Schlagnitweit / Segbers / Praetorius | Wie christlich ist ein Bedingungsloses Grundeinkommen? | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 6, 120 Seiten

Reihe: Überlegungen zum Grundeinkommen

Schlagnitweit / Segbers / Praetorius Wie christlich ist ein Bedingungsloses Grundeinkommen?

Überlegungen zum Grundeinkommen - Band 6
2. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7583-7722-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Überlegungen zum Grundeinkommen - Band 6

E-Book, Deutsch, Band 6, 120 Seiten

Reihe: Überlegungen zum Grundeinkommen

ISBN: 978-3-7583-7722-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Einen wesentlichen Beitrag zur Idee eines Bedingungslosen Grundeinkommens leisteten schon 1985 Herwig Büchele und Lieselotte Wohlgenannt von der Katholischen Sozialakademie (KSOe) in Wien mit dem Buch "Grundeinkommen ohne Arbeit". Die Katholische Sozialakademie setzte sich in der Folge immer wieder für ein Bedingungsloses Grundeinkommen ein und so ist es uns eine Freude und Ehre, dass der derzeitige Direktor der KSOe, Dr. Markus Schlagnitweit, in diesem Buch klar zeigt, dass die Idee eines Bedingungslosen Grundeinkommens "fest auf dem Boden der Katholischen Soziallehre" steht und den aktuellen Worten des Papstes entspricht. Der Beitrag des altkatholischen Gemeindepfarrers und Professors für Theologie und Sozialethik Dr. Franz Segbers (Konstanz) sowie der Beitrag "Bedingungslos" der evangelischen Theologin Ina Praetorius (Zürich) zeigen, dass diese Idee voll und ganz dem christlichen Weltbild entspricht, weil es auf dem Wert des Menschen als Geschöpf Gottes aufbaut. Beiträge von Mag. Ferdinand Kaineder (Präsident der Katholischen Aktion Österreich), eine Predigt der evangelischen Pfarrerin Silke Niemeyer, eine Besprechung des Buches des 2017 verstorbenen katholischen Theologen Dr. Ferdinand Rohrhirsch und der Abdruck des "Dossiers der Katholischen Aktion zu Arbeit und sozialer Fairness" runden das Thema ab.

Dr. Markus Schlagnitweit Direktor der ksoe (Katholische Sozialakademie Österreichs) 1962 geboren in Linz, 1982 Eintritt ins Linzer Priesterseminar 1984-91 Fortsetzung der Priesterausbildung im Pontificium Collegium Germanicum-Hungaricum in Rom 1989 Priesterweihe 1982-84 Katholisch-Theologische Hochschule Linz 1986/87 Leopold-Franzens-Universität Innsbruck 1984-88 Pontificia Università Gregoriana/Rom 1988 Bacc.theol. Pontificia Universita Gregoriana/Rom (Sozialwissenschaften) 1990 Bacc.rer.soc.; 1991 Lic.rer.soc.; 1995 Dr.rer.soc 1989-95 Kooperator in Steyr St. Josef/Ennsleiten 1992-95 Geistl. Assistent der Kath. Hochschuljugend (KHJÖ) Wien 1995-97 Kooperator in Wels St. Stephan/Lichtenegg 1997-2018 Hochschulseelsorger an der Kath. Hochschulgemeinde (KHG) / Geistl. Assistent der Kath. Hochschuljugend (KHJÖ) Linz 2005-09 Direktor / 2010-13 Mitarbeiter der Kath. Sozialakademie Österreichs (ksoe) Seit 2013 AkademikerInnen- und KünstlerInnenseelsorger der Diözese Linz / Geistl. Assistent des Forum St. Severin / Kath. Akademikerverband OÖ. Seit 2017 Rektor der Ursulinenkirche Linz 2019-20 Korrespondierendes Mitglied / Seit 2020 Direktor der Kath. Sozialakademie Österreichs (ksoe)

