E-Book, Deutsch, 634 Seiten
Plaidy Die Hoffnung einer neuen Welt
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-98952-881-9
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Roman | Sie kommt als Gefangene nach Australien - kann sie hier ihre Freiheit finden?
E-Book, Deutsch, 634 Seiten
ISBN: 978-3-98952-881-9
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Jean Plaidy - wie auch Philippa Carr und Victoria Holt - ist ein Pseudonym der britischen Autorin Eleanor Alice Burford (1906-1993). Schon in ihrer Jugend begann sie, sich für Geschichte zu begeistern: »Ich besuchte Hampton Court Palace mit seiner beeindruckenden Atmosphäre, ging durch dasselbe Tor wie Anne Boleyn und sah die Räume, durch die Katherine Howard gelaufen war. Das hat mich inspiriert, damit begann für mich alles.« 1941 veröffentlichte sie ihren ersten Roman, dem in den nächsten 50 Jahren zahlreiche folgten, die sich schon zu ihren Lebzeiten über 90 Millionen Mal verkauften. 1989 wurde Eleanor Alice Burford mit dem »Golden Treasure Award« der Romance Writers of America ausgezeichnet. Jean Plaidy veröffentlichte bei dotbooks ihre historische Romanreihe »Queens of England« mit den Einzeltiteln »Königreich des Herzens«, »Krone der Liebe«, »Im Schatten der Krone«, »Die Gefangene des Throns« und »Die Tochter der Krone«. Außerdem erschien ihre dreibändige »Die Tudors«-Saga mit den Einzelbänden »Die erste Königin«, »Die Konkubine der Krone« und »Die Tochter des Verräters«. Ihre historischen Romane »Königliche Rivalin« und »Die Erben der Medici« sind ebenfalls bei dotbooks erhältlich. Unter dem Pseudonym Victoria Holt veröffentlichte sie ihren historischen Roman »Das Geheimnis der Engländerin«. Als Philippa Carr veröffentlichte die Autorin ihren großen neunzehnbändigen Roman-Zyklus »Die Töchter Englands«, die der in mehreren Sammelbänden erschienen ist.
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Kapitel 1
Es war brütend heiß in der Postkutsche. Die Junisonne schien gnadenlos und brannte die Erde zu trockenem Staub, der die Hecken bedeckte, ins Innere der Kutsche drang, die Reisenden zum Husten brachte und ihre Augen schmerzen ließ. In Brentford hatten sie gut gegessen und getrunken. Als sie nun die Staines-Brücke überquerten, waren sie bereits wieder durstig, verdrießlich und schläfrig. Die harten Sitze, das Rütteln der Kutsche und die quälende Langeweile einer Reise, die noch mindestens vier Tage dauern würde, all dies zerrte an ihren Nerven. Außerdem dachten sie nicht ohne Furcht an die Heide von Bagshot, die sie hofften, bei Tageslicht durchqueren zu können. Heimlich beteten sie darum, daß sie diesen Teil der Reise ohne Schaden überstehen würden.
Der Kaufmann in der Ecke der Kutsche begann zu schnarchen, auch seine Frau nickte ein. Eine Matrone in den mittleren Jahren hielt unnötigerweise ein wachsames Auge auf ihre beiden Töchter, die beide auf die dreißig zugingen. Mit ihren mausfarbenen Haaren und den pickeligen, pockennarbigen Gesichtern sahen sie eher so aus, als würden sie sich für einen Angriff auf ihre Tugend bereithalten. Darüber schienen sich das siebzehnjährige Mädchen mit dem großen Strohhut und der achtzehnjährige junge Mann mit der Ledertasche auf den Knien köstlich zu amüsieren.
Sie behielten einander im Auge, diese beiden, seit er in Kensington in die Kutsche gestiegen war. Er saß ihr gegenüber; die ganze Zeit hatte er versucht, einen Blick von ihr zu erhaschen, aber immer wenn er in ihre Richtung schaute, wurde ihr hübsches ovales Gesicht von der Krempe ihres Hutes verdeckt. Sie trug elegante Kleidung und machte einen naiven und zugleich erfahrenen Eindruck, was er ganz bezaubernd fand. Wer war sie? Warum reiste sie allein? Wie konnte ihre Familie das nur erlauben? Dies befremdete und reizte ihn gleichzeitig.
