Schlabach / Bradlaw / Hufeisen | Mehrsprachenlernen in gesellschaftlichen und institutionellen Kontexten | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 11, 381 Seiten

Reihe: Kompendium DaF/DaZ

Schlabach / Bradlaw / Hufeisen Mehrsprachenlernen in gesellschaftlichen und institutionellen Kontexten

Deutsch als Fremd- und Zweitsprache im Fokus der Mehrsprachendebatte
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-8233-0527-9
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Deutsch als Fremd- und Zweitsprache im Fokus der Mehrsprachendebatte

E-Book, Deutsch, Band 11, 381 Seiten

Reihe: Kompendium DaF/DaZ

ISBN: 978-3-8233-0527-9
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dieser Band stellt einzelne Lebens- und Lernbereiche rund um Mehrsprachigkeit und Mehrsprachenlernen vor: gesellschaftliche Mehrsprachigkeit sowie schulisches und universitäres Mehrsprachenlernen. Es beleuchtet den Komplex der Herkunftssprachen im Verhältnis zur Umgebungs- und Zielfremdsprache Deutsch, diskutiert Gesamtsprachencurricula, und betrachtet die Sprachenarbeit mit Geflüchteten. Alle Beiträge sind solide wissenschaftlich fundiert, richten sich sprachlich an Studierende und veranschaulichen alle Sachverhalte durch Beispiele, nicht nur aus deutschsprachigen Ländern, sondern auch aus anderen, um zu verdeutlichen, dass Mehrsprachenlernen ein globales Phänomen mit je ähnlichen oder auch ganz unterschiedlichen Herausforderungen und Vorzügen ist, welches es wert ist, sich damit auseinanderzusetzen. Die Aufgaben ermuntern zur Reflexion der eigenen Mehrsprachigkeit bzw. der eigenen Lebens- und Lernsituation im gesellschaftlichen und institutionellen Umfeld.

Joachim Schlabach arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Sprachwissenschaft - Mehrsprachigkeit im Bereich des Mehrsprachenlernens; zudem lehrt er deutsche Sprache und Geschäftskommunikation und plurilinguale Kommunikation an der Universität Turku in Finnland. Constanze Bradlaw ist Mitautorin des Sprachenkonzepts der TU Darmstadt. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf sprachenpolitischen Aspekten der funktionalen Mehrsprachigkeit im Kontext Internationalisierung der Hochschulen. Sie ist tätig als Persönliche Referentin des Vizepräsidenten für Innovation und Internationales der TU Darmstadt. Britta Hufeisen forscht und lehrt als Professorin am Fachgebiet Sprachwissenschaften-Mehrsprachigkeit-Mehrsprachenlernen an der Technischen Universität Darmstadt, wo sie auch das Sprachenzentrum leitet.

Schlabach / Bradlaw / Hufeisen Mehrsprachenlernen in gesellschaftlichen und institutionellen Kontexten jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


