Przyrembel | Verbote und Geheimnisse | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 416 Seiten

Przyrembel Verbote und Geheimnisse

Das Tabu und die Genese der europäischen Moderne
1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-593-41145-3
Verlag: Campus
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

Das Tabu und die Genese der europäischen Moderne

E-Book, Deutsch, 416 Seiten

ISBN: 978-3-593-41145-3
Verlag: Campus
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark



Auf seinen Reisen in die Südsee entdeckte James Cook im 18. Jahrhundert das polynesische Tabu. Missionare brachten dieses Wissen nach Europa. Wie es dann mit der Professionalisierung von Ethnologie und Psychoanalyse als wissenschaftliches Konzept Eingang in die europäische Kultur fand, erzählt Alexandra Przyrembel in ihrer Wissensgeschichte des Tabus. Ungewöhnlich ist dabei die Verknüpfung der Wissens- mit einer Erfahrungsgeschichte. Am Beispiel der Sozialreformbewegung und der Tierschutzbewegung des 19. Jahrhunderts legt die Autorin die Bedeutung von Tabus in der europäischen Gesellschaft offen und zeigt: Die Geschichte der Modernisierung ist auch eine Geschichte des Tabus.

Alexandra Przyrembel, Dr. phil., ist Privatdozentin am Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte an der Universität Göttingen.
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1;Inhalt;6
2;Einleitung: Das Tabu und die Moderne;10
3;Erster Teil: Wissen Europa, die Südsee und das Tabu;28
3.1;Kapitel 1 James Cook und die ›Entdeckung‹ des Tabus im ausgehenden 18. Jahrhundert;38
3.2;Kapitel 2 Missionare, der Satan und die Bekämpfung des Götzentums um 1800;53
3.2.1;Die protestantische Offensive – Programme zur Rettung vor dem Satan;54
3.2.2;›Moderne‹ Missionare?;64
3.2.3;Missionare in der Südsee – Aufgaben und Erfahrungen;68
3.2.4;Predigen, Beobachten, Schreiben und Sammeln – Die missionarische Offensive und ihre transnationale Welt;73
3.3;Kapitel 3 Faszination: Medien und die Vermittlung von Wissen I;83
3.3.1;Missionare berichten;84
3.3.2;Verführungen – Der Tanz, die Kannibalen und die Macht des Tabus;88
3.3.3;Die Inselgruppe Marquesas, das Tagebuch und die Intimität der Beobachtung;99
3.3.4;Missionare, der ›ethnologische‹ Blick und das Tabu;107
3.4;Kapitel 4 Ethnologie, Psychoanalyse und die (Wieder-)Entdeckung des Tabus um 1900;114
3.4.1;Freud als Vater und die psychoanalytische Semantik der Innenschau;115
3.4.2;Die Faszination des ›Primitiven‹ um 1900;119
3.4.3;James Frazer, die Ethnologie und die Gefahr der Ansteckung;123
3.4.4;Sigmund Freud, die ›armen nackten Kannibalen‹ und die Entdeckung des Unbewussten;132
3.4.5;Vom »wunderbaren Tabu« zum Inzestverbot;140
4;Zweiter Teil: Glauben Sünden, Tabus und die Ordnung der sozialen Frage;144
4.1;Kapitel 5 Der Schmutz und die Wilden;157
4.1.1;Zwei Männer – Pietät und Abscheu;157
4.1.2;Der Erlöser Wichern, die Innere Mission und die religiöse Offensive;159
4.1.3;Verbotene Räume: Wicherns Reisen in die »Höhlen der Armen«;173
4.1.4;Engels, der Ekel und Die Lage der arbeitenden Klasse in England;182
4.1.5;Ekel und Sünde in den Berichten Wicherns und Engels’;196
4.2;Kapitel 6 Die Brüder des Rauhen Hauses: Rituale der Reinigung;201
4.2.1;Hamburg und der Tod der Religion;201
4.2.2;Von London nach Hamburg – Die Stadtmission als Importartikel;204
4.2.3;Vereine und die ›Terrains‹ der Inneren Mission;208
4.2.4;Kulturen des Religiösen – die Brüdergesellschaft;211
4.2.5;Brüderbriefe – Semantiken der Liebe und der Verachtung;223
4.3;Kapitel 7 Die Furcht vor dem Verderben: Medien und die Vermittlung von Wissen II;230
4.3.1;Die religiöse Furcht vor dem Verderben;234
4.3.2;Verwildern, Trinken und die ›Giftquelle der Prostitution‹;240
4.3.3;Der Hausbesuch: Schreiben, Ordnen, Verstehen;252
4.3.4;Geschichten des Scheiterns und die ›Sonderanthropologie‹ der Unterschicht;261
5;Dritter Teil: Fühlen Abscheu, Blut und die Liebe zum Tier;272
6;Kapitel 8 Der Geruch der Tiere;283
7;Hygiene: Die Entstehung der modernen Schlachthäuser;286
8;Reinlichkeit der Luft, Reinlichkeit des Fleisches;289
9;Reisende Experten – Kartographien der Schlachthäuser;296
10;Kapitel 9 Tierliebe: Medien und die Vermittlung von Wissen III;300
10.1;Tierschutz – eine Bewegung entsteht;304
10.2;Predigen, Schreiben und Agitieren;309
10.3;Mitleid mit der geschundenen Kreatur;315
10.4;»Teufelsdreck«: Über Pferdebankette und das Essen;323
11;Kapitel 10 Topographien: Im »Riesenmagen« der Stadt;336
11.1;Apparate und die ›Idee des humanen Tötens‹;340
12;Schluss;358
13;Quellen und Literatur;372
14;Dank;413
15;Personenregister;415


