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E-Book, Deutsch, 288 Seiten

Roth / Weigand AMERIKA! AMERIKA!

Dietmar Kuegler: 04.06.1951 - 03.12.2022 | Autor und Verleger
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-95765-759-6
Verlag: p.machinery
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Dietmar Kuegler: 04.06.1951 - 03.12.2022 | Autor und Verleger

E-Book, Deutsch, 288 Seiten

ISBN: 978-3-95765-759-6
Verlag: p.machinery
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Sein Name ist den meisten geläufig, die sich im deutschen Sprachraum für die frühe Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika interessieren. Er galt seit vielen Jahren als _der_ Experte für den Bürgerkrieg zwischen Nord und Süd, für den Pelzhandel und die Eroberung der Prärien. In der Presse wurde er gelobt als der »wohl beste lebende deutsche Experte für die Geschichte der nordamerikanischen Pionierzeit«. Dietmar Kuegler wurde am 4. Juni 1951 im westfälischen Dolberg (heute Stadtteil von Ahlen) geboren. Mit siebzehn Jahren begann er zu schreiben und spezialisierte sich - zunächst sehr amateurhaft - auf die Schilderung von Westernabenteuern. Etwa in dieser Zeit, Ende der 1960er-Jahre, war er mit seiner Mutter auf die nordfriesische Insel Föhr gezogen. Kuegler machte Karriere. Er wurde verantwortlich für die Serien »Ronco - der Geächtete« sowie »Lobo - der Einzelgänger«, schrieb nicht nur Romane dazu, sondern war auch zuständig für die Exposés. Kueglers Romane gehören heute mit zum Besten, was deutsche Autoren nach 1945 an romanhaften Schilderungen über die amerikanische Pionierzeit geschaffen haben. Im Jahre 1984 hatte Kuegler den Verlag für Amerikanistik mit Sitz in Wyk auf Föhr gegründet und zeitgleich das »Magazin für Amerikanistik« von Thomas Ostwald übernommen, das mangels Abonnenten vor sich hindümpelte. Unter Kueglers Ägide als Chefredakteur gewann es Jahr für Jahr mehr an Profil und zunehmend internationale Anerkennung, sodass auch amerikanische Experten darin publizierten. Bis zu seinem Tode am 3. Dezember 2022 hat Kuegler insgesamt mehr als zweihundertfünfzig Sachtitel der verschiedensten Autoren zu den von ihm betreuten Themen vorgelegt. Mit Dietmar Kuegler verband Jörg und Karla Weigand eine enge Freundschaft. War Weigand ursprünglich, Mitte der 1970er-Jahre, auf die Insel gekommen, um den Exposé-Redakteur von »Ronco« und »Lobo« für einen längeren TV-Beitrag zum Thema Jugendmedienschutz mit der Kamera zu beobachten und »mit unangenehmen Fragen zu bedrängen« (Zitat Kuegler), kam es in den Folgejahren zu einer immer stärker werdenden Annäherung. 2023 war Jörg Weigand zum siebenundsechzigsten Mal auf Föhr, diesmal ohne Dietmar. Ein anderes Föhr; er fehlte. Der Besuch an seinem Grab war kein Ersatz. Die Autoren in diesem haben einen Freund verloren und die übrige Welt einen engagierten Vermittler zwischen den Welten: zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten.

