Salewsky | Otto I. | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 292 Seiten

Salewsky Otto I.

Leben und Wirken im Spiegel der Quellen
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-534-40331-8
Verlag: wbg Academic in Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Leben und Wirken im Spiegel der Quellen

E-Book, Deutsch, 292 Seiten

ISBN: 978-3-534-40331-8
Verlag: wbg Academic in Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Statt zum wiederholten Male die Geschichte des 10. Jahrhunderts bzw. die Ereignisse zu Lebzeiten Ottos I. darzustellen, nähert sich Dietmar Salewsky der Herrscherpersönlichkeit Ottos mit besonderem Blick auf Beschreibungen durch dessen Zeitgenossen und die unmittelbar nachfolgenden Generationen. Damit möchte er zum einen an die Geschichte des ersten liudolfingischen Kaisers heranführen und das historische Sachsen als zentrale Kulturlandschaft in das Bewusstsein der Leser rücken. Zum anderen möchte er den Leser mit den Quellen und insbesondere mit der Arbeit an ihnen vertraut machen. Denn nur in engem Zusammenhang mit ihnen ist die Aufarbeitung der Ereignisse dieser Zeit möglich, nur so die zum Teil extrem unterschiedlichen Interpretationen von besonderen Fragestellungen nachvollziehbar.

