E-Book, Deutsch, Band 1, 220 Seiten
Reitemeier / Tewes Fürstliches Alibi
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-86532-690-4
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Jupp Schulte ermittelt
E-Book, Deutsch, Band 1, 220 Seiten
Reihe: Regionalkrimis aus Lippe / Jupp Schulte ermittelt
ISBN: 978-3-86532-690-4
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Toter im Park und jede Menge geklauter Autos. Viel zu tun für die Kollegen der Detmolder Polizei. Auf verschlungenen Pfaden geht es quer durch Ostwestfalen-Lippe. Mit dem liebenswert chaotischen Polizistentrio aus dem Lipperland ist dem Autorenteam ein großer Wurf gelungen. Ein Regional-Krimi mit Pep. Hoffentlich hören wir noch mehr von Schulten Jupp, Maren Köster und Axel Braunert.
Autoren/Hrsg.
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5 Leopold Gockel raste mit einem mittelschweren BMW Richtung Hannover. Die A2 war, wie immer montags, voller Autos, viele mit polnischen Nummernschildern. Er benötigte schon Hupe und Lichthupe gleichzeitig, um die nach Osten rollende Blechlawine auszumanövrieren. Der BMW-Fahrer fuhr unkonzentriert, was eigentlich nicht seine Art war. Heute Morgen hätte er die Edel-Karosse von seinem Chef Heinz Zylinski, einem ehemaligen Schrotthändler und nun sein aktueller Brötchengeber, in Empfang nehmen sollen, um sie nach Frankfurt an der Oder zu überführen. Doch Zylinski war nicht am verabredeten Ort gewesen, obwohl er gestern noch angerufen hatte, um einen weiteren Auftrag anzukündigen, den Gockel für ihn ausführen sollte. Der Wartende hatte das Anwesen des Geschäftsmannes abgesucht. Er war nicht aufzufinden. Leopold Gockel wunderte sich darüber, dass er den BMW, den er überführen sollte, unverschlossen vorfand. Zu allem Überfluss steckte sogar der Schlüssel. Jetzt fiel ihm auf, dass auch die Hunde, zwei weiße hässliche Kampfmaschinen, nicht in ihrem Zwinger waren. Sicherheitshalber setzte er sich ins Auto. Dort wartete er vergeblich, wurde immer unruhiger. Er hatte Zeiten einzuhalten. Einmal war er zu spät in Frankfurt an der Oder angekommen. Der russische Geschäftspartner seines Chefs hatte getobt und Gockel hatte später das Gefühl, einer Tracht Prügel nur haarscharf entgangen zu sein. Anschließend hatte ihm auch Zylinski zu Hause die Hölle heiß gemacht. Irgendetwas war heute Morgen anders als sonst. Gockel zog den Kragen seiner Anzugjacke hoch. Ihn fröstelte. Eine Gänsehaut lief ihm über den Rücken. Unruhe machte sich in ihm breit. Er konnte die Ursache nicht genau bestimmen. War das Warten der Grund dafür oder gab es einen anderen Grund? Er fühlte sich auf einmal nicht mehr wohl hier zwischen den Altautos, so fasste er den Entschluss, nicht länger auf seinen Chef zu warten. Er zündete den Motor und rollte vom Hof. Gockel dachte über Zylinski nach. Das war schon ein seltsamer Typ. Er machte Geschäfte jeder Art, verkaufte Autos, handelte mit alten Werkzeugmaschinen und britischem Rindfleisch. Seit einiger Zeit war er Kreistagsabgeordneter, selbstverständlich für die Partei, die seit kurzem die Mehrheit hatte. In den letzten Jahren versuchte er sich als recht erfolgreicher Immobilienmakler und Bauunternehmer. Vor kurzem hatte er einem verarmten Adeligen sogar ein altes Rittergut abspenstig gemacht. Gestern hatte Gockel in der „Landeszeitung“ gelesen, dass Zylinski von irgendeiner Verbandsversammlung zum Vorsitzenden des Festkomitees „Hundertfünfundzwanzig