E-Book, Deutsch, Band 405, 256 Seiten
Reihe: Historical
Oliver Das verbotene Verlangen des Ritters
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7515-2667-8
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 405, 256 Seiten
Reihe: Historical
ISBN: 978-3-7515-2667-8
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Um seine Ehre zu retten, muss der englische Ritter William Geraint einen gefahrvollen Auftrag annehmen: Er soll die vor Jahren in Frankreich untergetauchte Erbin Lady Isabel aufspüren und sicher nach England geleiten. Zwar entdeckt er Isabel bald in einem kleinen Dorf in Aquitanien und sie ist bereit, ihm zu folgen, doch er hat nicht mit ihrem betörenden Liebreiz gerechnet, dem er während der abenteuerlichen Reise mehr und mehr verfällt. Dabei ist eine reiche Adlige für einen Bastard wie ihn tabu! Doch gegen jede Vernunft verführt er Isabel schließlich zu einer Nacht der Leidenschaft - und setzt damit nicht nur seine Mission aufs Spiel ...
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PROLOG
Anno Domini 1206 – im weiten Umkreis von La Rochelle, Region Poitou, Aquitanien. Ein Gebiet, das immer noch der englischen Krone gehörte.
An diesem Tag würde sie sterben. Jetzt. In diesem Augenblick …
Isabel öffnete den Mund, um zu schreien. Aber kein einziger Laut rang sich aus ihrer Kehle. Nachdem sie soeben ein unfassbares Grauen beobachtet hatte, schien ihre Stimme zu gefrieren. Verzweifelt sehnte sie sich nach ihrer Mutter, die sie besänftigen und das alles verscheuchen würde.
Doch das konnte sie nicht erhoffen, weil Mama weit entfernt war.
Zitternd lag Isabel am Boden, in panischem Entsetzen schaute sie zu dem bösen Mann auf, der sich zu ihr neigte. Um dem grässlichen Gemetzel zu entrinnen, das seine Schurkenbande angerichtet hatte, war sie in den Wald gerannt. Mühelos hatte er sie eingefangen. Und nun starrte sie dem Tod ins Gesicht. Sie rang nach Luft, kniff die Augen zusammen und dachte an ihren Vater, den sie im Stich gelassen hatte. Wenn sie auch keine Schuld daran trug…
Oh, bitte, allmächtiger Gott im Himmel, pass auf, damit es nicht wehtut … Bitte, lass es schnell vorbei sein … Wie ein Gebet sprach sie die Worte in ihren Gedanken, immer wieder.
Krampfhaft umklammerte Isabels kleine Hand das rautenförmige Schmuckstück, das an ihrem langen ledernen Halsband hing.
Aber nichts geschah. Statt sie zu ermorden, würgte der Mann seltsame, unerwartete Laute hervor. Langsam hob sie die Lider, sah ihn von einer Seite zur anderen schwanken, dann rollten seine Augäpfel nach oben, bevor er zusammenbrach. Mit einem dumpfen Geräusch landete er im Moos.
Und in diesem Moment erblickte sie ihn – einen Jungen, ein paar Jahre älter als sie, die Augen weit aufgerissen, ein Schwert in der Hand, dessen Metallgriff nach unten zeigte. Anscheinend hatte er den Mann überrascht und von hinten mit diesem schweren Griff niedergeschlagen. Zielsicher, denn sein Opfer rührte sich nicht.
„Geht es Ihnen gut, Miss?“, fragte er sanft. „Ich heiße Will Geraint, und ich bin hier, um Ihnen zu helfen. Hat er Sie womöglich verletzt?“
Wie angenehm seine Stimme klang, so herzenswarm, dass sie sich sofort beruhigt fühlte – trotz allem, was sie mit angesehen hatte, was ihr beinahe widerfahren wäre ...
Allerdings wusste sie nicht, wem die Stimme gehörte und ob der Junge vertrauenswürdig war. Deshalb schwieg sie, schüttelte nur vorsichtig den Kopf, während er näher trat und ihr auf unsichere Beine half.
