die Männer auf dem Achterdeck kaum das Vorschiff erkennen konnten und ganze Wasserfälle durch die Speigatten außenbords rauschten. Dann war’s vorbei, und im folgenden fahlen Morgenlicht erscholl von oben der Ruf: »An Deck, Sir. Die Dee steht in Lee querab, mit dem Rumpf über der Kimm. Sie hat ihren Mast geschient …«

»Das reicht«, sagte der Kommandant laut in neutralem Ton. »Mr Barr zu mir.«

Der Dritte Offizier kam von seiner Gefechtsstation herbeigeeilt. Der Wind griff unter seinen regenschweren Wachmantel, als er das Achterdeck betrat, und er reagierte unwillkürlich: Eine Hand bändigte die knatternden Mantelschöße, die andere hielt den Hut fest.

»Nehmen Sie ihn ab, Sir«, rief Kapitän Griffiths, vor Zorn errötend. »Nehmen Sie sofort den Hut ab! Sie kennen Lord St Vincents Befehl – Sie haben ihn alle gelesen – und wissen, wie Sie zu grüßen haben …« Griffiths klappte den Mund zu. »Wann wechselt die Tide?«, fragte er.

»Bitte um Vergebung, Sir«, sagte Barr. »Um zehn Minuten nach acht Uhr, Sir. Stillwasser ist fast vorbei, Sir, wenn Sie gestatten.«

Kapitän Griffiths grunzte und wandte sich dem an Deck zurückgekehrten Kadetten zu. »Ihr Bericht, Mr Howell?«

»Die Dee hat ihre Großmaststenge geschient, Sir«, berichtete der barhäuptige Kadett, der seinen Kommandanten um Haupteslänge überragte. »Und sie ist gerade höher an den Wind gegangen.«

Der Kommandant richtete sein Teleskop auf die zweite Fregatte, deren Bramsegel nun deutlich über dem wie ein Sägeblatt gezahnten Horizont zu erkennen waren; wenn sich beide Schiffe gleichzeitig auf einen Wellenkamm hoben, konnte man schon ihre Marssegel sehen. Griffiths wischte die Linse trocken, starrte nochmals hindurch, fuhr zu dem Franzosen herum, schob das Teleskop mit einem Klicken zusammen und warf noch einen letzten Blick auf seinen fernen Begleiter. Der Kommandant stand allein an der Reling, allein auf der geheiligten Steuerbordseite seines Achterdecks, während die Offiziere von Zeit zu Zeit, wenn sie nicht nach dem Feind oder der Dee ausspähten, verstohlen seinen Rücken musterten.

Die Situation war immer noch in Fluss, war eher eine Möglichkeit als eine Ausgangslage. Aber jede Entscheidung würde sie jetzt erstarren lassen, und sobald sich die Lage verfestigte, mussten die nächsten Ereignisse zwangsläufig ablaufen, zuerst langsam und unentrinnbar, dann immer rasanter, ihrem unwiderruflichen Ende entgegen. Und eine Entscheidung musste jetzt getroffen werden, musste unverzüglich getroffen werden, denn die Charwell würde bei ihrem augenblicklichen Tempo in weniger als zehn Minuten in Schussweite des Zweideckers sein. Dabei gab es so viele Faktoren zu berücksichtigen … Die Dee war hoch am Wind kein besonders guter Segler; auch würde die neue Gezeit sie behindern, denn der Tidenstrom setzte genau quer zu ihrem Kurs; vielleicht musste sie sogar noch eine Wende fahren. Binnen einer halben Stunde konnte der Franzose mit seinen Sechsunddreißigpfündern die Charwell zerfleischen, sie entmasten und als Beute nach Brest abschleppen – der Wind stand günstig für Brest.

Warum war kein einziges Schiff des britischen Blockadegeschwaders in Sicht? Es konnte doch nicht versprengt worden sein, nicht von diesem Wind. Das alles war schon sehr merkwürdig. Verdammt merkwürdig sogar, angefangen mit dem seltsamen Verhalten des Franzosen. Immerhin würde das Krachen der Kanonen das britische Geschwader herbeirufen … Also Verzögerungstaktik …

Kapitän Griffiths spürte die gespannten Blicke in seinem Rücken, und sie erzürnten ihn. Es waren ungewöhnlich viele Blicke, denn auf der Charwell fuhren mehrere Offiziere und einige Zivilisten als Passagiere mit, die eine Gruppe seit Gibraltar und die andere schon seit Trinidad. Der Feuerfresser General Paget gehörte dazu, ein einflussreicher Mann; ein anderer war Kapitänleutnant Aubrey, Lucky Jack Aubrey, der vor Kurzem mit seiner Vierzehn-Kanonen-Brigg Sophie eine spanische Schebeckenfregatte von sechsunddreißig Kanonen erobert hatte, die Cacafuego; damit hatte er der...


O’Brian, Patrick
Patrick O’Brian, geboren 1914 in Chalfont St Peter bei London, machte früh erste Schreibversuche und veröffentlichte im Alter von fünfzehn Jahren seinen ersten Roman. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete er als britischer Geheimagent. Nach Kriegsende zog er mit seiner zweiten Frau Mary zunächst nach Wales, später ließen sie sich in Südfrankreich nieder. Lange Zeit lebte O’Brian von bescheidenen Einkünften aus der Schriftstellerei und Übersetzungen, unter anderem von Sartre und Colette. 1969 schrieb er den ersten Band seiner maritimen Abenteuerserie um Jack Aubrey und den Schiffsarzt
Dr. Stephen Maturin, die ihn zum internationalen Bestsellerautor machte. Es erschienen zwanzig Bände, die weltweit Millionenauflagen erzielten. Auch der Hollywoodfilm Master & Commander – Bis ans Ende der Welt basiert auf dieser Reihe. Patrick O’Brian starb 2000 in Dublin, ein einundzwanzigster Band der Reihe blieb unvollendet.



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