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Weitere Infos & Material


MARKUS SCHLAGNITWEIT:
PAPST FRANZISKUS UND DAS
GRUNDEINKOMMEN IM KONTEXT VON
KATHOLISCHER SOZIALLEHRE
UND THEOLOGIE
Nun also auch der Papst: Am Ostersonntag 2020, hat Papst Franziskus in einem Brief Angehörige von vorwiegend in Lateinamerika tätigen Volksbewegungen (movimentos populares) und ihre oft verborgene Arbeit gewürdigt. Er nannte dabei Straßenhändler, Müllsammler, Erntearbeiter, Kleinbauern, Bauarbeiter und Menschen in pflegender Tätigkeit (und meinte damit in gleicher Weise Frauen wie Männer). Der Papst verwies auf ihre für das gesellschaftliche Zusammenleben wichtigen Beiträge. Weil sie für die Wirtschaft mit ihren marktorientierten Mechanismen aber weithin unsichtbar blieben, finde ihre Arbeit keine entsprechende Anerkennung, geschweige denn rechtliche Garantien, die sie schützten. Dieses soziale Phänomen beschränkt sich freilich keineswegs auf den lateinamerikanischen Kontext: Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zufolge arbeiten weltweit zwei Milliarden Menschen – ein Drittel davon Frauen – ohne jede Absicherung für Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit oder Pension. Im Kontext der globalen Pandemie und ihrer notwendigen, das wirtschaftliche Leben stark einschränkenden Gegenmaßnahmen könnten aufgrund mangelnder sozialer Absicherungen am Ende sogar mehr Menschen an Hunger, Armut und Krankheiten sterben als am Virus selbst. Ähnlich das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), das darauf hinweist, dass in den ärmsten Ländern der Erde sieben von zehn Arbeiter*innen von informeller Arbeit leben, aus der sie keine Ansprüche auf Sozialhilfe haben, und deshalb ein Grundeinkommen für diese Menschen fordert. Auf solche Beobachtungen gestützt, befürwortet auch der Papst in seinem Brief die Idee eines Grundeinkommens für arbeitende Menschen in prekären oder informellen Situationen – und zwar nicht nur zur, sondern auch nach Überwindung der Pandemie-Krise: Ein solches Grundeinkommen löse eine Forderung ein, die „so menschlich und zugleich so christlich ist: kein Arbeiter ohne Rechte.“ Nur ein halbes Jahr später, im Herbst 2020, legte Papst Franziskus noch einmal nach: In seinem mittlerweile auch auf Deutsch erschienenen und auf Gesprächen mit dem Journalisten Austen Ivereigh basierenden Buch „Wage zu träumen!“1 zeigt er mutige Wege aus der Covid19-Krise und fordert dabei nichts weniger als eine komplett neue Weltordnung bzw. eine Neuausrichtung der Gesellschaft in der Post-Covid-Welt. Eine zentrale Rolle spielt dabei erneut die Idee eines universellen bedingungslosen Grundeinkommens (BGE). Des Papstes wichtigste Argumente dafür lauten: Ein BGE würde die Beziehungen auf dem Arbeitsmarkt umgestalten und den Menschen die Würde garantieren, Beschäftigungsbedingungen ablehnen zu können, die sie in Armut halten würden. Es könnte den Menschen also eine nötige Basissicherheit geben, ferner das Stigma eines paternalistischen und zugleich in Abhängigkeit haltenden Wohlfahrtsstaates beseitigen und zudem den Wechsel zwischen Arbeitsplätzen erleichtern, wie es technologiegetriebene Arbeitsweisen zunehmend erfordern. Schließlich könnte ein BGE alle Menschen dazu befreien, das Verdienen des Lebensunterhaltes und den Einsatz für die Gemeinschaft miteinander zu verknüpfen. Papst Franziskus führt in seinen Schreiben seine Argumente für ein BGE zwar nicht dahingehend weiter aus, dass daraus sehr viel zu gewinnen wäre für die politische Debatte über die konkrete weitere Ausgestaltung eines BGE-basierten Sozialsystems, dessen Finanzierung und dessen Konsequenzen für andere gesellschaftliche Ressorts wie Bildung, Gesundheit etc. Zahlreiche kritische Kommentare zur päpstlichen Befürwortung eines BGE unterstellen ihm deshalb mangelnden Realismus, bezweifeln seine Sachkompetenz oder relativieren des Papstes Ausführungen mit Blick auf dessen kulturellen Background: Möglicherweise meine die päpstliche Idee eines „universellen Grundeinkommens“ nur eine Art weltweite soziale Mindestsicherung auf derart niedrigem Niveau, dass sie zwar in den Armutsregionen dieser Welt, die der Papst möglicherweise mehr im Blick habe als seine Vorgänger, eine Verbesserung für hunderte Millionen Menschen bringen würde, aber etwa für europäische Sozialkontexte faktisch indiskutabel sei.2 Dennoch lassen sich von Papst Franziskus‘ zentralen Gedanken zum BGE her starke Schlüsse ziehen für die innerkirchliche Auseinandersetzung um ein BGE, für welche die Katholische Soziallehre [in Folge: KSL] die zentrale Bezugsbasis bilden muss. Gelegentlich wird ja ausgerechnet diese auch gegen die Idee eines BGE ins Treffen geführt – mE zu Unrecht. Die Rechte und Würde der arbeitenden Menschen
