Palmer | Der Wille zum Kampf - Terra Ignota 3 | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 553 Seiten

Reihe: Terra Ignota

Palmer Der Wille zum Kampf - Terra Ignota 3


Neuauflage 2024
ISBN: 978-3-7569-9986-6
Verlag: Panini
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 3, 553 Seiten

Reihe: Terra Ignota

ISBN: 978-3-7569-9986-6
Verlag: Panini
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wir schreiben das Jahr 2454. Drei Jahrhunderte des Friedens und ein hart erkämpftes goldenes Zeitalter haben ein jähes Ende gefunden. Die einst unerschütterliche Vormachtstellung der sieben großen Hives bröckelt. Korruption und Betrug haben das System unterhöhlt. Aggression und Blutdurst, die Jahrhunderte lang unterdrückt wurden, sind nun wieder entfesselt worden. Die schreckliche Wahrheit lautet, dass der ewige Frieden mit einem Geflecht aus heimlichen Morden teuer erkauft wurde. Diese Morde waren mit eiskaltem Kalkül geplant und akribisch organisiert, um das globale Gleichgewicht zu wahren. Doch nun ist das Geheimnis gelüftet, das Gleichgewicht gekippt, die utopische Fassade der Hives zerrissen. Noch vor wenigen Tagen war die Menschheit eine Zierde zivilisatorischen Fortschritts. Jetzt bereiten sich alle auf den Krieg vor. Band 3 der Reihe Terra Ignota Überblick über die Reihe Terra Ignota Band 1: Dem Blitz zu nah Band 2: Sieben Kapitulationen Band 3: Der Wille zum Kampf.

Ada Palmer ist Fantasy-Autorin, Historikerin und Komponistin. Mit dem hier vorliegenden Debüt-Roman Dem Blitz zu nah gewann sie bereits 2017 den Compton Crook Award. Darüber hinaus wurde sie mit dem John W. Campbell Award ausgezeichnet. Sie hält Vorlesungen über die früh-moderne Geschichte Europas mit dem Schwerpunkt italienische Renaissance, hat aber auch eine bedeutende Schwäche für die Geschichte der Wikinger.
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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


2

Menschenwürde

Geschrieben vom 7. bis 8. Juli 2454

Ereignisse des 8. April

Almoloya de Juáres

»Ich, Vivien Ancelet, verpflichte mich hiermit bei meiner Menschninnenwürde, das Amt dins Präsidentnins des humanistischen Hives mit Zuversicht und Tatkraft auszuüben.«

Stellen Sie sich vor, Sie hören diese Worte nicht leibhaftig; nicht in Buenos Aires, wo Sie auf Zehenspitzen das Podium über das Meer der aufgeregten Köpfe hinweg erblicken, und auch nicht in einem Live-Video, auf dem das kühne Bild des neuen Präsidenten vor Ihren Augen elektrisierend leuchtet. Stattdessen sehen Sie ihn auf einem primitiven Bildschirm, kaum eine Handbreit groß und durch die ungenügende Technik verpixelt. Es wird eine Aufzeichnung abgespielt, sodass Sie diesen Moment nicht mit Ihren Milliarden Geschwistern teilen, sondern ihn nur als verspäteten Beweis dafür erhalten, dass die Welt außerhalb dieser Gefängnismauern auch ohne Sie weitersegelt.

»Ich schwöre, der Verfassung und den Gesetzen des humanistischen Hives zu gehorchen und sie zu bewahren«, geht der Eid weiter, »die Integrität und Unabhängigkeit des Hives zu erhalten und alles zu fördern, was ihn voranbringt, und alles zu bekämpfen, was ihm schaden könnte. Ich werde das Streben aller Humanistninnen nach herausragenden Leistungen fördern, ihre Rechte und Freiheiten schützen und auch die Olympischen Spiele, den olympischen Geist und alle, die ihn in sich tragen, schützen. Zu diesen Zwecken werde ich jedes Mittel einsetzen …« Die Stimme des neuen Präsidenten zittert hier, da er – wie Sie, werter Leser – erst vor Kurzem entdeckt hat, dass »jedes Mittel« des humanistischen Hives so lange O.?S. bedeutete »… jedes Mittel, das mir die gegenwärtige Verfassung der Humanistninnen zur Verfügung stellt. Und sollte sich diese Verfassung bei der Abstimmung ändern, werde ich ihrer neuen Form mit gleichem Eifer dienen. Ich werde diese Pflichten ohne Voreingenommenheit und ohne Rücksicht auf frühere oder gegenwärtige persönliche Zugehörigkeit zu einem anderen Hive, einem Strat, einem Team oder einer anderen Institution gewissenhaft erfüllen. Ich schwöre ferner, die Prinzipien und Reformen von Thomas Carlyle zu unterstützen und den Carlyle-Kompromiss sowie alle anderen Verträge, die dem humanistischen Wohl dienen und es schützen, einzuhalten. Ich schwöre, das durch mein Amt gewährte Wissen, welches geheim gehalten werden muss … geheim zu halten.« Er wäre beinahe nicht darüber gestolpert. »Sollte ich zu irgendeinem Zeitpunkt diesen Amtseid brechen oder in irgendeiner Weise das Vertrauen der Mitgliederninnen missbrauchen, werde ich mich einer Bestrafung durch die Gesetze des Hives unterwerfen. Dies ist mein feierlicher Schwur.«

