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E-Book

E-Book, Deutsch, 344 Seiten

Schairer Süßer als Honig


1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-89741-901-8
Verlag: Ulrike Helmer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 344 Seiten

ISBN: 978-3-89741-901-8
Verlag: Ulrike Helmer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Jessi und ihre Freundinnen stranden auf Kreta im Nirgendwo - bis die charismatische Unternehmerin Tina sie in ihre Ferienvilla einlädt. Jessi ist direkt von ihrer Gastgeberin fasziniert, doch als der Urlaub zu Ende geht, ist sie sich sicher, ihr nie wieder zu begegnen. Dann erhält Jessi ein Jobangebot, das sie zurück nach Kreta führt - und direkt in Tinas Nähe. Bald merkt sie, dass nicht nur die griechische Küche ihr Herz höherschlagen lässt ...

Carolin Schairer lebt in Salzburg und ist Diplom-Journalistin. Sie arbeitete unter anderem in der Medienbeobachtung, der Markt- und Meinungsforschung und in der PR eines Großunternehmens. Seit dem Jahr 2005 erscheinen ihre Romane und Krimis kontinuierlich im Ulrike Helmer Verlag, darunter der Erfolgsroman »Ellen«, »Die Spitzenkandidatin«, »Küsse mit Zukunft« und »Mehr Schatten als Licht« (CRiMiNA).
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1. Kapitel

Gestrandet

»Du musst dich um nichts kümmern«, hatte Bea versichert. »Ich habe alles im Griff.«

Spätestens bei dieser Aussage hätten ihre Alarmglocken schrillen müssen, gestand sich Jessi ein, während sie ihre eingefallenen Wangen in dem schmutzigen Spiegel über dem mindestens genauso schmutzigen Waschbecken betrachtete. Schließlich war Bea seit jeher dafür bekannt, Chaos zu perfektionieren.

Nun steckten sie in einer schmucklosen Taverne im Hinterland Kretas fest. Weit und breit gab es keinen Supermarkt, kein Hotel und keinen Taxistand, dafür aber unzählige Olivenbäume und ein paar dürre Ziegen.

Jessi drehte den Wasserhahn auf, um sich kaltes Wasser in ihr viel zu heißes Gesicht zu spritzen. Das dünne Rinnsal, das aus dem Hahn floss, war lauwarm. Mit gespreizten Fingern fuhr sie sich durchs Haar. Nach dem Tag am Strand kamen ihre Locken mehr zur Geltung, als ihr gefiel. Wegen ihrer dunkelbraunen Lockenmähne, des großen Munds und der breiten Nasenflügel war sie noch vor einigen Jahren oft mit Julia Roberts verglichen worden. Mittlerweile war die Ähnlichkeit nicht mehr ganz so ausgeprägt, und mit ihrem wirren Haar glich sie wohl eher der weiblichen Version eines Struwwelpeters. Jetzt hatte sie allerdings andere Probleme als ihr Erscheinungsbild.

Als sie aus dem Anbau nach draußen trat, prallte sie wie gegen eine Wand aus heißer Luft. Hinter der Taverne erhob sich ein schroffer, felsiger Berg, der seinen Schatten auf den großen Parkplatz warf.

Lena und Bea saßen noch immer als einzige Gäste an einem der Plastiktische. Ihre großen Reiserucksäcke lehnten an der Mauer der Taverne. Bea hatte sich eine Zigarette angezündet. Lena trank aus einer Coladose.

»Geht es dir besser?«

Lenas Frage klang beiläufig, und Jessi war dankbar über die übliche spröde Art ihrer Freundin. Von Mitleid und Fürsorge hatte sie in den vergangenen Monaten eine Überdosis erhalten. Mehr davon wäre nicht zu ertragen.

Letztendlich war es auch Lenas Verdienst, dass Jessi auf Kreta überhaupt mit von der Partie sein konnte. Die Tatsache, dass sie Ärztin war, hatte Jessis Eltern überzeugt, dass eine Griechenlandreise nach den Monaten im Krankenhaus und in der Reha für sie nicht nur zu bewältigen war, sondern vielleicht sogar zu ihrer vollständigen Genesung beitragen würde. Gleichzeitig hatte Jessi sich bei dem Gespräch mit ihren Eltern einmal mehr wie eine Minderjährige gefühlt, die um Erlaubnis bitten musste, und nicht wie eine zweiunddreißigjährige Frau.

