Rafaelsen | Polarnächte - Ein Leben voller Neuanfänge | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 159 Seiten

Reihe: Polarnächte

Rafaelsen Polarnächte - Ein Leben voller Neuanfänge

Roman | Polarnächte, Band 3
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-98952-512-2
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Roman | Polarnächte, Band 3

E-Book, Deutsch, Band 3, 159 Seiten

Reihe: Polarnächte

ISBN: 978-3-98952-512-2
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Das Leben ist hart im einsamen hohen Norden ... Spitzbergen, 1917. Die junge Tora ist ihrem Verlobten Anton in den kalten Norden gefolgt - nun ist sie gestrandet, denn das letzte Schiff des Jahres hat abgelegt und schon bald werden die Inseln ringsum nicht mehr von Wasser, sondern von Eis umgeben sein. Ihre Anwesenheit bringt Anton in Schwierigkeiten mit seinem Auftraggeber, denn als unverheiratete Frau dürfte sie gar nicht hier sein. Um sich über Wasser zu halten, nimmt sie eine Stelle als Küchenmädchen an - doch das macht die Kluft zwischen ihnen nur noch größer. Dann ist da auf einmal noch ein anderes Mädchen, das Anton nahezustehen scheint - und Tora hat das Gefühl, dass ihr der Boden unter den Füßen weggezogen wird ... Unter goldener Mitternachtssonne entscheidet sich zwischen den Gletschern und Fjorden Spitzbergens das Schicksal einer großen Liebe ... - Band 3 der bewegenden »Polarnächte«-Reihe - Handlungsort und -zeit: Longyearbyen auf Spitzbergen; 1917 - Eine Skandinavien-Saga für Fans von Ines Thorn und Arabella Meran Band 4 bringt für Tora einen Hoffnungsschimmer, doch muss sie sich auch bösartigen Intrigen stellen ...

Ellinor Rafaelsen ist eine norwegische Autorin und Journalistin, die 1945 geboren wurde. In ihrer über drei Jahrzehnte währenden schriftstellerischen Laufbahn hat sich Rafaelsen als renommierte Autorin historischer Romane und Liebesromane etabliert. Inspiriert von ihren Reisen und ihrem siebenjährigen Aufenthalt in Spitzbergen hat Rafaelsen über 100 Bücher geschrieben, die die Leser mit lebendigen Beschreibungen und fesselnden Handlungssträngen in ihren Bann ziehen. Bei dotbooks veröffentlichte die Autorin ihre »Polarnächte«-Reihe mit den Bänden »Das Lied des Schicksals«, »Das letzte Schiff«, »Ein Leben voller Neuanfänge«, »Eine neue Hoffnung« und »Herzen in Aufruhr«.
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Kapitel 1


Anton eilte im Dauerlauf den Weg entlang, der zu dem kleinen Haus der Eheleute Benedikte und Harald Havre führte. Die Nachtschichten im Bergwerk waren kräftezehrend. Die Schichtarbeit stellte eine körperliche und seelische Belastung dar, da der natürliche Tages- und Nachtrhythmus durcheinandergebracht wurde. Der tiefe, erholsame Schlaf wollte sich nicht einstellen, denn sobald man sich an den einen Rhythmus gewöhnt hatte, stand der nächste Schichtwechsel und damit die nächste Umgewöhnung an.

Die Nachtschichten der letzten Tage waren besonders anstrengend gewesen. Dass Tora bei den Eheleuten Havre krank im Bett lag – und das wegen ihm –, machte ihm zusätzlich zu schaffen. Solange sie sich in Longyear City aufhielt, war er für sie verantwortlich, auch wenn sie nicht unter einem Dach lebten.

Als Anton sich an diesem Morgen hinlegte, um sich ein bisschen auszuruhen, schlief er wegen des ständigen Schlafmangels so tief ein, dass er erst wieder aufwachte, als Sigmund ins Zimmer getrampelt kam und ihn mit einem heftigen Niesanfall aufweckte. Augenblicklich war ihm klar, dass er verschlafen hatte.

Tora! Er hatte ihr versprochen, die letzten Stunden vor der Abfahrt der Forsete mit ihr zu verbringen. Jetzt blieb nur noch eine Dreiviertelstunde bis zum Ablegen!

»Tora, wo ist Tora? Ist sie schon runter zum Schiff?«, platzte er heraus, als er in Benediktes Küche stürmte.

