E-Book, Deutsch, Band 2, 216 Seiten
Reber / Schönauer-Schneider Bausteine sprachheilpädagogischen Unterrichts
5. aktualisierte Auflage 2022
ISBN: 978-3-497-61588-9
Verlag: Ernst Reinhardt Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 2, 216 Seiten
Reihe: Praxis der Sprachtherapie und Sprachheilpädagogik
ISBN: 978-3-497-61588-9
Verlag: Ernst Reinhardt Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Autorinnen zeigen, wie präventiv sprachfördernde Maßnahmen in den Regelschulunterricht integriert werden können, aber auch, wie man für Kinder mit Sprachstörungen oder Mehrsprachigkeit einen sprachtherapeutischen Unterricht gestalten kann. Anhand vieler praktischer Beispiele erläutern sie Methoden aus Bereichen wie Aussprache, Wortschatz und Grammatik. Konkrete Unterrichtsbeispiele und wertvolle Hinweise zu sprachdiagnostischen Verfahren runden die Darstellung ab und machen das nun bereits in 5. Auflage erschienene Buch zu einem unentbehrlichen Fundus für Praktiker, die Kindergruppen ein lernförderliches Umfeld für die Sprachentwicklung bieten wollen.
Zielgruppe
LehrerInnen und SprachheilpädagoInnen, SprachtherapeutInnen
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
2 Sprachheilpädagogische Unterrichtsplanung: Das Münchener Modell
Dreifache Aufgabe Ziel sprachheilpädagogischen Unterrichts ist es, sowohl präventive Maßnahmen zur Sprachförderung von Risikokindern als auch Interventionsmaßnahmen für Kinder mit bereits ausgeprägten Sprachstörungen in den Unterricht zu integrieren, wobei die Inhalte selbst durch Lehrpläne vorgegeben sind. Sprachheilpädagogischer Unterricht muss dabei die drei Aufgabenbereiche Sprache, Bildung und Erziehung gleichermaßen berücksichtigen (Abb. 3). Abb. 3: Aufgaben sprachheilpädagogischen Unterrichts Aufgrund der Komplexität dieser Aufgabenstellung bedarf sprachheilpädagogischer Unterricht einer umsichtigen Planung. Herkömmliche didaktische Modelle, wie sie aus der Schulpädagogik bekannt sind, müssen um den Aufgabenbereich „Sprache“ ergänzt und akzentuiert werden. Münchener Modell: integrativ Genau dies beabsichtigt das Münchener Modell, das an dieser Stelle als Weiterentwicklung früherer Darstellungen erläutert wird (u. a. Grohnfeldt et al. 2007). Es versteht sich als integratives Modell, das Elemente aus verschiedenen Planungsmodellen kombiniert: bildungstheoretisch (Klafki 1985): durch die Reflexion des Bildungsgehalts bezüglich Sprache lerntheoretisch (Heimann et al. 1965): durch die Realisierung der Planungsdimensionen, wobei zusätzlich noch die Dimensionen Interaktion und Organisation aufgenommen werden lernzielorientiert (vgl. Überblick in Peterßen 2000): durch die Formulierung von einzelnen Lern- bzw. Förderzielen, deren Operationalisierungen und Sicherungen konstruktivistisch (Reich 2002): durch die im Verlaufsplan enthaltenen Planungsalternativen bzw. die Flexibilität bei der konkreten Stundendurchführung sowie in der Dimension Interaktion Dimensionen der Unterrichtsplanung Die im Berliner Modell (Heimann et al. 1965) und bei Peterßen (2000, 208) genannten sechs Dimensionen der Unterrichtsplanung (Intention, Inhalt, Methode, Medium, Interaktion und Organisation) gelten auch für sprachheilpädagogischen Unterricht, müssen jedoch stärker auf den Schwerpunkt Sprache ausgerichtet werden: Getreu dem obersten Unterrichtsprinzip sprachheilpädagogischen Unterrichts (Kap. 1), dem Primat der Sprachlernprozesse, wird jede Dimension um Aspekte zur Prävention und Intervention im Bereich Sprache ergänzt (Abb. 4). Abb. 4: Münchener Modell zur Planung sprachheilpädagogischen Unterrichts Sprachheilpädagogischer Unterricht geht neben den sozio-kulturellen und anthropologisch-psychologischen Voraussetzungen v. a. von den sprachlichen Lernvoraussetzungen der Kinder auf allen Sprachebenen (Phonetik, Phonologie, Morphologie, Syntax, Semantik, Pragmatik) in allen Bereichen (Sprache, Sprechen, Stimme, Redefluss, Schriftsprache, Schlucken) aus. In den nun folgenden Abschnitten werden die einzelnen Dimensionen und ihre Akzentuierung näher erläutert. Am Ende des Buches (Kap. 10) wird die Anwendung des Münchener Modells bei der täglichen Unterrichtsplanung anhand eines Unterrichtsbeispiels konkretisiert. 2.1 Sprachliche Voraussetzungen und Folgen
