Proelß | Ausgewählte Werke (31 Titel in einem Band) | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 600 Seiten

Proelß Ausgewählte Werke (31 Titel in einem Band)

Prosa und Lyrik: Katastrophen, Scheffel, Die neue Zeit, Durchs Fegefeuer zum Paradies...
1. Auflage 2017
ISBN: 978-80-272-0387-1
Verlag: Musaicum Books
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Prosa und Lyrik: Katastrophen, Scheffel, Die neue Zeit, Durchs Fegefeuer zum Paradies...

E-Book, Deutsch, 600 Seiten

ISBN: 978-80-272-0387-1
Verlag: Musaicum Books
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Johannes Proelß, ein bedeutender Autor des 19. Jahrhunderts, präsentiert in seinem Werk 'Ausgewählte Werke' eine Sammlung von 31 Titeln in einem Band. Diese vielfältige Auswahl umfasst Gedichte, Romane und Essays, die Proelß' breites literarisches Spektrum und seinen einzigartigen Stil zeigen. Der Autor zeichnet sich durch seine präzise Sprache, tiefgründige Themen und emotionale Intensität aus, die seine Werke zu zeitlosen Klassikern machen. Sein literarischer Kontext ist geprägt von der Romantik und der aufkommenden Moderne, was sich in seinen komplexen Charakteren und literarischen Motiven widerspiegelt. Proelß' Werke bieten den Lesern einen Einblick in die vielschichtige Welt des 19. Jahrhunderts und laden sie dazu ein, über die menschliche Natur und die Gesellschaft nachzudenken.

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Durchs Fegefeuer zum Paradies


Nochmals, ich bitte Dich, laß heute das Theater und bleibe daheim. Ich bin nicht wohl und die ganze Woche schon sind wir nicht zu Ruhe gekommen. Laß uns einmal den heutigen Abend in der eigenen Häuslichkeit verbringen.«

Kurt Fernaus Stimme bringt die Bitte ruhigen Tones hervor, obgleich ein leises Zittern derselben auch die nur mühsam unterdrückte Erregung verräth.

»Du bist immer derselbe Griesgram und mußt mir alles verderben. Seit Tagen hab ich mich auf diese neue Operette gefreut und nun auf einmal, nur Deiner Grille zu lieb, soll ich daheim wie im Gefängniß bleiben. Ich will aber nicht.« »Nun, wenn Dir unser Heim wie ein Gefängniß vorkommt, gut, so geh, ich halte Dich nicht.«

Die junge, nicht geradezu auffallend, aber doch ein wenig kokett gekleidete Frau streift ein zorniger Blick des ungeduldig auf- und niederschreitenden Gatten, der, eben beim Kamin angelangt, seine nur halb gerauchte Zigarre in die glimmenden Kohlen schleudert, daß die Funken emporsprühen.

»Ja, spiele nur den Beleidigten. Diesmal behalte ich meinen Kopf!« ruft dagegen die kleine Frau, indem sie sich vom Spiegel, vor dem sie sich eben einen Bund frischer Schneeglöckchen in die Haare gesteckt hat, lebhaft abwendet und, mit dem kleinen Stiefelchen aufstampfend, eine stolze Haltung annimmt. »Wozu soll ich bei Dir bleiben? Um Deine spitzen Vorwürfe anzuhören? Ja sieh mich nur immer an mit Deinen großen Augen. Es ist umsonst. Ich lasse mich nicht mehr tyrannisiren! Wenn Dir meine Freude am Leben zuwider ist, so hättest Du das bedenken sollen, ehe Du mich zur Frau nahmst.«

Der Mann seufzt und sucht jetzt mit halb wehmüthigem Blick das Auge seiner Frau. »Emmy, Du frevelst« »Nein, Du frevelst an mir. Ich bin noch jung; ich habe ein Recht darauf, das Leben zu genießen und will es. Mama sagt es auch. Ich will mir die Lust nicht verderben lassen durch Dein sauertöpfisch Gebahren. Ich bin es müde, ja! recht müde! Und damit basta. Das Billet ist da; ich hab es angenommen, und daß ichs benutze, bin ich schon der Tante schuldig! Adieu! «