Jetzt, da Jessis Kopf und Glieder schon den gesamten Tag schmerzten und die wohlbekannte, lästige Müdigkeit immer mehr von ihr Besitz ergriff, lag klar auf der Hand, dass Lena rein gar nichts für sie tun konnte. Wie sich herausgestellt hatte, war ihr nicht einmal in den Sinn gekommen, eine Reiseapotheke einzupacken.

»Im nächsten Dorf ist eine Bushaltestelle, hat die Wirtin gesagt.« Bea blies eine Rauchwolke in die Luft. »Wenn wir Glück haben, fährt heute noch ein Bus Richtung Rethymno.«

»Und wenn nicht?«

Bea zuckte mit den Schultern. »Dann wird es sicher irgendwo eine Pension geben, in der wir übernachten können.«

Jessi überzeugte das wenig. Als sie am frühen Vormittag in Richtung Südküste aufgebrochen waren, hatte die schmale Serpentinenstraße, über die sich der Bus durch das gebirgige Binnenland der Insel quälte, bereits eindrücklich gezeigt, dass der Tourismus abseits der Küste keine große Rolle spielte. In den schlichten Dörfern, die sie durchfahren hatten, gab es allenfalls hie und da eine Art Kiosk, in dem Olivenöl und Honig verkauft wurden. Hotels, Bars und Tavernen fehlten, und auch diese Gaststätte hier war eher eine Raststation für Durchreisende als ein Ort, an dem sich Touristen gerne aufhielten.

Lena stellte ihre Coladose ab.

»Ich bin absolut dagegen, dass wir bei dieser Hitze drei Kilometer mit schwerem Gepäck eine viel befahrene Straße entlangwandern, ohne überhaupt zu wissen, ob uns das irgendeinen Vorteil bringt«, sprach sie aus, was Jessi durch den Kopf ging. »Wir sollten lieber zusehen, dass uns jemand in Richtung Norden mitnimmt. Rethymno wäre super, aber ehrlich gesagt ist mir für heute egal, wo genau wir landen. Hauptsache, wir sind an der Küste, finden ein nettes Hotel und eine gute Taverne.«

»Na, trampen hat ja vorher schon so toll geklappt«, bemerkte Bea sarkastisch. »Es hat über eine Stunde gedauert, bis wir jemanden gefunden haben, der uns zumindest von Preveli Beach hierhergebracht hat, und das bei einem Parkplatz voller Touristenautos. Ich habe so etwas noch nie erlebt. Gewöhnlich sind Touristen doch entspannt und hilfsbereit, oder?«

»Drei Frauen, drei große Reiserucksäcke – da kannst du noch so hilfsbereit sein, das kriegst du halt in einem kleinen Mietwagen nicht unter«, erwiderte Lena lakonisch. »Wenn du den Busplan wirklich gelesen hättest, anstatt dich auf deine Intuition zu verlassen, säßen wir inzwischen in Rethymno bei einem Glas Wein.«

Lenas Stimme war frei von jedem Vorwurf gewesen. Dennoch fühlte sich Bea offensichtlich angegriffen, denn sie konterte bissig: »Ich weiß nicht, seit wann ihr so spießig seid! – Auf den Philippinen haben wir in einem Hühnerstall übernachtet! Auf Bali haben wir drei Tage am Strand gepennt! In Thailand sind wir vierhundert Kilometer auf der Pritsche eines Bananentransporters mitgefahren und haben eine Woche in einer Wellblechhütte ohne fließendes Wasser gewohnt. Und wir fanden es alle super!« Sie drückte den Stummel ihrer Zigarette im Aschenbecher aus und sah die Freundinnen aus ihren dunklen, großen Augen beschwörend an. »Seht ihr denn nicht, was mit uns passiert? – Wir werden genauso spießig wie unsere eigenen Eltern! Alles muss plötzlich durchgeplant sein, und ihr zwei Primadonnen braucht sogar ein Hotelzimmer mit eigenem Bad! – Was kommt als Nächstes? Eine Pauschalreise?«

Jessi musste unweigerlich lachen. Die Vorstellung, in einer Bettenburg mit hundert Gästen gefangen zu sein, abends am Buffet Schlange zu stehen und hin und wieder einen teuren, organisierten Ausflug zu machen, klang wie der pure Alptraum.

Lena lachte nicht.

