Reh | Das Geheimnis des alten Sekretärs | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 440 Seiten

Reh Das Geheimnis des alten Sekretärs

Ein wahres romantisches Zeitdokument
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-903067-69-1
Verlag: novum premium Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein wahres romantisches Zeitdokument

E-Book, Deutsch, 440 Seiten

ISBN: 978-3-903067-69-1
Verlag: novum premium Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein alter Sekretär birgt ein unerwartetes Geheimnis, welches das Leben der Finder auf ungeahnte Weise verändert. Sie entdecken in einem Versteck den spannenden Dialog eines Liebespaares aus dem frühen 20. Jahrhundert und tauchen in eine längst vergessene Welt ein - eine Welt, wie sie vor 100 Jahren war. Hermine arbeitet in St. Gallen, in der Schweiz, Eugen in der Remington AG in New York. Die Gegensätze sind enorm. Auf der einen Seite die noch ländliche Heimat, auf der anderen Seite das fortschrittliche, lebendige, städtische New York. Doch trotz aller Hindernisse schreiben sie sich jede Woche, bis eines Tages Hermines Nachrichten ausbleiben. Eugen ist verzweifelt! Was ist geschehen? Eine bewegende, spannende Liebesgeschichte, die ungewöhnlicher nicht sein könnte, nimmt zwischen den beiden Gestalt an. Hat ihre Liebe über diese Distanz eine Chance? Dieser spannende, romantische Roman beruht auf wahren Begebenheiten.

Christine Reh wuchs in Wangen bei Dübendorf (Schweiz) als mittleres Kind von drei Geschwistern auf. Nach einer Berufsausbildung im Pflegeberuf heiratete sie und wurde Mutter zweier mittlerweile erwachsener Kinder. Zusammen mit ihrem Lebenspartner wohnt sie in einem alten Bauernhaus im Zürcher Oberland. Nach höheren Fachausbildungen in der Pflege arbeitet die Autorin als Stationsleiterin in einem Alters- und Pflegeheim, wo sie ihr Talent im Umgang mit Menschen und ihren Humor jeden Tag unter Beweis stellt. In ihrer Freizeit kocht sie gerne und interessiert sich fürs Gärtnern, die Fotografie und das Angeln.
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Die Familie Fitze, Februar 1907

Es war kalt in diesen Tagen in dem kleinen ländlichen Flawil. Die Mutter, Frau Emile Fitze, war eine groß gewachsene Frau von mittlerer Statur. Ihre langen Haare hatte sie streng nach hinten gekämmt und hochgesteckt. Sie trug eine weiße Trägerschürze über dem einfachen Baumwollkleid welches ihr fast bis auf die Füße reichte. Sie hatte den großen Kachelofen eingeheizt, sodass es in der Stube wohlig warm war. In der Küche knisterte ein Feuer im Holzherd, auf dem sie das Mittagessen zubereitet hatte. Das waren die einzigen heizbaren Räume des großen Hauses. Die Familie Fitze saß am Mittagstisch in der geräumigen, etwas rußgeschwärzten Küche. Vater Johann Konrad, von Beruf Maler, war ein Mann in mittleren Jahren, mit hoher Stirn, ausgeprägter Stirnglatze und einem mächtigen, bereits ergrauten Vollbart. Er war in ein einfaches Bauernhemd aus festem Leinenstoff gekleidet, darüber trug er eine einfache Weste aus dunklem Wollstoff, dunkle Beinkleider und braunes, derbes Schuhwerk. Die Kleider hatte seine Frau Emilie selber auf der Pfaff-Tretnähmaschine genäht, genauso wie die Kleider der jungen Burschen. Seine Frau Emilie hatte ein freundliches, gütiges Gesicht, die Haare zu einem „Riebel“ hochgesteckt. Sie trug ein hochgeschlossenes, bis fast zum Boden reichendes, dunkles Kleid. Sie hatte eine blütenweiße, lange Schürze umgebunden. Die dampfende Suppenschüssel mit der mageren Gemüsesuppe stellte sie vorsichtig auf den Tisch. Die Suppe war aus einem Rest Gemüse gekocht worden, den sie von ihrem großen Garten geerntet hatte. Das Wurzelgemüse hatte sie über den Winter in einer mit Nussbaumlaub ausgelegten Erdgrube eingeschlagen. So war das Gemüse frisch geblieben. Das Laub des Nussbaums mit seiner Gerbsäure verhinderte, dass sich die Mäuse darin verkrochen. Ein Dienstmädchen hatte sie keines mehr, weil das Geld auch so kaum zum Leben reichte. Die beiden erwachsenen Söhne, Eugen, der am 18. Februar gerade 24 Jahre alt geworden war und sein Bruder Heinrich mit 20 Jahren, saßen ebenfalls am Tisch. Eugen hatte helles, kurzes Haar, braune Augen, eine fein geschnittene Nase und einen Mund mit vollen, fein geschwungenen Lippen. Er hatte die hohe Stirn seines Vaters geerbt. Sein Blick war aufgeweckt. Dass er an allem interessiert war, wissbegierig, intelligent, lebhaft und doch manchmal in tiefes Nachdenken versunken, sah man ihm irgendwie an. Er war mittelgroß und von normaler Statur. Sein Bruder Heinrich glich mehr der Mutter. Er hatte dunkelbraunes Haar, war gut gewachsen und ein aufgewecktes Bürschchen. Das waren die einzigen Kinder der Familie. Die anderen Schwangerschaften hatten leider mit Frühgeburten geendet, von denen keines überlebt hatte. Dass in einer Familie nur zwei Kinder da waren, war in der damaligen Zeit eine Seltenheit. In der Regel waren in einer Familie sechs bis acht oder noch mehr Kinder wie Orgelpfeifen zu zählen. Die Mutter setzte sich auf den hölzernen Schemel und faltete die Hände, wie auch die übrigen Familienmitglieder. Der Vater, das Familienoberhaupt, betete leise, getragen über den gebeugten Häuptern der Familie Fitze. Dass genug zu essen auf dem Tisch stand, war keine Selbstverständlichkeit. Bei vielen Familien, bei denen die Kinder schon ab zwölf Jahren in der Weberei oder der Baumwollspinnerei Geld verdienen mussten, reichte das Geld nur sehr knapp.

