Roth | Täuschung | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 176 Seiten

Roth Täuschung

Roman
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-446-25134-2
Verlag: Carl Hanser
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 176 Seiten

ISBN: 978-3-446-25134-2
Verlag: Carl Hanser
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein wildes Spiel über die Täuschungen der Liebe. Beziehen sich die Notizen über eine exzessive erotische Beziehung, die die Ehefrau des Schriftstellers findet, auf eine wirkliche Geschichte - oder sind sie nur Material für einen Roman? Getäuscht sind am Ende alle - enttäuscht ist keiner. Denn die so beiläufig wirkenden Szenen sind kunstvoll miteinander verknüpft, und hinter dem burlesken erotischen Feuerwerk erscheint das gar nicht so komische Bild unserer Gesellschaft mit ihrem Ehrgeiz, ihrem Prestigedenken, ihren Vorurteilen, ihrer Kontaktarmut und ihrer sexuellen Gier.

Philip Roth wurde 1933 in Newark, New Jersey, geboren und starb 2018 in New York City. 1998 erhielt er für Amerikanisches Idyll den Pulitzerpreis. Ebenfalls 1998 wurde ihm im Weißen Haus die National Medal of Arts verliehen, und 2001 erhielt er die höchste Auszeichnung der American Academy of Arts and Letters, die Gold Medal, mit der unter anderem John Dos Passos, William Faulkner und Saul Bellow ausgezeichnet worden sind. Er hat zweimal den National Book Award und den National Book Critics Circle Award erhalten, dreimal den PEN/Faulkner Award und außerdem den PEN/Nabokov Award und den PEN/Saul Bellow Award. Bei Hanser erschienen zuletzt u.a. Das sterbende Tier (Roman, 2003), Shop Talk (Ein Schriftsteller, seine Kollegen und ihr Werk, 2004), Jedermann (Roman, 2006), Mein Leben als Mann (Roman, Neuausgabe 2007), Eigene und fremde Bücher, wiedergelesen (2007), Exit Ghost (Roman, 2008), Empörung (Roman, 2009), Portnoys Beschwerden (Neuübersetzung, 2009), Die Demütigung (2010) und Nemesis (2011), außerdem 2018 in Neuausgaben die Romane Amerikanisches Idyll, Der menschliche Makel und Verschwörung gegen Amerika sowie Mein Leben als Sohn.
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»Ich schreibe sie hin. Du fängst an.«

»Wie soll es heißen?«

»Ich weiß nicht. Wie wollen wir es nennen?«

»Fragebogen-zum-Traum-miteinander-durchzubrennen.«

»Fragebogen-für-Liebespaare-zum-Traum-miteinander-durchzubrennen.«

»Fragebogen-für-Liebespaare-mittleren-Alters-zum-Traum-miteinander-durchzubrennen.«

»Du bist nicht mittleren Alters.«

»Aber ganz gewiß doch.«

»Ich finde dich jung.«

»Tatsächlich? Nun, das muß auf jeden Fall mit in den Fragebogen aufgenommen werden. Alle Fragen sind von beiden Bewerbern zu beantworten.«

»Fang an.«

»Was würde dir als erstes an mir auf die Nerven fallen?«

»Wenn du dich von deiner schlimmsten Seite zeigst, was ist deine schlimmste Seite?«

»Bist du wirklich so vital? Entsprechen wir uns im Energieniveau?«

»Bist du ein ausgeglichener und charmanter extrovertierter Mensch, oder bist du eine neurotische Einsiedlernatur?«

»Wie lange wird es dauern, bis du dich zu einer anderen Frau hingezogen fühlst?«

»Oder einem Mann.«

»Du darfst nie älter werden. Denkst du das auch von mir? Denkst du überhaupt daran?«

»Wie viele Männer oder Frauen mußt du auf einmal haben?«

»Von wie vielen Kindern willst du dein Leben beeinträchtigen lassen?«

»Wie ordentlich bist du?«

»Bist du ganz und gar heterosexuell?«

»Hast du irgendeine spezielle Vorstellung von dem, was dich an mir interessiert? Genaue Angaben bitte.«

»Lügst du manchmal? Hast du mich schon belogen? Findest du, daß Lügen ganz normal ist, oder bist du dagegen?«

»Würdest du erwarten, daß man dir die Wahrheit sagt, wenn du sie forderst?«

»Würdest du die Wahrheit verlangen?«

»Hältst du es für Schwäche, wenn jemand großzügig ist?«

»Macht es dir etwas aus, schwach zu sein?«

»Macht es dir etwas aus, stark zu sein?«

»Wieviel Geld kann ich ausgeben, ohne daß du dich darüber ärgerst? Würdest du mir deine Visa-Karte überlassen, ohne Fragen zu stellen? Würdest du mir überhaupt Verfügungsgewalt über dein Geld einräumen?«

»In welcher Hinsicht bin ich jetzt schon eine Enttäuschung?«

»Was bringt dich außer Fassung? Sag es mir. Weißt du es überhaupt?«

»Was sind deine wahren Gefühle Juden gegenüber?«

»Wirst du bald sterben? Bist du geistig und körperlich fit? Detaillierte Angaben bitte.«