»Ich habe einen stressigen Job, Bea. Diese Nachtdienste sind kein Zuckerschlecken. Ja, du hast recht: Ich stecke das mittlerweile nicht mehr so einfach weg. Im Urlaub will ich zumindest ein bisschen entspannen. Es ist ganz sicher meine letzte Rucksacktour für lange Zeit.«

»Natürlich. Bald bist du ja auch mit Stefan verheiratet.« Bea verschränkte die Arme vor der Brust. »Und wir alle wissen, was dann folgt: Ihr baut ein Haus, seid die nächsten zweihundert Jahre damit beschäftigt, den Kredit abzustottern und kriegt unzählige Kinder, die euch an allem hindern, was Spaß macht.«

Lena verdrehte die Augen. »Nur, weil das nicht dein Lebensmodell ist, musst du es nicht in den Dreck ziehen.«

»Vor ein paar Jahren waren wir uns einig darüber, dass wir nicht dieses Nullachtfünfzehn-Leben wollen. Und jetzt flippt ihr aus, nur weil eine Busverbindung nicht klappt.«

Ich habe gar nichts gesagt, lag es Jessi auf der Zunge, doch sie verkniff sich den Kommentar. Letztendlich ärgerte sie sich ja genauso wie Lena. Der Palmenstrand war sehenswert gewesen, doch nun wollte auch sie zurück in den belebteren Inselnorden. Für Diskussionen über sich unverhofft verändernde Lebenswege fehlte ihr zudem die Energie.

»Das ist schon länger her als nur ein paar Jahre.« Lena lachte trocken. »Da waren wir halbe Kinder. Irgendwie muss ich ja mein Geld verdienen. Es kann nicht jede für immer und ewig in einer WG leben, so wie du.«

»Na, prima!« Bea stand auf. Ihre Wangen waren gerötet. »Ich arbeite auch hart, nur dass du es weißt! Ich stehe mir nicht selten bis weit nach Mitternacht die Füße in den Bauch, wenn irgendein Dreh mal wieder länger dauert. Aber weißt du was? Ich mache das gern und jammere nicht herum! Weil Regieassistenz nämlich meine Berufung ist und nicht nur irgendein Job!« Sie drehte sich um und marschierte in Richtung Olivenhain.

»Du lieber Himmel.« Lena seufzte resigniert. »Was ist denn mit ihr los? – Man darf ja wohl noch Kritik üben. Und dass wir hier festsitzen, hat ja wirklich sie verbockt.«

»Lass uns lieber überlegen, wie wir in die Stadt kommen.«

Jessis Kopfschmerz war stärker geworden. Die Müdigkeit ebenso. Wenn sie sich nicht bald irgendwo bequem ausstrecken konnte, würde ihr Kreislauf versagen. Und dann müsste Lena wirklich ihr ärztliches Können unter Beweis stellen. So weit sollte es besser nicht kommen.

»Vielleicht mit dem Taxi …?«, überlegte Lena laut.

»Bis nach Rethymno? – Das sind fast vierzig Kilometer.«

Jessi wurde ganz schlecht bei dem Gedanken, was diese Fahrt kosten würde. Ihre Ersparnisse waren fast aufgebraucht. Ein regelmäßiges Einkommen hatte sie vor über einem Jahr das letzte Mal bezogen – vor der Indienreise, die ihrem bisherigen Leben als Creative Director bei einer angesagten Wiener Werbeagentur ein jähes Ende bereitet hatte. Seither bezog sie Zuwendungen von Krankenkasse und Staat, wobei sie den Eindruck hatte, sich jeden einzelnen Cent schwer erarbeiten zu müssen. Das Ausfüllen von Formularen und Erbringen von ärztlichen Attesten war zeitraubend und zehrte an ihren Nerven. Kreta war nur möglich, weil ihre Eltern großzügig zugeschossen hatten.

»Ich werde mich mal bei der Wirtin hier erkundigen, wie viel ein Taxi ihrer Einschätzung nach kostet.« Lena erhob sich. »Wenn es keine andere Möglichkeit gibt, zahle ich die Fahrt eben allein.«

Sie verschwand im...


Carolin Schairer lebt in Salzburg und ist Diplom-Journalistin. Sie arbeitete unter anderem in der Medienbeobachtung, der Markt- und Meinungsforschung und in der PR eines Großunternehmens. Seit dem Jahr 2005 erscheinen ihre Romane und Krimis kontinuierlich im Ulrike Helmer Verlag, darunter der Erfolgsroman »Ellen«, »Die Spitzenkandidatin«, »Küsse mit Zukunft« und »Mehr Schatten als Licht« (CRiMiNA).



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