Oppenheim | Detektiv Nicholas Goade | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 7, 241 Seiten

Reihe: 9 mm para bellum

Oppenheim Detektiv Nicholas Goade


1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7565-6618-1
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 7, 241 Seiten

Reihe: 9 mm para bellum

ISBN: 978-3-7565-6618-1
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein Mann von Scotland Yard fährt in seinem Urlaub mit dem Hund durchs Land und erlebt so allerhand. E. Phillips Oppenheim war ein beliebter Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, der vor allem für seine spannenden Kriminalromane wie 'Das Geheimnis des Mr. Bernard Brown' bekannt ist. Viele seiner mehr als 100 Romane werden auch heute noch gelesen. Seine Romane und Kurzgeschichten enthalten alle Elemente von blutigen Abenteuern und Intrigen und sind Vorläufer der modernen Spionagefilme. 'Nicholas Goade, Detective' ist eine Sammlung von Kurzkrimis über einen Scotland-Yard-Detektiv im Urlaub. Während er mit seinem Hund in seinem alten Auto durch England reist, stolpert er immer wieder über kleine Rätsel. Es handelt sich um eine Mischung aus einem klassischen Polizeirätsel und einer Neuauflage von Sherlock Holmes aus den 1930er Jahren. Goade löst seltsame Fälle durch eine Kombination aus sorgfältiger Detektivarbeit, Intuitionssprüngen und seiner Fähigkeit, Menschen zu verstehen und mit ihnen zu kommunizieren.

geboren 22. Oktober 1866 in London, gestorben 3. Februar 1946 in Saint Peter Port, Guernsey Sein Vater war Kaufmann und Edward sollte in die Fußstapfen treten. Sein Interesse lag jedoch in der Schriftstellerei. Bereits während seiner Schulzeit wurde er freier Mitarbeiter diverser Zeitungen. 1887, 21-jährig, veröffentlichte er erfolgreich seinen ersten Roman mit Titel: Expiation. Er wurde der erste Schriftsteller der Reihe Rogue Male Thriller.
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2

Nicholas Goade war ohne Zweifel ein Detektiv ersten Ranges, aber als Reisender auf Seitenwegen in Devonshire, mit einer Karte und einem Kompass als einzigen Hilfsmitteln, taugte er nicht viel. Nachdem er zwei Stunden lang zwecklos in Regen und Kälte herumgefahren war, sah ihn sogar Flip, die kleine, fette, weiße Hündin, die sich in die Reisedecke verkrochen hatte, mit einem vorwurfsvollen Blick an. Mit einem leisen Ruf der Verzweiflung brachte Goade sein Auto auf der Höhe eines der steilsten Hügel, der je einem Ford, zugemutet worden war, zum Stehen und blickte sich um. Nach allen Seiten bot sich ihm die gleiche Aussicht: unabsehbare Strecken von Weideland, die nur von unglaublich tiefen, bewaldeten Schluchten unterbrochen wurden. Nirgends eine Spur menschlicher Arbeit, und kein einziges Fuhrwerk begegnete ihm. Kein Dorf, kein Wegweiser, kein Obdach irgendwelcher Art. Nur Regen war im Überfluss vorhanden, Regen und Nebel. Graue Streifen hingen über den Weiden, verdeckten jeden hoffnungsvollen Lichtblick in die Ferne und hüllten den ganzen Horizont in dichte Finsternis. Und gleichzeitig mit dem Nebel rieselte ein gleichmäßiger Regen vom Himmel herab. Am frühen Nachmittag, als er schräg auf die Berglehne fiel, konnte man ihn erfrischend schön finden, aber jetzt hatte er schon lange jeden Reiz verloren und war nur durchdringend kalt und feucht zu nennen. Flip, deren Nase allein sichtbar war, schnüffelte mit unverkennbarem Widerwillen umher und Goade, der seine Pfeife anzündete, fluchte leise, aber unaufhörlich vor sich hin. Das war eine Gegend! Meilenlange Nebenwege ohne einen einzigen Wegweiser und endlose Landstrecken ohne ein einziges Dorf oder Haus! Und die Karte! Goade verfluchte feierlich den Zeichner, den Drucker und den Buchhändler, der sie ihm verkauft hatte. Als er damit zu Ende war, ließ Flip ein leises Bellen der Zustimmung hören.

„Irgendwo hier in der Nähe“, brummte Goade vor sich hin, „sollte das Dorf Nidd liegen. Der letzte Wegweiser in dieser verdammten Gegend gab sechs Meilen bis Nidd an. Wir haben seitdem mindestens zwölf zurückgelegt, ohne einen Abweg nach rechts oder links, und von dem Dorf ist nichts zu sehen“.

