Schavan | Die hohe Kunst der Politik | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Schavan Die hohe Kunst der Politik

Die Ära Angela Merkel

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-451-82578-1
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Im Herbst 2021 verabschiedet sich mit Angela Merkel die erste deutsche Bundeskanzlerin und eine der mächtigsten und prägendsten Persönlichkeiten der Weltgeschichte seit der Jahrtausendwende. Sie hat Deutschland und Europa durch viele fundamentale Krisen und Umbrüche geführt und erreichte ein hohes, auch internationales Ansehen wie kaum jemand zuvor. Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik, Kultur und Gesellschaft – aus Deutschland und international – blicken auf Angela Merkel, ziehen eine erste Bilanz einer politischen Ära und würdigen eine außergewöhnliche Frau.

Mit Texten von Annalena Baerbock, Daniel Barenboim, Marianne Birthler, Horst Bredekamp, Martin Brudermüller, Ottmar Edenhofer, Sigmar Gabriel, Jörg Hacker, Stephan Harbarth, Nico Hofmann, Ellen Johnson Sirleaf, Freya Klier, Charlotte Knobloch, Winfried Kretschmann, Armin Laschet, Christine Lagarde, Philipp Lahm, Nicola Leibinger-Kammüller, Ursula von der Leyen, Emmanuel Macron, Thomas de Maizière, Christoph Markschies, Henriette Reker, Andrea Riccardi, Annette Schavan, Donald Tusk.
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Politik ist eine hohe Kunst: Eine Einführung
Von Annette Schavan
Alles hat seine Zeit ­Angela ­Merkel hat entschieden, nach 16 Amtsjahren als Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland und nach über 30 Jahren politischen Wirkens nicht mehr zu kandidieren. Sie verlässt die politische Bühne selbstbestimmt und selbstbewusst. Schon das ist ein Novum. Bundeskanzler werden abgewählt. So war das immer. Nun also ist es anders. Das ist Ausdruck einer inneren Unabhängigkeit, die bei ihr auch nach drei Jahrzehnten in der Politik nicht kleiner geworden ist. ­Angela ­Merkel findet Abhängigkeiten – auch von Ämtern – nicht hilfreich. Sie beschneiden die Kraft, das Notwendige zur richtigen Zeit zu tun. Sie führen zu falschen Entscheidungen aus Gründen einer eingeschränkten Sichtweise. Sie verengen Sichtweisen. ­Angela ­Merkel hat die Haltung, selbstbestimmt politisch tätig zu sein, nicht erst im Laufe der Jahre entwickelt. Es lohnt sich, dazu das Interview anzuschauen, das der Journalist Günter Gaus 1991 – vor genau 30 Jahren also – mit der damaligen Frauen- und Jugendministerin ­Angela ­Merkel geführt hat. Sie ahnt damals, dass Politik ein Leben stark verändert und in Beschlag nimmt. Sie nimmt nicht für sich in Anspruch, dass das bei ihr anders sein wird. Gleichwohl wird klar, sie wird beobachten, was sich da verändert, und sie will sich nicht von ihrem eigenen Leben wegführen lassen. Sie will die wirklich wichtigen Dinge im Blick behalten, und dazu gehört die Situation von Anfang und Ende, von Start und Abschluss. Alles hat seine Zeit, und die will erkannt sein. Am Anfang steht der Widerstand Zum Start in eine Kanzlerschaft gehören Widerstände. Sie beginnen in den eigenen Reihen und sind nicht leicht zu überwinden. Diese Erfahrung teilt ­Angela ­Merkel mit ihren Vorgängern. Die Erfahrung, von allen gewollt zu werden, kommt eher selten vor. Sie kennzeichnet bislang eher kurze Zeiträume, in denen alle jubeln, um dann recht bald zu verstummen. Lange Amtszeiten beginnen mit Zweifeln auf allen Seiten. Das war bei Helmut Kohl nicht anders als bei ­Angela ­Merkel – aus unterschiedlichen Gründen. Bei ­Angela ­Merkel war es so: Zunächst musste sie dem CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber