Ryder | Die Villa | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 480 Seiten

Ryder Die Villa

Thriller
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8412-3632-6
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Thriller

E-Book, Deutsch, 480 Seiten

ISBN: 978-3-8412-3632-6
Verlag: Aufbau Verlage GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein Wochenende mit Freundinnen wird zum Wochenende mit Feindinnen ...

Vor drei Jahren starb die zukünftige Braut Aoife bei ihrem eigenen Junggesellinnenabschied. Nun kehren ihre Freundinnen in die Villa zurück, in der sich das Grauen damals abgespielt hat. Sie sehnen sich nach einem Abschluss. Doch kaum haben sie die Villa betreten, brechen alte Wunden auf, und die Spannungen nehmen zu. Jede erinnert sich an eine andere Version der Ereignisse jener Nacht. Was verheimlichen sie sich gegenseitig? Und wie weit werden sie gehen, um ihre Geheimnisse zu wahren?



Jess Ryder ist Buch-, Theater- und Drehbuchautorin sowie preisgekrönte Fernsehproduzentin. Nachdem sie viele Jahre als Jan Page vornehmlich Bücher für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene veröffentlichte, geht sie nun außerdem ihrer großen Leidenschaft für Psychothriller nach, von denen bereits acht erschienen sind. Jess lebt mit ihrem Partner in London und hat vier erwachsene Kinder.
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Kapitel Eins: Heute


– Dani –


Dani legt ihren Pass auf den Tresen und versucht die Tränen zurückzuhalten, während der Grenzbeamte ihr Gesicht studiert. Die unerbittliche Sonne, der warme Asphalt, das schnell abgefeuerte Spanisch im Shuttlebus und sogar das parfümierte Desinfektionsmittel auf dem Flughafenboden versetzen sie in vergangene Zeiten. Drei Jahre sind seit ihrem letzten Besuch in Andalusien vergangen, und doch ist es, als wäre sie nie fort gewesen.

Von dem Augenblick an, als sie das Flugzeug verließ, hatten die Gefühle sie überwältigt: Tiefe Traurigkeit wegen allem, was bei ihrem letzten Aufenthalt geschehen war, Vorfreude auf dieses Wochenende, Angst davor, wie es ausgehen könnte. Sie geht ein großes Risiko ein, aber ihr bleibt keine andere Wahl. Sie hat bereits alle möglichen Therapien probiert, um mit ihrer Trauer umzugehen. Nichts hat ihr geholfen.

Der Beamte setzt seinen Stempel auf eine Seite und gibt ihr den Pass mit einem kleinen Lächeln zurück. Sie schaut über die Schulter, um zu sehen, wie weit die anderen gekommen sind. Offenbar haben sie eine Toilettenpause eingelegt und stehen nun wieder in der Schlange. Ein Sicherheitsbeamter scheucht Dani weiter. Sie zieht ihren Koffer durch die Absperrungen und betritt die Gepäckhalle, wo Mitreisende des Fluges aus Stansted sich erwartungsvoll um das Gepäckband scharen. Es setzt sich in Gang, und erfreutes Gemurmel ist zu hören, als die ersten Koffer erscheinen.

Dani hat kein Gepäck aufgegeben, aber sie bleibt und wartet auf die anderen, während sie aus dem Augenwinkel eine Gruppe von Frauen beobachtet, die Schärpen und Hasenohren tragen und sich spielerisch um ihr Gepäck streiten. Ein Junggesellinnenabschied. Sie waren auf demselben Flug einige Reihen hinter ihr. Eine von ihnen – dem Sticker mit dem großen roten L nach zu urteilen, der auf ihrem Hintern klebt, offensichtlich die Braut –, verliert das Gleichgewicht, als sie einen großen silbernen Schalenkoffer vom Band hievt, stolpert rückwärts und schlägt hart auf den Boden auf. Mit angezogenen Beinen sitzt sie da und ruft nach Hilfe, aber die anderen reagieren nur mit Gelächter.

L für learner. Der Hinweis klebt sonst auf Autos von Fahranfängern. Aoife hatte sich geweigert, den Sticker zu tragen, wie Dani sich erinnert. Sie wäre ja wohl keine Anfängerin mehr, hatte sie gesagt, schließlich wären sie und Nathan schon seit zwei Jahren zusammen. Mit Tiffs Vorschlag, sich als Disneyfiguren zu verkleiden und zum Frühstück Champagner in der Abflughalle zu trinken, war sie hingegen einverstanden gewesen. In ihrem goldenen Ballkleid als Belle aus Die Schöne und das Biest verkleidet, hatte Aoife atemberaubend ausgesehen. Sie und Dani hatten sich im Flugzeug zum Affen gemacht: störend lautes Geplapper, tanzen im Gang, flirten mit den Flugbegleitern, schmutzige Witze. Normalerweise benötigten sie deutlich mehr Alkohol, um sich so aufzuführen, aber es hatte ihnen Spaß gemacht, sich dem Übermut einfach hinzugeben. Immerhin hatten sie etwas zu feiern.

Der zukünftigen Braut vor ihr wird von einem jungen Mann auf die Füße geholfen, der im Gegenzug einen Kuss verlangt. Sie hält ihm die Hand hin, aber er versucht stattdessen ihr einen Knutscher auf die Wange zu drücken. Die Mädchen kreischen vor Vergnügen und verlangen mit gezückten Smartphones eine Wiederholung, um es auf Instagram zu posten.

