E-Book, Deutsch, 216 Seiten
Schall / Schütz Macht Erfolg glücklich?
Auflage 2020
ISBN: 978-3-456-75937-1
Verlag: Hogrefe AG
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Wie Leistung belasten und zufrieden machen kann
E-Book, Deutsch, 216 Seiten
ISBN: 978-3-456-75937-1
Verlag: Hogrefe AG
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Macht Erfolg glücklich und beliebt - oder unzufrieden und einsam? Manche Menschen verzeichnen viele berufliche Erfolge und dennoch verspüren sie Unzufriedenheit. Andere Menschen sehnen sich nach großem Erfolg, haben jedoch das Gefühl, einem Phantom nachzujagen. Es existieren zahlreiche Ratgeber dazu, wie man möglichst schnell erfolgreich wird und das eigene Leistungspotenzial maximiert. Doch was bringen uns Erfolge? Machen sie uns glücklicher, bedeutsamer, beliebter oder umgekehrt unzufriedener und einsamer? Was sagt die Wissenschaft zu diesen Fragen? In diesem Buch geben Marina Schall und Astrid Schütz auf Basis wissenschaftlicher Befunde Antworten auf Fragen wie:
• Warum streben Menschen überhaupt nach Erfolg?
• Wie trägt Leistung und Erfolg zu Lebenszufriedenheit, Selbstwert und Beziehungen bei?
• Wie gehen wir mit Erfolg um, wenn wir ihn haben?
Die Autorinnen zeigen, was Leistung und Erfolg tatsächlich zur Lebensqualität beitragen können und was wir selbst tun können, um das Beste aus unseren Erfolgen zu machen.
Zielgruppe
Psychologen
Therapeuten
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Psychologie Psychologie / Allgemeines & Theorie Psychologie: Sachbuch, Ratgeber
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Medizin, Gesundheitswesen Lebensqualitätsforschung (med.)
- Sozialwissenschaften Psychologie Psychotherapie / Klinische Psychologie
Weitere Infos & Material
|17|1 Was bedeutet „Erfolg“?
Im deutschen Sprachraum basiert der Begriff „Erfolg“ auf dem Verb „erfolgen“ im Sinne von „geschehen“. Erfolg beschreibt damit zunächst einen Ausgang oder ein Ergebnis. In der Regel handelt es sich um ein Ergebnis einer Handlung oder einer Aktivität. Es geht also darum, etwas erreicht zu haben, ein Ziel, und zwar durch das eigene Tun. Nehmen wir zum Beispiel eine Person, die eine Aufgabe zwar erfolgreich gelöst hat, dieses Ergebnis aber Resultat eines glücklichen Zufalls war. Dies würden wir wohl kaum als Erfolg bewerten. Damit wir von Erfolg sprechen können, ist Voraussetzung, dass ein gewisses Maß an Durchhaltevermögen und Selbstdisziplin zum Ziel geführt haben (Baumeister, Leith, Muraven & Bratslavsky, 1998). Das Ziel kann dabei kurzfristiger oder langfristiger Natur sein. Nehmen wir die Aussage „Sein Leben war ein Erfolg“. Das wird kaum bedeuten, dass der Betreffende immer alles richtig gemacht hat, sondern dass die Tendenz auf dem Weg zur Zielerreichung insgesamt positiv war. Denn Erfolg kann also sowohl einmalig sein als auch sich lange über die Zeit entwickeln. Im Falle einer beruflichen Karriere ist Erfolg in der Regel das Ergebnis eines langen Prozesses, bei dem auch Umwege und Fehler gemacht wurden (Judge & Hurst, 2008). Wichtig ist allerdings, dass das Ziel für uns persönlich bedeutsam ist., denn wir wollen Erfolg nicht nur sehen, sondern auch fühlen. Stolz, Freude, Zufriedenheit sind typische Emotionen, die wir mit Erfolg verbinden (Carver & Scheier, 1990). Welches Ziel persönlich bedeutsam ist, ist dabei höchst individuell. Ob das Bestehen einer Prüfung, ein Tor beim Fußball, der gelungene Aufschlag beim Tennis, das Ersteigern eines Schnäppchens, ein gutes Geldgeschäft oder eine berufliche Beför|18|derung – für den einen ist das ein großer Erfolg, für den anderen weniger. Grundsätzlich gilt, dass vor allem solche Ziele persönlich wichtig sind, die wir frei wählen können und selbstbestimmt verfolgen (Kernis, 1995). Natürlich können Ziele nicht nur frei gewählt, sondern auch von außen als wichtig vorgegeben werden (Deci & Ryan, 1993; Rheinberg, 2008). Soziale, kulturelle, familiäre Erwartungen spielen beispielsweise eine wichtige Rolle. Sie vermitteln uns ein gewisse Vorstellung davon, was es heißt, erfolgreich zu sein. So wird in den Leistungsgesellschaften Erfolg typischerweise über das Erreichen bestimmter akademischer, beruflicher oder finanzieller Ziele definiert. Solche mehr von außen vorgegeben Ziele können im Laufe der Zeit als eigene Ziele verinnerlicht und verfolgt werden (Kernis, 1995). Auch bei der Erreichung dieser, zunächst von außen vorgegebenen, Ziele wird man von Erfolg sprechen. Allerdings wird dieser Erfolg persönlich eventuell als weniger bedeutsam erlebt. Definition Erfolg beschreibt das Erreichen eines Ziels durch eigene Leistung. Das Ziel kann dabei kurzfristiger oder langfristiger Natur sein. Es ist idealerweise selbstgesteckt und damit persönlich relevant. Es kann auch kulturell und sozial normativ bestimmt sein. Die Rolle sozialer Vergleiche