Das Tabu hat eine Geschichte. Die Geschichte seiner Entdeckung wird in diesem Buch erzählt. Im Gefolge der ?Südsee?-Euphorie des ausgehenden 18. Jahrhunderts beschrieb der Entdecker und Kartograph James Cook (1728-1784) das Tabu in seinen Tagebüchern erstmals als zentrales, gleichwohl seltsam anmutendes Charakteristikum der Bevölkerung des südpazifischen Ozeans. Mehr als hundert Jahre später wandte sich der Psychoanalytiker Sigmund Freud (1856-1939) neuerlich dem Tabu zu. In einem Brief schwärmte Freud gegenüber seinem amerikanischen Kollegen und Freund Ernest Jones (1879-1958) von seinem neuesten Erkenntnisinteresse: dem 'marvellous', dem 'wunderbaren' Tabu. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts - im Gefolge des ?Primitivismus?-Kults, der die Sozial- und Geisteswissenschaften in London, Paris oder auch Wien seit nunmehr einigen Jahrzehnten erfasst hatte - beschäftigte sich Freud mit dem angeblichen Aberglauben der 'armen, nackten Kannibalen' Australiens im Allgemeinen und dem Konzept des Tabus im Besonderen. Freuds Lesart zufolge erklärte diese neue Kategorie zentrale gesellschaftliche Phänomene - den Umgang mit den Toten, die Bedeutung der Herrscher - auch der europäischen Gesellschaft. 'Die Tabuverbote entbehrten', so die Beobachtung Freuds, 'jeder Begründung; sie sind unbekannter Herkunft; für uns unverständlich, erscheinen sie jenen selbstverständlich, die unter ihrer Herrschaft stehen.' Diese Interpretation Freuds über die Bedeutung und Präsenz scheinbar unbekannter Verbote und Geheimnisse hat sich als Meistererzählung über die Wirkung von Tabus etabliert. Diese Meistererzählung hatte mit Cooks Beschreibungen des scheinbar kuriosen 'Tafoo' der Südsee-Bevölkerung nur noch wenig zu tun. Mit Freuds Essaysammlung Totem und Tabu (1913) etablierte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts somit eine der zentralen Deutungen über die Wirkungen des Tabus. Freuds Interesse an diesem Gegenstand hat nicht allein wissenschaftshistorische Gründe wie etwa das Interesse der Sozial- und Geisteswissenschaften an der Religion der ?primitiven? Völker Afrikas oder Asiens. Dass Freud sich mit dem Ordnungssystem des Tabus überhaupt beschäftigte, ist vielmehr auch Ergebnis der Erfahrung von Tabuisierung. Nicht allein die wissenschaftlichen 'Reflexionen' über die neue Ordnung des Tabus, sondern ebenso die 'nackte Erfahrung der Ordnung und ihrer Seinsweisen' prägte die neue Meistererzählung über das Tabu. Die Rekonstruktion dieses dialektischen Prozesses, in dem einerseits das diffuse Wissen über das Südsee-Tabu zu einer analytischen Kategorie geformt und in dem andererseits die ?nackte Erfahrung? von Tabuisierung gemacht wurde, ist Gegenstand des vorliegenden Buches. Dieser Prozess ist mit der europäischen Geschichte des 19. Jahrhunderts unmittelbar verknüpft.


Alexandra Przyrembel, Dr. phil., ist Privatdozentin am Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte an der Universität Göttingen.



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