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E-Book, Deutsch, 175 Seiten

Sagrusten Pergamente und Papyri

Das große Puzzle der ältesten Bibelhandschriften

E-Book, Deutsch, 175 Seiten

ISBN: 978-3-438-07242-9
Verlag: Deutsche Bibelgesellschaft
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wie sah der ursprüngliche Text des Neuen Testamentes aus? Woher wissen wir, was die Evangelisten, Paulus und die anderen Autoren der Bibel genau geschrieben haben? Die Rekonstruktion aus vielen alten Bibelhandschriften gleicht dem Legen eines Puzzles mit weit über 1000 Teilen. Manche Teile fehlen, andere passen nicht gut zusammen. Wie verlässlich ist der Bibeltext von heute? Der norwegische Theologe und Schriftsteller Hans Johan Sagrusten erzählt in diesem kurzweiligen Buch die spannende Geschichte der ältesten und wichtigsten Bibelhandschriften und erläutert, was wir über den Bibeltext wissen. Das Buch hat in Norwegen für Aufsehen gesorgt und musste rasch nachgedruckt werden.
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TEIL 2:
Die großen Manuskripte
des Neuen Testaments
Das Manuskript mit dem falschen Namen:
Codex Alexandrinus
Siehe Abbildung 1 »Das Manuskript soll sich in der Zelle des Patriarchen in der Festung in Alexandria befinden. Wer es von dort entfernt, soll verbannt und ausgestoßen sein. Gruß Athanasius der Demütige.«1 Die oben stehende Anmerkung ist historisch. Sie wurde auf das große Pergamentmanuskript Codex Alexandrinus gekritzelt, wobei sich hinter dem Unterzeichner »Athanasius der Demütige« der Patriarch Athanasius III. verbirgt. Die Hafenstadt Alexandria galt in der Antike als wichtiges Zentrum der Gelehrsamkeit und des Wissens – sowie der christlichen Kirche. Der Bischof von Alexandria war Patriarch über alle Christen Ägyptens, und Athanasius III. hatte diese Stellung von 1275 bis 1315 n.Chr. inne. Er ist der Mann hinter der kurzen Nachricht: Das Buch solle bei ihm verbleiben. Der Codex Alexandrinus war das erste in Europa bekannte große Bibelmanuskript der Antike. 1627 wurde es König Karl I. von England als imposantes Neujahrsgeschenk überreicht. Im Zuge der feierlichen Übergabe wurde auch hervorgehoben, dass das Buch dem Patriarchen von Alexandria höchstpersönlich gehört habe. Aus diesem Grund erhielt es für alle Zeiten den ersten Platz unter den alten Manuskripten der Bibel und als Symbol den Buchstaben A. Der Codex Alexandrinus ist ein großes und schönes Manuskript, auf feines Pergament geschrieben und auf jeder Seite mit Text in zwei Spalten. An mehreren Stellen finden sich prachtvolle, farbige Ausschmückungen. Das alte Buch ist ein fast komplettes Manuskript der Bibel. Von den einst mindestens 817 Bögen sind heute noch 773 erhalten. Das Buch ist eines der prächtigsten Bibelmanuskripte überhaupt. Der Name Codex Alexandrinus wurde 1657 erstmals im Vorwort einer englischen Bibelausgabe verwendet. Seither besteht die Verbindung zu der ägyptischen Hafenstadt. Im Laufe dieses Buches werden wir immer wieder auf Manuskripte aus Ägypten stoßen. Das Land verfügt über eine uralte Tradition des Schreibens. Der entlang des Nils geerntete Papyrus lieferte eine schöne und strapazierfähige Schreibgrundlage, zudem war die Kunst des Schreibens in der Gegend früh bekannt. Daher schlug sich der Glauben auch in Büchern nieder, als sich die christliche Kirche in Ägypten etablierte. Das alte Buch aus Alexandria gilt als eines der prächtigsten Beispiele einer ägyptischen Bibel. Aber stammt das Buch wirklich aus Alexandria? Neuere Forschungen lassen Zweifel daran aufkommen. Kommt das Buch möglicherweise gar nicht aus der Stadt, deren Namen es trägt? In diesem Fall würde das alte Manuskript seit mehr als 350 Jahren unter einem