E-Book, Deutsch, 160 Seiten
Schäfer Kopfschmerzen und Migräne - Das Übungsbuch
2. Auflage 2024
ISBN: 978-3-432-11734-8
Verlag: Enke
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Vorbeugen, entspannen, Schmerzen lindern
E-Book, Deutsch, 160 Seiten
ISBN: 978-3-432-11734-8
Verlag: Enke
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Kopfschmerzen und Migräne selbst behandeln
Es gibt zahlreiche Ursachen für Kopfschmerzen. Häufig spielen dabei Stress, aber auch Körperhaltung und Muskelanspannung in Nacken und Kiefer eine wichtige Rolle, sodass Übungen die Schmerzen lindern oder vorbeugen können.
Welche Art von Kopfschmerz habe ich? Dieses Buch hilft Ihnen dabei, Ihren Kopfschmerztyp zu bestimmen und führt Sie durch passgenaue Entspannungstechniken und Übungen.
- Lebensstil: Tipps zum Umgang mit Migräne, die sofort anwendbar sind
- Kopfschmerzen vorbeugen: Übungen aus der Physiotherapie, Progressive Muskelentspannung, Atemtechniken und körperliche Fitness
- Akute Schmerzen reduzieren: gezielte Muskelbehandlung
- Umsetzung im Alltag: viele Tipps und bewährte Regeln, um Übungen in den Alltag zu integrieren
Zielgruppe
Gesundheitsinteressierte
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
Was ist Migräne, was Spannungskopfschmerz?
Kopfschmerz ist nicht gleich Kopfschmerz. Genauso unterschiedlich sind die Möglichkeiten, gegen die Schmerzen vorzugehen. Wichtig ist zu verstehen, was eigentlich in Ihrem Körper vor sich geht.
Migräne und andere Kopfschmerzen sind weit verbreitet. 90 Prozent der Europäer haben mindestens einmal in ihrem Leben Kopfschmerzen. Alarmierend ist auch, dass der Anteil der 18- bis 27-Jährigen mit einer Kopfschmerzdiagnose zwischen 2005 und 2015 um 42 Prozent gestiegen ist. Zehn Prozent der Deutschen suchen mindestens einmal im Jahr wegen Kopfschmerzen einen Arzt auf. Parallel zu dieser Entwicklung steigt der Gebrauch von Schmerzmitteln.
Die internationale Kopfschmerzklassifikation beschreibt über 300 Kopfschmerzdiagnosen. Um welchen Kopfschmerz es sich jeweils handelt, lässt sich hauptsächlich anhand der Informationen aus dem Gespräch ableiten, z. B.:
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Kopfschmerzdauer
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Intensität
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Frequenz
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Begleitsymptome
Zu oft sehen sich Kopfschmerzgeplagte auch mit gut gemeinten Tipps aus ihrem Umfeld konfrontiert – z. B. mehr Wasser oder starken Kaffee zu trinken. Viele Nichtbetroffene verstehen nicht, wie unterschiedlich und belastend Kopfschmerz sein kann. Einige Kopfschmerzbetroffene behalten deshalb ihre Diagnose für sich und versuchen – trotz der Einschränkungen – in Beruf und Alltag durchzuhalten.
Primäre vs. sekundäre Kopfschmerzen
Ist der Kopfschmerz die Krankheit selbst, lässt sich also keine Ursache der Kopfschmerzen finden, spricht man von primären Kopfschmerzen. Bestehen Erkrankungen oder andere Gründe, die die Kopfschmerzen verursachen und die möglicherweise beseitigt werden können, spricht man von sekundären Kopfschmerzerkrankungen.
Die häufigsten primären Kopfschmerzen sind Migräne und Kopfschmerzen vom Spannungstyp. Etwa 10–15 Prozent der Deutschen leiden unter Migräne, Frauen sind häufiger betroffen. Zählt man auch Personen mit einer wahrscheinlichen Migräne hinzu, sind sogar zwischen 20 und 30 Prozent betroffen. Kopfschmerzen vom Spannungstyp treten noch häufiger auf, jedoch suchen weniger Personen deswegen einen Arzt auf. Eine weitere, seltene Form sind Clusterkopfschmerzen, die sich durch stärkste, plötzlich eintretende Schmerzen meist immer auf einer Seite äußern. Oft ist begleitend ein Auge gerötet oder die Nase läuft. Kopfschmerzen, die ihre Ursache in der Halswirbelsäule haben (zervikogene Kopfschmerzen), gehören zu den sekundären Kopfschmerzen und sind eher selten.
Migräne
Migräne geht unbehandelt (oder erfolglos behandelt) mit 4- bis 72-stündigen Kopfschmerzattacken einher. Der Kopfschmerz ist häufig einseitig und pulsierend, er ist mittelschwer bis sehr intensiv. Weitere Symptome wie Übelkeit/Erbrechen oder Lärm-/Lichtempfindlichkeit begleiten diese Attacken. Körperliche Aktivität (z. B. rasches Treppensteigen) verstärkt die Beschwerden. Es wird ein Ruhe- und Rückzugsbedürfnis beschrieben.
Vor der Migräne können Symptome wie Gereiztheit, gehäuftes Gähnen, Heißhunger oder Euphorie auftreten (sogenannte Prodromalphase). Auch Nackenschmerzen können ein Vorzeichen sein. Einige Betroffene (ca. 15 Prozent) beschreiben vor Auftreten der Migräneschmerzen eine Aura. Sie kann sich durch Sehstörungen, Kribbeln oder Taubheit eines Armes oder Beins, Schwindel, Sprachstörungen und viele andere Phänomene zeigen. Am häufigsten ist die visuelle Aura. Die Betroffenen sehen z. B. Zickzacklinien, Lichtblitze oder ein Flimmern. Videos aus dem Internet können solche Auren für Nichtbetroffene nachvollziehbarer machen, z. B. auf YouTube unter den Suchbegriffen »Migräne visuelle Aura«, siehe auch ? Anhang.
