Rotthaus | Fallbuch der Systemischen Therapie mit Kindern und Jugendlichen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 226 Seiten

Reihe: Kinder- und Jugendlichentherapie

Rotthaus Fallbuch der Systemischen Therapie mit Kindern und Jugendlichen


1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-8497-8243-6
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

E-Book, Deutsch, 226 Seiten

Reihe: Kinder- und Jugendlichentherapie

ISBN: 978-3-8497-8243-6
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen ist eine komplexe Angelegenheit, die auch erfahrenen Therapeuten immer wieder alles abverlangt. Wilhelm Rotthaus hat für diesen Band 16 Fallberichte namhafter Kolleginnen und Kollegen zusammengestellt, die das Vorgehen und die Besonderheiten systemischer Kinder- und Jugendlichentherapie vermitteln und helfen, eigene Fälle erfolgreich zu beurteilen.

Die Beiträge decken alle Altersgruppen und gängigen Therapieanlässe ab, von Angststörungen über Traumafolgestörungen, Anorexia nervosa, Autismus bis zu spezifischen Phobien. Die Autorinnen und Autoren schildern charakteristische Aspekte ihres therapeutischen Vorgehens in der Arbeit mit Kindern bzw. Jugendlichen und deren Familien. Besonderer Wert wurde darauf gelegt, auch für Nichtsystemiker jeweils nachvollziehbar zu machen, welche Überlegungen den Therapieprozess geleitet haben und welche Therapiefaktoren – Haltung/Einstellung, Setting, Methoden – für besonders wesentlich erachtet wurden. So entsteht ein anschauliches und lehrreiches Bild systemtherapeutischen Handelns.

Mit Beiträgen von: Corina Ahlers, Mathias Berg, Wiltrud Brächter, Barbara Bräutigam, Michael Buscher, Andrea Caby, Filip Caby, Björn Enno Hermans, Alexander Korittko, Maren Krüger, Simone Lamerz, Christoph Möller, Bernd Reiners, Ingo Spitczok von Brisinski, Manfred Vogt, Livia Voneschen, Claudia Wach, Anne Wichtmann, Charlotte Wirl.

