E-Book, Deutsch, 273 Seiten, Format (B × H): 165 mm x 240 mm
Reihe: Bachelorstudium Psychologie
Rammsayer / Weber Differentielle Psychologie - Persönlichkeitstheorien
2., korrigierte Auflage 2016
ISBN: 978-3-8409-2717-1
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
E-Book, Deutsch, 273 Seiten, Format (B × H): 165 mm x 240 mm
Reihe: Bachelorstudium Psychologie
ISBN: 978-3-8409-2717-1
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Der Band bietet für Studierende des Bachelor-Studiengangs Psychologie eine aktuelle und gut verständliche Einführung in die Theorien der Persönlichkeit. Ausgehend von klassischen Ansätzen der Psychoanalyse und des Behaviorismus bis hin zu modernen eigenschaftstheoretischen und kognitiv-affektiven Persönlichkeitssystemen, führen die zwölf Kapitel des Lehrbuches in zentrale theoretische Ansätze zur Beschreibung und Erklärung der menschlichen Persönlichkeit und ihrer Einzigartigkeit ein.
Die dargestellten Persönlichkeitstheorien unterscheiden sich in ihren grundlegenden Konzepten sowie in ihrer unterschiedlichen Gewichtung der Bedeutung von allgemeingültigen Aspekten der menschlichen Natur im Vergleich zur Einzigartigkeit des Individuums. Im Mittelpunkt des Bandes stehen Theorien, die gegenwärtig in der Persönlichkeitspsychologie dominieren. Ergänzt werden diese Theorien um klassische Ansätze, die einen nachhaltigen Einfluss auf die aktuelle Persönlichkeitspsychologie ausüben und zu einem besseren Verständnis der aktuellen Theorien beitragen. Zahlreiche Kästen mit Beispielen, Definitionen und Zusammenfassungen, Tabellen und Abbildungen sowie Verständnisfragen strukturieren den Text und erleichtern die Prüfungsvorbereitung.
Zielgruppe
Studierende und Lehrende im Bachelor-Studiengang "Psychologie" und mit Nebenfach "Psychologie" sowie Studierende und Lehrende von Nachbardisziplinen der Psychologie.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
1;Differentielle Psychologie – Persönlichkeitstheorien;1
1.1;Inhaltsverzeichnis;7
2;Kapitel 1 – Einfu?hrung;13
2.1;1.1 Persönlichkeit, Charakter, Temperament;14
2.2;1.2 Sieben Bereiche zur Beschreibung von Persönlichkeit;16
2.3;1.3 Persönlichkeit und Individualität;17
2.4;1.4 Vorläufer der Persönlichkeitspsychologie;19
2.5;1.5 Psychognostische Verfahren als vorwissenschaftliche Methoden der Persönlichkeitsforschung;24
2.6;Zusammenfassung;28
2.7;Fragen;28
3;Kapitel 2 – Freuds psychoanalytische Theorie der Persönlichkeit;29
3.1;2.1 Entstehungsgeschichte der Psychoanalyse;30
3.2;2.2 Aufbau und Struktur der Persönlichkeit;32
3.3;2.3 Entstehung von Angst;34
3.4;2.4 Abwehrmechanismen und Sublimierung;35
3.5;2.5 Persönlichkeitsentwicklung: Phasenlehre und Ödipuskomplex;38
3.6;2.6 Bewertung;42
3.7;Zusammenfassung;44
3.8;Fragen;45
4;Kapitel 3 – Psychoanalytische Ansätze in der Zeit nach Freud;47
4.1;3.1 Die Bedeutung der fru?hen Beziehungen;48
4.2;3.2 Defensive Strategien;59
4.3;3.3 Bewertung;62
4.4;Zusammenfassung;64
4.5;Fragen;65
5;Kapitel 4 – Behavioristische Ansätze;67
5.1;4.1 John B. Watson (1878–1958);68
5.2;4.2 Clark L. Hull (1884–1952);73
5.3;4.3 Burrhus F. Skinner (1904–1990);79
5.4;4.4 Bewertung;85
5.5;Zusammenfassung;87
5.6;Fragen;88
6;Kapitel 5 – Soziale Lerntheorie;89
6.1;5.1 Julian B. Rotter (1916–2014);90
6.2;5.2 Albert Bandura (geboren 1925);99
6.3;5.3 Walter Mischel (geboren 1930);106
6.4;5.4 Bewertung;108
