E-Book, Deutsch, 260 Seiten
Reynolds For nEver
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-903413-66-5
Verlag: Romance Edition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 260 Seiten
ISBN: 978-3-903413-66-5
Verlag: Romance Edition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Aurora Rose Reynolds lebt mit ihrem Mann, ihrem Sohn und ihrer Dogge Blue in Tennessee. Wenn sie ihre Zeit nicht mit ihrer Familie oder dem Schreiben verbringt, steckt sie ihre Nase am liebsten in Bücher. Auf ihren Reisen quer durch die Welt und ihren Lebensabschnitten in vielen Teilen der USA hat Aurora unzählige Freundschaften geschlossen - all diese Erfahrungen und Menschen liefern ihr heute Material für ihre Geschichten.
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2. Kapitel
Treffen mit Mr Miesepeter
Eine Handtasche über meine Schulter geschwungen und mit Stöckelschuhen an den Füßen fühle ich mich überhaupt nicht wie ich selbst. In den letzten Jahren habe ich hauptsächlich bequeme Kleidung und Turnschuhe getragen. Ich öffne die Eingangstür von Ellis Technologies und bemerke sofort das geschäftige Treiben. Das riesige zweistöckige Großraumbüro ist erfüllt von leisem Gemurmel. Zwischen den Arbeitsplätzen gehen Männer und Frauen zielstrebig umher, wie die winzigen Ameisen in den Glasschaukästen, die ich in meinem Klassenzimmer stehen habe, damit meine Schüler sie beobachten können.
»Kann ich Ihnen helfen?«
Ich drehe den Kopf und entdecke einen sehr attraktiven Mann in einer Sicherheitsuniform. Er kommt über die sonnenbeschienenen weißen Fliesen auf mich zu, und ich werfe einen schnellen Blick auf sein Namensschild. Mike.
»Hallo, ich bin die Vertretung von Christy Smith.«
»Penny, richtig?«, fragt er, und ich nicke. »Christy hat dich mir schon angekündigt«, informiert er mich freundlich und deutet dann nach rechts. »Wir müssen da lang. Erst besorgen wir dir einen Personalausweis, dann bringe ich dich zu Christys Schreibtisch und stelle dich Jace vor.«
»Toll.« Meine Absätze klackern über die Fliesen, als ich ihm durch die Halle folge. Das Geräusch zieht die Aufmerksamkeit der emsigen Arbeitsbienen auf sich und lässt einen nach dem andern innehalten. Ich schlucke, als mir bewusst wird, wie sehr ich aus der Menge heraussteche. Nicht nur mit meinen kupferfarbenen Haaren, die ich zu einem hohen Dutt gebunden habe, sondern vor allem wegen meines schicken Business-Outfits. Offenbar wird hier ein lockerer Kleidungsstil bevorzugt, denn die anderen tragen Jeans, Shorts und T-Shirts, als wären sie auf dem Weg in den Supermarkt und nicht an ihrem Arbeitsplatz.
Meine Wangen werden heiß, und ein unangenehmes Gefühl sammelt sich in meiner Brust. So fehl am Platz habe ich mich seit der Highschool nicht mehr gefühlt. Ich vermeide jeglichen Blickkontakt und bleibe dicht hinter Mike.
Wir halten kurz an, um ein Foto von mir zu machen. Mit dem frisch gedruckten Ausweis setzen wir unseren Weg fort. Diesmal geht es eine Treppe nach oben, wo wir bei langen Schreibtischreihen vorbeikommen, die mich an die Tischordnung in meinem Klassenzimmer erinnern. Nur dass hier niemand sitzt. Alle stehen, entweder in kleinen Gruppen zusammengetrottet und in eine Unterhaltung vertieft, oder sie starren auf die riesigen Bildschirme, die an jeder Seite des Raumes angebracht sind. Darauf sind Zahlen und Videospiele zu erkennen.