Rotthaus Fallbuch der Systemischen Therapie mit Kindern und Jugendlichen jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Luisa
Andrea Caby Störung des Sozialverhaltens; Enuresis, Enkopresis
Indexpatientin: Luisa (5 Jahre) Familie: Frau R., Herr R., Mattes (8 Jahre), Luisa Diagnose: Auf den familiären Rahmen beschränkte Störung des Sozialverhaltens; Enuresis, Enkopresis Therapiekontext: Sozialpädiatrisches Zentrum Therapietermine: 8 Therapiedauer: 5 Monate 1Gedanken zur Auswahl des Falles Bei der Frage nach einem Fall für dieses Buch war die Entscheidung schnell gefallen. Luisas ausdauernder Kampf für ihre Familie hat nicht nur mich als Therapeutin und uns im Team fasziniert, er wird womöglich auch andere in seinen Bann ziehen. Wenn man dieses Mädchen kennenlernt, wird man zunächst kaum nachvollziehen, wie eine Mutter so verzweifelt sein kann, dass sie sogar ein Abgeben dieses Kindes in Erwägung zieht – eine sehr eloquente und energiegeladene Fünfjährige, die in ihrem Verhalten jedoch so auffällig ist, wie man dies sonst nur bei Jugendlichen mit psychogenen Gangstörungen sieht. Gleichzeitig wird der Fall von einigen ominösen, aber zutreffenden Vorhersagen des Vaters begleitet, die einem in dieser Form selten begegnen. 2Fallverlauf Luisa Ein zierliches kleines Mädchen stellt sich gemeinsam mit ihrer Mutter vor und schaut sich mit ernstem bis kritischem Blick um. Sie werde bald fünf Jahre alt, erklärt sie der Therapeutin, und sie könne gut klettern. Die Mutter, Frau R., ist sehr besorgt. Sie hat um einen schnellen Termin gebeten und sieht dringenden Handlungsbedarf. Ihre kleine Tochter zeige zu Hause ein sehr auffälliges Verhalten, man wisse nicht mehr weiter. Das gesamte Familienleben sei extrem belastet. Zunächst erfährt die Therapeutin, dass Luisa eine sehr pfiffige junge Dame ist, die mit ihren Eltern, einem früheren Handwerksmeister mit pädagogischer Umschulung, und einer Physiotherapeutin sowie ihrem achtjährigen Bruder in einem Haushalt lebt. Beide Eltern sind berufstätig. Die Kinder besuchen die Kita bzw. die Grundschule und verstehen sich »geschwistermäßig« gut. Seit einiger Zeit müsse der Große jedoch viel Rücksicht nehmen. Luisa dominiere den Alltag und sei ganz klar die »Bestimmerin«. Die Therapeutin fragt Luisa nach dem Kindergarten und möglichen Freundinnen und Freunden. Mit großer Begeisterung und Selbstbewusstsein berichtet sie von verschiedenen Spielangeboten, Mal- und Bastelaktionen sowie ihrer besten Freundin Lilly. Sie gehe gerne in den Kindergarten. Nach Angabe ihrer Mutter ist sie dort ein »typisches« Vorschulkind, das den Jüngeren gegenüber auch mal belehrend auftrete, aber immer hilfsbereit und freundlich sei. Die Erzieherinnen seien voll des Lobes und bedauerten bereits, dass Luisa im kommenden Jahr in die Schule komme. Eine Weile sei sogar überlegt worden, sie vorzeitig einzuschulen. Diesem Vorschlag sei das Mädchen jedoch sehr ablehnend begegnet. Man habe diese Reaktion gar nicht erwartet, da Luisa sich schon für so viele Themen interessiere und sehr motiviert sei, etwas zu lernen. Sie interessiere sich bereits für Buchstaben und zähle bis hundert. Man erlebe sie ansonsten auch als ganz selbstständig und immer gut gelaunt. Stolz ergänzt das Mädchen, schon länger schwimmen und Rad fahren zu können. Die Therapeutin zeigt sich beeindruckt. Um deutlich zu machen, wie sportlich sie ist, beginnt Luisa im Raum herumzuhüpfen und auf die Untersuchungsliege zu klettern. Ihre Aktivitäten nehmen rasant an Geschwindigkeit zu, jedes Lob spornt sie weiter an. Als eine junge Kollegin den Raum betritt, um Material auszuleihen, zeigt sich Luisa gleich fasziniert und bittet darum, sich den Nebenraum ansehen zu dürfen. Dort steht ein größerer Tisch, an dem sie es sich gleich bequem macht und zu malen beginnt. Die Kollegin ist gerade durch einen Terminausfall in ihrem Zeitplan etwas flexibler und setzt sich währenddessen dazu. Vorstellungsanlass Im Vier-Augen-Gespräch beginnt Frau R. sofort, über ihr Leid und ihre Sorge wegen der Verhaltensprobleme von Luisa zu sprechen. Sie wisse sehr wohl um all die Fähigkeiten ihrer Tochter, doch habe diese »quasi zwei Gesichter«. Es gebe die Luisa in der Kita und bei anderen, und es gebe die Luisa daheim. Ganz besonders extrem sei es immer im Zusammensein mit ihr, der Mutter. Sobald sie Luisa zum Beispiel aus dem Kindergarten abhole, lasse sich diese bereits vor der Eingangstür fallen, schreie und gehe keinen Schritt mehr. Luisa lasse sich tragen, anziehen, ins Auto bringen, und sie werde aggressiv, wenn die Mutter sie auffordere, selbst zu gehen. Zu