Reiners | Das Spielgespräch | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 257 Seiten

Reiners Das Spielgespräch

Visualisieren, kommunizieren, begleiten
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-647-99262-4
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Visualisieren, kommunizieren, begleiten

E-Book, Deutsch, 257 Seiten

ISBN: 978-3-647-99262-4
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
Format: EPUB
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Welche Möglichkeiten bietet das Spielgespräch in Therapie und Beratung? Für welche Personenkreise und Kontexte eignet sich diese Methode besonders gut? Bernd Reiners präsentiert in diesem Buch anhand von zahlreichen Fallbeispielen das Spielgespräch, eine ursprünglich aus Norwegen stammende kreative Methode, die mit Figuren, Klötzchen und Klebeband eine äußere Bühne schafft. Worte werden mit dreidimensionalen Bildern und der Handlung in diesen Bildern verknüpft. So entsteht ein tieferes Verständnis aufseiten der Ratsuchenden und der Therapeut:innen. Das vorbereitete Szenario erlaubt eine innere Distanzierung, die es möglich macht, auch sehr Belastendes zu erzählen. Konfliktsituationen können mit Lösungsspielen aufgearbeitet und so die Entwicklung von Lösungsstrategien unterstützt werden. Das Spielgespräch eignet sich besonders gut für die Arbeit mit Kindern, Menschen mit Migrationshintergrund, Sprachschwierigkeiten oder Behinderungen und psychisch stark belasteten Menschen. Es findet Anwendung in der Arbeit der flexiblen Jugendhilfe, der Beratung und Therapie von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, dem Jugendamt, dem Gesundheitswesen - kurz: überall dort, wo Sprache nicht ausreicht.

Bernd Reiners, Diplom-Psychologe, (Lehr-)Therapeut für systemische Therapie (DGSF) und Kinderorientierte Familientherapie (DGKOF), (Lehr-)Supervisor (DGSv und DGSF), Fachpsychologe für Klinische Psychologie/Psychotherapie (BDP), Europäisches Zertifikat für Psychotherapie (ECP). Er ist Leiter der Erziehungsberatungsstelle und des Kinderschutz-Zentrums in Aachen. Die Kinderorientierte Familientherapie (KOF) und das Spielgespräch lernte er während seiner Tätigkeit in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Klinik in Växjö (Schweden) kennen. Seit mehr als zwanzig Jahren wendet er das Spielgespräch in seiner Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen an und bietet zudem Weiterbildungskurse an.