Seine Augen suchten die zunehmende Dunkelheit zu durchdringen. Die Wolken schienen sich hier und da ein wenig zu heben und einen Durchblick zu gestatten; aber meilenweit konnte er keine menschliche Behausung entdecken. Er dachte an die lange Strecke, die sie hinter sich hatten, und bei dem Gedanken wieder zurückzufahren schauderte er. Als er sich über den Kühler beugte, in dem das Wasser kochte, traf ein schwacher Lichtschimmer aus weiter Ferne sein Auge. Im Nu sprang er aus dem Wagen, kletterte auf den Steinwall an der Straße und spähte eifrig in der Richtung, aus der der Strahl zu kommen schien. Kein Zweifel: das war ein Lichtschein, dort musste ein Haus liegen. Seine Augen vermochten sogar einen Weg zu unterscheiden, der dahin führte. Er kletterte auf seinen Sitz zurück, stellte den Motor an, fuhr einige fünfzig Schritte und hielt vor einem Tor. Der Weg dahinter war furchtbar, aber die Fahrstraße auch nicht viel besser. Er öffnete das Tor und fuhr hindurch, nur von dem Wunsche erfüllt, ein Obdach zu finden. Wenn hier überhaupt Wagen fuhren, so konnten es nur die groben, federlosen Bauernwagen mit großen Rädern sein, wie er sie in der ganzen Gegend vielfach bemerkt hatte. Langsam fuhr er vorwärts, an einem tiefen Berghang hin, dann zu seiner Freude an einem halbbebauten Feld vorbei, durch ein zweites Tor hindurch, das direkt in die Wolken zu führen schien, und einen phantastischen Serpentinenweg hinab, bis er plötzlich das Licht gerade vor sich sah. Nachdem er einen verwahrlosten Garten durchfahren hatte, musste er vor einem Eisentor halten, das er öffnete und sorgfältig wieder hinter sich schloss. Dann ging es einige Schritte auf einer durchweichten, grasbewachsenen Allee dahin, und endlich befand er sich vor dem Eingang eines Gebäudes, das einmal ein ganz ordentliches Landhaus gewesen sein mochte, jetzt aber einen verwahrlosten Eindruck machte, trotz des flackernden Lichtes, das den oberen Stock erleuchtete.

Seine Hoffnung auf einen freundlichen Empfang war gering, aber der bloße Gedanke unter ein schützendes Dach zu kommen, schien Goade eine Erlösung. Er stieg aus und klopfte an die verfallene Eichentür. Sofort glaubte er drinnen das Anbrennen eines Streichholzes zu hören; der Schein einer Kerze fiel durch die vorhanglosen Fenster eines Zimmers zu seiner Linken. In der Vorhalle wurden Schritte hörbar und die Tür öffnete sich. Goade sah eine Frau vor sich, die die Kerze so hoch über ihren Kopf hielt, dass er nur Wenig von ihrem Gesicht sehen konnte. Aber auf den ersten Blick bemerkte er in ihrer Erscheinung eine gewisse Würde.

„Was wünschen Sie?“, fragte die Frau.

Goade, der den Hut abnahm, dachte, dass die Antwort recht nahe läge. Der Regen floß in Strömen von seinem langen Regenmantel. Sein Gesicht war ganz durchfroren.

„Ich bin ein Reisender, der den Weg verloren hat“, erklärte er. „Seit vier Stunden bin ich auf der Suche nach einem Dorf und einem Gasthaus. Ihr Haus ist die erste menschliche Wohnung, die ich sehe. Kann ich hier eine Unterkunft für die Nacht finden?“

„Sind Sie allein?“, fragte die Frau.

„Ich habe nur meinen kleinen Hund bei mir“, erwiderte er. Flip ließ ein hoffnungsvolles Bellen hören.

Die Frau überlegte.

„Fahren Sie lieber Ihren Wagen in den Schuppen auf der linken Seite des Hauses“, sagte sie. „Dann können Sie hereinkommen. Wir wollen für Sie tun, was wir können. Es ist nicht viel“.

„Ich bin Ihnen sehr dankbar, Madame“, beteuerte Goade in aufrichtigem Ton.

Er fand den Schuppen, in dem nur zwei ganz verfallene Bauernkarren zu sehen waren.

