E-Book, Deutsch, Band 1, 128 Seiten
Reihe: Arena-Serie
Scarrow / Andrews Arena - Barbar
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-641-12852-4
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Arena 1 (Prequel Rom)
E-Book, Deutsch, Band 1, 128 Seiten
Reihe: Arena-Serie
ISBN: 978-3-641-12852-4
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Rom, A. D. 41: Nach der Ermordung Kaiser Caligulas ist Claudius der neue Herrscher Roms. Seine Macht jedoch ist nicht gefestigt, Verschwörer wollen ihn zu Fall bringen. Ein hünenhafter keltischer Barbar namens Britomaris, der während der Gladiatorenkämpfe in der Arena geopfert werden sollte, schlägt sich überraschend gut. In den Augen der Öffentlichkeit demonstriert er die Schwäche von Claudius. In Ermangelung anderer fähiger Kämpfer soll ihm nun ein in Ungnade gefallener ehemaliger Legat entgegentreten: Marcus Valerius Pavo, der zum Gladiatorendasein verurteilt wurde. Unterdessen wird der gerade aus Germanien zurückgekehrte, hochdekorierte Optio Macro damit beauftragt, Pavo für den kommenden Kampf gegen Britomaris vorzubereiten. Macro reist in ein Ludus nach Paestum und macht sich daran, den jungen Pavo auf den Kampf in der Arena einzuschwören, bei dem um mehr geht als um Leben und Tod – der Sieger nämlich wird beim römischen Volk Heldenstatus erringen.
Simon Scarrow wurde in Nigeria geboren und wuchs in England auf. Nach seinem Studium arbeitete er viele Jahre als Dozent für Geschichte an der Universität von Norfolk, eine Tätigkeit, die er aufgrund des großen Erfolgs seiner Romane nur widerwillig und aus Zeitgründen einstellen musste.
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KAPITEL 1
Rom, Ende des Jahres 41
Der kaiserliche Gladiator blinzelte sich den Schweiß aus den Augen und beobachtete, wie die Bediensteten die Leichen wegschleiften, die den Boden der Arena pflasterten.
Aus dem Schatten des Ganges hatte Gaius Naevius Capito einen guten Überblick über die Folgen der nachgestellten Schlacht. In der Mitte des mit Leichen übersäten Amphitheaters des Statilius Taurus stand der grobe Nachbau einer keltischen Siedlung. Capito hob den Blick zu den Tribünen. Dort sah er auf dem Podium den neuen Kaiser, der von einer Schar um Aufmerksamkeit buhlender Freigelassener umgeben war. Am Rand der Gruppe saßen die Senatoren und die Hohepriester in ihren unverwechselbaren Togen. Über dem Podium drängten sich die Zuschauer Schulter an Schulter auf den Steinsitzen, die die oberen Ränge säumten. Capito spürte einen Schauder, als die Menge grölte. Er sah zu, wie zwei Bedienstete einen zusammengesackten Barbaren mit einem glühenden Eisen stachen. Der Mann zuckte. Die Zuschauer verhöhnten ihn, weil er versucht hatte, sich tot zu stellen, und einer der Arenabediensteten gab einem anderen Diener, der einen schweren doppelköpfigen Hammer trug, ein Zeichen. Ein weiterer Bediensteter streute frischen weißen Sand auf den blutbefleckten Boden der Arena. Dann zogen sie sich in den Gang zurück und ruhten sich wenige Schritte von Capito entfernt im Schatten aus.
»Sieh dir den Scheiß an«, klagte einer der Bediensteten, während er seine blutverschmierten Hände hob. »Es wird eine Ewigkeit dauern, die Sauerei abzuwaschen.«
»Gladiatoren«, murrte der andere Bedienstete. »Allesamt egoistische Arschlöcher.«
Capito warf ihnen einen finsteren Blick zu, als der Diener mit dem Hammer zu dem Gallier schritt, sich vor dem niedergestreckten Mann auftürmte und ihm mit hämischem Grinsen den Hammer auf den Kopf schlug. Capito hörte den Schädelknochen bersten und verzog das Gesicht. Als ranghöchster Gladiator der julischen Schule in Capua war er sehr stolz auf sein Handwerk. Doch das Schauspiel hatte einen bitteren Nachgeschmack bei ihm hinterlassen. Er hatte aus dem Gang zugesehen, wie als Legionäre verkleidete Gladiatoren ihre Gegner niedergemetzelt hatten – zum Tode Verurteilte und Sklaven mit stumpfen Waffen. Dazu war nicht viel Geschick vonnöten gewesen. Er empfand es als Herabsetzung seines Gewerbes.