Die Mutter schöpfte die Suppe, die den Hungrigen gut schmeckte. Danach brachte sie die im Schweineschmalz gebratene Rösti, auf der kleine Speckwürfel glänzten, auf den Tisch. Dazu gab es für jeden ein Spiegelei. Im Winter legten die eigenen Hühner nur noch wenige Eier. Gegessen wurde schweigend. Das strenge Familienoberhaupt duldete kein Gerede am Tisch.

Nach dem Essen und dem Kaffee aus gevierteilten, erst getrockneten dann gerösteten und gemahlenen Eicheln gemischt mit nur etwas Kaffeepulver, kam der Vater zur Sache. „Die Wirtschaftslage hier in Flawil und in der Schweiz ist nicht gut. Obwohl die Webereiindustrie mit den neuen Spinnerei- und Webmaschinen einen Aufschwung erlebt, haben die meisten Leute kaum genug zum Essen. Mein kleiner Malerbetrieb kann nicht noch zwei Gesellen ernähren. Die zwei Kühe und zwei Rinder reichen auf die Dauer nicht für uns alle. Ich möchte, dass ihr es einmal besser habt als wir. Wie ihr wisst, lebt eure Tante in New York. Ihre Familie arbeitet in einer Firma, welche die neuesten Schreibmaschinen entwickelt hat und solche herstellt. Da dort laufend gute Arbeitskräfte gebraucht werden, haben sie uns angeboten, dass ihr dort Arbeit bekommen könntet. Wir haben vereinbart, dass Eugen zu ihnen in die Lehre geht. Das gäbe dir die Möglichkeit eine Existenz aufzubauen. Hier kommst du ja kaum auf einen grünen Zweig. Unsere Verwandten werden dich auf der langen Seereise begleiten. Euer Onkel und seine Frau aus Amerika werden Anfang April hier eintreffen. Mit ihnen wirst du schnell die englische Sprache lernen müssen.“

Die zwei jungen Burschen machten große Augen. Ihre Gefühle waren gemischt. Es reizte Eugen, die große, weite Welt zu entdecken, Abenteuer zu erleben und etwas lernen zu dürfen. Gleichzeitig aber schmerzte es ihn, das traute Heim zu verlassen mit den strengen, aber herzensguten Eltern. Eugen hatte schon eine zarte erste Beziehung zu seinem Fräulein Suter angebahnt. Die von dem heimatlichen Flawil nach St. Gallen, bei der Familie Bösch, in die Haushaltslehre gekommen war – nun schien sie in noch weitere Ferne zu rücken. Eine Existenz aufbauen hieße aber auch, dass er in Zukunft vielleicht genügend Einkommen haben könnte, um eine Familie zu gründen. Das ließ sein Herz höher schlagen. Er hatte von vielen Familien gehört, die ausgewandert waren. Überall auf der Welt hatten die Großmächte Kolonien, in denen neue Wirtschaftszweige aufblühten. New York, das war schon was anderes als das kleine Dorf hier in Flawil. Und ein Leben lang in der Weberei arbeiten, bei dem Lärm, Staub und den zehnstündigen Arbeitstagen, mochte er auch nicht.