6.5;Zusammenfassung;109
6.6;Fragen;110
7;Kapitel 6 – Kognitive Persönlichkeitstheorien;111
7.1;6.1 Die Theorie der persönlichen Konstrukte von George A. Kelly (1905–1967);112
7.2;6.2 Konstruktiver Alternativismus;116
7.3;6.3 Erfassung von persönlichen Konstrukten;117
7.4;6.4 Fixierte Rollentherapie;121
7.5;6.5 Die Rezeption von Kelly in der aktuellen Persönlichkeitspsychologie;123
7.6;6.6 Bewertung;125
7.7;Zusammenfassung;126
7.8;Fragen;127
8;Kapitel 7 – Theorien zum Selbstkonzept;129
8.1;7.1 Selbstkonzept und Selbstschemata;131
8.2;7.2 Funktionen des Selbstkonzepts;134
8.3;7.3 Stabilität des Selbstkonzepts;134
8.4;7.4 Pluralität in der Selbstkonzeption;137
8.5;7.5 Quellen des Selbstkonzepts;139
8.6;7.6 Selbstwertgefu?hl und Selbstwertschätzung;141
8.7;7.7 Selbstwertgefu?hl und psychosoziales Wohlbefinden;143
8.8;7.8 Bewertung;144
8.9;Zusammenfassung;144
8.10;Fragen;145
9;Kapitel 8 – Humanistische Persönlichkeitstheorien;147
9.1;8.1 Zur Geschichte der Humanistischen Psychologie;148
9.2;8.2 Carl R. Rogers (1902–1987);149
9.3;8.3 Abraham H. Maslow (1908–1970);158
9.4;8.4 Existenzialistische Persönlichkeitstheorie;161
9.5;8.5 Bewertung;162
9.6;Zusammenfassung;164
9.7;Fragen;165
10;Kapitel 9 – Neohumanistische Ansätze;167
10.1;9.1 Die Theorie der Selbstdetermination;168
10.2;9.2 Positive Psychologie;178
10.3;9.3 Bewertung;180
10.4;Zusammenfassung;181
10.5;Fragen;181
11;Kapitel 10 – Konstitutionspsychologische Ansätze;183
11.1;10.1 Ernst Kretschmer (1888–1964);185
11.2;10.2 William H. Sheldon (1898–1977);191
11.3;10.3 Vermittlungsfaktoren fu?r den Zusammenhang zwischen Körperbau und Temperament;198
11.4;10.4 Bewertung des konstitutionspsychologischen Ansatzes;199
11.5;Zusammenfassung;200
11.6;Fragen;200
12;Kapitel 11 – Eigenschaftstheorie;201
12.1;11.1 Das Konzept der Eigenschaft;202
12.2;11.2 Erfassung von Eigenschaften;203
12.3;11.3 Stabilität;212
12.4;11.4 Konsistenz;214
12.5;11.5 Bewertung;219
12.6;Zusammenfassung;220
12.7;Fragen;221
13;Kapitel 12 – Ausgewählte eigenschaftstheoretische Konzepte;223
13.1;12.1 Das Drei-Faktoren-Modell der Persönlichkeit von Eysenck;224
13.2;12.2 Extraversion, Neurotizismus und Psychotizismus als grundlegende Persönlichkeitsdimensionen;225
13.3;12.3 Hierarchischer Aufbau der grundlegenden Persönlichkeitsdimensionen;226
13.4;12.4 Zur biologischen Basis der grundlegenden Persönlichkeitsdimensionen von Eysenck;228
13.5;12.5 Bewertung von Eysencks Persönlichkeitstheorie;232
13.6;12.6 Der psycholexikalische Ansatz;233
13.7;12.7 Fu?nf-Faktoren-Modelle der Persönlichkeit;235
13.8;12.8 Facetten der Big-Five-Faktoren nach Costa und McCrae;236
13.9;12.9 Bewertung der Fu?nf-Faktoren-Modelle im Rahmen des psycholexikalischen Ansatzes;237
13.10;Zusammenfassung;239
13.11;Fragen;240
14;Anhang;241
14.1;Literatur;243
14.2;Glossar;258
14.3;Sachregister;271
Kapitel 2 Freuds psychoanalytische Theorie der Persönlichkeit
Der von Sigmund Freud (1856–1939) entwickelte psychoanalytische Ansatz kann als erste umfassende psychologische Persönlichkeitstheorie betrachtet werden. Von Darwins biologischer Evolutionstheorie und zeitgenössischen Konzepten der physikalischen Energie beeinflusst, entwarf Freud eine Theorie des menschlichen Verhaltens und Erlebens, die in erster Linie dazu beitragen sollte, psychopathologische Störungen zu verstehen und erfolgreich zu behandeln.
