Reinhardt | Wie Nordhausen zur Industriestadt wurde | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 182 Seiten

Reinhardt Wie Nordhausen zur Industriestadt wurde


2. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8192-6923-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 182 Seiten

ISBN: 978-3-8192-6923-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ausgehend von der industriellen Revolution in Deutschland wird die Entwicklung der Stadt Nordhausen von Anfang des 19. Jahrhunderts bis zum 1. Weltkrieg im Jahr 1914 zusammenfassend dargestellt. Schwerpunkte sind die industrielle Entwicklung, die Entwicklung der Infrastruktur, des Bauwesens und der Parkanlagen. Nordhausen entwickelte sich in dieser Zeit zu einer bedeutenden Industriestadt. Detailliert wird auf die verschiedenen Industriezweige sowie auf die entsprechenden relevanten Unternehmen eingegangen. Im Mittelpunkt stehen die folgenden Industriezweige: die Brauindustrie, die Kornbrennerei, die Tabakindustrie, die Textilindustrie, die Tapetenindustrie, der Maschinenbau und die Schachtindustrie. Dabei werden auch die damaligen Produktionsprozesse und deren Entwicklung für ausgewählte Industriezweige und Firmen behandelt. Des Weiteren wird Wert auf die Einordnung der Unternehmen in die nationale und internationale Entwicklung gelegt. Der vor allem durch die Industrialisierung entstandene Wohlstand der Stadt spiegelt sich insbesondere in dem Aufbau einer modernen und effizienten Infrastruktur wider. So wurden z. B. das Gaswerk, das Elektrizitätswerk und eine Talsperre errichtet. Es entstanden neue Schulen, Straßen, Wohnhäuser und attraktive Villen sowie moderne Industriebauten. Der Schaffung von Parkanlagen sowie der Bepflanzung der Straßen wurde ebenfalls viel Aufmerksamkeit gewidmet. In ausgewählten repräsentativen Fällen wird auch Bezug auf die Vorgeschichte und die Gegenwart genommen. Nordhausen war vor dem 1. Weltkrieg eine lebendige, moderne und aufstrebende Stadt.

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2 Die industrielle Revolution in Deutschland


2.1 Staatliche und politische Entwicklung


Die industrielle Revolution fand in Deutschland im Wesentlichen zwischen 1830 und 1914 statt. Man unterscheidet zwei Phasen:

  • Phase 1: 1830 bis 1873 (Gründerkrise),
  • Phase 2: 1873 bis 1914 (1. Weltkrieg).

Deutschland konnte in der Phase 1 den industriellen Rückstand gegenüber England überwinden. Ursachen für den industriellen Rückstand waren vor allem die staatliche Zersplitterung, das Fehlen eines nachfragekräftigen Marktes und eines ausgebauten Verkehrsnetzes sowie die Technologiefeindlichkeit des Adels.

Mit der Gründung des Deutschen Zollvereins 1834 wurde ein Binnenmarkt mit einheitlichen fiskalisch-ökonomischen Rahmenbedingungen geschaffen. Das war eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung. Die Größe und die Entwicklung des Deutschen Zollvereins zeigt Bild 3 (Seite ?).

Im Jahr 1870 war das Gebiet des Zollvereins nach Großbritannien und den USA die drittgrößte Industriemacht. Weitere wichtige Maßnahmen für die erfolgreiche Industrialisierung waren die preußischen Reformen nach 1806, wie die Abschaffung der Leibeigenschaft, die Agrarreform, die Einführung der Gewerbefreiheit und die Vereinheitlichung des Steuersystems.

In der zweiten Phase der industriellen Revolution wurde Deutschland Vorreiter auf den Gebieten Chemie, Maschinenbau und Elektrotechnik für viele Nationen. Aus einer Gesellschaft von Bauern und Handwerkern entwickelte sich eine moderne Industriegesellschaft. Große Industriebetriebe mit modernen Maschinen zur Massenproduktion entstanden aus vielen Handwerksbetrieben. In dieser Zeit des Umbruchs gab es zahlreiche erfolgreiche Gründer, wie z. B. Alfred Krupp, Carl Zeiss, Werner Siemens und Carl Benz, die oft auch Erfinder waren.