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2Das Vorgehen
In diesem Kapitel soll das Vorgehen allgemein, unabhängig von Fallbeispielen, geschildert werden. Auf Anwendungsbeispiele aus anderen Kapiteln wird durch Querverweise hingewiesen. In der Praxis gehen Zeigegespräch und Spielgespräch (Veränderungsphase) häufig ineinander über. Ebenso häufig wechselt man zurück in die Zeigephase, wenn man während der Veränderungsphase Informationslücken bemerkt. Für die Darstellung in diesem Kapitel sind die beiden Teile jedoch getrennt. Dabei gelten die meisten Hinweise für das Zeigegespräch auch in der Veränderungsphase. Hingegen gibt es einige Hinweise in der Veränderungsphase, die beim Zeigen weniger relevant sind. 2.1Zeigegespräch
Dieser Teil des Spielgesprächs kann als Inszenierungsphase oder auch als diagnostischer Teil bezeichnet werden (Klein, 2010; König, 2004). Hier ist das Ziel, die Ratsuchenden besser zu verstehen, es geht noch nicht um Veränderung oder Ausprobieren von Neuem. Das geschieht erst später im zweiten Schritt. 2.1.1Vorbereitung Das Zeigegespräch kann spontan begonnen werden, wenn im Gespräch eine Situation, ein Problem oder Ereignis entweder nicht sicher verstanden wird oder als besonders bedeutsam für die weitere Entwicklung erachtet wird. Wie bei jeder Intervention ist es wichtig, darauf zu achten, dass sie zum Auftrag und zur aktuellen Situation passt (Reiners, 2022a). So natürlich auch beim Zeige- und Spielgespräch. Es eignet sich zur Verdeutlichung nahezu jeder Situation und Problematik. Wenn es angewendet wird, sollte es sich jedoch um eine für die Klientin und die Therapeutin bedeutsame Situation handeln. Zudem müssen sich Ratsuchende auf ein Zeigen mit den Figuren einlassen können. Nilsson (2021) hebt hervor, dass es für das Gelingen einer Intervention Einigkeit zwischen Therapeutin und Klientin geben muss bezüglich des Ziels oder Anliegens, an dem gearbeitet werden soll, und bezüglich der Methode, die verwendet wird. Unabhängig davon benötigt es ein gefühlsmäßiges Band zwischen den Akteuren, das von Sicherheit und Vertrauen geprägt ist. Von Bleckwedel (2008) stammt eine sehr hilfreiche Einteilung der therapeutischen Aufgaben und Rollen während der szenischen Arbeit: 1.Zunächst geht es darum, die Situation zu erfassen. Die Therapeutin ist eher Beobachterin mit freischwebender Aufmerksamkeit und intuitivem Verstehen. 2.Im zweiten Schritt sollte ein Plan entwickelt werden. Die Therapeutin ist Dramaturgin mit Lösungsfantasien und Inszenierungsideen. 3.Die Situation wird eingerichtet. Die Therapeutin lädt als Arrangeurin zum Spiel ein und motiviert. 4.Die Therapeutin als Regisseurin setzt die Inszenierung im Hier und Jetzt in Aktion um. Anschließend kann erneut mit Schritt eins begonnen werden, bis eine zufriedenstellende, realistische und umsetzbare Lösung entwickelt wurde. Umgang mit dem Material Das Material kann kurz gezeigt werden. Wenn Figuren ausgewählt werden, ist es sinnvoll, sofort zu fragen, welche Personen diese Figuren darstellen und sich die Namen zu merken. Üblicherweise benutze ich einen Tisch; wenn ich ein aufwendigeres Tape-Konstrukt erwarte, eine Schreibtischunterlage; bei kleineren Kindern oder Kindern mit motorischen Schwierigkeiten gelegentlich einen Sandkasten. Der Vorteil bei einer Schreibtischunterlage liegt darin, dass beispielsweise der aufgeklebte Grundriss für die nächste Sitzung aufbewahrt werden kann, sodass sie dann nicht noch einmal beklebt werden muss. Manche Kolleg:innen benutzen auch große Papiere und malen mit Stiften, was in diesem Buch immer mit Tape aufgeklebt wird. Tape hat den Vorteil, dass es origineller ist und die Zeigesituation daher länger im Gedächtnis bleibt. Zudem kann man Tape einfacher abziehen und an anderer Stelle wieder aufkleben. Ein weiterer Nachteil der Verwendung von Stiften wurde mir von einer Kursteilnehmerin berichtet: Sie habe es nicht selten erlebt, dass Kinder Stifte eher dazu verwenden würden, auch unbedeutende Dinge sehr detailgetreu aufzuzeichnen; andere hätten eher Wunsch- und Fantasievorstellungen dargestellt. Der Prozess des Zeigens sei dadurch sehr ins Stocken geraten. Für manche Klient:innen ist aber auch der haptische