„Jetzt kann Ihnen nichts mehr zustoßen, Miss. Aber – schauen Sie besser nicht dorthin“, empfahl er ihr und wies über seine Schulter auf die schwelenden, in unheimliche Stille gehüllten Wagen. Alle Menschen, die diese Reise mit ihr angetreten hatten, waren tot. Auch sie wäre gestorben, hätte der Junge sie nicht gerettet.
„Wissen Sie, was hier geschehen ist, Miss?“ Aufmerksam schien er ihr Gesicht zu beobachten. „Wer hat das getan?“
Er musste ungefähr so alt sein wie ihr ältester Bruder. Zwölf oder dreizehn. Und seine Augen leuchteten in einem so klaren Tiefblau, wie sie es nie zuvor gesehen hatte. Freundliche Augen.
Trotzdem vermochte sie nicht zu antworten. Das wagte sie nicht.
„War es ein Hinterhalt?“
Zögernd nickte Isabel und begann wieder zu zittern.
„Können Sie mir Ihren Namen sagen, Miss?“
Noch immer schwieg sie und versuchte sich zu fassen.
Seufzend zuckte er die Achseln. „Also gut ... Kommen Sie mit mir, und ich frage Sir Percy, was mit Ihnen geschehen soll.“
Einen Herzschlag lang erstarrte sie, bevor sie zurückwich. Diesem Jungen durfte sie sich keinesfalls anschließen! Wer war sein Herr? Womöglich ein weiterer Feind ihres Vaters ...
Will Geraint sah ihr die Angst offenbar an, denn er versuchte sie erneut zu beruhigen. „Nur keine Bange. Sir Percy ist ein guter, rechtschaffener Mann und er wird Ihnen helfen. Folgen Sie mir, hier können Sie nicht bleiben.“
Nein, wirklich nicht – in der Nähe des schauderhaften Gemetzels, wo es nach verbranntem Fleisch stank ... O Gott, das alles war einfach zu viel. Abrupt wandte sie sich ab, würgte krampfhaft und erbrach.
„Tut mir so leid“, murmelte der Junge und tätschelte ihren Rücken. „Aber – hier hält Sie nichts mehr, Miss. Gehen wir, ich bringe Sie in Sicherheit.“
Noch länger zu zaudern, war gewiss unvernünftig. Deshalb hob sie ihren Ranzen auf, der zu Boden gefallen war, und schlang den Riemen über eine Schulter. Vorsichtig ergriff sie die ausgestreckte Hand ihres Retters, sah ihn zufrieden lächeln und ließ sich zu einem Pferd führen. Er half ihr auf den ungesattelten großen Hengst, dann schwang er sich hinter ihr empor, umfasste die Zügel und sie ritten davon – weg vom Schauplatz namenlosen Grauens.
An Wills Brust gelehnt, spürte sie erleichtert, wie ihre panische Angst allmählich von überwältigender Erschöpfung verdrängt wurde. Sein gleichmäßig pochendes Herz und die Hufschläge lullten sie in tiefen Schlaf, aus dem sie erst viel später erwachte.
Jetzt saß sie nicht mehr auf einem Pferderücken. Stattdessen lag sie auf einer harten, klumpigen Matratze. Sie blinzelte, setzte sich auf und schaute sich in einer kleinen, düsteren Krypta um. In einem Kamin knisterte ein schwaches Feuer. Verwirrt rieb sie sich die Augen, die sich nur langsam an das Halbdunkel gewöhnten. Und dann sah sie ihn – den Jungen, Will Geraint.
An die Wand gelehnt, den Rücken zu Isabel gewandt, stand er bei der offenen Tür und sprach mit jemandem. Plötzlich schien er zu spüren, dass sie nicht mehr schlief, denn er drehte sich um. Mit zwei langen Schritten eilte er zu ihr und kniete neben der Matratze nieder. „Ich habe gewartet, bis Sie wach sind. Weil ich mich verabschieden und Ihnen alles Gute wünschen möchte, bevor ich weggehe.“
Nein, bitte, lass mich hier nicht allein! Verstört brach sie in Tränen aus und umklammerte seinen Arm.