den Vortritt lassen. Das erwarteten vor allem die Ministerpräsidenten der CDU. Unter ihnen waren damals einige, die sich das Amt des Bundeskanzlers auch als ihren Arbeitsplatz hätten vorstellen können. Wenn schon nicht sie selbst, dann sollte wenigstens einer der ihren Bundeskanzler werden. ­Angela ­Merkel jedenfalls, davon waren sie überzeugt, kann es auf keinen Fall. Sie trat daraufhin einen Schritt zurück, um dann vier Jahre später zwei Schritte nach vorn zu gehen. Auch das war nicht unumstritten. Deutschland war in einer schlechten Verfassung. Europa war es auch. Und nun sollte ­Angela ­Merkel als Regierungschefin die dringend notwendigen Entscheidungen zu mehr Stabilität und mehr Internationalität der größten Volkswirtschaft in Europa finden? Ihre innerparteilichen Gegner und Skeptiker beruhigten sich damit, dass ihre Kanzlerschaft eine Episode bleiben werde. Nach einer kleinen Weile könne dann wieder zum erfolgreichen und bewährten Alltag von CDU und CSU zurückgekehrt werden. So war das damals. Die CDU war bereits im Jahr 2000 mit ­­Angela ­Merkel als ihrer Vorsitzenden in eine Ära gestartet, die auch die Partei stark verändern sollte. Die Bereitschaft zu umfassender Veränderung erwies sich mehr und mehr als der Weg, Volkspartei zu bleiben im größer werdenden Spektrum politischer Kräfte und Parteien. Reformen wurden angestoßen, die noch wenige Jahre vorher schwer vorstellbar gewesen wären. Vor allem bei den Reformdebatten zu innenpolitischen Themen erwies sich die hohe Integrationskraft von ­Angela ­Merkel als Schlüssel. Das zeigte die frühe Debatte über eine Weiterentwicklung der Familienpolitik besonders klar. Die Überraschung der Freiheit Biografien prägen Politik. In der Generation der Politikerinnen und Politiker der jungen Bundesrepublik waren es die biografischen Erfahrungen von Kriegs- und Nachkriegszeit, die als handlungsleitende Impulse für politische Prioritäten, für Entscheidungen und auch für das politische Selbstverständnis handelnder Personen genannt wurden. Eine andere politisch besonders prägende Zeit sind im Westen Deutschlands die sogenannten 68er Jahre. Auch damit sind biografische Erfahrungen verbunden, die politisch relevant waren für die Motive der Generation, die damals jung gewesen ist. Mit der Ära ­Merkel rückt das für Deutschland und Europa zentrale Ereignis der Wiedervereinigung in den Blick. Es gab die mutigen Bürgerinnen und Bürger, die sich in der damaligen DDR und in den mittel- und osteuropäischen Ländern über ein Jahrzehnt für den Fall der Mauer und für die Freiheit engagiert hatten. Es gab die Geistesgegenwart von politisch Handelnden. Es war ein Ereignis von historischer Dimension. Eine friedliche Revolution, die nicht vorhersehbar gewesen war, veränderte Deutschland und Europa. Manche hatten sie noch kurz vorher für unmöglich gehalten. Diese friedliche Revolution veränderte auch das Leben der damals 35-jährigen jungen Physikerin, die 15 Jahre später Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland werden sollte. ­Angela ­Merkel sagte in ihrer ersten Regierungserklärung am 30. November 2005: »Die größte Überraschung meines Lebens ist die Freiheit. Mit vielem habe ich gerechnet, aber nicht mit dem Geschenk der Freiheit vor meinem Rentenalter.