»Würdest du jemanden vorziehen, der reicher wäre?«

»Wie ungeschickt wärst du, wenn wir entdeckt würden? Was würdest du sagen, wenn jemand zur Tür hereinkäme? Wer bin ich, und inwiefern ist alles in Ordnung?«

»Welche Dinge erzählst du mir nicht? Fünfundzwanzig. Noch Fragen?«

»Mir fallen keine mehr ein.«

»Ich bin gespannt auf deine Antworten.«

»Und ich auf deine. Ich habe noch eine.«

»Ja?«

»Gefällt dir, was ich trage?«

»Jetzt übertreibst du aber.«

»Ganz und gar nicht. Je trivialer der Makel, desto größer der Ärger, den er erregt. Das ist meine Erfahrung.«

»In Ordnung. Letzte Frage?«

»Ich hab sie. Ich hab sie. Die letzte Frage. Hegst du irgendwie in irgendeinem Winkel deines Herzens immer noch die Illusion, daß die Ehe eine Liebesangelegenheit ist? Falls ja, könnte das sehr viel Ärger mit sich bringen.«

*

»Mein Mann hat neulich von seiner Freundin ein Geschenk bekommen. Sie ist sehr prätentiös, so eine furchtbar eifersüchtige und ehrgeizige Person. Bei ihr muß alles immer hochdramatisch sein. Sie hat ihm eine bestimmte Schallplatte geschenkt. Ich erinnere mich nicht mehr, aber es ist ein sehr bekanntes, sehr schönes Musikstück. Schubert – und dabei geht alles darum, daß er sie verloren hat, die größte Leidenschaft seines Lebens, die interessanteste Frau des Jahrhunderts, die groß war und schlank – ach, alles bezieht sich darauf. Das geht deutlich aus dem Text des Plattencovers hervor, also inwiefern es die größte Leidenschaft sei, die je habe entstehen können, die traute Vermählung trauter Gemüter, und all dieses ausgesprochen schwülstige Zeugs darüber, welches Elend und welche Ekstase die Trennung durch das grausame Geschick bedeute. Es war ganz eindeutig ein prätentiöses Geschenk. Er macht den Fehler, daß er in all diesen Dingen offen ist, verstehst du? Er hätte einfach sagen können, er habe sie selbst gekauft. Doch er hat mir erzählt, daß sie von ihr stammt. Und ich glaube nicht, daß er sich die Rückseite angesehen hat. Eines Abends war ich betrunken, und ich habe dieses rosa Zeugs, mit dem man Sachen anstreicht und dadurch hervorhebt. Und damit habe ich etwa sieben Sätze angestrichen, die einfach wahnsinnig komisch aussahen, nachdem sie so hervorgehoben waren. Dann zog ich mich ruhig in würdevolle Distanz zurück und überreichte ihm die Schallplattenhülle. Findest du das schrecklich von mir?«

»Warum warst du betrunken?«

»Ich war nicht betrunken. Ich hatte mir nur viele Drinks genehmigt.«

»Du trinkst abends viel.«

»Naja.«

»Wieviel?«

»Ach, ich trinke Unmengen. Kommt darauf an. An manchen Abenden trinke ich gar nichts. Aber wenn ich trinken würde, könnte ich leicht ein paar Doppelte vor dem Abendessen trinken, und danach noch ein paar, und dazwischen Wein. Ich wäre nicht einmal betrunken. Ich wäre nur irgendwie gehobener Stimmung.«

»Dann kommst du in diesen Tagen nicht allzuviel zum Lesen.«

»Nein. Obwohl ich allein nicht trinke. Es ist jemand da, wenn ich trinke. Wenn wir auch eigentlich nicht viel zusammen sind. Nun ja, in letzter Zeit schon – aber das ist ungewöhnlich.«

»Ein seltsames Leben, das du da führst.«

»Ja, seltsam ist es schon. Es ist falsch. Aber so ist es nun mal, das ist mein Leben.«

»Wie unglücklich bist du?«

»Ich stelle fest, daß es in Phasen verläuft. Man hat Phasen, die sind grausig. Und dann lange Phasen von so etwas wie Ruhe und Liebe. Es gab eine lange Zeit, da schien es, daß all diese Dinge immer schlimmer würden. Und dann gab es eine kurze Zeit, da sie sich von selbst zu erledigen schienen. Und jetzt glaube ich, daß keiner von uns beiden sich allzu viele Konfrontationen wünscht. Weil das zu nichts führt. Und das Zusammenleben einfach noch viel schwerer macht.«

»Schlaft ihr nach wie vor miteinander?«

»Ich dachte schon, daß du mich das fragen würdest. Ich werde diese Frage nicht beantworten. Wenn du irgend etwas in Europa sehen möchtest, ich weiß genau, wo ich hinfahren möchte.«

»Du mit mir?«

»Hm. Amsterdam. Da war ich noch nie. Und es gibt dort eine wunderbare Ausstellung.«

