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E-Book, Deutsch, 218 Seiten, E-Book
Plazibat / Hofer / Abbassi Digital Asset Services in Banken
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7910-6680-6
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Geschäftsmodelle von der Strategie bis zur Umsetzung
E-Book, Deutsch, 218 Seiten, E-Book
ISBN: 978-3-7910-6680-6
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dr. Ante Plazibat, Head Digital Assets & Innovation bei Finnova, Dozent an der HWZ Zürich und Hochschule Luzern.
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1 Die Zukunft ist hybrid
Die Zukunft ist hybrid und Banken werden für ihre Kunden den Kauf von klassischen und tokenisierten Wertpapieren sowie von Kryptowährungen anbieten müssen, um nicht an Relevanz und Kundenorientierung zu verlieren. Diese Assetklassen werden im Rahmen der technologischen Weiterentwicklung vermutlich noch für eine ganze Weile koexistieren. Ein zentraler Erfolgsfaktor für die hybride Bank ist es, Digital Assets nicht als Siloprodukt zu sehen, sondern ? da wo möglich ? innerhalb der bestehenden Architektur zu verankern. Doch wie hat es die Blockchain geschafft, so viele neue Potenziale für den Finanzsektor zu schaffen?
Informationstechnologien prägen seit Jahrzehnten den Finanzsektor. Die stetige Digitalisierung führte dazu, dass die Eintrittsbarrieren ins Banking gesunken sind und die Wertschöpfungskette immer weiter aufgebrochen wurde. Besonders durch die Vernetzung und die fortschreitende Regulierung bezüglich der Öffnung von Schnittstellen hat der Wettbewerb stark an Dynamik gewonnen. Immer mehr FinTechs drängen in die Kunde-Bank-Beziehung ein und bieten innovative Finanzdienstleistungen mit besserer Customer-Experience an. Nicht nur FinTechs, sondern auch Firmen wie Google, Apple, Facebook oder Amazon bieten bereits solche an. Während der Fokus hierbei stark auf die Kundenschnittstelle und digitale Kanäle gelegt wird, wird im Hintergrund ein Großteil der Basisleistungen im Banking weiterhin von einer Bank mit entsprechender Bankenlizenz bereitgestellt. Bei Apple oder Google Pay sind die Tech-Firmen weiterhin auf Banken im Hintergrund angewiesen, welche die innovativen Zahlungslösungen in ihre Systeme integrieren und freischalten.
Dennoch hat es bis heute trotz hochinnovativer Marktteilnehmer keine technologische Entwicklung geschafft, bestehende Basisleistungen und Kernrollen in Finanznetzwerken abzulösen. Viele der Wertversprechungen im Finanzsektor bauen darauf auf, Werte zu verwahren und auszutauschen, die grundsätzlich jederzeit verändert werden können. Die Bank könnte bspw. in Eigenregie den Kontosaldo des Privatkontos negativ verändern. Wir vertrauen ihr aber, dass dies nur im Rahmen von freigegebenen Transaktionen oder Auszahlungen geschieht. Vertrauen, dass dies nur berechtigt geschieht, ist also das wichtigste Gut im Finanzsektor. Dies bedingt, dass es zentrale Stellen braucht, die als vertraute Parteien darauf achten, dass keine unberechtigten Manipulationen geschehen. Während das Internet dafür geschaffen wurde Informationen auszutauschen, so ist es durch die Blockchain neu möglich, dasselbe für Werte zu tun. Sie nutzt eine komplett neue Methode für die Eigentumsverwahrung und -übertragung von Werten, die um ein Vielfaches effizienter ist, da der Wert selbst nie übertragen werden muss, sondern, analog zur Übertragung eines Hauseigentümers im Grundbuch, lediglich der Eigentümer gewechselt wird. Dies führt dazu, dass ein Großteil der traditionellen Fähigkeiten vor allem beim Handel und der Verwahrung durch die Technologie überflüssig wird.