Vor einer Wand bleibt Mike stehen und drückt einen Knopf. »Du wirst dich hier drin aufhalten«, erklärt er mir über seine Schulter hinweg, bevor eine Milchglastür neben uns aufgleitet und den Blick auf ein großes Eckbüro mit raumhohen Fenstern freigibt. Als ich das Zimmer betrete, bin ich so von der Aussicht eingenommen, dass ich ohne nachzudenken darauf zugehe. Da ich näher an Modesto als an San Francisco wohne, kann ich die Golden Gate Bridge und die grünen Hügel dahinter nie sehen, aber von hier aus ist der Blick einfach atemberaubend.
»Penny, richtig?«, tönt eine tiefe, männliche Stimme durch den Raum und lässt mich zusammenzucken. »Sag mir, wenn du dich an der Aussicht sattgesehen hast, damit wir mit der Arbeit beginnen können.«
Ich drehe mich in die Richtung, woher die Stimme kam, und drücke meine Hand über mein wild pochendes Herz.
Erst sehe ich nur einen schwarz lackierten Schreibtisch, der mit Papieren und Kaffeetassen übersät ist, dann bemerke ich den dunkelhaarigen Mann dahinter. Kurz gerate ich ins Stocken. Seine dickrandige Brille ist nicht das einzig Auffällige an ihm, denn auch sein ordentlich gestutzter Vollbart zieht sofort meine Aufmerksamkeit auf sich. Die Brille verleiht ihm einen nerdigen Charme, aber die Tattoos auf seinen Armen, die unter seinen T-Shirt-Ärmeln hervorlugen und bis hinunter zu seinen Handgelenken reichen, verleihen ihm eine lässige Ausstrahlung, die auch zu seiner lockeren Haltung passt. Plötzlich muss ich an Superman denken. Ich wette, wenn der Mann vor mir einen Anzug anziehen würde, wäre er kaum wiederzuerkennen – so wie Clark Kent.
Als er sich von seinem Bürostuhl erhebt, trete ich nervös auf der Stelle. Ich komme mir wie eine Idiotin vor, weil ich Christy nicht nach der Kleiderordnung gefragt habe. Sonst hätte ich gewusst, dass es hier keine gibt. Wie alle anderen in der Firma trägt der Mann vor mir T-Shirt und Shorts – mit dem Unterschied, dass der schwarze Stoff seines Oberteils teuer und frisch gebügelt aussieht. Genauso wie seine khakifarbenen Shorts, die ihm überraschenderweise gut stehen.
Ich rufe mir in Erinnerung, dass ich nicht nur die Aushilfssekretärin eines Mitarbeiters bin, sondern die des Unternehmensleiters. Ein Chef ist sicher nicht so leger gekleidet. Und wenn doch, dann hätte uns Mike längst vorgestellt. Da dieser noch keinen Ton von sich gegeben hat, muss der bärtige Typ ein weiterer Angestellter sein. Ein unhöflicher noch dazu.
»Nun, Penny?«
Ich räuspere mich und halte seinem Blick stand. »Tut mir leid. Die Aussicht von hier ist einfach wunderschön.« Als mir meine Worte bewusst werden, schießt Hitze in meine Wangen. »Ich meine, die Aussicht auf San Francisco ist wunderschön. Auf keinen Fall wollte ich andeuten, dass du wunderschön bist«, stammle ich und trete ins nächste Fettnäpfchen. Über mich selbst genervt, drücke ich die Augen zu und schüttle den Kopf. »Womit ich keineswegs sagen will, dass du unattraktiv wärst.«
»Da wir nun festgestellt haben, dass du mich weder hässlich noch wunderschön findest, kannst du mir bestimmt den Grund nennen, warum du dich verspätet hast.«
Ich runzle die Stirn. »Ich habe mich nicht verspätet«, entgegne ich und beobachte, wie er auf mich zugeht.