Ein Diener zog die letzte Leiche mit einem Metallhaken davon.
»Ein Blutbad«, murmelte Capito vor sich hin. »Nichts als ein Blutbad.«
»Was hast du gerade gesagt?«, herrschte ihn ein Bediensteter an.
»Nichts«, antwortete Capito.
Der Bedienstete wollte noch etwas entgegnen, doch da rief der Editor mit sonorer Stimme, die sich bis zu den oberen Rängen aufschwang, Capitos Namen. Die Menge brüllte. Der Bedienstete wies mit dem Daumen zur blutbefleckten Sandfläche.
»Dein Auftritt«, knurrte er. »Und denk dran: Das ist der Höhepunkt der Veranstaltung. Zwanzigtausend Leute sind gekommen, um es sich anzusehen. Der Kaiser sitzt da oben und zählt darauf, dass du Britomaris eine ordentliche Abreibung verpasst. Enttäusche ihn nicht.«
Capito nickte bedächtig. Sein Kampf stellte das Hauptereignis des ersten großen Schauspiels dar, das Kaiser Claudius dem Volk schenkte. Am Nachmittag war mit Hunderten von Männern eine offene Feldschlacht nachgestellt worden, bei der die Gladiatoren wenig überraschend über eine Horde armselig ausgerüsteter Barbaren triumphierten. Nun würde der Stolz der kaiserlichen Gladiatoren gegen einen Barbaren kämpfen, der den Führer eines keltischen Stammes spielte. Doch es war nicht irgendein Barbar. Britomaris hatte zur Überraschung der erfahrenen Beobachter bereits fünf Siege in der Arena errungen. Barbaren, die nicht anständig im Schwertkampf geschult waren, erlitten gewöhnlich schon bei ihrem Debüt einen grausigen Tod, und Britomaris’ Siegesserie hatte die Veteranen der kaiserlichen Schule verunsichert. Capito wies solche Bedenken von sich und versicherte sich, dass die Männer, denen Britomaris in früheren Kämpfen gegenübergestanden hatte, geringere Krieger waren als er. Capito war eine Legende der Arena. Er brachte den Tod und heimste die Ehre ein. Während er die Halsmuskeln anspannte, schwor er sich, Britomaris eine Lektion zu erteilen. Sein Selbstvertrauen wurde auch dadurch gestärkt, dass er die vollständige Ausrüstung trug, einschließlich Beinschienen, Armschutz, Brustharnisch sowie einem langen roten Umhang über dem Rücken. Die Rüstung sollte den Sieg sicherstellen. Es war eine unerträgliche Vorstellung, dass ein Römer – oder auch ein als Römer verkleideter Gladiator – in Gegenwart des Kaisers gegen einen Barbaren verlor. Doch die schwere Rüstung hatte auch Nachteile. Mit dem reich verzierten Helm über dem Kopf schwitzte Capito sich unter der vollständigen Panzerung fast zu Tode.
Der Bedienstete reichte ihm ein Kurzschwert und einen rechteckigen Schild. Capito nahm das Schwert mit der rechten und den Schild mit der linken Hand. Er konzentrierte sich auf den dunklen Schlund des Ganges auf der gegenüberliegenden Seite der Arena. Der Gladiator beobachtete, wie eine Gestalt langsam aus dem Schatten trat und nach links und rechts blickte, als verwirrte sie die Umgebung.
Ein Barbar, der zufällig einige Siege errungen hat, sagte Capito sich. Mit einer stumpfen Waffe. Der Gladiator gelobte, Britomaris auf seinen Platz zu verweisen.
Capito trat hinaus in die Arena und marschierte in die Mitte, wo der Schiedsrichter stand und mit seinem Holzstab gegen sein rechtes Bein klopfte. Im grellen Sonnenschein brannte der Sand unter den nackten Füßen des Gladiators. Er warf einen Blick auf die Zuschauer auf den Tribünen. Einige löschten ihren Durst aus kleinen Weinkrügen, andere fächelten sich Luft zu. Eine große Gruppe von Legionären, die dicht gedrängt in einer Ecke saß, war in ausgelassener Stimmung. Es sind auch Frauen da, dachte Capito mit einem lüsternen Grinsen. Er spürte ein Aufwallen von Stolz, weil so viele Menschen gekommen waren, um ihn, den großen Capito, zu sehen.
