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E-Book, Deutsch, Band 4, 432 Seiten

Reihe: Die Abenteuer von Aubrey und Maturin

O’Brian Geheimauftrag Mauritius

Das vierte Abenteuer für Aubrey und Maturin
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-311-70511-6
Verlag: Kampa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Das vierte Abenteuer für Aubrey und Maturin

E-Book, Deutsch, Band 4, 432 Seiten

Reihe: Die Abenteuer von Aubrey und Maturin

ISBN: 978-3-311-70511-6
Verlag: Kampa Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Das Befehligen einer Schiffsmannschaft ist Jack Aubrey in die Wiege gelegt;als Familienoberhaupt fühlt er sich weniger in seinem Element. Auf Halbsold gesetzt, ist der Kapitän von Geldsorgen geplagt. Hinzu kommt, dass sich seine herrische Schwiegermutter und eine verzogene Nichte in dem kleinen Cottage in Hampshire eingenistet haben, das er mit Sophie und den neugeborenen Zwillingsmädchen bewohnt. Wann immer es geht, flieht Aubrey in sein selbst gebautes Observatorium, um die vorbeiziehenden Schiffe zu beobachten. Da kommt wie ein Geschenk des Himmels sein Freund Stephen Maturin zu Besuch und überbringt eine freudige Nachricht: Aubrey soll mit einer Fregatte zum Kap der Guten Hoffnung segeln, um von dort aus die Franzosen von den Inseln Martinique und La Réunion vor der ostafrikanischen Küste zu vertreiben. Der Kapitän kann sein Glück kaum fassen. Doch bald werden ihm auch die Risiken der Mission bewusst. Der Auftrag könnte ihm Ruhm und Ehre verschaffen - oder er kostet ihn Kopf und Kragen ...

Patrick O'Brian, geboren 1914 in Chalfont St Peter bei London, machte früh erste Schreibversuche und veröffentlichte im Alter von fünfzehn Jahren seinen ersten Roman. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete er als britischer Geheimagent. Nach Kriegsende zog er mit seiner zweiten Frau Mary zunächst nach Wales, später ließen sie sich in Südfrankreich nieder. Lange Zeit lebte O'Brian von bescheidenen Einkünften aus der Schriftstellerei und Übersetzungen, unter anderem von Sartre und Colette. 1969 schrieb er den ersten Band seiner maritimen Abenteuerserie um Jack Aubrey und den Schiffsarzt Dr. Stephen Maturin, die ihn zum internationalen Bestsellerautor machte. Es erschienen zwanzig Bände, die weltweit Millionenauflagen erzielten. Auch der Hollywoodfilm Master & Commander - Bis ans Ende der Welt basiert auf dieser Reihe. Patrick O'Brian starb 2000 in Dublin, ein einundzwanzigster Band der Reihe blieb unvollendet.
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I


Jack Aubrey, Kapitän der Royal Navy, lebte in einer Gegend von Hampshire, in der es von Marineoffizieren wimmelte; einige hatten zu Rodneys Zeiten Admiralsrang erreicht, andere warteten noch auf ihr erstes eigenes Schiff. Die Glücklicheren wohnten in geräumigen, gemütlichen Häusern mit Blick auf Portsmouth, Spithead, St Helen’s oder die Insel Wight und sahen täglich die Kriegsschiffe an sich vorbeiziehen. Zu ihnen hätte auch Kapitän Aubrey gehören können, denn als Kommandant und junger Vollkapitän hatte er so viel Prisengeld gescheffelt, dass man ihn in der Marine »Lucky Jack Aubrey« nannte. Aber der Mangel an Schiffen, der betrügerische Bankrott seines Agenten, die Erbarmungslosigkeit eines gegnerischen Anwalts und sein eigenes geschäftliches Ungeschick hatten dafür gesorgt, dass sich sein Einkommen auf den mageren Halbsold beschränkte. Überdies stand sein Haus auf dem nördlichen Hang der Downs, nicht weit von der Ortschaft Chilton, und die Hügel in seinem Rücken versperrten ihm nicht nur den Blick auf die See, sondern meist auch auf die Sonne.

Aubreys Cottage, zwar malerisch und sogar romantisch in einem Kreis alter Eschen gelegen, war in der ersten Zeit seiner Ehe für zwei Verliebte ideal gewesen, aber auf die Dauer weder geräumig noch gemütlich. Die Zimmer waren niedrig, verwinkelt und unbequem. Jetzt, da sie außerdem zwei Babys, eine Nichte, eine mittellose Schwiegermutter, zwei Dienstboten und einige viel zu große Möbel aus Mrs Williams’ früherem Landsitz Mapes Court beherbergten, erinnerten sie ihn eher an das »Schwarze Loch von Kalkutta«.