Dietmar Kuegler (* 4. Juni 1951 in Dolberg; ? 3. Dezember 2022 in Oevenum auf Föhr) war ein deutscher Publizist und Verleger. Kuegler schilderte selbst, wie er als Kind erstmals in freundlichen Kontakt mit amerikanischen Soldaten geriet, die sein Interesse an diesem Land weckten. Nach der Lektüre der Karl-May-Erzählungen fasste er den Entschluss, sich intensiver mit der Geschichte der USA zu beschäftigen. Mit knapp 19 Jahren begann er, Western-Romane zu schreiben. 1976 veröffentlichte er das Sachbuch 'Sie starben in den Stiefeln' im 'Motorbuch-Verlag' (Stuttgart), weitere folgten dort. Seit der Ausgabe 2/1978 arbeitete er an der von Thomas Ostwald gegründeten Zeitschrift Magazin für Amerikanistik mit und übernahm 1985 die Zeitschrift, gründete dazu den 'Verlag für Amerikanistik'. Dort erschienen neben dem Magazin zahlreiche Sachbücher und Reprints zum Thema amerikanische Pioniergeschichte. Standardwerke für die Hobby-Szene wie die drei Bücher von Thomas Ostwald 'Das große Indianerhandbuch', 'Das große Trapperhandbuch' sowie 'Das große Handbuch der Pioniere' erlebten zahlreiche Neuauflagen und festigten den Ruf des Verlages in der Szene. 2006 wurde er lebenslanges Mitglied (Life Member) der Jesse James Gang von Minnesota. 2006 wurde er Honorable Deputy Sheriff des Rice County, Minnesota, ernannt durch den County Sheriff Crook. Am 17. Juni 2022 stellte das John Heinz History Center in Pittsburgh, Pennsylvania, ein Partnermuseum der Smithsonian Institution, Kuegler mit seinem Buch The World on Fire. The Beginning of the French & Indian War, dem amerikanischen Publikum vor. Die Vorstellung wurde für amerikanische Medien aufgezeichnet. Im Jahr 2013 war er kurzzeitig Besitzer der Wrixumer Mühle.
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Weitere Infos & Material


Rainer Eisfeld

Die organisierte Gewalt »selbstloser Männer«


Vigilantes in den Vereinigten Staaten

Vorbemerkung


Für die Ausgabe 2/1988 des Deutschen Waffen Journals (DJW), Jg. 24, verfasste Dietmar Kuegler 1988 einen Artikel, betitelt »Die Vigilanten von Montana« (S. 254–258). Als er zwei Jahrzehnte später, 2008, sein Buch Pulverdampf und Sternenbanner: Amerika erobert den Westen veröffentlichte, nahm Kuegler den Artikel darin auf – neben Themen wie dem Oregon-Trail, dem Bau von Union und Central Pacific, dem Goldrausch in Kalifornien oder der Tonto-Basin-Fehde in Arizona. Wieder ein Jahrzehnt später, 2018, verarbeitete er den Stoff in Romanform. Das Ergebnis nannte er ein weiteres Mal: Die Vigilanten von Montana.

Als Hauptfigur wählte Kuegler den Henker der Vigilanten, John X. Beidler (1832–1890). Über dessen Methoden schrieb er ohne Umschweife im Online-Magazin »Zauberspiegel«:*

»… Sein gnadenloses Vorgehen gegen Outlaws führte dazu, dass er – obwohl als U. S. Deputy Marshal offizieller Vertreter des Gesetzes – auch nach Ende des wilden Goldrausches mit den Vigilanten zusammenarbeitete. Nach der Säuberungsaktion der Bürgerwehr änderten sich die Zeiten, und Beidlers drastische Methoden fanden zunehmend öffentliche Kritik. 1870 wurde er selbst wegen Mordes angeklagt. Er hatte einen chinesischen Minenarbeiter, der einen Mann umgebracht hatte, verhaftet und nicht ins Gefängnis gebracht, sondern den noch immer existierenden Vigilanten übergeben, die ihn auf der Stelle aufgehängt hatten. Beidler entging einer Bestrafung und blieb U. S. Deputy Marshal bis zum Ende der 1880er-Jahre …«

Der folgende Beitrag ordnet die Selbstjustizausschüsse, denen Kueglers Interesse wie vielen anderen Fragen der Pioniergeschichte Amerikas galt, historisch ein und umreißt ihre nachträgliche (Selbst-) Idealisierung ebenso wie ihre kritische Beurteilung. Er erschien zuerst 2004 in dem Sammelband: Wachen, kontrollieren, patrouillieren (Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften) und wurde für diese Veröffentlichung leicht überarbeitet.