Ihr blondes Haar hatte die Farbe reifen Weizens, und wenn die Sonne darauf schien, schimmerte es golden. Er hatte ihre Augen noch nicht gesehen; dieser lächerliche Hut versteckte sie jedes Mal, wenn er versuchte, sie direkt anzuschauen. Ihr Kinn zierte ein entzückendes Grübchen. Ihr Mund war wunderschön, der Zug darum ein wenig furchtsam und doch auch bestimmt. Die vollen Lippen wirkten sinnlich und dennoch kindlich. Sie war ein sehr attraktives junges Ding, und sie war allein! Ihm selbst war es ein wenig abenteuerlich erschienen, sein Zuhause, das er mit seinem Onkel Gregory in einer kleinen Stadt in der Nähe von Exeter teilte, zu verlassen, um seinen Onkel Simon in Lincolns Inn zu besuchen. Das war ein Abenteuer für einen kühnen jungen Mann. Wieviel abenteuerlicher war es erst für eine wunderschöne junge Dame! Er betrachtete sie von oben bis unten. Ihr langer grüner Umhang hüllte beinahe ihren ganzen Körper ein, aber er konnte das gestreifte Popelinekleid sehen, das sie trug und das unterhalb ihrer schlanken Taille von einem fröhlich bunten Petticoat gebauscht wurde. Wer war sie? Er war entschlossen, es herauszufinden.
Der Kaufmann wurde plötzlich durch sein eigenes lautes Schnarchen geweckt. Vorwurfsvoll sah er seine Frau an, als ob sie schuld sei an dieser Störung. Sie wirkte sanftmütig, beinahe unterwürfig und schien es seit Jahrzehnten gewohnt zu sein, jeden seiner Vorwürfe demütig auf sich zu nehmen.
Jetzt fing er an, eine Unterhaltung mit den anderen zu suchen. Er war ein geschwätziger Mann und setzte wohl voraus, daß alle Menschen ihm die gleiche Ehrfurcht erwiesen wie seine Frau.
»Kriege! Kriege!« rief er aus. »Kriege wird es geben, solange Menschen da sind, die sie führen!«
Erwartungsvoll blickte er Darrell Grey an, den jungen Mann mit der Ledertasche, und Darrell antwortete, daß es immer Reibereien zwischen den Nationen gebe; allerdings galt seine Aufmerksamkeit auch weiterhin der jungen Dame, die ihm gegenübersaß.
»Krieg gegen Amerika!« fuhr der Kaufmann fort. »Krieg gegen Spanien!« Redegewandt zählte er die Ereignisse des vergangenen Jahres auf. »Es stimmt, Rodney hat die Franzosen in die Flucht geschlagen, aber was ist mit den Amerikanern und ihrer Unabhängigkeit ...?«
Einen kurzen Augenblick berührten Darrell Greys Knie den grünen Umhang, woraufhin der Hals und das Gesicht seines Gegenübers sich mit einer flammenden Röte überzogen.
»Der Krieg ist in der Tat eine entsetzliche Sache, Sir«, meinte die Matrone. »Nun, ich kann Euch versichern, wären diese Kriege nicht gewesen, wären meine beiden Töchter längst verheiratet. Beide waren sie verlobt mit Marineangehörigen von Rang und Namen. Ich werde nicht sagen, wie sie hießen – aber es waren große Namen! Gute Namen! Und beide sind in einer Seeschlacht gefallen! Oh, Sir, mir braucht niemand etwas von den Schrecken des Krieges zu erzählen, ich kenne sie!« Sie wandte sich an die Frau des Kaufmanns. »Habt Ihr Töchter?« wollte sie wissen, aber die Dame schüttelte nur stumm den Kopf, als wolle sie sagen: »Hört Ihr denn nicht, daß er spricht? Wie könnt Ihr ihn unterbrechen?« Die Matrone war jedoch so überzeugt von ihrer eigenen Bedeutung, daß sie sich nicht um die des Kaufmanns scherte. »Es ist gut, Töchter zu haben, wenn sie einem Ehre machen!« rief sie.