Nach den Migräneschmerzen wird oft eine allgemeine Abgeschlagenheit mit Konzentrationsstörungen, aber auch ein erhöhtes Energielevel beschrieben (Postdromalphase).
Es existieren viele Unterformen der Migräne, unter anderem auch die hormonell bedingte Migräne bei Frauen. Prinzipiell gibt es eine erblich bedingte Anfälligkeit für die Erkrankung an Migräne. Die Wahrscheinlichkeit, selbst eine Migräne zu entwickeln, steigt, wenn Ihre Eltern oder Großeltern Migräne haben oder hatten.
Ab wann spricht man von einer chronischen Migräne? Tritt die Migräne an weniger als 15 Tagen im Monat auf, handelt es sich um eine sporadische oder episodische Migräne. Bestehen die Beschwerden an 15 oder mehr Tagen über einen Zeitraum von drei Monaten, ist es eine chronische Migräne. Davon müssen mindestens acht Attacken migräneartig sein. Von chronischer Migräne Betroffene sind meistens deutlich stärker im Alltag eingeschränkt, was sich belastend auf Familie, Beruf, Hobbys, körperliche Aktivität und soziale Kontakte auswirken kann.
Was geschieht bei einer Migräneattacke?
Von Migräne Betroffene haben eine erhöhte Reizwahrnehmung und -verarbeitung. Das Denken und die Reizverarbeitung sind schneller, aber eine Gewöhnung an Reize und Veränderungen ist langsamer. Diese erhöhte Sensibilisierung des Migränegehirns sorgt für zahlreiche innere und äußere Auslöser einer Migräneattacke. Das sind die sogenannten Triggerfaktoren, die individuell sehr unterschiedlich sein können.
Die häufigsten Trigger sind:
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Stress
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Emotionen
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Hormonschwankungen bei Frauen
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ausgelassene Mahlzeiten
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Wetterumschwünge
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Schlafunregelmäßigkeiten
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Duftstoffe
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Nackenschmerzen
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helles Licht
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Alkohol, uvm.
Bei Personen mit Migräne kann es sein, dass ein vermeintlicher Trigger, z. B. Schokoladeessen, nicht der Trigger an sich ist, sondern der Süßhunger ein Zeichen für die beginnende Migräne darstellt (s. o., Prodromalzeichen). Nicht selten werden vermeintliche Trigger gemieden. Aber dieses Verhalten kann selbst zum Stressfaktor werden, Ängste verstärken und die Lebensqualität einschränken. Außerdem trainieren Sie dadurch nicht, mit reizintensiven oder stressbelasteten Situationen umzugehen. Dadurch werden Sie schließlich immer »reizsensibler«.
Ebenso kann aber auch eine Ruhephase eine Attacke auslösen – insbesondere nach schnellem Absinken des Stresspegels. Auch die Erwartung einer Attacke kann eine bedeutende Rolle spielen. Entspannen und Abschalten fallen Personen mit Migräne oft schwerer als Gesunden. Stress ist mit Abstand der häufigste Auslöser und sollte eine besondere Aufmerksamkeit erhalten. Siehe auch Kapitel ? »Kopfschmerzen und Stress« und die Exkurse ? Verhaltensweisen und ? Lebensstil. Auch eine Kombination von Triggern kann eine Migräneattacke auslösen.
Was passiert im Gehirn? Der Neurotransmitter Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP), ein Botenstoff, sorgt für eine entzündungsähnliche Reaktion an den Hirnhäuten und ihren Blutgefäßen mit einer Veränderung des Gefäßdurchmessers. Unter anderem bilden die Fasern des Trigeminusnervs diesen Botenstoff und schütten ihn aus. Dieser Prozess verursacht die typisch pulsierenden Schmerzen bei einer Migräne. Neben der Ausschüttung des CGRP spielen aber noch viele weitere Botenstoffe und andere Prozesse eine Rolle bei der Entstehung der Migräne. Es ist mittlerweile auch erwiesen, dass unter anderem der Hypothalamus bereits bis zu 48 Stunden vor dem Eintreten der Schmerzen aktiviert ist. Dies wurde in MRT-Studien herausgefunden und kann unter anderem die Prodromalphase erklären.
Medikamentöse Therapie
Neurologen oder zertifizierte DMKG-Kopfschmerzexperten klären Sie bei Bedarf über die zahlreichen medikamentösen Möglichkeiten auf. Mediziner unterscheiden prinzipiell zwischen der Akutmedikation zur Behandlung einer Attacke und der medikamentösen Prophylaxe zur Vorbeugung gegen Migräneattacken. Am häufigsten kaufen Migränepatienten Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Paracetamol sowie Kombinationspräparate aus Paracetamol, Acetylsalicylsäure und Koffein in der Apotheke. Darüber hinaus gibt es Triptane, ein spezielles Migränemittel. Triptane greifen etwas gezielter in die Entstehung und Ausbreitung des Migräneanfalls ein. Aktuell sind sieben verschiedene Präparate der Triptane zugelassen. Neu in der EU zugelassen sind die sogenannten Gepante, die z. B. für Personen geeignet sind, die keine Schmerzmittel oder Triptane nehmen können. Sie kommen sowohl als Akutmittel als auch zur Vorbeugung in Frage.
Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch
Wer zu viele Schmerzmedikamente oder Triptane einnimmt, kann seine Kopfschmerzen verstärken oder chronifizieren. Die Diagnose...