1.2 Migrationen und ihre sprachlichen Abbildungen in der deutschen SpracheConstanze Bradlaw und Katharina Neuber
Migrationen und ihre vielschichtigen Einflüsse auf Sprachen bilden seit einigen Jahren verstärkt einen Gegenstand öffentlich und privat geführter Diskurse, auch in Deutschland. Beide sind jedoch keine neuartigen Phänomene unserer gegenwärtigen Zeit, sondern sie bilden Konstanten menschlichen Daseins und menschlicher Lebensgestaltung des homo migrans. Auch sprachlich haben Migrationsbewegungen für alle an ihnen Beteiligten Auswirkungen. Mit Fokus auf die deutsche Sprache beziehen wir Forschungserkenntnisse aus verschiedenen Teildisziplinen der Linguistik ein, die für unser Thema wichtig sind. Das sind zum Beispiel die Migrationslinguistik und die Sprachenkontaktforschung. Wir werden die Begriffe deutsche Sprache und Migration zueinander in Beziehung setzen und sprachliche Abbildungen von Migration, wie beispielsweise Jugendsprachen, mithilfe konkreter Bezüge veranschaulichen. Wir machen deutlich, dass Sprachen in einen (gesellschafts)politischen Zusammenhang zu stellen sind, wenn wir sprachliche Entwicklungen innerhalb von Sprachenräumen oder zwischen diesen fassen und verstehen wollen. Phänomene wie die als Superdiversität (Super-?Diversity) bezeichnete urbane Mehrsprachigkeit in den Ballungszentren unserer Welt im 21. Jahrhundert stehen in einer wechselseitigen Bedingtheit mit den komplexen Transformationsprozessen heutiger Gesellschaften. In diesem Zusammenhang erschließt sich, dass individuelle und gesellschaftliche Mehrsprachigkeit nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind.   Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ein Verständnis für die Auswirkungen von Migration auf die Entwicklung der deutschen Sprache bekommen und dies in einen historischen Bezug setzen können; sprachliche Abbildungen von Migration in Deutschland unter linguistischen Gesichtspunkten, insbesondere aus der Sicht der Migrationslinguistik, betrachten und erklären können; Einflüsse politischer und ökonomischer Entwicklungen und daraus resultierende historische Sprach(en)wandlungsprozesse nachvollziehen und erklären können; für Mehrsprachigkeit und das Vermischen von Sprachen in Gesellschaften sowie Gemeinschaften in Folge von Sprachenkontakten als Normalfall sensibilisiert werden; das Phänomen Jugendsprachen als aktuelles Phänomen der deutschen Sprache in den Kontext von Migration einordnen können. Reflexionsaufgabe Kennen Sie Menschen, die selbst eine Migrantin oder ein Migrant sind? Gehören Sie selbst oder Familienangehörige zu dieser Personengruppe? Überlegen Sie, vor welchen sprachlichen Herausforderungen Sie oder die Ihnen bekannten Migrantinnen und Migranten standen oder stehen und warum. Reflektieren Sie zudem, welche Auswirkungen diese Situation auf ihren weiteren Lebensweg hatte oder hat, und wie die Herausforderungen bewältigt wurden oder werden. Führen Sie dazu gegebenenfalls ein kurzes Interview. 1.2.1 Historische Kontextualisierungen und linguistische Bezüge
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Sprache als eine solche zu definieren und so zum Beispiel von einer Sprachvarietät abzugrenzen. Aus Gründen der vermeintlichen Eindeutigkeit und Klarheit werden Sprachen häufig über ihr Vorhandensein innerhalb eines bestimmten geografischen Raumes definiert. Ist dieser Raum ein Staat, sprechen wir von Nationalsprachen. Diese stellen jedoch häufig kein homogenes Gebilde dar, sondern bergen viele sprachliche Facetten, die ihrerseits wieder Spiegelbilder sozialer, politischer, gesellschaftlicher und vieler weiterer Gegebenheiten, Bedingungen und Entwicklungen sind. Sprachen können als primär sozial konstruiert betrachtet werden und sind dann immer auch Ausdruck von Machtverhältnissen (vergleiche Blommaert/García/Kress/Larsen-?Freeman 2019; García/Wei 2014; Otheguy/García/Reid 2015). Transferaufgabe 1 Gesellschaftliche Machtverhältnisse bilden sich auch durch den Gebrauch von Sprachenregistern ab, zu denen nicht unbedingt alle Sprecherinnen und Sprecher Zugang haben. So bestehen im Deutschen im medizinischen Bereich parallel zu den lateinischen Fachausdrücken, die in der Regel die Ärztinnen und Ärzte verwenden, vulgärsprachliche deutsche Ausdrücke, die in der Regel die Patientinnen und Patienten verwenden – beispielsweise ‚Gelbsucht‘ für ‚Hepatitis‘, ‚Blinddarm‘ für ‚Appendix‘ oder ‚Schlaganfall‘ für ‚Apoplex‘. Dies kann im Kontext von Migration oder Arbeitsmigration, aber auch im erstsprachlichen Patientinnen- und Patientengespräch durchaus problematisch sein. Überlegen Sie mögliche Implikationen für die Situationen Diagnose und Therapie. Inwiefern kann ein lebensnaher DaF/DaZ-?Unterricht diese Implikationen thematisieren? Wie könnten konkrete Unterrichtsideen gestaltet werden? Selbst wenn wir Sprachen als Nationalsprachen spezifizieren, können diese ein Konglomerat aus mehreren „Sprachsystemen“ (Ammon 2015: 107) bilden. Der Sprachgebrauch innerhalb der einzelnen Sprachsysteme kann unterschiedlichen Konventionen und Regeln folgen. Diese situationsabhängigen Konventionen leiten sich aus ihren jeweiligen komplexen sozialen Kontexten ab. Wir sprechen von Sprachregistern. Als Antwort auf die Frage „Mit wem sprichst du welches Deutsch?