E-Book, Deutsch, 260 Seiten
Reihe: Until You
Reynolds Falling for Colton
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-903278-22-6
Verlag: Romance Edition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 260 Seiten
Reihe: Until You
ISBN: 978-3-903278-22-6
Verlag: Romance Edition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Aurora Rose Reynolds lebt mit ihrem Mann, ihrem Sohn und ihrer Dogge Blue in Tennessee. Wenn sie ihre Zeit nicht mit ihrer Familie oder dem Schreiben verbringt, steckt sie ihre Nase am liebsten in Bücher. Auf ihren Reisen quer durch die Welt und ihren Lebensabschnitten in vielen Teilen der USA hat Aurora unzählige Freundschaften geschlossen - all diese Erfahrungen und Menschen liefern ihr heute Material für ihre Geschichten.
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Am selben Abend sitze ich meiner Stiefmutter gegenüber und warte ihre Reaktion ab. Warte darauf, dass sie meine Frage beantwortet und zugibt, dass sie mich angelogen, mich bewusst von meiner einzigen, lebenden Verbindung zu meiner Mutter ferngehalten hat. Obwohl ich weiß, dass mein Warten vergeblich ist, harre ich aus. Stillschweigend flehe ich sie an, mir in die Augen zu sehen und ehrlich zu sein.
Als meine Mom starb und mein Dad Colleen geheiratet hat, versuchte ich zu verstehen, wie er zwanzig Jahre seines Lebens mit meiner Mom verbringen und nach ihrem Tod so schnell weitermachen konnte. Ich fand keine Erklärung, aber ich liebte meinen Dad, also unterstützte ich ihn. Ich versuchte sogar, eine Beziehung zu Colleen aufzubauen, weil ich wusste, es würde ihn glücklich machen, doch es hat nie funktioniert, denn sie war nie an mir oder meinem Leben interessiert. Meinem Dad ist das fehlende Band zwischen uns nicht aufgefallen. Ein Band, das sich nie entwickelt hat. Nicht mal, nachdem mein Dad starb; damals war ich erst sechzehn Jahre alt.
»Warum hast du mir gesagt, sie sei gestorben?«, wiederhole ich die Frage, die ich ihr gestellt habe, sobald wir an unserem Tisch in dem schicken Restaurant Platz nahmen, das sie für unser Treffen ausgesucht hat.
Wie immer sieht sie perfekt aus. Ihr blondes Haar steckt in einem festen Dutt, ihr Make-up ist niveauvoll, ihr Hosenanzug feminin und akkurat. Colleen ähnelt meiner Mom überhaupt nicht. Mom trug immer bodenlange, blumige Röcke mit farbenfrohen Oberteilen und so viel Schmuck, dass man sie aus mehreren Kilometern Entfernung kommen hören konnte. Ich habe nie verstanden, wie mein Dad von einer Frau, die so voller Energie und Leben war, zu einer übergehen konnte, die so kalt wirkt wie ein toter Fisch.
»Sie war nicht richtig im Kopf«, meint sie endlich, legt ihre Serviette gefaltet auf ihren Schoß und greift nach ihrem Wasserglas. Meinem Blick ausweichend, nimmt sie einen Schluck.
»Sie ist meine Großmutter.«
»Sie wollte, dass du bei ihr wohnst.« Ihr Blick trifft meinen und ich beobachte, wie sie ihre Lippen fest zusammenpresst. »Stell dir vor, wie es wäre, bei dieser Frau zu leben.« Ihre Mundwinkel kräuseln sich, und ich schüttle den Kopf.
Ihre Meinung überrascht mich nicht. Colleen hat immer schon jeden verurteilt. Seit jeher hielt sie sich für etwas Besseres. Ähnlich wie meine Mom war oder ist meine Großmutter anders als die meisten Frauen heutzutage. Grandma baute ihr eigenes Gemüse an, machte Marmelade, wenn bestimmte Früchte gerade reif wurden, nähte ihre eigenen Kleider, strickte ihre eigenen Pullover ... Nachdem meine Mom verstorben war, wollte sie mir all diese Dinge ebenfalls beibringen. Nach dem Tod meines Dads dachte ich mit sechzehn Jahren, ich würde mich auf sie verlassen können. Aber mir wurde gesagt, sie sei eine Woche nach der Beerdigung meines Vaters ebenfalls von uns gegangen.