irreführenden Namen firmieren. Wie wir sehen werden, ist der Codex Alexandrinus ein Beispiel dafür, dass die Wahrheit eine andere sein kann als die von allen angenommene. Die Spuren des alten Manuskripts weisen nämlich in ganz andere Richtungen als nach Alexandria. Aber wie kam es zu der anfänglichen Verbindung zwischen dem Manuskript und der alten ägyptischen Hafenstadt? Der Grund ist ganz sicher die Nachricht von Athanasius III. Sie wurde mit wogender arabischer Handschrift unten auf der ersten Seite des Buches notiert. Auf dieser Seite finden wir den ersten Text des 1.Buch Mose Kapitel 1: »Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde …« (1 Mose 1,1). Darunter ist die Mitteilung zu lesen: »Das Manuskript soll sich in der Zelle des Patriarchen befinden.« Auf dem Manuskript findet sich jedoch noch eine zweite geheimnisvolle Notiz. Auch diese ist in Arabisch geschrieben und steht auf der Innenseite des Umschlags. Sie gibt an, das Manuskript sei von Thekla geschrieben worden, einer Heiligen aus Ägypten, die im 4.Jahrhundert n.Chr. lebte. Um dies zu unterstreichen, hat jemand dem Manuskript einen Zettel beigelegt, der die gleiche Information enthält und erläutert: »Dieses Buch mit den heiligen Schriften des Alten und des Neuen Testaments wurde der Tradition zufolge von Theklas Hand geschrieben, einer edlen Ägypterin, vor ungefähr dreizehnhundert Jahren, in einer Zeit nach dem Konzil von Nicäa.«2 Wer kann der Verfasser dieses Zettels sein? Alles deutet auf einen späteren Patriarchen hin und auf einen Zusammenhang mit der geplanten Übergabe des Buches an König Karl 1627. Der Betreffende hieß Kyrillos Loukaris und war Patriarch von Konstantinopel. Da die alte griechische Pergamentbibel dem König von England vermacht werden sollte, hatte er den Wunsch zu erklären, woher das Manuskript stammte. Kyrillos Loukaris war nämlich selbst Patriarch von Alexandria gewesen, bevor er 1620 Patriarch von Konstantinopel wurde. Daher kannte er das Manuskript gut und hatte es bei seinem Weggang aus Ägypten wahrscheinlich mitgenommen. Wir können an dieser Stelle festhalten, dass Kyrillos Loukaris genau das getan hat, was Athanasius III. 300 Jahre zuvor strengstens untersagt hatte: Er entfernte das Buch aus der Zelle des Patriarchen in Alexandria. Wäre der alte Athanasius III. noch am Leben gewesen, hätte der demütige Patriarch wohl dafür gesorgt, dass sein Nachfolger verbannt und ausgestoßen worden wäre, wie es der Eintrag besagt. Auf dem beigelegten Zettel liefert Kyrillos Loukaris viele spannende Informationen: Er berichtet, dass Thekla eine Christin war, die während der Verfolgungen im 4.Jahrhundert wegen des Glaubens an Christus ihr Leben verloren habe. »Der Tradition zufolge« sei der Name sehr lange mit dem Manuskript verbunden, schreibt der Patriarch. Sie soll die große Lederbibel »in einer Zeit nach dem Konzil von Nicäa« geschrieben haben. Wir werden an anderer Stelle mehr über das legendäre Konzil von Nicäa erfahren. Der Zeitpunkt des Konzils ist bekannt; es wurde 325 n.Chr. in der Stadt Nicäa, südöstlich von Konstantinopel gelegen, abgehalten. Bezüglich dieses Konzils existieren diverse Mythen. In diesem Zusammenhang merken wir uns nur, dass Kyrillos Loukaris das Manuskript in eine Zeit »nach dem Konzil von Nicäa« datiert. Also war er der Meinung, der Codex Alexandrinus stamme aus der Mitte des 4.Jahrhunderts n.Chr. 1627 gelangte das Manuskript nach England. Mit viel Pomp und Pracht wurde es König Karl präsentiert. Heute befindet es sich in der British Library in London. Wer das Museum besucht, findet in einem Raum zwei prachtvolle, alte Manuskripte vor. Sie liegen Seite an Seite in einer großen Vitrine. Das eine ist der Codex Sinaiticus, der