Die Verwandten aus New York hießen Hauers. Die Familie Fitze hieß sie aufs herzlichste willkommen. Sie blieben einige Tage bei der Familie Fitze zu Besuch. Die Mutter Emilie hatte schon Tage zuvor das Haus auf Hochglanz gebracht. Die Söhne halfen tüchtig mit. In der damaligen Zeit war das Leben nicht einfach, aber die Familie pflegte einen guten Zusammenhalt und viele Arbeiten erledigte man wie selbstverständlich gemeinsam. Die hölzernen Riemenböden hatten sie mit Wasser und Soda geschruppt, den trockenen Boden mit Stahlwolle gespänt, mit der duftenden Bodenwichse eingerieben und mit dem schweren Blocher von Hand zum Glänzen gebracht. Es war eine Heidenarbeit! Das ehemalige Schlafzimmer der Großeltern wurde für den Besuch vorbereitet. Der Großvater war vor einem halben Jahr hier zu Hause in seinem Bett verstorben. Die Mutter hatte ihn bis zum Schluss liebevoll gepflegt, bis er sanft entschlafen war.

Schwere Leintücher wurden über die alten Seegrasmatratzen gespannt, ein Oberleintuch mit einer dicken Wolldecke und darüber ein schweres Federbett gebracht. Zwei dicke Kopfkissen mit feinem Baumwollbezug vervollständigten die Gästebetten. Zum Glück hatten die Mäuse keine Löcher in die gute Wäsche gefressen. Ständig war man auf Kriegsfuß mit den unliebsamen, kleinen Nagern.

Den Waschtisch im Schlafzimmer hatten sie bestückt. Der Körperpflege diente eine große Waschschüssel aus Porzellan mit dem dazugehörigen drei Liter fassenden Krug. Eine kleine Seifenschale mit einem Stück Kernseife rundete den bescheidenen Luxus der damaligen Zeit ab. Die Toilette war ein einfaches, aus Tannenholz gefertigtes Plumpsklo in einem kleinen Häuschen vor dem Haus. Ein Badezimmer hatte die Familie Fitze nicht. Nur eine große Zinkwanne, die sie zum Baden in die Küche schleppten und mit warmem Wasser vom Holzherd füllten. Dies geschah aber nicht allzu häufig. So einmal im Monat reichte völlig aus.

Die Schwester des Vaters war lange Zeit nicht mehr in der Schweiz gewesen. Nun genoss sie, wieder in den längst vergessenen Gassen spazieren zu gehen, gute Freunde und Verwandte zu treffen. Die gute Heimat habe sie vermisst, sagte sie. Nach getaner Arbeit saßen sie gemeinsam auf der Bank vor dem Haus und erzählten Erstaunliches von der neuen Welt da drüben in Amerika. Fast drei Wochen habe die Reise gedauert, bis sie hier in Flawil angekommen waren. Die Reise mit dem Dampfschiff übers nicht enden wollende Meer, die Seekrankheit von dem stetigen Auf und Ab der sich träge wogenden Wellen. Die Erleichterung, als die ersten Seevögel das Schiff begleiteten und die Erlösung, als endlich, endlich Land in Sicht kam. Die tagelange Dampfeisenbahnfahrt von Frankreich bis in die Schweiz. Und was sie alles erlebt und gesehen hatten. Die Tante berichtete von der neuesten Hutmode, die sie in Frankreich gesehen hatte. Der Onkel berichtete vom Aufbau der Schreibmaschinenfabrik und von der Entwicklung der neuesten Modelle. Die Nachbarn gesellten sich dazu. Gemeinsam saßen sie auf der großen Bank vor dem Haus und sangen zusammen Volkslieder. Der Heiri, ein Nachbar, holte sein „Schweizerörgeli“, wie die kleine Handharmonika in der Schweiz heißt, und begleitete die lustigen Gesänge. Das war fast wie ein richtiges Fest. Die Mutter hatte die fleißigen Hände nicht etwa untätig in den Schoss gelegt, nein, sie strickte im Takt an einer neuen Wollsocke.

Die Mutter kochte das beste Essen. Fleisch vom Schwein, welches sie im letzten November zu Hause geschlachtet hatten und dessen Speck in der Räucherkammer ihres Hauses gehangen hatte. Dörrbohnen, welche die fleißige Hausfrau auf dem Ofen getrocknet und in einem...



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