Die genaue Kenntnis des sprachlichen Entwicklungsstandes und der sprachlichen Lernausgangslage sind für die effektive Planung eines sprachheilpädagogischen Unterrichts unerlässlich. Daraus leitet der Lehrer individuelle und klassenübergreifende sprachliche Förderziele ab, die den sprachheilpädagogischen Unterricht maßgeblich bestimmen (Kap. 2.2). trichterförmiges Vorgehen In Förderschulen werden bei Aufnahme der Schüler bereits grundlegende diagnostische Daten erhoben, die im Sinne von Verlaufsdiagnostik immer wieder überprüft und erweitert werden sollten. Sind die sprachlichen Fähigkeiten nur unzureichend erfasst, verschafft sich der Lehrer zunächst durch gezielte Beobachtung der Spontansprache im Schulalltag ein erstes Bild von den Schülern und stellt Hypothesen zu sprachlichen Fähigkeiten und Schwächen auf. Das weitere Vorgehen verläuft trichterförmig (Abb. 5): Gibt es zu einem Bereich Gruppenverfahren, so kann der Lehrer diese mit der ganzen Klasse durchführen und erhält dadurch ein Klassenprofil. Es existieren jedoch nur wenige sprachliche Gruppenverfahren, so dass der nächste Schritt meist aus einer kriteriengeleiteten Schülerbeobachtung anhand von Checklisten und Beobachtungsrastern im Unterricht besteht. Der Lehrer gewinnt allmählich einen differenzierten Überblick über die sprachlichen Stärken und Schwächen der Schüler und überprüft gegebenenfalls einzelne Schüler mit speziellen Diagnostikverfahren. Neben der Sprache sind alle weiteren Entwicklungsbereiche wie Motorik, Sensorik, Kognition bzw. Rahmenbedingungen und das Umfeld der Schüler zu erfassen, da diese Bereiche sich auf sprachliches Lernen auswirken. Kriterien zum Erfassen des sprachlichen Umfelds finden sich in Troßbach-Neuner 2006. Abb. 5: Diagnostisches Vorgehen zur Erfassung der sprachlichen Voraussetzungen im Unterricht Erste Unterrichtsbeobachtung
allgemeine sprachliche Beobachtungshilfen Für eine erste Unterrichtsbeobachtung eignen sich jegliche Kommunikationssituationen und Schüleräußerungen, v. a. in Erzählkreisen. Tabelle 1 zeigt einen Beobachtungsbogen zum Dokumentieren des ersten Eindrucks bezüglich des Sprech- und Sprachverhaltens der Schüler. Das Kompetenzprofil (Tabelle 1) kann unter http://www.reinhardt-verlag.de heruntergeladen werden. Auswertung Der Lehrer trägt für jeden Schüler + (ja: sprachliche Stärke), U (Schüler zeigt Unsicherheiten) oder – (nein: sprachliche Schwäche) ein und erhält dadurch ein grobes Raster. Schüler, die durch viele Minus-Einträge sprachlich auffallen, müssen in der Folge genauer diagnostiziert werden. Wir haben versucht, die Kriterien im Beobachtungsbogen positiv zu formulieren. Dies war jedoch in einigen Fällen nicht auf prägnante Art und Weise möglich. Trotzdem sind Stärken jeweils mit + und Schwächen mit – zu bewerten, so dass ein einheitliches Kompetenzprofil der Schüler entsteht. Gruppenverfahren
Gruppenverfahren für Grammatik und Sprachverständnis Gruppenverfahren liegen derzeit insbesondere für die Bereiche Grammatik und Sprachverständnis vor. Tabelle 2 gibt eine Übersicht. Tab. 1: Kriterien für eine erste Unterrichtsbeobachtung im Bereich Sprache (in Anlehnung an Troßbach-Neuner 2006) Schule Klasse Lehrkraft Kompetenzprofil 1: Sprachliche Fähigkeiten – Screening Sprachliches Verhalten im Unterricht Aussprache: Spricht deutlich und verständlich Spricht alle Laute oder Lautverbindungen richtig Grammatik: Produziert alle Wörter und setzt sie an die richtigen Stellen im Satz Verwendet korrekte Formen bei Partizipien, Verben, Kasus usw. Greift sprachliche Anregungen des Lehrers auf (Impulse, sprachliche Hilfen) Wortschatz: Verwendet treffende, differenzierte Begriffe und keine Umschreibungen oder Allzweckwörter („Dings“) Dem Schüler fallen Wörter und Begriffe schnell ein Sprachverständnis: Versteht, was im Unterricht gesprochen wird Kann Anweisungen ohne Hilfe ausführen und orientiert sich nicht an anderen...