« So beschreibt sie einen Schlüssel für ihr politisches Selbstverständnis, ihre politischen Prioritäten und ihren politischen Stil. Sie nannte ihre erste große Koalition eine »Koalition der neuen Möglichkeiten«. Sie hat in den 16 Jahren als Bundeskanzlerin stets dafür geworben, neue Wege, neue Impulse und neue Lösungsansätze nicht vorschnell auszuschließen oder schlechtzureden. Regierungskunst heißt für sie, sich – zumal in den anspruchsvollen Zeiten der Transformation – dem Wandel nicht entgegenzustellen, vielmehr um Vertrauen für die Veränderungen zu werben, die notwendig sind, und ebenso für die Chancen, die darin stecken. Sie hält daran fest, dass das Geschenk der Freiheit für Millionen Menschen in Europa einen pfleglichen Umgang mit ebendieser Freiheit braucht und sich die Ignoranz gegenüber jenen verbietet, denen die Freiheit immer noch vorenthalten wird. Die Freiheit, von der ­Angela ­Merkel redet und für die sie arbeitet, ist eine Freiheit in Verantwortung. Die Erfahrungen mit den globalen Prozessen der Transformation haben ihr und unserer Generation insgesamt auch klargemacht, dass der Erhalt der Freiheit und ihre Stärkung nicht gleichbedeutend mit einer ausufernden Individualisierung sind, die das Gemeinwesen schwächt. ­Angela ­Merkel hat der Freiheit in der Gesellschaftspolitik in Deutschland und in allen internationalen Beziehungen einen hohen Stellenwert gegeben. Die Würde des Menschen, seine Freiheit und seine grundlegenden Rechte sind für sie nicht verhandelbar. Ihre internationalen Gesprächspartner wussten das. Ronald Lauder, der Präsident des World Jewish Congress, hat 2019 in einer Laudatio anlässlich der Verleihung des Theodor-­Herzl-Preises an ­Angela ­Merkel in München gesagt, sie sei eine »Hüterin der Zivilisation«. Das ist international als Signatur der Ära ­Merkel wahrgenommen worden. Der Umgang mit globalen Krisen Die Kunst der Politik wird immer häufiger von unvorhersehbaren Entwicklungen bestimmt und gefordert. Es ist müßig zu fragen, ob das früher anders gewesen ist. Offenkundig haben sich gravierende weltweite Krisen in den vier Amtszeiten der Bundeskanzlerin ­Angela ­Merkel auf die politischen Prioritäten ausgewirkt. Es waren mehrere, aufeinanderfolgende Krisen, und sie waren mit großen und existenziellen Gefahren verbunden. Kaum schien eine Krise überwunden, da bahnte sich eine weitere an. In Krisenzeiten zeigt sich wie im Brennglas, ob Regierungen Vertrauen in ihren Ländern und international genießen. Wer kann wem trauen? Worauf ist Verlass in einer Bedrohungssituation? Die internationale Finanzkrise im Jahr 2008 ist ein gutes Beispiel dafür. Neben den konkreten politischen Strategien ging es auch um Vertrauen. Die Deutschen hatten angesichts der Krise um die Hypo Real Estate und deren milliardenschwere Rettung Angst um ihre Ersparnisse. ­Angela ­Merkel und ihr damaliger Finanzminister Peer Steinbrück gaben am 5. Oktober 2008 ein öffentliches Versprechen ab. »Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind.« Das war im dritten Jahr ihrer Kanzlerinnenschaft und führte zu dem Vertrauen, das in dieser schwierigen Lage notwendig war. Das Anforderungsprofil an die Akteure der Politik wird zunehmend davon bestimmt sein, ob und wie es ihnen gelingt, mit Krisen umzugehen, die politische Erdbeben auslösen. In solchen Zeiten werden Haltungen erkennbar, auch Quellen, aus denen die Akteure schöpfen, und ganz besonders die grundlegende Motivation zur Politik. In mehreren Beiträgen des Buches wird an den Satz von ­Angela ­Merkel erinnert: »Ich will Deutschland dienen.« Wie kein anderer Satz bringt diese Feststellung ihr Selbstverständnis in all den Jahren ihres politischen Wirkens zum Ausdruck. Der andere Satz von ­Angela ­Merkel zum Ausgang der Krisenzeiten formulierte zugleich ihren Anspruch an sich und ihre Regierung: Stärker aus der Krise kommen als man hineingegangen ist. Gerade in Zeiten der Zuspitzung zeigte sich übrigens, dass ­Angela ­Merkel bei wortreichen...