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Bild 3: Der deutsche Zollverein 1834 bis 19198

Die schnelle industrielle Entwicklung hat dazu geführt, dass sich das Leben und seine Grundlagen für viele Menschen in Deutschland stark veränderten und die Bevölkerung zunahm.

So stieg die Bevölkerung von 1800 bis 1900 von 24,6 Mio.

Menschen auf 56,4 Mio. Menschen.9

Die Stadt wurde die neue Lebenswelt vieler Menschen. So erhöhte sich z. B. die Einwohnerzahl Berlins von 172.000 im Jahr 1800 auf 1,9 Millionen im Jahr 1900.10 In dieser Zeit entstand in den Städten

das Proletariat.

Zu diesen gravierenden Veränderungen hat die staatliche und politische Entwicklung wesentlich beigetragen. Nachfolgend sind die wichtigsten Ereignisse übersichtlich zusammengestellt:

  • 1815-1866 Deutscher Bund:
    • Nach dem Wiener Kongress 1815 schlossen sich 35 Länder und 4 freie Städte zusammen.
    • Der Deutsche Zollverein wird 1834 gegründet. Die meisten Staaten des Deutschen Bundes traten ein. Dadurch entstand ein großer gemeinsamer Wirtschaftsraum.
    • 1848/1849 fand die bürgerliche Revolution statt, die aber unterdrückt wurde.
    • 1866 besiegte Preußen Österreich bei Königgrätz in Böhmen. Der Deutsche Bund wurde aufgelöst und von Preußen der Norddeutsche Bund gegründet.
  • 1871-1918 Deutsches Kaiserreich:
    • Nach dem Krieg gegen Frankreich wurde 1871 das Deutsche Reich unter Führung von Preußen gegründet.
    • Die Bevölkerung wuchs von 25 Millionen (1850) auf 68 Millionen (1914).
    • Die Industrie entwickelte sich mit hohem Tempo. Dazu haben auch die Reparationsleistungen von Frankreich beigetragen.
    • Durch den Ausbau der Straßen, der Eisenbahnlinien und der Binnenschifffahrt in ganz Deutschland entstand ein großer einheitlicher, schnell erreichbarer Markt.
    • Im Welthandel errang Deutschland den zweiten Platz.
    • Im Jahr 1883 wurden Sozialversicherungen und Arbeitsschutzgesetze eingeführt. Das änderte jedoch wenig an der Ausbeutung der Arbeiterschaft. Die Arbeitszeit betrug um 1840 zwischen 12 h und 14 h je Tag. Sie verringerte sich nur langsam und lag 1910 bei ca. 10 h.
    • Dem Reichtum der Gründer und des Bürgertums stehen die Armut und das Elend vieler kleiner Leute gegenüber. Die Landbevölkerung wanderte in Massen aus den Dörfern in die Städte. Die Ursachen waren die mögliche Verarmung in den Dörfern, die Freiheit, das Dorf verlassen zu können (nach der preußischen Agrarreform), und die Hoffnung auf ein besseres Leben. In den Städten fehlte es aber an Wohnraum und Infrastruktur (Wasser, Gas, Elektrizität, Krankenhäuser). Dadurch entstanden Elendsviertel.

Besonders hervorzuheben ist die Gründerzeit, die im engeren Sinne die Zeit zwischen dem Deutsch-Französischen Krieg 1871 und dem Börsenkrach von 1873 umfasst. In dieser Zeit wurden viele Kapitalgesellschaften gegründet, eine Vielzahl von Fabriken aufgebaut und Eisenbahnen in starkem Umfang finanziert.

Diese Entwicklung wurde durch einen Börsencrash jäh beendet. Er begann 1873 in Wien und kam über New York im Oktober 1873 nach Berlin. In Deutschland brachen 61 Banken, 116 Industrieunternehmen und 4 Eisenbahngesellschaften zusammen. In Berlin mussten von 50 neu gegründeten Baufirmen 40 aufgeben. Industrie und Handwerk verloren in Berlin etwa ein Viertel der Arbeitsplätze.11 Die Überwindung dieser Krise dauerte mehrere Jahre. Ein stetiges Wachstum konnte erst um 1880 wieder erreicht werden.