Dani starrt die Gruppe eine Weile lang an. Sie sind zu zehnt, doppelt so viele wie bei Aoifes Junggesellinnenabschied vor drei Jahren. Sie kennt die Frauen nicht, fühlt sich ihnen aber stark verbunden, hat den Wunsch, sie zu warnen und zu beschützen. Am liebsten würde sie zu ihnen gehen und sagen: »Genießt es, Mädels, lasst euch volllaufen, spielt alberne Spiele, macht, was immer ihr wollt – aber passt auf, dass ihr am Leben bleibt.« Natürlich tut sie das nicht. Es würde sich merkwürdig anhören. Sie würden nicht verstehen, dass Taten Konsequenzen nach sich ziehen …

Dani spürt ein Engegefühl in der Brust. Das Warten an der Gepäckausgabe fühlt sich plötzlich erdrückend an, und sie geht weiter, steuert auf die automatischen Türen des Ausgangs zu, hinter denen es kein Zurück gibt. Sie steht im Zentrum der Halle und versucht zu atmen. Es ist, als sei sie der Fixpunkt, und alles würde um sie herumwuseln. Uniformierte Reiseführer laufen wichtigtuerisch mit Klemmbrettern herum, Taxifahrer halten Schilder hoch. Ehemänner, Ehefrauen, Freunde, Freundinnen, Großeltern und kleine Kinder winken, sobald sie ihre Liebsten entdecken. Die Luft ist so angefüllt mit Freude, dass man sie fast schmecken kann.

Niemand hier ist gekommen, um Dani zu begrüßen. Sie erwartet auch niemanden, fühlt sich aber dennoch einsam. Es ist ihr so schwergefallen, hierher zurückzukommen, wahrscheinlich ist es die schwerste Aufgabe ihres Lebens. Für dieses Wochenende hat sie sich viel vorgenommen, wovon die anderen noch nichts wissen. Wegen ihrer Geheimnisse fühlt sie sich allein und unsicher. Wie schön wäre es, stattdessen von jemandem mit einem Lächeln und einer freundlichen Umarmung abgeholt zu werden, jemand, der ihr ins Ohr flüstert, dass sie das Richtige tut, oder sie im Gegenteil auffordert, auf dem Absatz umzudrehen und wieder ins Flugzeug zu steigen. Seit über drei Jahren ist sie Single, und sie hat keine beste Freundin mehr – eine, die stets auf ihrer Seite ist, der sie vertrauen kann. Aoifes Tod hat eine Leere hinterlassen, die bisher niemand auch nur ansatzweise ausfüllen konnte.

»Hier bist du«, sagt Celine und tritt auf sie zu. Wir haben überall nach dir gesucht. Warum hast du nicht auf uns gewartet?«

»Tut mir leid. Ich … äh …«

»Alles in Ordnung?«, fragt Beth.

»Ja, alles gut.«

»Sicher? Du scheinst etwas …«

»Ich bin nur müde.«

»Wirklich? Dabei ging dein Flug doch gar nicht so früh«, sagt Tiff. »Ich musste um vier Uhr morgens in den Zug nach Stansted steigen.«

»Ich schlafe schlecht«, erklärt Dani. Schlecht ist eine Untertreibung. Sie weiß nicht mehr, wann sie zuletzt durchgeschlafen hat. Die letzte Woche war schlimmer denn je: sich im Bett herumwerfen, sich Sorgen machen, ob ihr Plan aufgehen würde, wie die anderen Frauen reagieren würden, wenn sie herausfanden, was sie vorhatte und ob sie es verkraften würde, wenn sie sich klar dagegen aussprechen würden.

Dani lässt die Augen über ihre Mitreisenden schweifen. Als sie sich vor fünf Stunden am Flughafen getroffen haben, Koffer neben sich und den Pass in der Hand, müssen sie wie eine Freundinnenclique ausgesehen haben, die zusammen in Urlaub fährt. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Tiff und Beth sind Aoifes alte Schulfreundinnen, aber vor diesem Junggesellinnenabschied hatte Dani sie nur wenige Male getroffen – Aoifes Fünfundzwanzigster und eine Sylvesterparty in dem schicken Apartment, das sie sich mit Nathan teilte. Celine war Aoifes Arbeitskollegin, auch für die anderen eine Fremde. Es war Aoifes bevorstehende Hochzeit gewesen, die sie zusammengebracht hatte und, absurderweise, ihr Tod, der sie zusammengehalten hat. Inzwischen kennen sie sich besser, aber Dani würde nicht behaupten, dass die Tragödie sie zu Freundinnen gemacht hätte, ganz und gar nicht. Als Gruppe bleiben sie so unverbunden und dysfunktional wie vor dem schicksalhaften Wochenende.

Dani hatte Tiff, Beth oder Celine fast ein Jahr lang nicht gesehen, als sie sie dazu einlud, sich in einem Pub in Soho zum Zweijährigen zu treffen. Beth war aus Kent angereist und Tiff kam extra aus Manchester, um sich ihnen anzuschließen. Sie tranken Wein und aßen teure Burger. Keine von ihnen wusste, ob sie feiern oder trauern sollten. Schlussendlich gelang ihnen keines von beiden. Davor hatten sie ein ähnlich unangenehmes Treffen am ersten Jahrestag gehabt, den Dani ebenfalls organisiert hatte.

Tiff legt ihren Koffer hin und zieht den Reißverschluss auf. »Ich muss diese Jacke loswerden.« Sie zieht sie aus und faltet sie...



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