„Nun müssen Sie tapfer sein, kleine Miss, und hier bei Pater Clement bleiben. Er wird sie in ein nahes Kloster bringen. Dort wird man für Sie sorgen und ...“
Wurde sie schon wieder bitter enttäuscht und im Stich gelassen? Sie hatte diesem Jungen vertraut und geglaubt, sie wäre endlich in Sicherheit. Aber nein – es gab niemanden, der sie beschützen würde. Nur auf sich selbst konnte sie sich verlassen.
Verzweifelt schluchzte sie, und Will Geraint schnitt eine Grimasse. „Beruhigen Sie sich, Miss, hier sind Sie in guten Händen.“
Isabel schüttelte wieder den Kopf. Noch immer brachte sie kein Wort hervor.
„Sagen Sie mir, wie Sie heißen?“, bat er. „Wenn wir Ihre Verwandten suchen und benachrichtigen, würden sie gewiss hierherkommen und Sie holen.“
Mühsam schluckte sie ihre Tränen hinunter, öffnete den Mund, um zu sprechen, und schloss ihn sofort wieder. Nein, unmöglich – sie durfte ihm ihren Namen nicht verraten. Denn sie hatte ihrem Vater versprochen, niemandem mitzuteilen, wer sie war und wohin sie reisen würde. Das musste sie für sich behalten – ganz egal, was geschehen mochte. Papa hatte sie sogar zu einem Eid auf die Heilige Bibel gezwungen.
„O Gott ...“ Will Geraint hielt den Atem an. „Es sei denn – Ihre Verwandten wurden im Wald überfallen ...“ Sichtlich verlegen kratzte er sich am Kopf. „Tut mir so leid ...“
Wenn sie auch keine Blutsverwandten gewesen waren – sie hatten Papas Haushaltsgefolge angehört, sie nach Frankreich begleitet und einen grausigen Tod erlitten.
Immer noch wortlos, schaute sie Will Geraint flehend an und umfasste seinen Arm noch fester.
„Ich kann Sie nicht mitnehmen, Miss, denn Sir Percy hat mir nur erlaubt, Sie hierherzubringen, wenn ich danach sofort zu seinem Heer zurückkehre. Ich bin nur ein Knappe. Aber ich beteilige mich eifrig an allen Waffenübungen, um ein Soldat zu werden – und eines Tages mit Gottes Wille ein Ritter ... Nun muss ich wirklich gehen.“
Mit sanfter Gewalt befreite er sich von ihrem Griff, stand auf und zog sie auf die Beine. Als er ihr noch ein Lächeln schenkte, flossen neue Tränen. Behutsam wischte er sie mit einem Finger von ihren Wangen und seufzte.
„Versprechen Sie mir, tapfer zu sein, Miss. So wie ich es auch sein muss. Im Lauf der Zeit werden Sie dieses lähmende Entsetzen überwinden. Das weiß ich. Und vergessen Sie nicht – in mir werden Sie immer einen Freund haben“, beteuerte er und presste eine Hand auf seine Brust. „In Will Geraint.“
Bitte, lass mich nicht zurück!, wollte Isabel schreien. Doch sie wusste, sie könnte ihn nur umstimmen, wenn sie ihm erklären würde, wer sie war. Und sie durfte ihren Eid nicht brechen, den Vater nicht mehr enttäuschen – wie schon so oft.
Eindringlich hatte er sie ermahnt, niemandem zu trauen. „Zu viele Feinde umgeben uns. Verlass dich auf niemanden, den du nicht gut genug kennst. Hast du mich verstanden, mein Mädchen?“
„Ja, Papa.“
„Gut. Vergiss es nicht! Ein Eid ist ein feierliches Versprechen, das man niemals missachten darf“, hatte er ihr eingeschärft.
Resigniert ließ sie die Schultern hängen. Ja, anscheinend musste sie ihr Schicksal hinnehmen und hier ausharren, wo immer das auch sein mochte. So oder so, Papa würde sie suchen, aufspüren und nach Hause bringen.
Oh, wieder daheim zu sein ...
Isabels Blick schweifte wieder durch die kalte Krypta. Innerhalb weniger Tage,...