»Nein.« Benedikte schaute ihn verständnislos an. Er sah müde und erschöpft aus. »Ich dachte, sie wäre bei dir!«

»Bei mir? Ich habe in der Baracke gelegen und geschlafen.«

»Aber sie wollte einen Spaziergang machen. Vor etwa einer Stunde ist sie losgegangen.« Benedikte sah Anton bestürzt an. »Sie müsste längst zurück sein. Ich dachte, ihr würdet herkommen und ihren Koffer abholen.«

»Aber wo ist sie?«

»Das weiß ich nicht! Sie ist rausgegangen, wie gesagt.«

Anton blieb ein paar Sekunden lang stehen, bevor er auf dem Absatz kehrtmachte und zur Haustür eilte. Auf der Eingangstreppe hielt er inne und spähte hinauf in Richtung Gletscher und hinunter zum Hafen. Wenn sie einen Spaziergang machen wollte, um eine Weile allein zu sein, war sie wahrscheinlich dorthin gegangen, wo sie mit ihm gewesen war. Oben beim Flussbett kannte sie sich am besten aus.

Schnellen Schrittes eilte er in diese Richtung, stellte jedoch bald fest, dass er sich offenbar geirrt hatte. Von dort, wo er stand, hatte er einen guten Ausblick über das ganze Gebiet, doch Tora war nirgends zu sehen. Sie musste wohl runter zum Hafen gegangen sein.

Er schaute auf die Uhr. In zehn Minuten würde die Forsete den Anker lichten. Als er nicht pünktlich erschienen war, hatte Tora bestimmt befürchtet, die Abfahrt zu versäumen und war allein zum Hafen und an Bord gegangen. Doch warum hatte sie ihren Koffer nicht mitgenommen?

Er rannte den Weg zurück bis hinunter zum Kai, wo man gerade das Fallreep einziehen wollte.

»Halt, halt!«, schrie er und winkte mit beiden Armen. »Tora Lyngvik, meine Verlobte, ist sie an Bord?«

»Diesmal fahren keine Frauen mit«, rief ihm einer der Matrosen zu.

»Bist du sicher? Sie sollte doch mitfahren.«

»Ich sage doch, hier gibt’s keine Frauensleute!«, versicherte ihm der Matrose.

»Dann müsst ihr warten! Sie muss doch mitfahren.«

»Wir können nicht auf Passagiere warten, die zu spät kommen. Wir haben einen Fahrplan, an den wir uns halten müssen.«

»Aber sie muss heute mit euch runter nach Tromsø fahren!«

»Dann hätte sie pünktlich sein sollen. Wir müssen jetzt abfahren. Sonst riskieren wir, im Fjord einzufrieren. Weiter draußen schiebt sich das Eis schon übereinander.«

»Aber …« Hektisch schaute Anton in alle Richtungen in der verzweifelten Hoffnung, dass Tora sich irgendwo in der Nähe befand. Wo konnte sie nur sein?

Das Fallreep wurde eingezogen und Anton musste zusehen, wie der Anker gelichtet wurde. Kurz darauf glitt das große Schiff vom Kai weg und verließ die Stadt. Hilflos schaute er ihm nach.

»Verdammt!« Er schlug sich mit der Faust in die Handfläche. »Verflucht, Tora! Warum machst du das?«

Eine Weile blieb er ratlos stehen, bis ihn Unruhe überkam. Wo war Tora? Was war mit ihr geschehen?

Mit großen Schritten ging er den Weg hinauf und sprach den ersten Passanten an, der ihm entgegenkam. Es war ein Grubenarbeiter, den er vor Kurzem kennengelernt hatte.

»Hast du ein Mädchen gesehen, eine junge Frau? Mit roten Haaren?«

»Die Haarfarbe hab ich nicht gesehen. Sie hatte eine Mütze auf. Aber da ist eine Frauensperson den Hang überm Hafen hochgegangen und dann weiter da lang«, antwortete der Mann und deutete auf den Bergkamm.

»Wann war das?«

»Vor einer halben oder einer Dreiviertelstunde.« Der Mann schüttelte den Kopf. »Ich hab mich noch gefragt, was sie da wollte, aber …« Er zuckte mit den Achseln. »Frauenzimmer! Was die sich alles ausdenken!«

Die letzte Bemerkung hörte Anton nicht mehr, denn er steuerte schon die Böschung über dem Hafengebiet an.

Tora lag reglos auf den eiskalten, harten Steinen. Mit einer Mischung aus Ungläubigkeit, lähmendem Schrecken und einem vagen Gefühl der Erleichterung konnte sie nichts anderes tun, als der D/S Forsete nachzuschauen, die langsam zwischen umhertreibenden Eisschollen über den Fjord glitt. Mittschiffs stieg schwarzer Rauch aus dem schlanken Schornstein. In der kargen Natur hallten Geräusche von weither wider, und sie hörte das regelmäßige Stampfen der dampfbetriebenen Schiffsmotoren. Wegen der großen Entfernung war es nur ein leises Gewummer, doch Tora empfand es als ohrenbetäubend laut.

