Reventlow | Gesammelte Werke: Romane + Erzählungen + Essays + Gedichte | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 2200 Seiten

Reventlow Gesammelte Werke: Romane + Erzählungen + Essays + Gedichte

Briefe, Ellen Olestjerne, Von Paul zu Pedro, Herrn Dames Aufzeichnungen, Der Geldkomplex, Der Selbstmordverein, Christus, Das allerjüngste Gericht, Das polierte Männchen...
1. Auflage 2015
ISBN: 978-80-268-4507-2
Verlag: e-artnow
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Briefe, Ellen Olestjerne, Von Paul zu Pedro, Herrn Dames Aufzeichnungen, Der Geldkomplex, Der Selbstmordverein, Christus, Das allerjüngste Gericht, Das polierte Männchen...

E-Book, Deutsch, 2200 Seiten

ISBN: 978-80-268-4507-2
Verlag: e-artnow
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Dieses eBook: 'Gesammelte Werke: Romane + Erzählungen + Essays + Gedichte' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Fanny Gräfin zu Reventlow (1871-1918) war eine deutsche Schriftstellerin, Übersetzerin und Malerin. Sie wurde berühmt als 'Skandalgräfin' oder 'Schwabinger Gräfin' der Münchner Bohème und als Autorin des Schlüsselromans Herrn Dames Aufzeichnungen. Inhalt: Romane: Ellen Olestjerne Von Paul zu Pedro Herrn Dames Aufzeichnungen Der Geldkomplex Der Selbstmordverein Erzählungen: Christus Das allerjüngste Gericht Das feindselige Gepäck Das gräfliche Milchgeschäft Das Jüngste Gericht Das Logierhaus 'Zur schwankenden Weltkugel' Das polierte Männchen Der feine Dieb Der Herr Fischötter Die Silberwanze Ein Bekenntnis Eine Uniform Krank Moment-Aufnahmen Spiritismus Tot Vater Wahnsinn Warum? Wir Spione Ultimo Totenfeier Essays: Das Männerphantom der Frau Erziehung und Sittlichkeit Erinnerungen an Theodor Storm Viragines oder Hetären Gedichte Briefe Auszug aus dem Tagebuch