»Wir fangen um sieben an.« Er blickt auf die schicke Uhr an seinem Handgelenk. »Jetzt ist es nach acht. Du bist eine Stunde zu spät.«
»Christy hat mir gesagt, dass ich um acht hier sein soll«, verteidige ich mich. Wer zum Teufel beginnt um sieben Uhr zu arbeiten?, denke ich insgeheim. Selbst die Schulen sperren für Lehrkräfte erst um diese Zeit auf, der Unterricht beginnt dann um acht. Vielleicht will dieser unhöfliche Typ eine Stunde vor dem Chef da sein, um sich auf den Tag vorzubereiten? Aber ist das nicht eigentlich die Aufgabe der Sekretärin? Heißt das, ich muss jeden Tag um sechs Uhr hier sein?
»Scheint so, als kommt ihr beide klar«, murmelt Mike von der Tür her. Ich beiße mir auf die Unterlippe, als sich der Mann vor mir zu ihm umwendet und ihn mit einem mürrischen Blick taxiert.
»Danke, Mike. Ich übernehme ab hier.«
Mike nickt und lenkt seinen Blick auf mich. »Es hat mich gefreut, Penny.«
»Mich auch«, gebe ich zurück und hebe die Hand zum Gruß.
Bevor Mike den Raum verlässt, sieht er noch einmal zu dem miesepetrigen Kerl neben mir. »Jace.«
Es ist, als hätte er mir einen Schlag versetzt, der die ganze Luft aus meiner Lunge presst. Mit diesem einen Wort ist klar, dass Mr Miesepeter nicht mein Kollege, sondern mein vorübergehender Chef ist. Am liebsten würde ich unter seinem finsteren Blick im Erdboden versinken.
»Die Meetings beginnen um sieben. Das Büro öffnet um acht«, erklärt Jace, wie in Jace Ellis, als sich die Schiebetür hinter Mike schließt.
»Es tut mir leid. Ich hatte keine Ahnung«, stottere ich mit einem verlegenen Lächeln auf den Lippen.
»Jetzt weißt du es.« Er geht an mir vorbei und berührt einen Knopf an der Wand, die sich daraufhin zu einem kleineren Büro mit der gleichen spektakulären Aussicht öffnet. »Das ist dein Bereich. Ich gehe davon aus, dass Christy nicht gelogen hat und du weißt, wie man tippt und ans Telefon geht.«
»Entspricht alles der Wahrheit«, antworte ich ihm, während er einen Laptop auf dem Schreibtisch öffnet.
»Wie du bestimmt weißt, wird Christy von zu Hause aus die dringendsten Angelegenheiten erledigen, trotzdem brauche ich jemanden im Büro, der sich um meinen Terminplan und die täglichen Aufgaben kümmert.«
»Sie hat gerade ein Baby bekommen«, erinnere ich ihn, denn er klingt verärgert darüber, dass sie zu Hause bei ihrem Kind anstatt hier bei ihm ist.
Er dreht den Kopf und sieht mich aus zusammengekniffenen Augen an. Da ich im Umgang mit verärgerten Blicken geübt bin, halte ich seinem mühelos stand. Schließlich fährt er mit seiner Unterweisung fort.
»Der Computer ist dein Hauptarbeitsinstrument«, erklärt er und sein Kiefer zuckt dabei. »Setz dich, damit ich dir unser Programm zeigen kann. Anschließend muss ich zu einer Besprechung.«
»Klar.« Ich schiebe mich vorsichtig zwischen ihm und dem Schreibtisch durch. Dabei ziehe ich meinen Bauch ein, damit ich nicht versehentlich gegen ihn stoße. Als ich Platz nehme, stelle ich meine Tasche auf den Boden, und schon rückt Jace neben mich. Der Moschusduft seines Rasierwassers dringt in meine Nase. Es riecht nicht aufdringlich. Als er sich jedoch vorbeugt, um näher an den Computer zu kommen, nähert er sich unweigerlich auch mir. Seine Wärme gepaart mit diesem Rasierwasser bringen mich ein wenig aus dem Konzept.
»Das ist unser E-Mail-Programm.« Er klickt auf ein kleines Symbol in der Ecke des Bildschirms, woraufhin sich ein Fenster öffnet. »Ich habe eine Adresse für dich eingerichtet. Die Terminplanung läuft bei uns fast ausschließlich über Mail.«...