Effekt des Klebens unangenehm. Sie bevorzugen Zeichnungen oder das Aufbauen mit Bauklötzen und Aufstellen von Zäunen oder Ähnliches als Grenzen statt des Tapes (s. Kapitel 3.8, Frau Soltau). Ich empfehle Lernenden des Spielgesprächs, mit verschiedenen Materialien zu üben, um je nach Bedarf der Ratsuchenden das passende Material anbieten zu können. Auswahl der Situation Ratsuchende sollten selbst mit auswählen und entscheiden können, welche Situation sie zeigen, auch wenn die Idee zumindest beim ersten Mal natürlich von der Therapeutin eingebracht wird. Wenn die Situation ausgewählt ist, sollte es einen klaren zeitlichen und räumlichen Fokus geben, also genau beschrieben werden, um welche Situation es sich handelt. Wo hat sie stattgefunden, wann soll sie beginnen und wann enden? Häufig ist es sinnvoll, das Zeigen kurz vor der Situation zu beginnen, für die das Zeigegespräch ausgewählt wurde. So kann zum einen mit einer guten Situation begonnen werden (s. Kapitel 2.1.2), zum anderen ist die Vorgeschichte wichtig, um eine Situation verstehen zu können. Ebenso kann es wichtig sein, sich vor Beginn darüber Gedanken zu machen, wie die Situation beendet werden kann – insbesondere, wenn es sich um problematische oder traumatische Inhalte handelt (s. Kapitel 5.4). Setting und Alter der Ratsuchenden Wenn außer der Klientin noch jemand zuschaut, z. B. die Eltern, sollten sie dem Gespräch zustimmen. Es hilft nicht, dem Kind etwas zu entlocken, von dem die Eltern nicht wünschen, dass es bekannt wird. Bei jüngeren Kindern, oder Menschen, die zum Spielen und Abschweifen neigen, kann es helfen, das Material zu begrenzen. So kann z. B. ein wunderschönes Himmelbett das Kind eher dazu einladen, damit zu spielen, als das tatsächliche Matratzenlager zu zeigen, um das es eigentlich geht. Umgekehrt kann es bei kleinen Kindern sinnvoll sein, die Szene besonders deutlich zu zeigen. Hierzu sind z. B. Möbel oder Ähnliches manchmal günstiger als schlichte Bauklötze. Bei kleineren Kindern ist es oft hilfreich, zunächst das eigene Büro mit Kreppband zu zeigen, damit das Prinzip z. B. auch des Grundrisses verstanden wird. Bei manchen Kindern ist der Sandkasten beliebter als eine andere Bühne. Dies fördert den spielerisch-lebendigen Charakter. Der Grundriss kann einfach mit dem Finger in den Sand gemalt werden. Im Sand können die Figuren besser stehen. Ein Nachteil kann sein, dass eher zum freien Spiel eingeladen wird. Zudem kann ein aufwendiger Grundriss nicht aufbewahrt werden (ausführlich zum Umgang mit Kindern s. Kapitel 6.1). Bei Jugendlichen oder Erwachsenen sollte statt des Begriffs »Holzpuppen« besser der Begriff »Figuren« verwendet werden. Statt »spielen« bietet sich »zeigen« an. Teenies kann erklärt werden, dass diese Methode für Jugendliche entwickelt wurde, weil es diesen besonders leichtfalle, Dinge zu zeigen. Tatsächlich hat Martin Soltvedt (2005) die Methode ursprünglich viel mit Jugendlichen angewendet. Menschen, die das Spielgespräch mit Jugendlichen anwenden, sind immer wieder überrascht, wie gut diese darauf »anspringen«. »Harte Jungs« sind plötzlich völlig begeistert bei der Sache; verschlossene, zurückgezogene Mädchen erzählen ohne Punkt und Komma. Zeitbedarf Das Spiel- oder Zeigegespräch benötigt Zeit. Kinder und auch manche Erwachsene können sich mit ihm länger auf eine Situation konzentrieren als ohne, und so kommt es zu längeren Gesprächssequenzen. Es dauert eine Viertelstunde und länger, um lediglich etwas aufzubauen. So kann es sein, dass bei kleinen Kindern in einer ersten Sequenz lediglich eine Szene aufgebaut bzw. Tape geklebt wird. Das Zeigen der Szene muss dann unter Umständen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Man sollte damit rechnen, dass das Zeigen der Situation durchaus eine Viertelstunde und länger dauern kann, daher sollte es nicht kurz vor Ende der Stunde begonnen werden. Die Motivation zu zeigen, die hoffentlich entsteht, könnte durch die Unterbrechung geschmälert werden. Bei kleineren Kindern kann trotz des Zeigegesprächs die Konzentrationsspanne so begrenzt sein, dass nicht mehr als zehn bis fünfzehn Minuten Gespräch möglich...



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