Sie hätte an Bord des Schiffes sein sollen! Sie hätte heute zurück aufs Festland fahren sollen. Es war die letzte Fahrt des Jahres. Die letzte Möglichkeit, Spitzbergen zu verlassen, bevor die Insel während eines langen, dunklen Winters von der Außenwelt isoliert sein würde. Erst in einem Dreivierteljahr gab es wieder die Möglichkeit, von hier wegzukommen, wenn wieder Schiffe ein- und auslaufen konnten und die Verbindung mit dem Rest der Welt wiederhergestellt sein würde. Doch bis dahin musste sich jeder, der sich momentan auf dieser kalten Insel befand, auf eine lange Überwinterungszeit einstellen. Für die meisten war es eine freiwillige Überwinterung. Die Pelztierjäger in ihren Jagdhütten hatten sich selbst dafür entschieden, isoliert vom Rest der Welt zu leben. Das Gleiche galt für die Grubenarbeiter und alle anderen, die bei der Großen Norwegischen Spitzbergen-Kohlebergbaugesellschaft beschäftigt waren. Die Frauen, die sich in Longyear City befanden, waren mit den Chefs verheiratet und wollten bei ihren Ehemännern sein. Es hatte sie niemand gezwungen, ihre Kinder mitzubringen – jene wenigen hier oben, die Kinder hatten – und in der eisigen Polarregion auszuharren. Sie waren auf eigenen Wunsch hier – und sie waren willkommen.

Doch Tora war hier unerwünscht. Eine Ausgewiesene, die nun gezwungen war, die kommenden Monate in der kleinen Grubenstadt zu verbringen. Ein unerwünschtes Kuckuckskind in einem fremden, ungastlichen Nest.

Ein mattes Gefühl der Verzweiflung überkam sie, während sie zusah, wie sich die Forsete weiter und weiter von der Hafenanlage entfernte. Doch neben der Verzweiflung beschlich sie auch ein leises Triumphgefühl. Ein ach so winziges Gefühl des Sieges – auch wenn es ein Sieg war, den sie nicht bewusst angestrebt hatte. Jetzt konnte sie nicht mehr zurück nach Tromsø geschickt werden, weder von den Direktoren der Bergbaugesellschaft noch von Harald Havre oder Anton. Jetzt gab es niemanden mehr, der ihr befehlen konnte, die Insel zu verlassen. Vielleicht hatte ja der liebe Gott eingegriffen und dafür gesorgt, dass sie bei Anton bleiben durfte. Vielleicht hatte er sie dazu gebracht, den Hang hinaufzusteigen, wohin sich sonst niemand verlief, und hatte bewirkt, dass der lose Stein unter ihren Füßen weggerutscht war, weshalb sie sich den Knöchel verletzt hatte.

Der Schock, die Forsete davonfahren zu sehen, hatte sie die Schmerzen vergessen lassen. Jetzt spürte sie wieder, wie weh ihr der Fuß tat. Den Blick unablässig auf das durch den Fjord gleitende Schiff gerichtet, versuchte sie, ihre Gedanken zu ordnen. Dass die Forsete abgelegt hatte, konnte nichts anderes bedeuten, als dass Anton bei Benedikte gewesen sein musste, um sie abzuholen. Er hatte sie ja an Bord bringen und sich dort von ihr verabschieden wollen, was wiederum bedeutete, dass er losgegangen war, um sie zu suchen. Sie stellte sich seine Reaktion vor, als er bei Benedikte angeklopft und herausgefunden hatte, dass sie nicht dort war. Und als sie auch beim Auslaufen des Schiffes nicht aufgetaucht war …

Der Gedanke, dass Anton umherlief und nach ihr suchte, veranlasste sie, wiederholt um Hilfe zu rufen, während sie trotz der Schmerzen versuchte, sich auf den harten, losen Steinen der Geröllhalde vorwärtszubewegen.

»Hilfe! Anton, wo bist du? Ich bin hier oben!«

Sie lauschte, vernahm jedoch nichts anderes als den Lärm der Arbeiten, die unten am Kai vor sich gingen. Selbst das Motorengeräusch der Forsete war nicht länger zu hören. Das Schiff wurde kleiner und kleiner, je weiter es sich auf dem Fjord entfernte.

»Anton! Hilfe!«

Sie lauschte wieder. Dann hörte sie etwas. Eine Stimme, die ihren Namen rief. Antons Stimme. Und sie klang erstaunlich nah.

»Anton! Ich bin hier, Anton! Hier oben am Hang. Hier drüben!«

Sie hörte ein paar lose Steine knirschen. Kurz darauf tauchte sein Kopf hinter dem Kamm auf. Er hatte die steile Bergkuppe erklommen und konnte bis zu...



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