Wenige Wochen noch und das junge Paar hätte die Erinnerung an die Hochzeit zum dritten Male festlich begehen können. Aber die Stimmung ihrer Seelen dachte nicht an solche Feier der Herzen. Der Zauber, welcher die Liebenden damals berauscht und in Bann gehalten, als sie sich die Hand zum Bunde fürs Leben gegeben, war allzu früh für ihr Glück gewichen und Emmy und Kurt waren zwar noch ein junges Paar, aber halfen bereits die Menge der unglückliche Ehen vermehren. Und doch war er, wenn auch beträchtlich älter und gesetzter als die lebhafte Lebensgefährtin, ein liebenswürdiger, stattlicher Mann, wohl im Stande jedes Weib, das ihn liebte, zu beglücken. Und auch das überschäumende Temperament und der leichte Sinn des Wiener Kindes, das er an seine Seite gefesselt, war nur die Außenseite eines Innern, dem gefährlicher Leichtsinn fremd war und starke, innige Liebesempfindung eigenthümlich. Auch hatte sie beide aufrichtige Neigung zusammengeführt und der Glaube, für einander bestimmt zu sein; nicht Spekulation. Und dennoch schienen die Gluten, die einst so hell emporgeflammt, erloschen. Die Sonne des Liebesfrühlings war jäh untergegangen und kalter Frost hatte die einst so glühende Wärme der Herzen vernichtet.

Kurt Fernau, ein talentvoller Musiker, war vor fünf Jahren nach Wien gekommen, wo er an einem der großen Concertinstitute der Donaustadt lohnende Anstellung gefunden. Er war Norddeutscher von Geburt und auch nach Bildung und Wesen. Wie aber das Fremdartige auf die meisten Naturen einen ganz besonderen Reiz ausübt, so hatte auch der Zauber des Wiener Lebens ihn überkommen wie eine holdselige, süß berauschende Offenbarung. Das bestrickende Lied der schönen, berückenden Sirene an der Donau bethörte auch ihn. Auch ihm wurde das Leben hier zu einem melodischen Reigen glänzend bunter Feste und die im Walzertakte das Leben genießenden Wiener fanden in ihm einen gar wackeren Kameraden. Doch auch ihm blieb die Abspannung, die den Fremden in Vindobonas Rosengarten so leicht befällt, ähnlich der Wirkung allzu würziger Blumendüfte, nicht erspart. Der leichte Sinn der Bewohner erschien ihm bald haltlos und selbst das wechselreiche Bacchanal ihrer Freuden schal und ermüdend. Die Gegenwart befriedigte ihn nicht mehr und er begann sich zu sehnen, zu sehnen nach ruhigem, dauerndem Glück. »Laß fahren dahin das allzu Flüchtige« im schnell verfliegenden Rausch der Sinne hatte er diese Wahrheit erkannt und nun suchte er das Glück in Dauer, die Liebe in Ruh. Doch in dem neuen Ideal wogte noch auf und nieder die Freude an der heiteren Auffassung des Lebens, die sonnige Heiterkeit, die seiner Seele bei seiner Herkunft nach Wien so wohl gethan. Nicht ganz wollte er sie missen, nur ruhig genießen, für sich, ohne Aufregung.

In dieser Stimmung hatte er Emmy kennen gelernt. Sie zählte damals noch nicht ganz neunzehn Jahre. In dem Feuerglanz ihrer dunklen Augen, in der sanften Glut ihres noch in der Knospe befindlichen Wesens glaubte er gefunden zu haben, was er suchte, eine Vermittlerin des Glücks, das sein Herz ersehnte. Sie war das Kind eines Beamten in der Provinz und lebte seit nahezu zwei Jahren unter der Obhut ihrer Tante in Wien, einer gutmüthigen alten Damen, die ihre helle Freude hatte an dem Goldkind, das ihr von den Eltern übergeben worden war, damit es in der Kaiserstadt seine hübsche musikalische Begabung ausbilde. Auf einem Ball, der zu Ehren einer musikalischen Berühmtheit gehalten wurde, in dessen hellaufwirbelnder Luft Fernau der ganze Zwiespalt seines Innern klar ins Bewußtsein trat, war er ihr zuerst begegnet. Ihm war als habe ihm die Muse seines Lebens eine Erlöserin gesendet. Die Wonne darob gab seiner Werbung jene Bestimmtheit und Kraft, denen der Erfolg selten versagt bleibt und wie im flüchtigen Begegnen der Augen sich die Seelen gefunden, so genügte ein bald sich darbietender Augenblick zum Bunde derselben für ewig. Hindernisse standen den Liebenden nicht im Wege und bald war auch der Bund vor dem Altare besiegelt.