Das päpstliche Schreiben vom Ostersonntag 2020 fand auch innerkirchlich breite Resonanz: Besonders erwähnenswert erscheint in unserem Zusammenhang die Reaktion des Präsidenten der Konferenz der Jesuiten Kanadas und USA, Timothy Kesicki3, der das Anliegen des Papstes rundweg in eine Linie stellte mit der ersten Sozialenzyklika der katholischen Kirche Rerum novarum, deren Erscheinen sich heuer zum 130. Mal jährt: Ein Grundeinkommen könne wesentlich dazu beitragen, die Rechte und Würde der arbeitenden Menschen abzusichern. Tatsächlich ist es eine grundlegende Gerechtigkeitsforderung der neuzeitlichen kirchlichen Sozialverkündigung seit Rerum novarum, dass alle arbeitenden Menschen und mit ihnen alle, für welche sie Verantwortung tragen, vom Ertrag ihrer Arbeit sicher leben können („Familienlohn“). Es ginge nun aber an der Realität vorbei, dieser Forderung lediglich durch einen solidarischen Kampf der Arbeitenden um die Garantie ausreichender Lohnhöhen genügen zu wollen und daneben noch existenzsichernde soziale Auffangnetze für all jene zu organisieren, die aufgrund von Krankheit, Unfall, Alter, Ausbildung, Arbeitslosigkeit oder anderer Ursachen erwerbsunfähig sind. Die oben genannten Angaben von ILO sowie UNDP machen demgegenüber ja auf die – unabhängig von Pandemie-bedingten Verwerfungen auf den Arbeitsmärkten – wachsende Zahl von Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen aufmerksam, die zwar Arbeit haben, daraus aber kein existenzsicherndes Einkommen für sich und die ihnen anvertrauten Menschen generieren können, geschweige denn für den Fall des Einkommensentfalls aufgrund schicksalhafter Ereignisse. Aber selbst die Garantie bloß die nackte Existenz sichernder Familieneinkommen (entweder durch Erwerbsarbeit oder im Falle der Erwerbsunfähigkeit durch entsprechende soziale Transferleistungen) genügte dem eigentlichen Grundanliegen von Rerum novarum noch nicht: Diese erste Sozialenzyklika suchte ja nach einer Antwort auf die zu ihrer Zeit essentielle soziale Frage der gesellschaftlichen Integration der Industriearbeiterschaft. Diese Integrationsfrage beschränkt sich allerdings keineswegs nur auf Fragen der bloßen Existenzsicherung; sie muss vielmehr eine Antwort finden in der Garantie von allgemeinen bürgerlichen Grund- und Freiheitsrechten sowie von fundamentalen sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Grundrechten, wie sie etwa ein halbes Jahrhundert später Artikel 22 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 formuliert: „Jeder Mensch hat als Mitglied der Gesellschaft Recht auf soziale Sicherheit; er hat Anspruch darauf, durch innerstaatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit unter Berücksichtigung der Organisation und der Hilfsmittel jedes Staates, in den Genuss der für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlichen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen.“ Artikel 23 derselben Erklärung führt diese Rechte noch weiter aus und schreibt ein Recht jedes Menschen auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf angemessene und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit fest. Dabei hebt er aber offensichtlich auf die historisch gewachsene (aber letztlich kontingente) Auffassung moderner Erwerbsarbeitsgesellschaften ab, wonach menschliche Arbeit einfach mit Erwerbsarbeit gleichgesetzt wird und deren Ausübung zugleich den „Normalfall“ zur Herstellung von Existenzsicherheit bzw. die Voraussetzung darstellt, um „in den Genuss der […] unentbehrlichen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen“. Das in Artikel 23 verbriefte Recht jedes Menschen auf Arbeit wird so zu einem Recht auf Erwerbsarbeit und in der beinahe weltweit üblich gewordenen Form freier Marktwirtschaft also auf marktgängige, „handelbare“ Arbeit. Die Garantie eines Rechts auf existenzsichernde Erwerbsarbeit – zumal unter Wahrung weiterer Grundrechte wie freie Berufswahl, angemessene und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie Schutz vor Arbeitslosigkeit – steht nun aber gerade in einem sowohl logischen wie praktischen Widerspruch zu fundamentalen marktwirtschaftlichen Prinzipien, v.a. zur zentralen Steuerungsfunktion des freien Spiels von...



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