Dann ließ er Flip frei und kehrte zur Eingangstür zurück, die offen stand. Das Knistern eines Holzfeuers wies ihm den Weg in eine gewaltige Küche mit Steinfußboden. Vor dem Feuer saß in einem Stuhl mit hoher Lehne eine andere Frau. Ihre Hände ruhten auf den Knien, aber sie blickte erwartungsvoll auf ihn. Sie war schon über die mittleren Jahre hinaus, aber sie hatte doch noch etwas Auffallendes in ihrer Erscheinung und feine Gesichtszüge. Die Frau, die Goade eingelassen hatte, stand über das Feuer gebeugt. Er blickte überrascht von der einen zur anderen. Sie sahen einander unglaublich ähnlich.

„Es ist sehr freundlich von Ihnen, meine Damen, mir ein Obdach zu gewähren“, begann er. „Flip! Benimm dich, wie es sich gehört!“

Ein großer Schäferhund hatte vor dem Feuer gelegen. Flip war, ohne zu zögern, mit heftigem Gebell auf ihn zugelaufen. Der Hund erhob sich mit dem Ausdruck milder Überraschung und blickte fragend auf den kleinen Eindringling. Flip legte sich auf die freigewordene Stelle an das Feuer, streckte sich tief befriedigt aus und schloss die Augen.

„Ich muss für meine kleine Hündin um Entschuldigung bitten“, sagte Goade. „Sie ist fast erfroren“.

Der Schäferhund zog sich einige Schritte zurück und setzte sich auf die Hinterbeine, um die Sache zu überlegen. Inzwischen holte die Frau, die Goade geöffnet hatte, aus einem Büfett eine Tasse mit einer Unterschale, ein Brot und ein Stück Speck hervor, von dem sie einige Scheiben abschnitt.

„Ziehen Sie Ihren Stuhl ans Feuer“, sagte sie. „Wir haben Ihnen nur sehr wenig vorzusetzen, aber ich will etwas Essen zurechtmachen“.

„Sie sind wirklich barmherzige Samariterinnen“, erklärte Goade dankbar.

Er setzte sich der Frau gegenüber, die noch kaum ein Wort gesprochen hatte und ihn unverwandt ansah. Dieses Schweigen war ebenso erstaunlich wie die Ähnlichkeit der beiden Frauen. Sie trugen beide gleiche schwere, weite Gewänder, die vorn mit einer Brosche geschlossen waren. Ihr leicht ergrautes, schwarzes Haar zeigte die gleiche Frisur. Ihre Tracht, ihr Benehmen, ihre Sprache schienen einer anderen Welt anzugehören, aber beide hatten etwas seltsam Vornehmes an sich.

„Darf ich fragen“, bemerkte Goade, „wie weit es bis zum Dorfe Nidd ist?“

„Nicht weit“, antwortete die Frau, die ihm regungslos gegenüber saß. „Für jeden, der den Weg kennt, recht nah. Fremde sollten nicht so töricht sein, sich auf solche Wege zu begeben. Viele finden sich nicht mehr zurecht“.

„Sie wohnen recht einsam“, bemerkte er.

„Wir sind hier geboren“, erwiderte die Frau. „Weder meine Schwester noch ich haben jemals Lust verspürt zu reisen“.

Der Speck brodelte auf der Pfanne. Flip öffnete ein Auge, leckte sich die Schnauze und setzte sich auf. In wenigen Minuten war das Mahl fertig. Ein Eichenstuhl mit hoher Lehne wurde ans Ende des Tisches gestellt. Es gab Tee, eine Schüssel Speck mit Spiegeleiern, ein großes Brot und einen kleinen Topf mit Butter. Goade nahm Platz.

„Sie haben schon zu Abend gegessen?“, fragte er.

„Schon lange“, erwiderte die Frau, die das Essen bereitet hatte. „Bitte greifen Sie zu“.

Sie setzte sich auf den anderen Eichenstuhl, ihrer Schwester gerade gegenüber. Goade, mit Flip an seiner Seite, begann seine Mahlzeit: Seit vielen Stunden hatten beide nichts gegessen und eine Zeitlang waren sie ganz in ihre angenehme Tätigkeit vertieft. Erst als sich Goade die zweite Tasse Tee einschenkte, warf er wieder einen Blick auf die beiden Frauen. Sie hatten ihre Stühle ein wenig vom Feuer abgerückt und betrachteten ihn beide, – ohne Neugier, aber mit seltsam gespannter Aufmerksamkeit. Zum ersten Mal fiel ihm auf, dass sie noch kein Wort miteinander gewechselt hatten.

„Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie gut das schmeckt“, begann Goade wieder. „Ich fürchte, Sie müssen mich für furchtbar gefräßig halten“.

„Sie haben vielleicht seit längerer Zeit nichts zu...



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