im Katharinenkloster am Berg Sinai gefunden wurde. Das sehr große Manuskript hat auf jeder Seite vier Spalten Bibeltext. Das Manuskript daneben ist jedoch nicht weniger prächtig, mit ornamentierten Vignetten und zwei Textspalten pro Seite. Das ist der Codex Alexandrinus, von dem man angenommen hatte, er sei in Alexandria geschrieben worden. Wie lange hatte sich das Manuskript in Alexandria wohl schon befunden, als Kyrillos Loukaris es 1620 mit nach Konstantinopel nahm? Das ist unbekannt. Wir wissen nur, dass die Anordnung von Athanasius dem Demütigen, das Manuskript solle sich in der Zelle des Patriarchen befinden, Anfang des 14.Jahrhunderts geschrieben wurde. Daher ist wahrscheinlich, dass das Manuskript in den folgenden dreihundert Jahren dort verblieb. Aber wie viel weiter zurück können wir den Spuren des Manuskripts folgen, und wohin führen uns die Spuren? Wie wir sehen werden, führen sie nicht notwendigerweise nach Ägypten und Alexandria. Im 5.Jahrhundert galten mehrere Städte rund um das Mittelmeer als wichtige christliche Schriftzentren, in denen ein so aufwendiges Manuskript wie der Codex Alexandrinus hätte hergestellt werden können. Dazu gehören Caesarea, Ephesos und Konstantinopel. Das Manuskript kann somit ebenso gut im östlichen oder nördlichen wie auch im südlichen Gebiet rund um das Mittelmeer geschrieben worden sein. Nun kann man selbstverständlich denken, das Manuskript hätte sich schon seit seiner Entstehung durchweg in Alexandria befunden. Warum aber sollte Athanasius III. anordnen, das Buch solle sich für alle Ewigkeit in der Zelle des Patriarchen befinden, wenn es bereits seit mehreren Hundert Jahren dort war? Wäre eine solche Anordnung nicht sinnvoller, wenn er das Manuskript soeben erst bekommen hätte? Lassen Sie uns einen Blick auf die Spuren werfen, die auf andere Orte als Alexandria verweisen. Zum einen hielt sich Athanasius III. während seines Patriarchats kaum in Ägypten auf. Von 1275 bis 1305 befand er sich aufgrund der Verfolgung von Christen in Ägypten im Exil in Konstantinopel. Noch interessanter ist: Der Patriarch von Alexandria war überhaupt nicht in Alexandria ansässig. Seit Ende des 10.Jahrhunderts hatte er seinen Sitz in Kairo. Somit erscheint die ganze Verbindung zur Stadt Alexandria mehr und mehr fraglich. Die drei wichtigsten Spuren jedoch, die in eine andere Richtung weisen, sind drei Manuskripte, die ebenso einen von Athanasius III. verfassten Zusatz enthalten. Dabei handelt es sich nicht um Bibelmanuskripte, sondern um Kommentare zu Bibeltexten alter Kirchenväter. In diesen Manuskripten finden sich Notizen von Athanasius III., die beinahe identisch mit denen sind, die er auf den Codex Alexandrinus geschrieben hat: »Das Manuskript soll dem Patriarchen von Alexandria gehören, und wer es entfernt, wird verbannt und ausgestoßen. Gruß Athanasius der Demütige.« Alle drei Manuskripte waren Neuanschaffungen, die Athanasius III. während seiner Zeit in Konstantinopel erhielt und die er 1305 mit nach Ägypten nahm. Der Hinweis, die Manuskripte sollen dem Patriarchen von Alexandria...


Stilzebach, Daniela
Daniela Stilzebach studierte nordische Sprachen und Literatur an der Universität Bergen / Norwegen. Sie ist Übersetzerin vieler literarischer Werke aus Norwegen und anderen Ländern Skandinaviens.

Sagrusten, Hans Johan
Hans Johan Sagrusten ist ein norwegischer Theologe, Bibelübersetzer und Schriftsteller. Er ist ein gefragter Vortragsredner und Autor vieler Bestseller in Norwegen.

Hans Johan Sagrusten ist ein norwegischer Theologe, Bibelübersetzer und Schriftsteller. Er ist ein gefragter Vortragsredner und Autor vieler Bestseller in Norwegen.


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