*

»Du schaust auf die Uhr, um zu sehen, wie spät es ist.«

»Menschen, die zuviel trinken, schauen oft auf die Uhr, ehe sie ihren ersten Drink zu sich nehmen. Für alle Fälle.«

»Was ist los?«

»Ach, nichts. Zwei Kindermädchen, zwei Kinder und zwei Putzfrauen, alle zanken, und dann das übliche feuchte englische Wetter. Außerdem hat sich meine Tochter seit ihrer Krankheit angewöhnt, mich zu jeder beliebigen Zeit zu wekken, um drei, vier, fünf. Es macht mich richtig müde, daß ich mich in all meinen Verantwortlichkeiten so verantwortlich fühle. Ich brauche einen Ruhetag. Und ich glaube nicht, daß wir unsere sexuelle Beziehung fortsetzen können. Dafür ist der Tag zu kurz.«

»Ist das wahr? Das wäre aber schlimm.«

»Nein, ich glaube nicht, daß es geht. Bist du nicht im Grunde auch der Meinung? Das letzte Mal, als wir darüber geredet haben, sind deine eigenen Worte da nicht etwa in dieselbe Richtung gegangen?«

»Ach, ich verstehe. Das ist jetzt ein Präventivschlag. In Ordnung. Was immer du willst.«

Lacht. »Nun, ich glaube, es ist das beste so. Ich glaube, du hast dich sehr treffend ausgedrückt, als du sagtest, es würde dich wahnsinnig machen.«

»Was würde mich wahnsinnig machen?«

»Naja, all diese sexuellen Dinge. Du hast gesagt, du glaubst nicht, daß du auf eine bloß romantische Freundschaft sehr scharf wärest.«

»Ich verstehe.«

»Das ist jetzt irgendwie dein Wir-lassen-das-mal-auf-uns-zukommen-Gesichtsausdruck.«

»Nein, nein, ganz und gar nicht. Es ist mein Ich-höre-im-mer-noch-zu-Gesichtsausdruck.«

»Naja, ich hätte vielleicht nicht so vereinfachen sollen.«

»Tatsächlich? Oh, ich werde es für dich vereinfachen, wenn du es einfach haben willst.«

»Sag nicht nichts. Ich finde es gräßlich, wenn du nichts sagst.«

*

»Es ist sehr seltsam, dich zu sehen.«

»Seltsamer, als wenn man sich nicht sieht, oder?«

»Nein, normalerweise sehe ich dich nicht

»Du siehst ein bißchen anders aus. Was ist vorgefallen?«

»Daß ich so anders aussehe? Sag du mir, was anders ist, und ich werde dir sagen, was die Ursache ist. Bin ich größer, kleiner, dicker, breiter?«

»Nein, es ist sehr subtil.«

»Etwas Subtiles? Soll ich ernst sein? Du hast mir gefehlt.«

*

»Ich habe eine Freundin von uns besucht, die ihren Mann verlassen hat. Sie ist sehr klug, sie ist sehr schön, und sie ist sehr erfolgreich. Und sie hat extrem viel Mut und Selbstdisziplin. Und sie hat viel Geld. Und sie sieht schrecklich aus.«

»Wie lange ist sie jetzt allein?«

»Zwei Monate.«

»Sie wird...


Roth, Philip
Philip Roth wurde 1933 in Newark, New Jersey, geboren und starb 2018 in New York City. 1998 erhielt er für Amerikanisches Idyll den Pulitzerpreis. Ebenfalls 1998 wurde ihm im Weißen Haus die National Medal of Arts verliehen, und 2001 erhielt er die höchste Auszeichnung der American Academy of Arts and Letters, die Gold Medal, mit der unter anderem John Dos Passos, William Faulkner und Saul Bellow ausgezeichnet worden sind. Er hat zweimal den National Book Award und den National Book Critics Circle Award erhalten, dreimal den PEN/Faulkner Award und außerdem denPEN/Nabokov Award und den PEN/Saul Bellow Award. Bei Hanser erschienen zuletzt Der menschliche Makel (Roman, 2002), Das sterbende Tier (Roman, 2003), Shop Talk (Ein Schriftsteller, seine Kollegen und ihr Werk, 2004), Verschwörung gegen Amerika (Roman, 2005), Jedermann (Roman, 2006), Mein Leben als Mann (Roman, Neuausgabe 2007), Eigene und fremde Bücher, wiedergelesen (2007), Exit Ghost (Roman, 2008), Empörung (Roman, 2009), Portnoys Beschwerden (Neuübersetzung, 2009), Die Demütigung (2010) und Nemesis (2011).

Philip Roth wurde 1933 als Sohn jüdischer Eltern in New Jersey geboren. Nach dem Studium folgten Lehrtätigkeiten an mehreren Universitäten in den Vereinigten Staaten. Seit 1965 lebt er vorwiegend in New York. Sein Werk, in dem sich Philip Roth immer wieder mit der jüdischen Problematik auseinandersetzt, wurde mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet. Zuletzt erhielt er für Sabbath's Theater den National Book Award.



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