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3 Die Königskrönung Ottos I.
3.1 Designatio Ottonis 929
Über die Bedeutung der Ereignisse des Jahres 929 gibt es in der Wissenschaft eine kontroverse Diskussion. Die einzige wirklich sichere Quelle ist eine Urkunde Heinrichs, in der er in Quedlinburg am 16. September 929 „sein Haus bestellt“.56 Hier wird lediglich das dos Mathildes festgelegt und auf die Zustimmung durch seinen Sohn Otto verwiesen. Einen direkten Hinweis auf eine danach erfolgte Königserhebung Ottos durch Heinrich gibt es nicht. Es wird dafür eine Angabe aus den Lausanner Annalen des Cono von Estavayer angegeben, die allerdings nicht im Original auf uns überkommen ist. Vorhanden ist eine dürftige Aufzeichnung aus dem 13. Jahrhundert, das angeblich auf eine Ausfertigung aus dem Jahr 1056 zurückgehen soll.57 Der Eintrag besagt lapidar: „Otto rex benedictus fuit in Maguncia anno domini DCCCCXXX.“58 Hlawitschka meinte nun,59 dieser Eintrag wäre, wie viele anderen zeitlich falsch wiedergegebenen Ereignisse, lediglich unter einer falschen Jahreszahl eingetragen. Es könne interpretierend übersetzt werden, dass die Nachfolge Ottos als König 930 in Mainz ‚gutgeheißen‘ wurde. Nicht eine förmliche Salbung (unctio) sei es gewesen, sondern eine Preisung oder Segnung.60 Carlrichard Brühl61 geht sogar noch weiter, indem er von einer formellen Salbung spricht: (…) er [Hlawitschka, d. Verf.] hat das benedictus fuit allerdings mit „gutheißen“ übersetzen wollen statt, wie man erwarten dürfte, mit „gesalbt“, weil er sich eine Salbung Ottos in Mainz in diesem Jahr nicht vorstellen konnte.62 Der Quellenwert der Lausanner Annalen wird als sehr fragwürdig angesehen, da sie ansonsten nur die Bischöfe von Lausanne, die ostfränkischen Könige und Könige von Burgund als bloße Reihung auflisten. Die Jahreszahlen stimmen zum größten Teil nicht, bieten in ihrer Ungenauigkeit aber auch keine „parallele Logik“ (wie z.B. eine durchgehende Abweichung von einem Jahr, o.ä.). Auch wenn Brühl davon spricht, dass Hlawitschka die Glaubwürdigkeit der Ottonen-Einträge überzeugend nachgewiesen hätte,63 bleibt doch das Befremden, wenn der Tod Ottos I. auf das Jahr 956 datiert wird, für 961 zu Otto II. der Eintrag „regnare cepit“ zu finden ist (und nicht eher „rex ordinatus est“ o.ä.) und zu 845 „Ludovicus imperator contra Saracenos perrexit“ das Ereignis drei Jahre zu früh erscheint und Ludwig fälschlicherweise ein Kaisertitel gegeben wird.64 Es gibt noch eine andere Sicht dieses Eintrages. Der Autor, so schrieb Wolfgang Georgi65, hätte einfach ein X bei der Jahresangabe vergessen. Das Ereignis hätte im Jahre 940 stattgefunden und es handele sich bei dem „Otto rex benedictus fuit in Maguncia anno DCCCCXXX“ um eine ‚Bestätigungskrönung‘ aus Dankbarkeit nach der erfolgreichen Niederschlagung des Aufstandes von 939.66 Georgi belegt vorher recht anschaulich die fehlerhaften Jahresangaben der Lausanner Annalen und geht aber in diesem Falle von einer auf das Jahr genauen Ereignisdarstellung, lediglich versetzt um „X“-Jahre, aus. Außerdem bleibt er die Parallelbeispiele schuldig, die ähnliche Bestätigungskrönungen nach erfolgreichen Schlachten oder überstandenen Krisen anderer Herrscher belegen. Für eine Krönung oder gar Salbung Ottos I. gibt es in anderen überlieferten Quellen keinerlei Hinweis, bis auf die Textstelle bei Hrotswith von Gandersheim, in der sie im Zusammenhang mit der Heirat Ottos I. mit Editha 929 davon spricht, dass „Für den erstgeborenen, den zukünftigen König“67 eine geeignete Gemahlin gefunden werden sollte. Diese Bezeichnung des „rex futurus“, von dem Hrotswith spricht, bedeutet aber nicht unbedingt den Beleg für die Tatsache, dass Otto schon 929 zum König gesalbt worden ist. Dies steht nicht in den gesta Oddonis. Hier spricht Hrotswith lediglich als beschreibende Autorin aus der Sicht der späteren Jahre. Somit trifft die Ablehnung Hoffmanns zu, fällt aber etwas zu scharf aus.68 Sein Argument, eine Salbung 929 sei nicht vorstellbar, da Heinrich, unterstützt durch seine Mutter, erst nach 936 den Aufstand gegen Otto begann, trifft den Kern nicht. Ein Aufstand Heinrichs vor 936 wäre undenkbar gewesen, hätte er doch gegen seinen Vater Heinrich geführt werden müssen, ein Unterfangen, dem Mathilde niemals zugestimmt hätte. Nach dem Tode des Vaters hätte Heinrich sehr wohl den Wandel des Mitkönigs zum alleinherrschenden König zu verhindern suchen können. Allerdings könnte hier eine andere Quelle einen wichtigen Hinweis geben. In der Adalberti continuatio Reginonis heißt es zum Jahr 931: In demselben Jahr wurde der König von Eberhard