Die volle Flut des Glücks nahm das gemeinsam bestiegene Lebensschiff der jungen Eheleute zunächst auf seine fröhlich aufschäumenden Wellen. Wohl trat bald die Verschiedenheit der beiden Naturen an tausend Punkten hervor, aber die Wahrnehmung erhöhte nur den Reiz des Lebens, erweiterte den Kreis der gemeinsamen Freuden. Die Macht der Wahlverwandtschaft entgegengesetzter Elemente schien sich wieder einmal siegreich bewähren zu wollen. Das gieng bis nach dem ersten Rausch der Flitterwochen, nach der an Eindrücken wie an innerem Glück überreichen Hochzeitsreise und den geselligen Zerstreuungen, welche die Heimgekehrten begrüßten, bei Fernau das Bedürfniß nach stillem Familienglück täglich stärker sich geltend machte und die naive Genußsucht der jungen Gattin mit allerhand Bedenken kreuzte. Was die Liebe anfangs immer wieder heilte, zerstörte jedoch der Einfluß der Tante, die, eine echte Wienerin, ihren Liebling in nichts verkürzt sehen wollte. Ihr hatte das ruhige Wesen Fernaus von vornherein nicht so recht gefallen. Als sie aber wahrnahm, wie an dem Mann ihres lieben Miezerl täglich mehr hervortrat, daß er von Grund seines Wesens ein rechter Stubenhocker und Häferlgucker, hatte sie es für Pflicht gehalten, einen geheimen Krieg gegen ihn zu eröffnen, der zum Zweck hatte, dem überhäuslichen Schwiegersohne seine Pflicht ins Gedächtniß zu rufen, für das Vergnügen seines jungen Weibes zu sorgen. Wie so oft im Leben säte ihre falsch geleitete Liebe nur Unheil. Was im Grunde nur Einflüsterung der Tante war, nahm Fernau als Offenbarung des innersten Wesens seiner kleinen Frau; der Wahn befiel ihn, er habe sich völlig in ihr getäuscht, und damit der Glaube, strenges Auftreten könne allein vom gesunden Kern ihres Wesens noch retten, was zu retten sei.

Doch auch diese Pädagogik konnte sich keines erquicklichen Resultates erfreuen. Emmy fühlte sich von ihrem Gatten falsch verstanden und ungerecht behandelt und hin und wieder mit Recht. Denn sie durfte oft für Laune und Hypochondrie halten, was thatsächlich auf seiner Seite nur ein verfehlter Versuch war, den noch wenig häuslichen Sinn seiner jungen Lebensgefährtin der eigenen Sinnesart anzupassen. Er umgekehrt nahm dieses und jenes durchaus berechtigte Aufflackern einer natürlichen, die Schranken des Sittlichen achtenden Lebenslust für bedenkliche Zeichen eines unausrottbaren Flattersinns, eines schmählichen Mangels an Liebe.

Mit besonders einschneidender Schärfe war der Zwiespalt zwischen den beiden Gatten aber erst in den letzten Wochen hervorgetreten. Der Besuch von Emmys Mutter hatte statt der erwünschten Gemüthlichkeit eine Reihe aufgeregter Tage gebracht, deren Festlichkeit aus Zerstreuungen und Vergnügungen bestand, an denen Fernau nur die Unbequemlichkeit verspürte. Und der Einfluß der Tante brachte es schon am ersten Tage dahin, daß für Fernau das viel bezweifelte Märchen von der bösen Schwiegermutter zur unerquicklichen Wirklichkeit wurde. Auch die Mutter der Frau versuchte nun an ihm herum zu doktern. Oft gab ein Wort das andere, aber im Geräusch der gastlichen Zusammenkünfte bei Verwandten und Freunden konnte die Verstimmung nicht zu einem vollen Ausbruch kommen. Nun war endlich, so meinte Kurt der Besuch wieder von dannen gereist. Der geplagte Ehemann athmete auf, und er holte tief Athem, um seinen Zorn in wenig Worten auf das Haupt der Gattin zu entladen. Natürlich blieben auch unzarte Bemerkungen auf die Mutter Emmys nicht aus, die diese beleidigen mußten und welche sie nicht unerwidert ließ. Schon einmal hatte er eine Berufung auf die Meinung der Mutter brüsk mit der...



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