Hause angekommen, verweigere sie jede Alleinbeschäftigung, klebe an ihr und mache seit einiger Zeit auch wieder in die Hose oder ins Bett, kote sogar tageweise ein. Im Kindergarten passiere dies nicht. Das Nähebedürfnis sei so extrem, dass sie die Alltagstätigkeiten nicht mehr schaffe. Total erschöpft ergänzt Frau R., sie dürfe nicht weggehen, keine Einkäufe machen oder ihre Freundinnen treffen. Sobald sie etwas Derartiges andeute, beginne das Mädchen zu schreien und zu toben. Auf die Frage, ob es aus ihrer Sicht eine Erklärung für dieses Verhalten gebe, fängt die Mutter an zu weinen. Sie berichtet sofort von ihrer ältesten Tochter Mara, die vor zehn Jahren mit einem seltenen Gendefekt auf die Welt gekommen und im Alter von knapp drei Jahren an einer Komplikation im Rahmen eines schweren Infektes verstorben sei. Ihr Sohn sei genau in diesen Wochen auf die Welt gekommen und habe bereits in der Schwangerschaft Herzprobleme gezeigt, die später aber keine Rolle mehr gespielt hätten. Nur Luisa sei völlig gesund und ohne Sorgen auf die Welt gekommen. »Endlich mal eine Schwangerschaft ohne Probleme und Ängste.« Vor einigen Monaten habe man des zehnten Geburtstages ihres ältesten Kindes gedacht. Vor einigen Wochen habe sich Maras Todestag erneut gejährt. Die schwere Zeit damals habe alle Familienmitglieder sehr belastet; mit den Großeltern mütterlicherseits sei der Kontakt seitdem sogar abgebrochen. Luisa selbst sei vom Thema Tod fasziniert. Derzeit besuche sie regelmäßig gemeinsam mit ihrem Bruder Mattes eine Kindergruppe der Kirche, in der besonders vor Ostern immer wieder über das Sterben gesprochen worden sei. Während sich ihr Bruder hierbei sehr zurückhalte, wolle Luisa alles wissen und stelle viele Fragen. Auch ein Besuch am Grab der Schwester sei von ihr geradezu eingefordert worden. Mattes dagegen habe gar nicht mitgewollt. Die Mutter interpretiert die kleinkindhaften Verhaltensweisen ihrer Jüngsten als intensive Trauerreaktion. Vom Kinderarzt wurde daher der Vorschlag einer zusätzlichen Vorstellung beim Hospizverein gemacht. Die Mutter hat die Idee erst einmal aufgegriffen. Frau R. weist darauf hin, gerade »nach jedem Strohhalm zu greifen«. Beim Beratungsgespräch habe man dort allerdings sehr schnell darauf verwiesen, dass die Verhaltensbesonderheiten von Luisa auch einer psychotherapeutischen Hilfe bedürften. Inwieweit parallel dort ein Beratungsprozess sinnvoll sei oder die Teilnahme an einer Trauergruppe, könne man noch nicht einschätzen. Wie ihr Mann das alles erlebe und einschätze, könne sie nur schwer sagen. Man rede darüber schon länger nicht mehr miteinander, und eigentlich würde man überhaupt kaum zu zweit reden. Er sei auch eher der schweigsame Typ. Nach dem Tod der ältesten Tochter habe er sich noch mehr zurückgezogen. Ein Jahr nach dem Ereignis sei die Familie zu einer Familienkur gefahren. Das habe die Eltern auf andere Gedanken gebracht. Ansonsten habe man keine Hilfe gesucht oder weiter darüber gesprochen. Wichtig sei noch zu erzählen, dass es mitten in der Schwangerschaft plötzlich eine Vorahnung des Vaters gegeben habe, dass ihr erstes Kind krank sein werde. Die Mutter beschreibt, wie sehr sie diese Aussage belastet habe und wie unsicher sie in den letzten Wochen gewesen sei. Aber ihr Mann habe recht gehabt, man habe schon vor der Geburt durch einen Gentest Gewissheit erhalten. Unter der Geburt sei es ihr, der Mutter, körperlich sehr schlecht gegangen, bei hohem Blutverlust. Auch hier habe ihr Mann nach der Entbindung eine Komplikation vorausgesagt und darauf bestanden, dass sie erneut untersucht werde. Trotz aller gegenteiligen Aussagen der Ärzte habe er nicht lockergelassen und schließlich recht behalten. Niemand habe sich diesen Verlauf medizinisch erklären können. Als Mara mit zwei Jahren dann erkrankt sei, habe er wieder eine Vorhersage zum Ausgang gemacht. Und das Kind sei gestorben. Die...


Wilhelm Rotthaus, Dr. med.; Studium der Medizin und der Musik; Ausbildungen in klientenzentrierter Gesprächstherapie, klientenzentrierter Spieltherapie und Systemtherapie; bis 2003 Ärztlicher Leiter des Fachbereichs Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Rheinischen Kliniken Viersen.

Mit Beiträgen von: Corina Ahlers, Mathias Berg, Wiltrud Brächter, Barbara Bräutigam, Michael Buscher, Andrea Caby, Filip Caby, Björn Enno Hermans, Alexander Korittko, Maren Krüger, Simone Lamerz, Christoph Möller, Bernd Reiners, Ingo Spitczok von Brisinski, Manfred Vogt, Livia Voneschen, Claudia Wach, Anne Wichtmann, Charlotte Wirl.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.