geb. 1955, war 25 Jahre in Politik und Diplomatie tätig, u.a. als Bundesministerin für Bildung und Forschung (2005-2013) sowie als Botschafterin Deutschlands beim Heiligen Stuhl (2014-2018). Heute ist sie international tätig, nimmt seit 2014 eine Gastprofessur an der Shanghai International Studies University wahr und ist u.a. die Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft in Berlin.
Armin Laschet, geboren 1961 in Aachen, ist seit Juni 2017 Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen. Der CDU-Politiker war zuvor Bundestagsabgeordneter (1994 bis 1998) und Europaabgeordenter (1999 bis 2005). Von 2005 bis 2010 war er Minister in der Landesregierung von Jürgen Rüttgers. Abgeordneter im Düsseldorfer Landtag ist er seit 2010. Bis 2016 war Laschet Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Laschet ist Jurist und gelernter Journalist. Er war unter anderem für das Bayrische Fernsehen tätig und war Chefredakteur der Kirchenzeitung Aachen. Laschet ist verheiratet und hat drei Kinder.
Winfried Kretschmann wurde 1948 geboren und ist seit 2011 Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg. Er studierte an der Universität Stuttgart-Hohenheim Biologie und Chemie für das Lehramt an Gymnasien. Seit Studententagen politisch aktiv gründete Kretschmann 1979 mit anderen die Grünen in Baden-Württemberg. Ein Jahr später wurde Kretschmann Mitglied der ersten Fraktion der Grünen im badenwürttembergischen Landtag. 2002 wurde Kretschmann zum Fraktionsvorsitzenden seiner Partei gewählt und blieb dies bis 2011. Bis im Mai 2021 war er Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken
Thomas de Maizière, Dr. jur., geb. 1954, 1990 Mitglied der Verhandlungsdelegation für den deutschen Einigungsvertrag,1990-1998 Staatssekretär in der Regierung von Mecklenburg-Vorpommern, 1999-2005 Staatsminister in Sachsen in unterschiedlichen Ressorts; 2005-2009 Chef des Bundeskanzleramtes, 2009-2011 und 2013-2018 Bundesinnenminister sowie 2011-2013 Bundesverteidigungsminister; seit 2009 Mitglied des Bundestages. Thomas de Maiziere ist seit 2003 im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages und seit 2018 Vorsitzender der Deutschen Telekom Stiftung. Thomas de Maizière ist Honorarprofessor für Staatsrecht an der Universität Leipzig.
Sigmar Gabriel, geboren 1959, bis November 2019 Mitglied des Deutschen Bundestages, ist einer der prägendsten deutschen Politiker der letzten Jahrzehnte; von 1999 bis 2003 war er niedersächsischer Ministerpräsident, er bekleidete danach das Amt des Bundesumweltministers (2005 – 2009), des Bundeswirtschaftsministers (2013 – 2017) sowie des Bundesaußenministers (2017 – 2018); von 2013 bis 2018 war er Vizekanzler und von 2009 bis 2017 zugleich Vorsitzender der SPD. Seit Juni 2020 steht er der Atlantik-Brücke vor, die das Ziel hat, die transatlantische Zusammenarbeit zu vertiefen.
Christoph Markschies, Dr. theol., geb. 1962, ist Professor für Antikes Christentum (Patristik) an der Humboldt-Universität zu Berlin, Seit 2012 ist er Vizepräsidenten der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. 2001 wurde er mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet.
Prof. Dr. Ottmar Edenhofer ist seit 2008 Professor an der Technischen Universität Berlin und gilt als einer der weltweit führenden Experten für die Ökonomie des Klimawandels. Er ist Direktor und Chefökonom am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und Direktor des im Jahr 2012 gegründeten Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC). In diesem Jahr wurde Ottmar Edenhofer mit dem renommierten Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) für seine wissenschaftliche Arbeit ausgezeichnet. Edenhofer war von 1987 bis 1994 Mitglied des Jesuitenordens.
Freya Klier, geb. 1950 in Dresden. Autorin, Schauspielerin, Theaterregisseurin, Dokumentarfilmerin, Bürgerrechtlerin.


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