Allerdings war es im Schwarzen Loch heiß, trocken und stickig gewesen, wogegen in Ashgrove Cottage der Wind durch alle Ritzen pfiff und die aufsteigende Nässe sich mit dem durchs undichte Dach tropfenden Regen mischte und in den unteren Zimmern Pfützen bildete. Seinen vielköpfigen Hausstand unterhielt Kapitän Aubrey von neun Shilling Tagessold, der ihm nur halbjährlich und dann oft noch unpünktlich ausbezahlt wurde. Und obwohl er in seiner sparsamen Schwiegermutter eine bemerkenswert tüchtige Wirtschafterin besaß, hatte der chronische Geldmangel doch seinem von Natur aus heiteren Gesicht den Stempel nagender Sorge aufgedrückt. Diesen Ausdruck verschärfte mitunter noch ein Anflug von Verbitterung, denn Kapitän Aubrey war nicht nur ein geborener Seemann, sondern auch naturwissenschaftlich interessiert und derzeit in das Problem vertieft, wie man auf See den Längengrad anhand der Jupitermonde bestimmen konnte. Obwohl er die Spiegel und Linsen seines Teleskops selber schliff, hätte er doch liebend gern von Zeit zu Zeit eine Guinee oder zwei für Messinginstrumente ausgegeben.

Eine ganze Strecke unterhalb von Ashgrove Cottage führte ein Hohlweg durch den moderig riechenden Wald. Der starke Herbstregen hatte seine lehmige Sohle in einen Morast verwandelt, und durch diesen Morast ritt Dr. Stephen Maturin, seitlich und mit hochgezogenen Füßen so auf seinem Pferd sitzend, dass er sich wie ein Affe an den Sattel zu klammern schien. Er war Kapitän Aubreys bester Freund und sein Bordgenosse auf vielen Schiffen: ein schmächtiger irgendwie ausländisch und sogar kränklich aussehender Mann mit blassen Augen in einem noch blässeren Gesicht, über dem eine voluminöse Perücke thronte, die ihn als Arzt auswies, wenn auch als Arzt von der ziemlich altmodischen Sorte. Er trug, jedenfalls für seine Verhältnisse, ungewöhnlich elegante Kleidung, nämlich einen tabakbraunen Rock mit Silberknöpfen und dazu eine Hose aus Wollköper. Aber die Eleganz wurde etwas durch die dreimal um seine Mitte geschlungene schwarze Schärpe beeinträchtigt, die ihm in dieser biederen englischen Szenerie etwas Exotisches verlieh.

An Dr. Maturins Sattelknauf hing ein Netz voll der verschiedensten Pilze – Röhrlinge, Morcheln, Pfifferlinge, Parasole und Ziegenbärte –, und als er jetzt noch ein schönes Nest Reizker gewahrte, sprang er vom Pferd, packte Halt suchend einen Busch und erkletterte den Steilhang. Dabei scheuchte er aus den Bäumen einen ungewöhnlich großen schwarz-weißen Vogel auf, der mit angestrengtem Flügelschlag – es herrschte Windstille – mühsam abstrich. Maturins Hand zuckte zur Schärpe, entriss ihren Falten ein Taschenfernglas und richtete es rechtzeitig auf den Vogel, bevor dieser von einem zeternden Krähenpaar attackiert, hinter dem Hügelkamm verschwinden konnte, der Ashgrove Cottage von der See trennte. Voller Genugtuung starrte er dem Vogel nach und senkte dann sein Glas, um Aubreys Cottage zu studieren. Überrascht bemerkte er, dass das kleine, selbst gebaute Observatorium jetzt eine ganze Strecke weiter rechts stand, gut zweihundert Meter vom Haus entfernt, an der Kante eines tief abfallenden Kliffs. Und neben der charakteristischen Kuppel stand Kapitän Aubrey selbst, sie überragend wie Captain Gulliver einen Liliput-Tempel, stützte ein Standardteleskop darauf und studierte gebannt irgendein weit entferntes Objekt. Das Licht fiel voll auf sein Gesicht; klar und scharf füllte es Maturins Linse, und zu seinem Schreck erkannte der Doktor darin nicht nur einen Ausdruck von Sorge, sondern auch die Spuren frühen Alters und Unglücks. Für Stephen Maturin war Aubrey immer der Inbegriff unverwüstlicher heiterer Jugendkraft gewesen; deshalb erschütterte ihn diese Veränderung und auch die langsame, müde Bewegung, mit der er sein Teleskop zusammenschob und sich aufrichtete, wobei er eine Hand auf die alte Wunde im Rücken presste.

Maturin verstaute sein kleines Glas, pflückte die Reizker und pfiff seinem Pferd, einer kleinen Araberstute, die gehorsam wie ein Hund herbeitrabte und ihm zutraulich entgegensah, als er mit seinem Hut voller Pilze ungelenk den Abhang zum Weg hinunterrutschte.