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Zweiter Teil
Inhaltsverzeichnis L..., 3. März 1888 Vor allem will ich Sie beruhigen, daß weder meine Mutter noch Detlev etwas von unsren Gesprächen gehört haben – sie schalt nur, daß ich zu viel mit Ihnen getanzt hätte. – Herrgott, wenn sie wüßte, daß ich jetzt an Sie schreibe – es ist bald fünf Uhr, unten auf der Straße rasseln schon Milchwagen, ich liebe nichts mehr, als so eine Nacht durch aufzubleiben, und heute wäre es mir unmöglich gewesen zu schlafen. Es kommt mir wie ein Wunder vor, daß ich nun wirklich einen Menschen gefunden habe, dem ich alles sagen kann und der mein Freund sein will. Sie machen sich ja keinen Begriff davon, wie allein ich war und wie todunglücklich ich mich von jeher zu Hause gefühlt habe, besonders in diesem letzten Jahr, wo auch Detlev mir immer fremder wurde. Sie wollten mir das nicht recht glauben, aber es ist wirklich so: meine Mutter sieht es nicht gerne, wenn ich viel mit ihm zusammen bin. Sie hat ihm das Versprechen abgenommen, mich keine modernen Bücher lesen zu lassen und mich mit seinem Verkehr nicht in Berührung zu bringen. Nur unter der Bedingung darf ich mit ihm ausgehen, die Eltern sind ja schon außer sich, daß er so in all diese Sachen hineingekommen ist und mit freidenkenden Menschen verkehrt. Aber Sie können sich vorstellen, wie mir dabei zumut war, wenn er mir von Ihnen und den andern erzählte, wie von einer Welt, die mir immer verschlossen bleiben sollte. Dann fand ich eines Tages auf seinem Schreibtisch »Brand« und »Peer Gynt« und nahm es mir herüber. Ganze Tage habe ich darüber zugebracht und konnte weder essen noch schlafen, nur immer wieder lesen, sowie ich allein war. Es kam mir vor, als ob jedes Wort für mich geschrieben wäre, ich wußte mit einemmal, daß es keine unmöglichen Hirngespinste waren, mit denen ich kämpfte, – wenn sich alles in mir sträubte gegen das Leben, das man mir aufzwingen will. Früher empfand ich es immer als eine Art Unrecht gegen meine Eltern, mich so dagegen aufzulehnen und heimliche Sachen zu tun, aber nun ging es mir plötzlich auf, daß jeder ein unveräußerliches Recht an sein Ich und sein eigenes Leben hat. Wissen Sie die Stelle: das Eine darfst du nie verschenken, – dein Selbst, dein Ich, den heilgen Dom – du darfst's nicht binden – nicht es lenken – nicht hemmen seines Lebens Strom – Er rauscht dahin und strömt und schwillt: – bis er im Meer die Sehnsucht stillt. Wenn Sie erst mein ganzes, bisheriges Leben kennen, werden Sie begreifen, was für einen überwältigenden Eindruck das auf mich machte, als ob plötzlich etwas Erlösendes durchbräche, wo früher eine dumpfe, undurchdringliche Masse war. Und dabei muß ich immer wieder an den großen Krummen im »Peer Gynt« denken, wie er im Nebel auf ihn losschlägt und nicht durchkann, und der Krumme antwortet: »Geh herum.« Aber wo er hinkommt, ist wieder dasselbe da und ruft: »Geh herum!« Zuerst hab' ich das alles ganz allein durchlebt, aber es hätte mich einfach erstickt, ich mußte mit Detlev davon sprechen. Und da kamen wir uns wieder so viel näher, er hat mir dann auch die andern Bücher gegeben, und was waren das für Stunden, wenn wir zusammen darüber sprachen. Er arbeitet abends immer in meinem Zimmer, und da reden wir oft die ganze Zeit von alledem. Dann erzählte er mir auch von Ihnen, und ich versuchte, ihm das Verantwortungsgefühl auszureden, weil ich Sie so gerne kennenlernen wollte. Als ich Sie ein paarmal gesehen hatte, wußte ich ja gleich, daß wir uns verstehen würden. Und wie Detlev es dann durchsetzte, daß ich zu dem Tanzabend mitdurfte – sehen Sie, da hatte ich das Gefühl, als ob etwas Entscheidendes kommen müßte, jetzt oder nie. Sonst wäre es wieder an mir vorbeigegangen, und ich hätte in dem alten Elend weiterleben müssen. – Und nun ist es wirklich geschehen – als ich hinter Mama und Detlev nach Hause ging mit Ihrem Brief in der Tasche, dachte ich immer nur: jetzt kann kommen, was will, das können sie mir doch nicht mehr nehmen. Daß wir uns öfter sehen, wird allerdings schwierig sein, ich weiß schon gar nicht, wie ich immer zur Post kommen soll, um Ihre Briefe abzuholen – also wenn möglich, Mittwoch im Dom, die Tür beim Turm ist ja immer offen. Und nun leben Sie wohl – es kommt mir vor, als ob ich Ihnen so viel zu sagen hätte, daß es nie ein Ende nimmt. 