“ kann die deutsche Sprache „als eine Menge von Varietäten“ (Ammon 2015: 108) zusammengefasst werden. Der sprachliche Weg von den Anfängen der deutschen Sprache bis zu unserem heute in der Bundesrepublik Deutschland gebräuchlichen Standarddeutsch ist lang. Diese dynamischen Veränderungsprozesse finden kontinuierlich statt und werden mit dem Begriff Sprachwandel gefasst (siehe Lerneinheit 1.3). Unser Thema verknüpft die beiden Schlüsselbegriffe dieser Lerneinheit, Migration und Sprachen, miteinander, die in einem Wechselverhältnis zueinander stehen. Wir sprechen in diesem Zusammenhang vom Menschen als homo migrans (vergleiche Burmeister 2016: 43; Schlaudt 2020: 1). Zahllose wechselseitige, sprachliche und kulturelle Beeinflussungen begleiteten diesen Jahrtausende langen Prozess menschlichen Wanderns. Für die Entwicklung der deutschen Sprache erscheinen uns zwei historische Situationen als besonders entscheidend, nämlich der Sprachenkontakt mit dem Lateinischen und die Reformation. Auf beide wollen wir im Folgenden schlaglichtartig eingehen. Im Laufe der Entstehung des Imperium Romanum erstreckte sich die römische Expansion auch auf weite Teile des Siedlungsgebiets germanischer Stämme. Die Entsendung römischer Soldaten und ihre oft langjährige Stationierung können wir dabei ebenfalls als eine Form von Migration definieren. In den besetzten Gebieten existierte dann neben den Sprachen der einzelnen Stämme auch die lateinische als Herrschaftssprache. Die Bedeutung des Lateinischen gewann im Laufe der Christianisierung noch stärker an Bedeutung, denn sie war die Sprache des Klerus und, neben dem Griechischen, für Jahrhunderte die unangefochtene Bildungs- und Wissenschaftssprache in Europa. Christliche Klöster mit ihren Bibliotheken und Schreibstuben stellten bedeutende kulturelle Zentren dar, die vor allem durch die Anfertigung handschriftlicher Abschriften maßgeblich zur Verbreitung von Schriftzeugnissen beitrugen. Die klösterlichen Übersetzungen in damalige Formen des Deutschen sowie Glossierungen, also Formen der Kommentierung und Erläuterung eines Ursprungstextes, erweiterten den deutschen Wortschatz erheblich. Als das älteste deutsche Buch gilt ein Zeugnis des frühen Sprachenkontakts, nämlich ein lateinisch-?deutsches Wörterbuch, der Abrogans, aus der Zeit um 765 (vergleiche Meid 2004: 12). Ein unterschiedlicher Sprachengebrauch im Mündlichen und Schriftlichen begann sich zu etablieren. Als einen weiteren, für die deutsche Sprache entscheidenden historischen Moment erachten wir die Zeit der Reformation. Luther und seinen Mitstreitern gelang es, die Allmacht des Lateinischen als Schrift-, Bildungs- und Wissenschaftssprache zur säkularen und insbesondere klerikalen Herrschaftssicherung ins Wanken zu bringen. Die Übersetzung des Neuen Testaments aus dem Griechischen und Hebräischen ins („Volks“-)Deutsche sowie die Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg führten zu einer massenhaften Verbreitung der neuen Ideen in deutscher Sprache vor allem via Flugschriften. In seinem Sendbrief vom Dolmetschen (1530) formulierte Luther die ihn leitenden Übersetzungsprinzipien. Die poetischen Wortschöpfungen und die bildliche Sprachgewalt seiner Übertragungen ins Deutsche wirken bis heute und trugen maßgeblich zur Prestigesteigerung des Deutschen bei. Das Zeitalter der Reformation markiert in Europa historisch den Beginn der Neuzeit (ab circa 1500) und sprachlich den Beginn des Neuhochdeutschen, zu dem auch unsere heute verwendeten Formen des Deutschen zählen. Eine Periodisierung der deutschen Sprache finden Sie in Lerneinheit 1.3. Aufgabe zur Inputverarbeitung 1 Lesen Sie den folgenden Auszug aus Martin Luthers Sendbrief vom Dolmetschen (1530). Jedoch habe ich anderswo „sola fide“ gebraucht und will auch beides, „solum“ und „sola“, haben. Ich hab mich des beflissen im Dolmetschen, daß ich rein und klar Deutsch geben möchte. Und ist uns sehr oft begegnet,...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.