Zehn Minuten später stand er vor der Tür des Observatoriums. Die Öffnung voll ausfüllend, ragte nun Kapitän Aubreys Hinterteil daraus hervor. Er musste sein Fernrohr waagrecht ausgerichtet haben und sich tief darüberbeugen. Immerhin sehen diese Backen nicht gerade abgezehrt aus, überlegte der Doktor, er muss immer noch an die hundert Kilo wiegen. Laut sagte er: »Hallo, Jack.«

»Stephen!«, rief Jack. Überraschend gelenkig für einen so großen Mann, schoss er rückwärts aus der Tür und packte seinen Freund an beiden Händen. Vor Freude wurde sein schon kräftig gefärbtes Gesicht dunkelrot, und auch Stephens Wangen überzog ein rosa Hauch. »Ich freue mich ja so, dich wiederzusehen, mein Alter! Wie geht’s, wie steht’s? Wo hast du die ganze Zeit gesteckt?« Aber dann fiel ihm wieder ein, dass Dr. Maturin nicht nur Mediziner, sondern auch Geheimagent war – dass sein Woher und Wohin unbedingt im Dunkeln bleiben musste und sein Auftauchen durchaus mit der kürzlichen spanischen Kriegserklärung zu tun haben könnte –, und er beeilte sich hinzuzufügen: »Bestimmt warst du in Geschäften unterwegs. Kolossal, kolossal. Natürlich wohnst du bei uns. Hast du Sophie schon gesehen?«

»Noch nicht. Ich war nur kurz an der Küchentür, fragte die junge Frau dort, ob der Captain zu Hause sei, und als ich von innen häusliche Geräusche hörte – Herodes’ Massaker der unschuldigen Kinder kam mir in den Sinn –, ließ ich nur eine Empfehlung und mein Pferd zurück und stieg hier herauf. Du bist mit dem Observatorium umgezogen.«

»Ja. Das war nicht weiter schwierig, der ganze Apparat wiegt kaum drei Zentner. Ich habe mit Killick nur die Kuppel demontiert – das Kupfer stammt von der alten Diomed, die Werft hat’s mir billig überlassen. Wir haben ein paar Taljen angebracht und das Ganze dann in einem einzigen Vormittag hier heraufgeschafft.«

»Wie geht’s Killick?«, fragte Stephen. Killick war in den letzten Jahren Jacks Steward gewesen. Zu dritt hatten sie viele Einsätze gefahren, und Stephen schätzte ihn.

»Gut, denke ich. Collard von der Ajax hat mir von ihm berichtet. Dem hatte er ein Hairückgrat als Spazierstock für die Zwillinge mitgegeben. Ich konnte Killick nicht mehr behalten, musst du wissen.«

Stephen nickte. »Hat das Observatorium denn so nah am Haus nicht funktioniert?«

»Doch, doch.« Jack zögerte. »Aber ich will dir den wahren Grund sagen, Stephen: Von hier aus kann ich die Insel Wight sehen, auch den Solent mit der Spitze von Gosport und einen Teil der Spithead-Reede. Komm schnell und schau dir’s an – sie hat sich noch nicht bewegt.«

Stephen bückte sich und presste ein Auge ans Okular, es mit beiden Händen beschattend. Da stand auf dem Kopf, vor grell schimmerndem Hintergrund, ein verschwommener Dreidecker, der fast die ganze Linse füllte. Er fokussierte, und das Schiff sprang klar, mit scharfen Konturen, in sein Gesichtsfeld. Welche Brillanz! Die drei Etagen der Segel, von der Bramrah abwärts, hingen schlaff in der Flaute; die schwarze Linie der Ankertrosse führte straff aus der Klüse, weil ihre Boote sie daran zur Muringtonne schleppten. Während er hinunterstarrte, lauschte er Jacks Erläuterungen: Das war sein neuer sechszölliger Spiegel – drei Monate Schleifen und Polieren steckten darin, zuletzt mit feinstem Klärschlamm aus Pommern – unschätzbar, wie viel ihm Miss Herschel dabei geholfen hatte – den Rand hatte er eine Idee zu stark geschliffen und fast schon den Mut verloren, aber dann hatte sie ihm einen Ausweg gezeigt – bewundernswert, diese Frau.

»He, das ist ja gar nicht die Victory!«, rief Stephen, als der Dreidecker sich in Bewegung setzte. »Es ist die Caledonia! Ich kann das schottische Wappen sehen. Jack, ich erkenne ganz deutlich das schottische Wappen! Auf diese Entfernung! Du musst der beste Spiegelschleifer sein, den die Welt je gesehen hat, auf mein...


O’Brian, Patrick
Patrick O’Brian, geboren 1914 in Chalfont St Peter bei London, machte früh erste Schreibversuche und veröffentlichte im Alter von fünfzehn Jahren seinen ersten Roman. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete er als britischer Geheimagent. Nach Kriegsende zog er mit seiner zweiten Frau Mary zunächst nach Wales, später ließen sie sich in Südfrankreich nieder. Lange Zeit lebte O’Brian von bescheidenen Einkünften aus der Schriftstellerei und Übersetzungen, unter anderem von Sartre und Colette. 1969 schrieb er den ersten Band seiner maritimen Abenteuerserie um Jack Aubrey und den Schiffsarzt
Dr. Stephen Maturin, die ihn zum internationalen Bestsellerautor machte. Es erschienen zwanzig Bände, die weltweit Millionenauflagen erzielten. Auch der Hollywoodfilm Master & Commander – Bis ans Ende der Welt basiert auf dieser Reihe. Patrick O’Brian starb 2000 in Dublin, ein einundzwanzigster Band der Reihe blieb unvollendet.



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