»Du solltest mir danken, dass ich dich davor bewahrt habe. Welche Art von Leben wäre das denn gewesen?«
»Dir danken?«, flüstere ich voller Unglauben.
»Ich hätte nach dem Ableben deines Vaters die Verantwortung für dich nicht übernehmen müssen.«
»Du hast recht. Das hättest du nicht. Aber du hättest auch eine ganze Menge Geld weniger gehabt, wenn du das abgelehnt hättest. Ich habe das Testament gelesen. Dort stand, dass du das Geld nur bekommen würdest, wenn du einige Bedingungen erfüllst. Dazu zählte die Übernahme meines Sorgerechts«, erinnere ich sie.
Ihre Nasenflügel blähen sich.
Bevor sie meinen Vater geheiratet hat, hatte sie nichts besessen. Sie mag in ausgefallener Kleidung herumstolziert sein und sich ausgedrückt haben, als hätte sie die ganze Welt bereist. Damals schon hatte sie einen teuren Geschmack. Aber sie stammte nicht aus einer reichen Familie und hatte auch kein Geld, als sie meinen Vater heiratete. Sie war seine Sekretärin gewesen. Auf diese Art lernten sie sich kennen. Ich weiß nicht, ob mein Dad bereits eine Affäre mit ihr hatte, als meine Mom noch am Leben war.
»Dein Vater und ich waren verheiratet. Was das Seine war, wurde das Meine.«
»Das erklärt immer noch nicht, warum du mich von meiner Großmutter ferngehalten hast. Warum du mir vorgelogen hast, sie wäre tot, obwohl sie sehr wohl am Leben ist.«
»Dein Vater hätte nicht gewollt, dass du bei dieser Frau in Tennessee wohnst.«
»Das weißt du nicht«, gebe ich leise zu bedenken.
Sie richtet sich auf. »Doch, das weiß ich. Ich habe getan, was ich tun musste, um seine Wünsche zu ehren. Hätte ich dir nach dem Tod deines Vaters gesagt, dass sie deinen Umzug zu ihr nach Tennessee will, wärst du gegangen. Du wärst dorthin gezogen, hättest die Schule geschmissen und wärst am Ende schwanger in einem Wohnwagen mit fünf Kindern gelandet. Mit einem Ehemann, der dich betrügt, wann immer er kann. Ich habe dich vor diesem Leben bewahrt.«
»Bist du verrückt?«, frage ich und würde am liebsten über den Tisch langen und meine Hände um ihren schlanken Hals legen.
»Dein Vater hat mir alles über diese Stadt erzählt. Er hat mir anvertraut, wie sehr er sie gehasst hat.«
»Er hat sie nie gehasst. Er hat sich dort in meine Mom verliebt.«
»Und sich gewünscht, es wäre nie passiert«, sagt sie, als würde sie mir bloß mitteilen, welche Farbe der Himmel hat oder wo sie ihre Schuhe gekauft hat.
Die Aussage ist nonchalant, aber der Schmerz, den sie in meinem Herzen hinterlässt, ist verheerend. Denn ich weiß, dass sie die Wahrheit spricht. Ich habe meinen Vater mehr als nur einmal nach dem Tod meiner Mutter sagen gehört, dass er wünschte, er hätte sich nie in meine Mom verliebt. Es schien, als sei er nie über ihren Verlust hinweggekommen. Aber vielleicht war noch etwas anderes der Grund dafür. Vielleicht hat er sie tatsächlich nie geliebt.
»Ich will nicht mit dir streiten, Gia«, seufzt Colleen und reibt sich die Stirn, als wäre ein Gespräch mit mir zu viel für sie.
