E-Book, Deutsch, 414 Seiten, eBook
Rauchfuss Chemische Evolution und der Ursprung des Lebens
1. Auflage 2006
ISBN: 978-3-540-27666-1
Verlag: Springer
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
E-Book, Deutsch, 414 Seiten, eBook
ISBN: 978-3-540-27666-1
Verlag: Springer
Format: PDF
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Der Entschluß, ein Buch über den Ursprung (bzw. die Ursprünge) des - bens zu verfassen, setzt voraus, daß man von diesem wissenschaftlichen „großen Problem“ noch immer fasziniert ist, wenn auch die erste intensive Beschäftigung mit dieser Thematik mehr als drei Jahrzehnte zurückliegt. Experimentelle Arbeiten über Protein-Modellsubstanzen unter den si- lierten Bedingungen der Urerde führten zur Entstehung eines der ersten deutschsprachigen Bücher über „Chemische und Molekulare Evolution“, das ich mit Klaus Dose (Mainz), von dem auch die Initiative ausging, v- faßte. Die enorme Erweiterung und Differenzierung dieses Forschungsgebietes führte in den letzten Jahren zur Gründung eines neuen, interdisziplinären Wissenschaftszweiges, der „Exo-/Astrobiologie“. Sie verfolgt das we- gespannte, ehrgeizige Ziel, das Phänomen „Leben“ im gesamten Kosmos zu erforschen. In den folgenden Kapiteln wird ein Überblick über die vielfältigen - mühungen von Wissenschaftlern gegeben, Antworten auf die Frage nach dem „Woher“ des Lebens zu finden. Dabei ist über Erfolge, aber auch Mißerfolge sowie über Diskussionen und gelegentlich harte Kontroversen zu berichten. Es soll aber auch deutlich dargestellt werden, wie viele of- ne Fragen und ungeklärte Rätsel noch auf eine Antwort warten. Es sind - ren mehr, als gern eingestanden wird! – Die Fülle an wissenschaftlichen Publikationen macht es leider unmöglich, über alle Bereiche dieses int- disziplinär ausgerichteten Teilgebietes der Naturwissenschaften mit gl- cher Ausführlichkeit zu berichten.
Zielgruppe
Popular/general
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Historischer Überblick.- Kosmos, Sonnensystem und Urerde.- Von den Planeten zur interstellaren Materie.- „Chemische Evolution“.- Peptide und Proteine: die „Protein-Welt“.- „RNA-Welt“.- Andere Theorien und Hypothesen.- Genetischer Code und weitere Theorien.- Grundlegende Phänomene.- Urzellen und Zellmodelle.- Exo-/Astrobiologie und andere Themen.
10 Urzellen und Zellmodelle (S. 307-308)
10.1 Paleontologische Befunde
Die frühe Phase der Erdgeschichte vor 4 bis etwa 3,8 Milliarden Jahren liegt, wie der Zeitraum vor dieser Periode, noch völlig im Dunkel unserer Unkenntnis. Mögliche Zeugen aus diesen archaischen Phasen der Erdgeschichte könnten helfen, das Dunkel aufzuhellen.
Es geht also um die Spurensuche nach möglichen Resten ersten primitiven Lebens auf unserem Planeten – die Suche nach Fossilien, genauer nach Mikrofossilien. Darunter versteht man die Reste ehemals lebender Zellen. Es sind meist nur die Zellwände, die erhalten blieben. Sie können aus dem umgebenden Sedimentgestein isoliert werden, wenn die silikathaltigen, sulfidischen und karbonatreichen Mineralien chemisch aufgelöst wurden. Der kohlenstoffhaltige Rückstand enthält dann die Mikrofossilien, von denen für die nachfolgenden mikroskopischen Untersuchungen transparente, dünne Plättchen hergestellt werden.
Eine weitere wichtige Methode, um frühes Leben aufzuspüren, führt über das Verhältnis der beiden Kohlenstoffisotope 12C und 13C. Bei biologischen Prozessen wird das leichtere Isotop12C (der „normale Kohlenstoff") bevorzugt in Biomoleküle eingebaut. Aus dem Verhältnis 13C/12C schließt man auf das Vorliegen von Material, das durch Lebensprozesse entstand. Entscheidend für eine gesicherte Aussage ist natürlich, daß andere, nicht-biologische Ereignisse völlig auszuschließen sind. Ob dies in jedem Falle möglich sein dürfte - ist fraglich. Vor allem dann, wenn nicht alle geologischen Prozesse, die vor 3–4 Milliarden Jahren abliefen, genau bekannt sind.
Es gibt drei Arten von Beweisen für das erste Leben auf unserer Erde. Diese drei sind voneinander unabhängig, verstärken sich aber gegenseitig:
– Stromatoliten,
– zelluläre Fossilien,
– biologisch gebildete C-haltige Materie.
Stromatoliten sind lamellenartig gelagerte kalkreiche Fossilien mit einer Feinschichtung im Millimeter-Bereich, die in vielerlei Formen auftreten können. Sie entstanden durch die Lebensfunktionen von Blaugrünalgen (Cyanobakterien).
Zelluläre Fossilien werden mikroskopisch und neuerdings mit Hilfe der Laser-Raman-Spektroskopie (siehe später) untersucht. Die Dünnschliffe der Gesteine zeigen oftmals Zellen in der Größe, Form, zellulären Struktur und Kolonieform, die den heutigen Mikroorganismen stark ähneln. Damit die zuvor bezeichneten Eigenschaften erhalten bleiben, durften die Gesteine niemals über 420 K erhitzt worden sein. Ebenso hätten zelluläre Fossilien höhere Druckbelastungen nicht überstanden.
Die Isotopenzusammensetzung des Kohlenstoffs in C-haltigem, organischem Material („Kerogen") in alten Sedimenten gestattet die Entscheidung, ob in der Phase der Gesteinsbildung photosynthetische Organismen vorhanden waren oder nicht. Dieses Indiz kann noch Auskunft über biologische Aktivitäten geben, falls zelluläre Strukturen bereits zerstört wurden. Das Element Schwefel kann in ähnlicher Weise für Aussagen genutzt werden (Schopf, 1999).
Die ältesten Gesteinsformationen der Erde findet man hauptsächlich in drei Regionen:
– Südafrika,
– West-Australien und
– Grönland.
Folgt man der historischen Entwicklung der Paleontologie, so begann sie zaghaft nach Darwins „Suche nach dem fehlenden Beweis", d. h. den fehlenden Fossilien aus dem Präkambrium, die Darwins Theorie beweisen konnten. 1865 entdeckte Sir John William Dawson (Kanada) die „Eozoön Pseudofossilien" und 1883 James Hall die „Crytozoon Stromatoliten" (Schopf, 1999). Aber die intensive Phase der Paleobiologie des Präkambriums begann in der Mitte des vorigen Jahrhunderts.