Jahre Hermannsdenkmal“ gewählt worden war. Gockel würde sich nicht einmal mehr darüber wundern, wenn der gute alte „Hermann“ mittlerweile auch Zylinski gehören würde. LKW-Flotten der großen Supermarktketten lieferten sich ihre ganz privaten Rennen an den Bergen von Bad Eilsen. ALDI fuhr heute gegen REWE! Dieser Wettkampf der Könige der Landstraße riss Gockel aus seinen Gedanken Er ging in die Eisen. Die eh schon vorhandene Unruhe verstärkte sich durch die Störung des Verkehrsflusses von Sekunde zu Sekunde. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Das Überholmanöver dauerte jetzt schon über drei Minuten. „Man sollte meinen, die machen das extra“, dachte Leopold Gockel. Womit er vermutlich nicht mal Unrecht hatte. Er legte die Hand auf die Hupe und betätigte gleichzeitig den Hebel für die Lichthupe. Ein Dauersignalton ertönte. Jetzt war er es leid! Gockel zog den BMW nach rechts, schaltete „runter“, schoss auf dem Standstreifen an den nebeneinander fahrenden Brummis vorbei und setzte sich, vor den LKWs, wieder dahin, wohin ein BMW gehört: Auf die Überholspur! Nach geglücktem Überholmanöver ließ Gockel die Seitenscheibe der Fahrertür herunter. Er zeigte den nun ihrerseits hupenden LKW-Fahrern den Stinkefinger, sah lachend in den Rückspiegel, in dem er beobachten konnte, wie ihm einer der Landstraßenkapitäne mit dem größten Schraubenschlüssel drohte, den Leopold Gockel je gesehen hatte. In diesem Moment lenkte ein „Polenfiat“ mit vollbepacktem Dachgepäckträger aus unerklärlichen Gründen auf die Überholspur. Als der seinen Spurwechsel fast abgeschlossen hatte, konzentrierte sich Leopold Gockel endlich wieder auf die Fahrbahn und stand im nächsten Moment auf der Bremse. Er alterte in den nächsten Sekundenbruchteilen um Jahre, riss das Lenkrad nach links, fuhr an dem Fiat vorbei. Jedoch bestimmte die Leitplanke seine Richtung. Die Büsche, die Männer der Straßenmeisterei unter Lebensgefahr vor einiger Zeit gepflanzt hatten, wurden von dem Auto entwurzelt und flogen in hohem Bogen durch die Luft. Dann hatte Gockel den Wagen wieder unter Kontrolle und den Fiat hinter sich. Die Insassen des überladenen Autos störten sich nicht weiter an dem zeternden BMW-Fahrer, der gerade versuchte, sie zum Halten auf dem nächsten Rastplatz zu bewegen, auf den er dann auch fuhr. Sie nahmen in aller Seelenruhe weiter Kurs Richtung Hannover. Leopold Gockel startete wieder durch um das Auto zu verfolgen. Doch vor ihm befanden sich wieder die zwei nebeneinanderfahrenden Laster. Gockel lagen die Nerven blank. Noch tausend Meter bis zur Abfahrt Bad Münder! Gockel hupte wütend. Endlich, der links fahrende ALDI-LKW beendete seinen Überholvorgang. Leopold Gockel schoss mit seinem Gefährt rasant an den Lastern und an der Ausfahrt vorbei, auf der gerade der polnische Fiat die A2 verließ. Wütend schlug Leopold Gockel mit beiden Händen auf das Lenkrad. Am liebsten hätte er hineingebissen. Da, wieder ein Hinweisschild auf einen Parkplatz. Er steuerte ihn an, stoppte den Wagen und stieg aus ohne den Motor abzustellen. Er wollte sich den Schaden ansehen, der beim Entlangschrammen an der Leitplanke entstanden sein musste. Die Tür fiel ins Schloss und verriegelte mit einem leisen „Klack“. Am Auto waren einige leichte Schrammen und Dellen, nichts Großartiges. Nur der Türgriff der Fahrertür war vermutlich an einer Niete der metallenen Fahrbahnbegrenzung hängen geblieben, denn er