2.2 Wissenschaftliche, technische und industrielle Entwicklung


Hervorragende technische Leistungen hatten einen großen Einfluss auf die Industrialisierung in Deutschland. Beispiele dafür sind:

  • die Dampfmaschine: Die erste deutsche Dampfmaschine Wattscher Bauart wurde 1785 von Carl Friedrich Bückling für den König-Friedrich-Schacht bei Hettstedt gebaut.
  • die Eisenbahn: Die Eröffnung der ersten Bahnstrecke zwischen Nürnberg und Fürth fand 1835 statt.
  • der Elektromotor: Den ersten brauchbaren Elektromotor entwickelte1834 der Ingenieur Hermann Jacobi in Potsdam.
  • die Telegrafie, Telefonie: In Preußen wurden 1832 die erste optische und 1849 die erste elektrische Telegrafenlinie installiert sowie 1877 die Telefonie eingeführt. Es war eine Revolution auf dem Gebiet der Kommunikation, die sich im 19. Jahrhundert vollzog.
  • das Auto: Carl Benz ließ sich seine Motorkutsche mit Verbrennungsmotor für 4 Personen 1886 patentieren und gründete eine Fabrik, die 1900 die größte Automobilfabrik der Welt war.12
  • das Flugzeug: Otto Lilienthal führte in den 1890er-Jahren die ersten Gleitflüge durch. 1903 fand der erste motorisierte Flug von den Brüdern Orville und Wilbur Wright statt.13
  • die Drucktechnik: 1811 wurden die Schnellpresse, 1845 die Rotationsdruckmaschine und 1866 die Linotype-Setzmaschine erfunden.

Das beeindruckende Tempo der Entwicklung der Industrie in Deutschland kann weiterhin durch folgende Zahlen belegt werden:

  • Die jährliche Förderung der Stein- und Braunkohle stieg von 1840 bis 1844 von 4,4 Mio. Tonnen auf 157,3 Mio. Tonnen im Zeitraum 1900 bis 1904 (Bild 4).

Bild 4: Steigerung der Förderung von Stein- und Braunkohle von 1820 bis 190414

  • Die Roheisenproduktion erhöhte sich von 160.000 Tonnen in den Jahren 1840-1844 auf 7.925.000 Tonnen in der Zeit von 1900 bis 1904.
  • Das Eisenbahnnetz wurde von 469 km im Jahr 1840 auf 61.749 km bis zum Jahr 1914 erweitert.15

Es entstanden viele Firmen, die später Weltkonzerne wurden und zum Teil heute noch existieren. Einige Beispiele sind: BASF, Thyssen, Carl Zeiss, Siemens, Henkel, Linde, Bosch und Nestlé.

Aufgrund der Gründungswelle von technischen Fachhochschulen sowie von umfangreichen Investitionen in Schulen und Gymnasien wurde das Bildungsniveau kräftig erhöht.

Auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung erreichte Deutschland im 19. Jahrhunderts einen Spitzenplatz. „Mitte des 19. Jahrhunderts gibt es in Deutschland eine Generation hochbegabter Naturwissenschaftler, deren Erkenntnisse und Erfindungen kurz darauf die Welt verändern.“16 Die Anzahl der Patentanmeldungen erhöhte sich von 7.000 im Jahr 1840 auf 45.000 im Jahr 1910.17 Von 1900 bis 1914 erhielten 18 deutsche Wissenschaftler den Nobelpreis. Dazu gehörten z. B. Emil von Behring, Wilhelm Conrad Röntgen, Emil Fischer, Robert Koch, Adolf von Bayer und Wilhelm Ostwald.

8 Der deutsche Zollverein. Von Pischdi, CC BY-SA 3.0. https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=14845135, abgerufen am 11.08.2023

9 Gunkel, Christoph: Mensch oder Maschine. In: Der Spiegel Geschichte, 4 (2018), S. 28

10 Gunkel 2018, S. 22

11 Kretz, Sebastian: Die Zeit der Gründer. In: GEO EPOCHE 52 (2011), S. 102

12 Pionier der Mobilität – Carl Benz. In: GEOEPOCHE KOLLEKTION, Nr. 2 (2016), S. 83

13 Technikgeschichte des 19. Jahrhunderts. https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Technikgeschichte_(19._Jahrhundert),...



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