1. »Nation-Building«-Prozesse und die Rolle der Gewalt in politischen Kulturen


Wie lassen Aggressivität und Gewalttätigkeit in einer Gesellschaft sich vermindern? Unter welchen Umständen werden Menschen am ehesten lernen, ihre Affekte zu beherrschen, Wut und Hass zu zügeln? Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit Zwang verinnerlicht, Außenkontrolle durch Selbstkontrolle ersetzt, wirksame Triebhemmungen ausgebildet werden?

Langzeit-Vergleiche der »nation-building«-Prozesse in England, den USA und Deutschland legen fünf Hypothesen nahe:

Erstens müssen das Waffen- und damit das Gewaltmonopol des Staates dauerhaft gewahrt bleiben. Zweitens ist die schrittweise Schaffung und Erweiterung institutioneller Mechanismen erforderlich, damit politischer und sozialer Interessenausgleich selbstverständlich nicht konfliktfrei, wohl aber in friedlichen Bahnen verlaufen können. Mit anderen Worten: Partizipatorische Mitwirkung der Bürger muss die autoritäre Reglementierung von Untertanen zunehmend ablösen. Drittens bedarf es der Entwicklung einer politischen Kultur, in der die Führungsgruppen einer Gesellschaft auf die Mobilisierung von Angst- und Bedrohungsvorstellungen ebenso verzichten wie auf die Beschwörung übersteigerter Selbstwertgefühle. Viertens müssen die Einstellungsmaßstäbe der Polizei so beschaffen sein, dass Angehörige der Unterschichten sowie Mitglieder religiöser, kultureller und ethnischer Minderheiten gezielt rekrutiert werden. Fünftens schließlich müssen Ausbildung und Habitus dieser Polizei derart auf Zivilität gerichtet sein, dass sie mit einem Minimum an Bewaffnung und einem Maximum an Selbstkontrolle friedenswahrend wirkt.

Damit sind Maßstäbe beschrieben, die im geschichtlichen Verlauf allenfalls näherungsweise erreicht worden sind. Am ehesten scheint ihre längerfristige Verwirklichung in England gelungen zu sein, am wenigsten in den USA.

Norbert Elias hat während der 30er-Jahre des vorigen Jahrhunderts herausgearbeitet, dass die vergleichsweise kurze, 1688 beendete Dauer der höfisch-absolutistischen Phase sowie die wirtschaftliche und soziale Durchdringung von Landadel und städtischem Bürgertum in England zunächst zweierlei bewirkt haben: erstens politische Flexibilität und grundsätzliche Reformgeneigtheit, mittels derer in einer wiederum nächsten Phase auch der Brückenschlag zur Arbeiterschaft erfolgen konnte; in engem Zusammenhang damit zweitens allmähliche Schaffung des Rechts- und Bewusstseinssubjekts »King in Parliament« – inbegriffen Ober- und Unterhaus –, damit aber Etablierung von Mechanismus und Ort des politischen Interessenausgleichs sowie Einübung entsprechender Wert- und Verhaltensmuster (Elias 21969, S. 430 ff.).

Nach dem 2. Weltkrieg haben Gabriel Almond und Sidney Verba den Entwurf einer »civic culture« vorgelegt, das Modell einer partizipatorisch orientierten zivilgesellschaftlichen politischen Kultur, bei dessen Beschreibung sie noch betonter als Elias auf das englische Beispiel zurückgriffen, dem sie Vorbildcharakter zumaßen (Almond/Verba 1963, S. 7/8). Als historische Voraussetzungen für die Entstehung einer »civic culture« bezeichneten Almond und Verba wiederum die Versöhnung von Tradition und Moderne, die gegenseitige Durchdringung von Landadel und selbstbewusster Kaufmannschaft, die Etablierung der Grundsätze institutioneller Anpassung und schrittweiser Partizipationsausweitung, die schlussendliche Einbeziehung der Arbeiterschaft in diese, bereits konsolidierte, politische Kultur.