fehlte! Gockel war fassungslos. Er stand vor seinem verschlossenen Auto. Der Motor lief, der Schlüssel steckte im Zündschloss und die einstmals vorhandene Vorrichtung, die es ermöglichte die Tür zu öffnen, lag einige Kilometer weiter westlich auf dem Mittelstreifen der A2. Um achtzehn Uhr musste er in Frankfurt/Oder sein. Diesen Termin durfte er nicht verpassen, das hatte ihm Zylinski ausdrücklich mit auf den Weg gegeben. Mit der Drohung, sonst sei er raus aus dem Ostgeschäft. Nicht ein verdammtes Auto war hier, von dem er Hilfe erwarten konnte! Er spürte ein unangenehmes Ziehen in seiner Brust. Wenn doch zumindest eine Telefonzelle auf dem Parkplatz wäre, dann könnte er wenigstens Rudi auf dem Gut anrufen. Sein Handy lag fein säuberlich auf der Mittelkonsole des verschlossenen BMW. Wütend suchte er nach einem ordentlichen Stein um die Scheibe des Wagens zu zerschlagen, aber nicht mal den gab es an diesem verfluchten Ort. Da, ein Auto! Wirklich, ein Auto lief diesen Halteplatz an. Noch nie hatte diese stinkende ‚Rennpappe’ aus Zwickau bei ihm ein solches Glücksgefühl ausgelöst, wie dieser Plastebomber. Sonst hielten die Dinger ja immer nur den Verkehr auf, aber im Moment würde er schon einiges dafür geben mit dieser Errungenschaft des Sozialismus über die Autobahn zu donnern. Er hetzte zu dem Auto, das gleich in die erste Parkbucht des Rastplatzes eingebogen war. In der „DDR-Karosse“ saßen zwei junge Männer. Auf ihren bunten Stoppelhaaren trugen sie Baseballmützen mit dem Emblem eines roten Stieres. Gockel befand sich in einer Zwangslage. Zum einen verunsicherten ihn die beiden Insassen. Zum andern wollte er die Situation, in der er sich befand, nicht an die große Glocke hängen. Gleichzeitig musste er so schnell wie möglich diese bayerische Nobelkarosse aufbekommen. Er klopfte an das Seitenfenster des Trabbis. Der Fahrer kurbelte das Fenster runter. „Hey“, versuchte es Gockel so locker wie möglich, „könnt ihr mich bis zur nächsten Raststätte mitnehmen?“ „Nein“, antwortete ‘Mütze I’ und kurbelte die Scheibe wieder hoch. Gockel klopfte wieder, diesmal hektischer und energischer. „Hau ab, Grufti!“, sagte ‘Mütze II’ „frag den Vertreter, der diesen BMW da fährt, wenn der vom Pinkeln zurück ist.“ „Ich bin, besser gesagt, war der Fahrer des BMW´s.“ „Dann setz dich in deine Kiste und verdufte!“ Die Scheibe wurde wieder hochgedreht. ‘Mütze I’ zeigte Gockel den fiesen Mittelfinger. Der jedoch drosch jetzt beinahe hysterisch mit beiden Fäusten auf das Dach des Fahrzeugs. Das gab Geräusche von sich, als würde auf einem Pappkarton getrommelt. Wieder wurde die Scheibe herunter gedreht. „Hey Alter, hast du einen Lattenschuss? Setz dich in deine Vertreterkiste und mach dich vom Acker! Sonst putzen wir dich von der Platte! Und mach endlich den Motor aus. Verpestet die ganze Luft, der Kerl!“ Gockel wollte gerade etwas erwidern, so in der Art wie: Zweitakter sind Stinkekisten, Dreckschleudern und so weiter, sagte dann aber nur: „Geht nicht.“ ‘Mütze II’ starrte ihn an, als hätte er es mit einem Wesen der „Dritten Art“ zu tun, stieg aus und sah sich den BMW an. Dann brüllte er laut los. Wahrscheinlich war das seine Art zu lachen. Nun kam auch der Beifahrer, peilte kurz die Lage und fing ebenfalls lauthals zu lachen an. Nachdem sich ‘Mütze II’ wieder eingekriegt hatte, sagte dieser: „Na gut, wer so blöd ist, der braucht dringend Hilfe. Okay, bis Raststätte Hannover und keinen Meter...