Die Kutsche machte einen plötzlichen Ruck. Das Mädchen mit dem Popelinekleid wurde nach vorn geworfen, und Darrell streckte seine Arme aus, um sie aufzufangen. Eine Sekunde lang berührten seine Hände ihre Schultern. Sie lächelte, und er konnte sehen, daß ihre Augen blau waren und ihre Wimpern so golden wie ihr Haar.
»Entschuldigung«, sagte sie.
»Ihr braucht Euch nicht zu entschuldigen«, antwortete er. »Fahrt Ihr bis zur letzten Station mit dieser Kutsche?«
»Ja.«
»Und danach?«
»Ich werde von meiner Tante oder vielleicht von ihren Bediensteten abgeholt.«
Er lehnte sich in seinen Sitz zurück. Sie reiste allein, aber es war nicht einfach, an sie heranzukommen. Nun, er konnte warten. Sie hatten den ganzen Weg nach Exeter vor sich, und Exeter war noch etwa vier Tagesreisen entfernt.
Plötzlich hielt die Kutsche an. Die Matrone und ihre Töchter rückten näher zusammen. Der Kaufmann sah fluchend aus dem Fenster.
»Wir sind in einem Schlagloch steckengeblieben!« verkündete er. »Verdammt noch mal!« Seine Frau blickte unglücklich und schuldbewußt drein.
»Wenn wir hier lange aufgehalten werden, müssen wir womöglich im Dunkeln durch die Bagshot-Heide fahren«, sagte die ältere der beiden Töchter und zitterte.
»Jenseits der Heide soll es einen sehr guten Gasthof geben«, warf die Kaufmannsfrau furchtsam ein.
»Ich hätte schreckliche Angst, die Heide in der Dämmerung zu durchqueren«, flüsterte die zweite Tochter. »Diese Vagabunden schrecken heutzutage vor nichts zurück, sagt man.«
Das Mädchen im Popelinekleid blickte Darrell ängstlich an, und er lächelte ihr aufmunternd zu. Es wäre ihm gar nicht so unrecht, im Dunkeln durch die Heide fahren zu müssen. Er würde sich um sie kümmern, und sie würde ihm dann sehr dankbar sein.
»Ich hoffe sehr ...«, begann sie zu leise.
Er rückte ihr ein wenig näher und unterbrach sie: »Es sind gefährliche Burschen, aber Ihr braucht Euch nicht vor ihnen zu fürchten.«
»So ein Unsinn!« sagte die Matrone. »Was können solch schöne Worte gegen bewaffnete Männer ausrichten! Ich versichere Euch, daß die Bagshot-Heide das beliebteste Jagdrevier dieser Verbrecher ist.«
»Meine verehrte Dame«, entgegnete der Kaufmann, »offensichtlich kennt Ihr diesen Teil des Landes nicht sonderlich gut.«
Eine ältere Frau, die am Fenster saß, warf ein: »Man sagt, daß sie den Reisenden gemeine Fallen stellen.«
»Das kann schon sein, Madam«, brummte der Kaufmann, »und sie vergessen niemals, die Passagiere um ihre Brieftaschen zu erleichtern, und sie sind schnell mit ihren Pistolen zur Hand.«
Eine der Töchter kreischte auf, und in diesem Moment fuhr die Kutsche wieder los. Daraufhin gab es ein wenig Gelächter, aber es wirkte unsicher. Eine Weile schwiegen alle. Die Sonne stand schon als roter Feuerball im Westen, als sie an den Rand der Heide kamen.
Darrell lehnte sich nach vorn, und der Strohhut hob sich eine Sekunde lang.
»Wie gut, daß wir so viele sind«, sagte sie leise. »Ich muß zugeben, daß ich sonst Angst hätte.«
Die Angst ließ sie ihre Reserviertheit vergessen. Sie lehnte sich zurück, und ihr Umhang öffnete sich ein wenig; so konnte er einen Blick auf eine schlanke Taille und einen wohlgerundeten jungen Busen unter gestreiftem Popelinestoff werfen.
»Wollt Ihr jemanden besuchen?« fragte...