Die Luft, die heiß vom Boden aufstieg und Capito ins Gesicht schlug, war mit dem metallischen Gestank von Blut verpestet. Über den obersten Rängen hantierten Dutzende von Seeleuten mit riesigen Sonnensegeln, um der Menge Schatten zu spenden. Doch der Sonnenstand machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Die Freigelassenen in den oberen Rängen befanden sich im Schatten, während die Würdenträger darunter die Hitze ertragen mussten.
Trompetenklänge ertönten. Capito fasste sein Schwert fester. Die Menge reckte die Köpfe in Richtung des Ganges vor ihm. Der Gladiator blendete den Lärm der Arena aus und konzentrierte sich ausschließlich auf den Barbaren, der mit schweren Schritten auf ihn zukam.
Capito unterdrückte ein Lächeln. Britomaris war massiger, als es ihm guttat. Seine Oberschenkel waren dick wie Baumstämme, und die Arm- und Schultermuskeln lagen unter einer Fettschicht verborgen. Er trampelte schwerfällig in die Mitte der Arena, als wäre jeder Schritt mit großer Anstrengung verbunden. Capito konnte kaum glauben, dass Britomaris wirklich fünf Kämpfe gewonnen hatte. Seine Gegner mussten noch schlechter gewesen sein, als er ohnehin schon vermutet hatte. Der Barbar trug eine bunte Hose und eine ärmellose Wolltunika, die an der Hüfte von einem Gürtel zusammengehalten wurde. Er hatte keine Rüstung. Keine Beinschienen, keine Armschützer, keinen Helm. Seine Bewaffnung bestand aus einem von Leder bespannten Holzschild mit Metallbuckel und einem Speer mit stumpfer Spitze. Der Schiedsrichter bedeutete den Gladiatoren mit seinem Stock, Auge in Auge stehen zu bleiben. Die beiden Männer befanden sich zwei Schwertlängen voneinander entfernt.
»Also, Männer«, sagte der Schiedsrichter. »Ich erwarte einen fairen und sauberen Kampf. Denkt daran, dass es auf Leben und Tod geht. Es wird keine Gnade geben, also spart euch die Mühe, den Kaiser anzuflehen. Nehmt euer Schicksal mit Würde hin. Verstanden?«
Capito nickte. Britomaris zeigte keine Reaktion. Vermutlich spricht er nicht einmal Latein, dachte der kaiserliche Gladiator höhnisch. Der Schiedsrichter blickte zum Editor, der in der Nähe des Kaisers auf dem Podium saß. Der Editor gab das Zeichen.
»Attacke!«, brüllte der Schiedsrichter und fuhr mit dem Stock durch die Luft, um den Kampf zu eröffnen.
Der Barbar stürzte sofort auf Capito zu.
Sein rasanter Angriff überraschte den Gladiator. Doch Capito bemerkte das Zucken seines Ellbogens, als er mit dem Speer zustieß, wich schnell zur Seite aus und ließ die rechte Schulter fallen, sodass Britomaris ins Leere stach. Durch den Schwung des Angriffes taumelte der schwerfällige Barbar an Capito vorbei. Der kaiserliche Gladiator drehte sich um die eigene Achse und schlug nach Britomaris’ rechter Wade. Der Barbar stieß vor Schmerz ein tierisches Brüllen aus, als die Klinge in sein Fleisch schnitt. Die Menge wusste den Gegenangriff zu schätzen und jubelte beim Anblick des Blutes, das aus der Wunde in der Wade strömte und den weißen Sand besudelte.
Capito ergötzte sich am Applaus des Pöbels.
Der Barbar schwankte und schleuderte seinen Speer nach dem Gladiator. Capito sah die Attacke voraus und duckte sich. Der Speer zischte über ihn hinweg und fiel hinter ihm nutzlos in den Sand. Brüllend vor Wut, Schmerz und Angst stürmte Britomaris auf Capito zu. Gelassen riss Capito seinen Schild nach oben – eine Bewegung, die er auf dem Übungsgelände des Ludus gründlich einstudiert hatte. Es gab einen Ruck, als die Eisenkante des Schildes Britomaris unter dem Kinn traf. Der...