»Ich möchte diesem formellen Amtseid ein persönliches Versprechen hinzufügen …«, Vivien Ancelets Stimme klingt hier plötzlich menschlicher, die Worte eines Mannes, nicht eine Rezitation, »… unabhängig von diesem formellen Amtseid. Ein Versprechen, das sich an meine nun Mit-Humanistninnen richtet: Meine früheren Ämter und die damit verbundenen Loyalitäten werden nicht mit der Ausübung dieses Amtes in Konflikt geraten. Ich bin nicht mehr hivelos. Ich bin nicht länger Zensornin. Ich bin nicht länger einin Offiziernin von Romanova. Ich bin aufrichtig in meinem Versprechen, humanistische Interessen zu wahren, sogar über denen des Carlyle-Kompromisses und der Universellen Freien Allianz, wenn es sein muss. Ich bin auch nicht mehr din Anonymnin. Meine Anmerkungen werden von nun an immer in den Diensten des Hives stehen, dem ich mich angeschlossen habe. Ich bin Humanistnin und spreche als solchin – wenn auch noch nicht auf Spanisch«, fügte er mit einem verlegenen Tonfall hinzu, »wofür ich mich entschuldige. Doch ich denke, es ist besser, wenn die ganze Welt dies hört und versteht, nicht nur unsere Mitgliederninnen. Es gibt jetzt einir neuin Zensornin und einir neuin Anonymnin, und beide sind dieser Ämter würdig. Ich vertraue ihnen voll und ganz, dass sie ihre Pflichten so gut erfüllen, wie ich oder irgendjemensch anderes es könnte. Ich hoffe, Sie werden ihnen ebenso vertrauen, wie Sie mir vertraut haben, bevor ich diese Ämter für das jetzige aufgeben musste.«

Der Bildschirm wurde dunkel. Tränen stiegen in mir auf, aber ich hatte gelernt, sie zurückzuhalten. Wenn es ein Mann auf dieser Welt verdient hätte, den Schwur live mitzuerleben, dabei zu sein, wenn seine Loyalität auf einen neuen Befehlshaber überging, dann Ockham Saneer. Stattdessen sahen wir es hier, neunzehn Stunden nach der Amtseinführung. Doch als er die Worte hörte, konnte Ockham nicht einmal aufstehen, da er durch Fesseln und Gefängnisbräuche an seinen Stuhl gebunden war. Er trug nicht einmal seine Stiefel, nur die Gefängnisuniform in schlaffem Königsblau und Orange, spöttisch festlich, als hätte ein ungeschicktes Kind versucht, ein Geburtstagsgeschenk zu verpacken. Ockham weinte nicht über sein Befinden, aber ich sah, wie er zusammenzuckte. Diese Anspannung in seiner Wange war das einzige Zeichen des Kummers auf diesem bronzefarbenen, markanten indischen Gesicht, das mich immer daran erinnert, welches Volk als einziges unter den kriegsbereiten Tausenden der Antike Alexander aufgehalten hat.

»Vollständige Wahlbeteiligung in vier Stunden und siebzehn Minuten.« Zumindest diese Worte waren live, gesprochen in warmherzigem (wenn auch nicht fließendem) Spanisch von Präsident Ancelet, der Ockham in dem sterilen Verhörraum gegenübersaß.

Ockham lächelte über die Geschwindigkeit, mit der seine Milliarden Mithumanisten ihre demokratische Pflicht erfüllt hatten.