»Ich verlasse in ein paar Tagen die Stadt. Grandma braucht mich. Ich weiß noch nicht, wann ich wiederkomme.«
»Du bist jetzt erwachsen, also kannst du tun, was du willst. Ich kann dich nicht aufhalten.« Colleen winkt meine Aussage ab, als würde sie ihr nichts bedeuten. Als würde ich ihr nichts bedeuten.
Es sollte nicht wehtun, aber das tut es dennoch.
»Okay.« Mit den Händen auf dem Tisch, schiebe ich meinen Stuhl zurück und stehe auf. Ich schaue sie nicht an, während ich mich entferne. Zu sehr muss ich mich darauf konzentrieren, nicht umzukippen. Meine Beine zittern, als ich mir meinen Weg durch das volle Restaurant zur Tür bahne. Überraschenderweise schaffe ich es nach draußen zu meinem Jeep, ohne auf dem Parkplatz auf die Knie zu fallen. Sobald ich hinter dem Steuer sitze, lasse ich den Kopf nach hinten gegen die Lehne sinken.
Ich wünschte, meine Mom wäre hier, um mir einen Rat zu geben und mir zu sagen, dass alles wieder gut wird. Und ich wünschte, mein Dad wäre hier, damit ich ihn anschreien und ihm klarmachen könnte, was für ein Arschloch er ist, weil er mich mit diesem Miststück allein gelassen hat.
»Reiß dich zusammen, Gia. Durch diese Scheiße musst du jetzt durch«, flüstere ich mir zu.
Ich starte den Motor und mache mich auf den Heimweg. Als ich dreißig Minuten später in meine Einfahrt einbiege, sehe ich, dass es meine beste Freundin bereits nach Hause geschafft hat, und muss lächeln. Nachdem ich den Jeep abgestellt und mir meine Taschen geschnappt habe, stelle ich sicher, dass der Alarm an ist, damit mein Auto nicht geklaut wird. Wäre nicht das erste Mal. Meine Nachbarschaft ist okay, Verbrechen passieren hier dennoch ziemlich oft. Autodiebstahl insbesondere.
»Du hast lang nach Hause gebraucht«, begrüßt mich meine beste Freundin seit Kindheitstagen und hält mir mit einer Hand die Fliegengittertür zu unserem Haus auf. In der anderen entdecke ich ein Glas Wein. Wie es aussieht, ist Natasha schon vor einer Weile hier gelandet. Sie hat ihr Make-up bereits entfernt, ihr aschblondes Haar in einem Dutt zusammengefasst und ihre Arbeitskleidung gegen Jogginghosen und einen übergroßen Hoodie getauscht.
»Ich habe mich mit Colleen getroffen«, erkläre ich, während ich an ihr vorbeigehe und ihr das Weinglas aus der Hand nehme.
»Und, was hatte der Fisch zu der ganzen Situation zu sagen?«, fragt Natasha und benutzt dabei den Spitznamen, den sie Colleen im Alter von zwölf Jahren verpasst hat, nachdem sich diese die Lippen hatte machen lassen.
»Sie meinte, sie hätte mich davor bewahrt, fünf Kinder und einen Ehemann zu bekommen, der mich betrügt.«
»Ach du Schande. Hat sie nicht«, knurrt Nat auf dem Weg zum Kühlschrank, aus dem sie die Flasche Wein holt.
»Doch natürlich.« Ich werfe mich auf die Couch und nehme einen riesigen Schluck Wein, bevor ich fortfahre. »Sie meinte außerdem, mein Dad hätte gewollt, dass sie mich von meiner Grandma fernhält.«
»Warum sollte er das gewollt haben?« Sie runzelt die Stirn, schnappt sich die Fernbedienung und macht den Fernseher aus.
»Keine Ahnung, aber ich glaube ihr. Er hat sich mit Grandma nie gut verstanden, und nachdem meine Mom verstorben war, wurde die Beziehung zwischen den beiden noch schlechter.«
Mit der Weinflasche in der Hand kommt Natasha zur Couch und setzt...