Der Ursprung der Blockchain-Technologie ist auf die Veröffentlichung des Bitcoin Whitepapers von Satoshi Nakamoto aus dem Jahre 2008 zurückzuführen. Zu Beginn war nicht klar, wie groß ihr Einfluss auf den Finanzsektor einmal sein wird. Auch hier hat es noch essenzielle Weiterentwicklungen gebraucht, da bspw. dieses Whitepaper zu Bitcoin kein Wort über Smart Contracts oder Tokens verlor, vielmehr stand damals der reine Zahlungsaspekt im Vordergrund. Während viele etablierte Finanzinstitute der Technologie in der Anfangsphase nicht ausreichend Beachtung geschenkt haben, ist ihre Eignung für die Finanzindustrie heutzutage nicht mehr anzuzweifeln. Banken auf der ganzen Welt nehmen sich nun sukzessive der Technologie an und versuchen damit die Zukunft ihres Geschäfts neu auszurichten. Auch in Zukunft wird es noch Banken geben, jedoch stellen sich die Fragen, welche Aufgaben innerhalb des Finanznetzwerks für die Bereitstellung von Basisdienstleistungen noch übrigbleiben und welche Dinge durch den technologischen Wandel entfallen. Langfristig ist es wahrscheinlich, dass ausgewählte Aktivitäten, die vorher durch eine Bank oder einen Dritten erbracht wurden ? wie etwa das Weiterleiten von Zahlungen oder das Verwahren von Wertpapieren ? durch die Blockchain zu einer allgemein verfügbaren Dienstleistung werden. Nichtsdestotrotz werden nicht alle Endkunden direkt mit der Blockchain interagieren und all ihre Möglichkeiten ausnutzen. Es ist eher davon auszugehen, dass ein Großteil der Kunden die Bank als einfaches und sicheres Zugangstor zu Blockchain-basierten Finanzprodukten sehen wird, die im Idealfall schneller oder kostengünstiger als ihre traditionellen Gegenstücke sind.
Auch wenn die Blockchain bei der Verwahrung und dem Handel von Vermögenswerten unter bestimmten Aspekten einen hohen Mehrwert liefern kann, ist der Aufwand, eine Börsen-Infrastruktur auf einer neuen Technologie mit neuen Methoden zu entwickeln, immens. Es hat Jahrzehnte gedauert, die heutigen Finanzinfrastrukturen aufzubauen und auch mit der Blockchain wird es wohl mindestens ein weiteres Jahrzehnt dauern, bis ein ähnlicher Prozess abgeschlossen ist. Die jährlichen Einsparungen durch Clearing- und Settlement-Kosten werden auf über 20 Mrd. geschätzt (Juniper Research, 2018). Zwar können Probleme im Settlement durch die Blockchain gelöst werden, jedoch kommt die Technologie mit ihren ganz eigenen Risiken, die ebenfalls gesteuert und verwaltet werden müssen. Somit ist es wichtig, neben der »Eins zu Eins Abbildung« der klassischen Geschäfte auch weitere Potenzial zu erarbeiten, um die Kosten der Transformation zu rechtfertigen und direkt Mehrwert zu generieren. Hierbei gibt es im Bereich Anlegen Möglichkeiten, wie bspw. die Erweiterung des Investment Portfolios durch Kryptowährungen, aber auch die Tokenisierung und Fraktionalisierung von bisher nicht handelbaren Assets wie bspw. Immobilien, um neben der Diversifizierung des Portfolios auch Assetklassen zu schaffen, die dadurch für neue Kundensegmente zugänglich werden.