»¿Möchten Sie die interimo Vizepräsidentnin zur Vereidigung cérémonia von Sawyer Dongala sehen?«, bot Ancelet an, wobei sich Französisch und Englisch in sein gut gemeintes Kinderspanisch mischten. »Nach mir haben Sniper, Ex-Präsidentnin Ganymede, Sie, Ihrin éspoux Lesley, J.?E.?D.?D. Mason und Sawyer Dongala die meisten Stimmen bekommen, also hat sich Dongala bereit erklärt, Vizepräsidentnin zu werden, während wir abwarten, ob einin dieser anderen unter den gegebenen circonstances wählbar ist. Eine zweite Dringlichkeitsabstimmung bestätigte Dongala.« Ockhams Kehle krächzte, steif von den zehn bedächtigen Tagen seit seiner Verhaftung, in denen er nichts als vorsichtige Einsilbigkeit und das Wort »Toilette« ausgesprochen hatte. »Ich erkenne an, dass Sie rechtmäßig zu dim Präsidentnin des humanistischen Hives gewählt worden sind. Sie sind nun befugt, im Rahmen dieses Amts Fragen zu stellen und Befehle zu erteilen.«

Das warme Lächeln des neuen Präsidenten wurde schärfer, als er zur Tat schritt. »¿Wer gab Sniper den Befehl, contre J.?E.?D.?D. Mason anzugreifen?«, fragte er mit der Eile eines Mannes, der nie daran gezweifelt hatte, dass Ockham sein Schweigen, das er trotz aller Drohungen und Verlockungen des Gesetzes beibehalten hatte, für ihn brechen würde. »¿Wer soll es sonst wissen?«

»Englisch ist mir recht, wenn es Ihnen leichter fällt, Mitglied Präsidentnin«, bot Ockham ihm sanft an und schaltete um. »Soweit ich weiß, wusste sonst niemensch davon. Oji-jiro hat allein gehandelt.« Er stolperte über Snipers selten ausgesprochenen Vornamen. »Der Bash’ hatte zu diesem Zeitpunkt keinerlei Kontakt zu Präsidentnin Ganymede, und selbst Lesley und ich wussten nichts von Ojiros Plänen.«

Ancelet dankte Ockham mit einem Nicken für dessen sprachliche Höflichkeit. »Dann hat Sniper also allein gehandelt.« Seine Schultern entspannten sich. »Erzählen Sie mir von O.?S.«

»Offiziell oder inoffiziell, Mitglied Präsidentnin?«

»Erst einmal inoffiziell. Wir werden bald eine öffentliche Erklärung abgeben müssen, aber zuerst muss ich das selbst verstehen.«

Wenn ich seine Miene richtig interpretierte, gefiel Ockham diese Antwort. »Warum ist Mycroft hier?«, fragte er.

Ancelet folgte Ockhams Blick zu der Ecke, in der ich auf einer Metallbank saß, die Knie aneinandergepresst, und versuchte, die Gefängnisgespenster zu ignorieren, die sich in meine Glieder und Schultern krallten. Ich weiß nicht, ob es sich bei diesen Gespenstern um die Geister früherer Gefangener handelt oder einfach um die der eifersüchtigen Mauern, die in mir einen weiteren Kriminellen erkennen, der ihnen gehören sollte. Ich versuche mir einzureden, dass es keine Gefängnisgespenster gibt. Dies war nicht einmal ein richtiges Gefängnis, nur eine Arrestzelle, ein vorübergehender Ort, an dem man auf seinen Prozess wartete, was nie lang genug sein sollte, um einen verbitterten Geist zu gebären. Doch wie in jedem Gefängnis, dessen Schwelle ich seit meinen Verbrechen überschritten habe, sah ich hier die Gespenster, hörte sie und spürte ihre Ranken so deutlich wie den Stoff auf meiner Haut.

»Ich darf nirgendwo mehr ohne Leibwächternin hingehen«, antwortete der neue Präsident. »Ich dachte, Sie würden jemenschen bevorzugen, din wir beide kennen und dim wir vertrauen.«

Ockham sah mich stirnrunzelnd an. »Ist das der einzige Grund?«

»Nein. Wie Sie vielleicht wissen, verlasse ich mich schon seit Langem auf Mycroft, nicht nur als Zensornin, sondern auch bei meiner … Geheimtätigkeit. Mycroft ist meinin Assistentnin, Beraternin, Lehrlingnin. Meinin Nachfolgernin.«

»Din neue Anonymnin? Das wusste ich nicht.« In Ockhams Blick lag keine Überraschung, nur Verarbeitung, eine unkommentierte katalogisierte Tatsache. »Dank der Wählerninnenpräferenz mag das Amt dins Anonymnins häufig mit unserer Vizepräsidentschaft in Verbindung gebracht werden, aber es...



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