Doch woran erkennen wir überhaupt, dass wir das Ziel erreicht haben? Wir könnten beispielsweise sagen, dass wir erfolgreich gewesen sind, weil wir in der Prüfung 10 von 10 maximal möglichen Punkten erreicht oder weil wir fünf von fünf T-Shirts verkauft haben. Hierbei vergleichen wir unsere Leistung mit einem objektiven Kriterium. Solche äußeren Kriterien oder Vergleichsstandards geben uns bei der Einschätzung des eigenen Handlungsergebnisses Orientierung. Allerdings sind gerade objektive Vergleichsmöglichkeiten im Alltag selten zu finden. |19|Ein wichtiges Kriterium, um die eigene Leistung zu bewerten, liefert der Vergleich mit anderen. Derartige „soziale Vergleiche“ erfolgen über das Definieren von Rängen: „Ich bin schneller als Max. Ich bin langsamer als Doris. Ich habe in der Prüfung eine höhere Punktezahl als Felix.“ Soziale Vergleiche sind für die Entwicklung des eigenen Selbstbildes hoch relevant, der Mensch hat das natürliche Bestreben, etwas über sich selbst zu erfahren und sich zu verstehen. Vergleiche mit anderen liefern hier eine wichtige Quelle der Selbsterkenntnis. Dabei geht es oft nicht nur um die Einschätzung der eigenen Fähigkeiten und der eigenen Meinungen. Wir wollen uns in möglichst allen Aspekten unseres Lebens einschätzen, auch hinsichtlich unserer Eigenschaften, Gefühle oder Lebensformen. Wir wollen wissen: „Liege ich richtig? Sehen andere das ähnlich? Wo stehe ich im Vergleich zu anderen?“ (Festinger, 1954; Gibbons & Buunk, 1999; Mussweiler, 2003; Sedikides & Hepper, 2009). In der Regel beurteilen wir unsere Leistung dann als erfolgreich, wenn wir eine andere Person, mit der wir uns vergleichen, übertroffen haben. Sind wir im Vergleich mit anderen überlegen, fühlen wir uns meist zufrieden, stolz und erleichtert (Buunk, Collins, Taylor, VanYperen & Dakof, 1990). Solche Vergleiche mit Unterlegenen ermöglichen eine positive Wahrnehmung der eigenen Person (Schütz, 2005). In diesem Fall spricht man von einem „Abwärtsvergleich“ (Wills, 1981). Vergleichen wir uns dagegen mit jemandem, der uns überlegen ist, handelt es sich um einen „Aufwärtsvergleich“. Folge solcher Aufwärtsvergleiche sind oftmals Gefühle wie Ärger und Neid (Gibbons & Buunk, 1999). Oft sind wir uns der Tatsache nicht bewusst, dass wir uns gerade mit anderen vergleichen. Der Prozess erfolgt oftmals schnell und relativ automatisch (Gilbert, Giesler & Morris, 1995). Auch vergleichen wir uns nicht in allen Situationen gleich häufig. So gibt es Umstände, die den Wunsch nach Vergleichen fördern. Zum Beispiel vergleichen wir uns mit anderen besonders häufig in Situationen, die für uns neuartig sind. Frisch gebackene Eltern vergleichen sich beispielsweise häufiger als erfahrenere Eltern hinsichtlich ihrer Erziehungsmethoden und der Entwicklung ihrer Kinder. Auch in Zeiten von Veränderungen oder Stress nehmen wir häufiger soziale Vergleiche vor, um uns zu orientieren (Taylor, Buunk & Aspinwall, 1990). Schließlich sind auch individuelle Unterschiede zu beobachten. Manche Menschen tendieren mehr als andere dazu, sich zu |20|vergleichen (Gibbons & Buunk, 1999). Dies gilt zum Beispiel für Menschen, die hinsichtlich der eigenen Person unsicher sind größere Selbstzweifel haben (Wood, Giordano-Beech, Taylor, Michela & Gaus, 1994). Definition Beim sozialen Vergleich wird Erfolg (bzw. Misserfolg) in der Regel durch die eigene Position im Vergleich zu anderen definiert. Von einem Abwärtsvergleich spricht man, wenn man sich mit einer Person vergleicht, die einem selbst unterlegen ist. Aufwärtsvergleich kennzeichnet einen Vergleich mit einer überlegenen Person (Gibbons & Buunk, 1999; Wills, 1981). Sozialer Vergleich Andere Vergleichsdimensionen
Um zu beurteilen, wie gut die eigenen Leistungen sind, vergleichen wir sie aber nicht nur mit der Leistung anderer Personen, sondern auch mit unseren eigenen vorausgehenden Leistungen. In diesem Fall legen nicht andere das Vergleichskriterium für uns fest, sondern wir selbst (Chiu, 2012). Man spricht dann von einem Vergleich „über die Zeit“ (|21|Wolff, Helm, Zimmermann, Nagy & Möller, 2018). Absolviert Doris zum Beispiel ihren ersten Marathonlauf mit 3 Stunden, wird sie beim nächsten Lauf 2:25 Stunden als einen neuen persönlichen Erfolg werten. Die Beurteilung von Erfolg hängt hier von der Beziehung zwischen der eigenen Leistung und der eigenen Leistungserwartung ab, die sich aufgrund eigener vergangener Leistung gebildet hat (Lewin, 1958). Liegt die aktuelle Leistung oberhalb des eigenen...