und anderen fränkischen Grafen und Bischöfen nach Franken gerufen und von einem jeden derselben besonders in ihren Häusern und Kirchensitzen mit Gastmählern und Geschenken geehrt, wie sie einem König geziemen.69 Johannes Fried70 sieht in der Bewirtung des Königs durch einzelne Große den Hinweis auf einen außerordentlichen Anlass – der Königserhebung Ottos und das Verhalten der Großen (als Art Krönungsmahl) als formelle Zustimmung dieser Erhebung. Der Eintrag in der Continuatio zu 936 fällt eher knapp aus. Hier wird erst von der Synode in Erfurt berichtet und danach eine Hymne auf den verstorbenen König Heinrich: König Heinrich, der große Förderer des Friedens und eifrige Verfolger der Heiden, starb am 2. Juli, nachdem er viele Siege tapfer und männlich erfochten und die Grenzen seines Reiches überall erweitert hatte(…).71 Danach folgte der lapidare Hinweis „sein Sohn Otto wird durch Übereinstimmung der Großen des Reiches zum Nachfolger gewählt.“72 Die Tatsache der Königskrönung ist zugegeben sehr kurz erwähnt und dient zur Erläuterung der These, die eigentliche Wahl und Salbung hätte 929 stattgefunden. Zum Jahr 929 allerdings verzeichnet die continuatio nur die Vermählung Gerbergas, der Tochter Heinrichs, mit Herzog Giselbert. Die Hochzeit Ottos mit Edgith wird fälschlich für das Jahr 930 erwähnt. Eine Electio Ottos bzw. eine Salbung zum König wird mit keinem Wort erwähnt. Die Wahl der Königstochter aus Wessex hebt Otto aber doch deutlich aus dem Kreis seiner Brüder hervor. Brun wird, jung an Jahren, der Kirche übergeben und Heinrich als „weltliche Reserve“ zurückgehalten, wie Fried es umschrieb. Die Bedeutung dieser Heirat mit der angelsächsischen Königstochter wird auch von Hrotswith von Gandersheim klar herausgestellt, wenn sie schrieb: Für den zuerst geborenen Sohn, den Erben des Thrones, Otto, bereits eine würdige Ehegefährtin zu wählen, eine, die wahrhaft würdig sei einer solchen Verbindung.73 Mit der Wahl der angelsächsischen Prinzessin durchbrach Heinrich eine karolingische Tradition, da er seinen Sohn nicht mit einer Tochter aus eigenem Adel (karolingisch oder sächsisch) verheiratete. Zwar waren die angelsächsischen Könige stammesverwandt, gehörten aber nicht zum regnum. Außerdem bedeutete die Wahl einer zukünftigen Königin außerhalb der eigenen Familiendynastie eine deutliche Abkehr der karolingischen Tradition und der Versuch, eine eigene, klar sächsische Familientradition aufzubauen.74 Die Annales Quedlinburgenses sagen lediglich, Otto sei, um Edgith zu ehelichen, nach Sachsen gekommen, während Heinrich in Alemannien weilte: „Otto rex Editham, filiam regis Anglorum, matrimonio sibi iungendam Saxoniae advexit.“75 In den Annales Lobienses heißt es noch kürzer „Edit regina venit Saxoniam“.76 Hier kann es natürlich weit eher um die Tatsache handeln, dass Edgith nach der Vermählung nach Sachsen kam, um mit dem Gatten das ihr zugeschriebene Magdeburg kennenzulernen. Geht man aber davon aus, dass König Heinrich bei der Vermählung seines Sohnes Otto mit der Prinzessin aus Wessex anwesend gewesen sein dürfte, liegt der Schluss nahe, dass sie auch nicht in Sachsen, sondern in Mainz stattgefunden hat. Damit wäre dem kurzen Eintrag in den Lausanner Annalen eine neue Bedeutung zugefallen – nicht die Salbung zum König hätte demnach 930 stattgefunden, sondern die Vermählung mit Edgith. Übersetzt man benedictio und benedicere nämlich in dem Zusammenhang mit der liturgischen Feier der Eheschließung, ergäbe sich dieser Sinn und der Eintrag läge nur um ein Jahr daneben.77 Nun ergeben sich allerdings Abstimmungsprobleme mit dem Itinerar Heinrichs I. Am 16. September war er noch in Quedlinburg, am 25. Dezember in Straßburg. Dazwischen könnte die Hochzeit in Mainz stattgefunden haben, gäbe es nicht ein umstrittenes Diplom, ausgestellt am 1. Dezember 929 in Wallhausen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Heinrich...


Salewsky, Dietmar
Dietmar Salewsky ist Historiker und Politologe. Er hat eine Reihe von Publikationen zur Geschichte veröffentlicht. Er war einer der verantwortlichen Wissenschaftler der Europarats- und Landesausstellung „Otto der Große, Magdeburg und Europa“ 2001 in Magdeburg und hat im dazu erschienenen Essay-Band publiziert.

Dietmar Salewsky ist Historiker und Politologe. Er hat eine Reihe von Publikationen zur Geschichte veröffentlicht. Er war einer der verantwortlichen Wissenschaftler der Europarats- und Landesausstellung "Otto der Große, Magdeburg und Europa" 2001 in Magdeburg und hat im dazu erschienenen Essay-Band publiziert.



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