8. März, nachmittags Eben komme ich von unsrer so schmählich zerrissenen Zusammenkunft im Dom zurück. Der Schrecken sitzt mir noch in allen Gliedern. Gott im Himmel, wenn mein Vater uns gesehen hätte – ich hätte mir auch denken können, daß er unserm Besuch die Kirchen zeigen würde. Und was der Kirchendiener wohl gedacht hat, als wir auf allen vieren zwischen den Bänken durchliefen. Es war eine gute Idee von Ihnen, denn sonst hätten sie uns sicher gesehen. Aber es war doch schön, daß wir uns wenigstens so lange in Ruhe unterhalten konnten. Glauben Sie nur nicht, daß ich Ihnen unsre häuslichen Verhältnisse übertrieben habe. – Seit wir hier sind, habe ich mit Mühe erreicht, daß ich den ganzen Tag in meinem Zimmer sein kann und nicht mehr nähen muß. Da habe ich mir mit einer spanischen Wand eine Art Atelier eingerichtet, wo ich male und modelliere. Aber es ist unmöglich, allein weiterzukommen – ich darf weder Modelle nehmen, noch mir Gipsabgüsse ausleihen. Meine Mutter findet, ich soll dann wenigstens »hübsche, brauchbare« Sachen – Geschenke, Porzellanteller usw. machen. Das fällt mir natürlich nicht ein, und so bleibt mir nichts übrig, wie meine alten Stiefel und ähnliches zu malen. Davon hab' ich schon eine ganze Galerie. – Ich weiß ganz gut, daß meine Mutter mich auf diese Weise zwingen will, nachzulassen. Aber ich lasse nicht nach. Es ist überhaupt ein fortwährender Krieg. »Jedermanns Hand wider jedermann.« Mit meinem Vater kann ich auch zu keinem Verständnis mehr kommen, er hat sich in letzter Zeit mehr um mich gekümmert, aber es ist doch zu spät. Ich kann mich nicht freundlich mit ihnen stellen, wenn ich sie zugleich fortwährend hintergehen muß. Und das wieder muß ich, um zu meinem Lebensrecht zu gelangen. Ein ehrlicher, offener Kampf würde mir gar nichts nützen, sie sperren mich dann höchstens noch mehr ein. Und was das Leben so schön macht, kann nicht schlecht sein. Wo bliebe dann die Wahrheit? In all dieser verschrobenen Sittlichkeit und Moral ist ja doch kein Funke davon. Ich lese jetzt gerade »Die Frau« von Bebel und Lassalles »Leben«. Was ist das für ein Kerl, ich bin ganz weg, in den hätte ich mich wahnsinnig verliebt. Seine Flugschriften will ich jetzt auch lesen, Detlev hat sie ja. P. S. Die Mutter hat Detlev gestern gefragt, ob er etwa mit zu diesem abscheulichen Ibsenklub gehörte, wo die Mädchen mit jungen Männern über unmoralische Sachen sprächen und zusammen Ibsen läsen. – Sie hat in einer Gesellschaft davon gehört. Natürlich waren Sven Olafson und die Schwestern Seebald damit gemeint, aber wer mag den Namen Ibsenklub aufgebracht haben? Vielleicht haben wir Detlev jetzt bald so weit, daß ich die alle einmal kennen lerne. Übrigens hat Mama bei dieser Gelegenheit auch noch gesagt: »Friedrich Merold ist doch der einzige Nette von deinen Freunden.« – Sie scheinen also doch guten Eindruck gemacht zu haben. 20. März Es ist morgens um fünf Uhr – beim Aufwachen fiel mein erster Blick auf die Blumen von Ihnen, die noch immer blühen. – Ich stehe jetzt immer so früh auf, um mehr Zeit für mich zu haben, und diese stillen Morgenstunden sind das schönste am ganzen Tag. Früher in Nevershuus lief ich oft so in der Frühe auf die Wiesen hinaus und manchmal heimlich durch die Stadt zum Strand. Es war so schön, ganz allein am Meer zu sein, ich habe oft noch Heimweh danach. Aber was hätte ich für ein Leben geführt, wenn wir dort geblieben wären – jetzt scheint doch wenigstens hier und da ein Lichtstrahl durch die Türspalte. Und das tut auch wirklich not. Gott, was ist das für ein Familienleben, mir schaudert, wenn ich gleich zum Frühstück hinunter muß. Den ganzen Tag gibt es Auseinandersetzungen und Szenen, wo nur zwei in einem Zimmer beisammen sind. Sagt einer: das ist weiß, so schreit gleich der andere: nein, was fällt dir ein – schwarz ist es. Und alles hat Nerven, selbst die Hunde sind nervös bei uns und fangen an zu quieken, wenn zu laut gesprochen wird. Aber es ist Zeit, ich muß hinunter, leben Sie wohl, bis wir uns wiedersehen. Ellen. 28. März Wenn wir uns doch bald wiedersehen könnten, ich habe Ihnen so viel zu erzählen. Vorgestern nahm Detlev mich nun wirklich mit zu Seebalds, und Olafson war zuerst auch da. Es wurde über die »Frau vom Meer« gesprochen, über Murgers »Zigeunerleben« und über freie Liebe. Und dann erzählte Olafson von Paris. Wie kann er wundervoll reden – wenn er sprach, schwiegen alle still, aber ich glaube, uns war allen zumut, als ob man laut schreien müßte vor Begeisterung oder weinen oder irgend etwas ganz Verrücktes tun. Was sind das alles für Menschen, endlich einmal wirkliche Menschen, ohne Schablone und voll Künstlertum und Freiheit. Es ist einem, als ob man sein Leben lang taub, blind und stumm in einer Höhle gesessen hätte und nun zum erstenmal sieht, zum erstenmal menschliche Stimmen hört, die ins Leben rufen. Nachher zeigte Lisa uns ihre Skizzen. Gott, wenn ich denke, daß man auch einmal so hinauskönnte. Sie fanden es alle entsetzlich, daß ich so eingesperrt bin, besonders Marga, die ja auch Ihre besondere Freundin ist. Ich bin sehr angetan von ihr – man sieht, daß sie ihren Lebenskampf mit Stärke und Entschlossenheit kämpft. Später...



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