In zahlreichen Veröffentlichungen hat Freud seinen psychoanalytischen Ansatz beschrieben. Als seine beiden wichtigsten zusammenhängenden theoretischen Werke können die „Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse“ und die „Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse“ betrachtet werden, die in den Jahren 1916/1917 und 1933 erstmalig und als Neuauflage im Jahr 2003 erschienen sind.
2.1 Entstehungsgeschichte der Psychoanalyse
Seine medizinische Laufbahn begann Freud als Neuroanatom. Um den Lebensunterhalt für seine Familie bestreiten zu können, praktizierte er allerdings schon relativ früh als Nervenarzt. Hierbei sah sich Freud mit der Situation konfrontiert, dass es zu dieser Zeit keine rational bzw. ätiologisch begründete Therapie für psychiatrische Störungen gab. Bei Jean-Martin Charcot in Paris lernte Freud die Hypnose als psychotherapeutische Behandlungsmethode kennen, sah sich aber in seiner eigenen therapeutischen Arbeit schon bald mit dem Problem konfrontiert, dass hypnotische Zustände nicht bei allen Menschen herbeigeführt werden können. Deshalb suchte er nach alternativen Behandlungsmöglichkeiten.
Entscheidend für die Entwicklung der Psychoanalyse war für Freud eine Demonstration von Hippolyte Bernheim, einem Arzt aus Nancy, der auch mit Hypnose arbeitete. Bernheim hypnotisierte Personen, die dann unter Hypnose bestimmte Handlungen ausführen mussten. Anschließend, immer noch in Hypnose, bekamen sie den Befehl, sich nicht mehr daran zu erinnern, was sie gerade getan hatten. Diese posthypnotische Amnesie konnte Bernheim aufheben, ohne die Person erneut zu hypnotisieren, indem er sie intensiv befragte und drängte, sich an die Ereignisse während der Hypnose zu erinnern. Für Freud belegte dies, dass es durch intensives Befragen möglich sein müsse, sich an Dinge zu erinnern, die einem nicht bewusst sind. Daraus entwickelte Freud die Technik der freien Assoziation, deren Hauptmerkmal darin besteht, dass der Patient sich verpflichtet, dem Analytiker alle Gedanken, die ihm spontan in den Sinn kommen, mitzuteilen. Solche Assoziationen, die keiner bewussten Kontrolle unterliegen, spiegeln nach Freuds Auffassung unbewusste Gedanken und Motive wider bzw. weisen den Weg zu den unbewussten Inhalten. Eine zweite wichtige Erkenntnis, die Freud den hypnotischen Demonstrationen Bernheims verdankte, betrifft das Phänomen der posthypnotischen Suggestion. Hierbei wurde einer Person in Hypnose beispielsweise der Auftrag erteilt, nach dem Erwachen aus der Hypnose in eine Ecke des Raums zu gehen und einen Regenschirm aufzuspannen, der sich dort befand. Nach dem Erwachen aus der Hypnose tat die Person wie ihr befohlen. Auf Bernheims Frage, warum sie den Regenschirm aufgespannt habe, antwortete sie, dass sie sehen wollte, ob der Schirm ihr gehöre. Freud interpretierte diese Aussage als klares Indiz dafür, dass manifestes Verhalten durch Motive bestimmt sein kann, die der betreffenden Person völlig unbewusst sind. Somit stellte diese Demonstration für Freud einen ersten entscheidenden Beleg für die Existenz des Unbewussten dar. Ein drittes wichtiges Ereignis für die Entstehung der Psychoanalyse war Freuds Begegnung und spätere Zusammenarbeit mit dem Wiener Physiologen und Internisten Josef Breuer. Besondere Bedeutung kam dabei Breuers Behandlung der 21-jährigen Bertha Pappenheim (in den ursprünglichen Berichten mit dem Pseudonym „Fräulein Anna O.“ bezeichnet) zu, die an nervösem Husten und einer Vielzahl hysterischer Symptome litt, wie z. B. temporäre Lähmungserscheinungen, Wahrnehmungs- und Sprachprobleme. Im Rahmen dieser Behandlung konnte Freud beobachten, dass die Symptome verschwanden, wenn die Patientin über die Entstehungssituation der Symptome sprechen konnte und die damit verbundenen Emotionen von ihr noch einmal erlebt wurden (vgl. Freud & Breuer, 1895).