Verschiedene Studien, wie die der Boston Consulting Group (2023) und McKinsey (2024), schätzen besonders das Potenzial der Tokenisierung langfristig als sehr hoch ein und quantifizieren den Anteil an illiquiden Vermögenswerten, die durch die Blockchain bis 2030 tokenisiert werden können, auf ca. 2 ? 16 Billionen Dollar. Ein weiterer Mehrwert sind die Skaleneffekte, die eine solche Infrastruktur für die Verwahrung und den Handel von allen Arten tokenisierter Assets generieren kann, indem die Infrastruktur ebenfalls für Zahlungen genutzt wird. Ansätze im Kontext von Stablecoins und Zentralbankgeld (Central Bank Digital Currencies, CBDC) können sowohl für Kunden wie auch für Banken das implizierte Kosten-Risikoverhältnis (bspw. bei Auslandszahlungen) essenziell verbessern und so den gesamten Wirtschaftszweig weiterentwickeln.
Blockchain und Distributed Ledger Technology (DLT)
Mit der Blockchain ist es zum ersten Mal möglich, Werte und ihre Eigentumsübertragungen digital und ohne Intermediäre abzubilden. Dies schafft die Blockchain durch eine verteilte, transparente und fälschungssichere Datenbank, bei der jede Transaktion (Eigentumsübertragung) kryptografisch nachvollziehbar mit der vorherigen Transaktion verlinkt und signiert ist. Während es bei traditionellen Datenbanken immer einen »Master« gibt, der die Hoheit über die Daten hat, kann jeder bei der Validierung der Transaktionen auf der Blockchain mitwirken. Möchte ein Anwender die Blockchain nutzen, um Werte zu speichern und zu verwalten, so benötigt er ein sog. Wallet, das als eine Art digitaler Schlüsselbund funktioniert. Bestehend aus einem privaten und geheimen Schlüssel (Private Key), der einer Art Passwort entspricht, sowie einem Public Key, analog der Kontonummer, können Vermögenswerte gesendet und empfangen werden. Dieses System ermöglicht damit eine sichere und eigenständige Verwahrung ohne vertrauenswürdige Partei.
Die Blockchain selbst ist eine spezielle Ausprägung der Distributed Ledger Technology (DLT). Die Blockchain Datenstruktur ist für besonders offene und transparente Anwendungsfälle gedacht. Es gibt jedoch auch DLT-Systeme, bei der auch sensitive Informationen zwischen zwei Parteien fälschungssicher ausgetauscht werden können, bei denen auch die Validierung reguliert ist. Oftmals eignen sich hierfür andere Datenstrukturen wie gerichtete azyklische Graphen1, die jedoch keine »Single Source of Truth« wie die Blockchain haben. Solche Lösungen werden bspw. meist für CBDCs genutzt.
Eine genauere Erläuterung von Blockchain und DLT folgt in Kap. 3.1.1.
Durch die Blockchain und vor allem die Ansätze im Bereich Decentralized Finance (siehe Kap. 3.1.3) bekommt der Kunde, sofern er sich für die Selbstverwahrung entscheidet, ganz neue Möglichkeiten Finanzdienstleistungen nicht nur von regulierten Banken oder lizenzierten FinTechs zu beziehen, sondern mit jeglichen Gegenparteien auf der Blockchain zu interagieren; dies in allen bekannten Silos der Bank (Zahlen, Anlegen und Finanzieren). Bspw. kann eine Privatperson ganz einfach eine Peer-to-Peer (P2P) Überweisung vom eigenen zu einem anderen Blockchain-Wallet initiieren. Traditionell hat es hierfür mehrere Intermediäre wie Sender-Bank, Empfänger-Bank aber auch einen nationalen Zahlungsverkehrsabwickler gebraucht; ganz zu schweigen von etwaigen Korrespondenzbanken bei internationalen Überweisungen. Auch im Bereich Anlegen kann eine Privatperson mit dezentralen Börsen, sog. DEX, agieren und so bspw. Kryptowährungen oder NFTs ohne Intermediär kaufen. Im Bereich Finanzieren kann der versierte selbstverwahrende Krypto-Kunde unabhängig von der Bank...