Freilich lässt sich Almond/Verba wie Elias vorhalten, dass ihre Argumentation sich zu sehr auf die Oberschichten konzentriert. Geoffrey Gorer hat in seiner Studie Exploring English Character gezeigt, dass von der elisabethanischen Ära bis weit ins 18. Jahrhundert hinein ein hohes Maß an Aggressivität und Gewalt in den englischen Mittel- und Unterschichten gang und gäbe war, die erst danach drastisch zurückging (vgl. Gorer 1955, S. 13 ff.). Als ausschlaggebend für den »Charakterwandel« während des 19. und frühen 20. Jahrhunderts erachtet Gorer die Einführung der unbewaffneten britischen Polizei zwischen 1829 (in London) und 1856 (im gesamten Königreich). Zahlreiche Indizien deuten laut Gorer darauf hin, dass ihre Rekrutierungs- und Verhaltensmaßstäbe – insbesondere die Betonung ihres Auftrags, nicht primär Verbrecher zu fassen, sondern »den Frieden zu wahren« – eine außerordentlich hohe Symbolwirkung auf die Bevölkerung ausübten; dass ihre Pflicht, stets »a perfect command of temper« an den Tag zu legen und ebenso »ruhig« wie »entschieden« aufzutreten, maßgeblich zur Verbreitung eben jener Selbstkontrolle, jenes »self-policing«, beitrug, das Gorer – wie schon Elias – in den Mittelpunkt seiner Überlegungen rückt (Gorer 1955, S. 295/296, 306 ff., 310/311).

Das insulare Beispiel wurde im britischen Dominion Kanada wiederholt, in dessen nordwestlichen Provinzen die Regierung 1874, noch während der Anfangsphase weißer Besiedlung, eine uniformierte und berittene Polizeitruppe stationierte. Im Unterschied zu der britischen Polizei war die North-West – später Royal Canadian – Mounted Police zwar bewaffnet. Ihr Auftrag lautete jedoch nicht unähnlich jener, »das Recht zu wahren«, und zwar unterschiedslos gegenüber Ureinwohnern wie gegenüber Weißen. Damit wurde nicht nur das staatliche Gewaltmonopol gewährleistet, sondern die Mounted Police etablierte sich wie die englische Polizei als Truppe, die weithin Vertrauen genoss und mit einem Minimum an Gewaltanwendung auskam – insbesondere im Vergleich zu den Verhältnissen, wie sie in den westlichen Gebieten der USA herrschten (vgl., statt vieler, Stenson 1999).

»Die große Linie der Zivilisationsbewegung … ist in allen Ländern des Abendlandes … die gleiche … Aber verschieden wie die Wege, die in den einzelnen Ländern entsprechend den Verschiedenheiten ihres Aufbaus und ihrer Lage dahin führen, ist auch das Gepräge des Verhaltens, das Schema der Affektregulierung, die Verwandlung von Fremdzwängen in Selbstzwänge« (Elias 21969: 430, 432).

Diese Verwandlung, diese Verinnerlichung des Gebots, die eigenen Affekte zu beherrschen, fiel in den USA wie in Deutschland über lange Zeiträume signifikant geringer aus als in England, jedoch aus diametral entgegengesetzten Gründen und mit entsprechend unterschiedlichen Konsequenzen.

Deutschland liefert ein Paradebeispiel für ein Land, in dessen Geschichte zweieinhalb Jahrhunderte lang, bis 1918, Befehl und Unterordnung, Militär- und Polizeigewalt die Gesellschaft »von oben« prägten. Die Mitwirkung der...



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