Schlieper | Meerweh im Gepäck | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 200 Seiten

Schlieper Meerweh im Gepäck

Ein Nordsee-Roman | Neuanfang zwischen Wellen, Wind und Liebesglück
23001. Auflage 2023
ISBN: 978-3-95818-757-3
Verlag: Forever
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Nordsee-Roman | Neuanfang zwischen Wellen, Wind und Liebesglück

E-Book, Deutsch, 200 Seiten

ISBN: 978-3-95818-757-3
Verlag: Forever
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Hör auf dein Herz, folge ihm ans Meer Nach dem Verlust ihrer Mutter will Emma nur noch eins: weg aus der Großstadt. Sie nimmt kurzerhand ein Jobangebot an der Nordsee an. Hier will sie beruflich neu Fuß fassen und zugleich Wellen, Wind und Meer genießen. Doch sie hat kein Glück - ihre Unterkunft ist nach einem Wasserschaden unbewohnbar. Kurzfristig kann sie sich auf einem Hausboot einmieten und muss die nächtlichen Bekanntschaften ihres Mitbewohners in Kauf nehmen. Ihr neues Leben hat sich Emma ganz anders vorgestellt - wäre da nicht Nils, der ihr bei einem Strandspaziergang den Kopf verdreht. Die Nordsee scheint es doch gut mit Emma zu meinen, aber sie ahnt nicht, dass ihre Liebe zu Nils schon bald auf die Probe gestellt wird und nicht nur das Meer stürmisch sein kann.

BIRGIT SCHLIEPER lebt seit zehn Jahren mit Mann, Sohn und Tochter in einem Dorf in der Nähe von Zürich. Mittlerweile erschrickt sie auch nicht mehr, wenn plötzlich eine Kuh im Garten steht. Ihre Lust am Schreiben begann mit Gedichten, zog sich über den Journalismus bis zu Romanen - am liebsten mit Happy-End. Wenn sie schreibt, kann sie nicht stricken - was die Kinder extrem freut. Die Autorin schätzt an der Schweiz besonders, dass bei Elternabenden Wein gereicht wird. Und auch deswegen will sie dort erstmal für immer bleiben.
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2.


Nur, um das klarzustellen: Ich laufe nicht mit einem Jute-Beutel durch die Gegend, ich pflücke keinen Löwenzahn am Straßenrand, um mir einen naturbelassenen Salat zuzubereiten. Ich schlappe nicht mit Birkenstocks durchs Leben und habe keine Henna-Tattoos. Nach dem Abi habe ich aus Mangel an Alternativen Soziologie studiert. Ein bisschen das BWL für Leute, die nicht so gut rechnen können. Allerdings hatte ich von Anfang an eine leichte Vorahnung, dass das nicht das Richtige für mich war. Erstens diskutiere ich nicht gerne ab 22 Uhr, weil ich einfach schnell müde werde, und zweitens war da dauernd von »der Gesellschaft« die Rede und ich hatte keine Ahnung, wer das sein soll. Kurz: Ich hatte das Gefühl, in schlechter Gesellschaft zu sein. Zwei Erlebnisse haben dann meine Berufswahl entschieden. Ich war mit einer Freundin unterwegs, die für ihr Patenkind ein Geschenk suchte. Sie kaufte einen Karton mit Holzklötzen für 79,95 Euro. Für unbehandelte Holzklötze. »Geh mit einer Laubsäge in den Wald und du hast deine Klötze«, hatte ich ihr geraten. Sie hatte lieber gezahlt. Endgültig fassungslos war ich bei dem »Wellness-Weg von Tchibo«. Das war eine Matte beklebt mit Plastiksteinen, Plastiksand und Plastikholz. »Aktivieren Sie Ihre Nerven, fühlen Sie die pralle Natur«, stand darunter. Ich hatte einen Kuli gezückt und »Zieht einfach die Schuhe aus« auf den Karton im Regal geschrieben. Wahrscheinlich bin ich auch deswegen Naturpädagogin geworden, weil ich so gerne zelte. Ein Zelt ist eine kleine wunderbare Höhle. Man ist draußen und doch drinnen. Ich bin auf so viele Festivals gefahren, nur weil ich das Zelten liebe. Das habe ich natürlich nie irgendjemandem gesagt. Aber meist war ich mehr im Zelt als vor der Bühne.

Zu Hause nehme ich mir noch mal den Flyer von vor. Die Anlage ist wunderschön. Das Haupthaus hat ein tiefes Reetdach. Als hätte es sich eine Wollmütze tief in die Stirn geschoben. Darunter befinden sich Seminarräume. In einem alten Fachwerkhaus sind die Gästezimmer. Die kleinen Apartments für Mitarbeiter – also demnächst für mich – sind in einem Flachbau. Daneben liegt ein schöner Park mit großen alten Bäumen. Und im Hintergrund lacht das Meer. Ich kann fast das Rauschen hören. Dieses ewige Kommen und Gehen. Die Luft wird voller Salz und Möwengeschrei sein. Doch am meisten fasziniert mich die Weite. Bis zum Horizont gucken. Das will ich. Nicht nur bis zum nächsten Haus, zur nächsten Straßenbahn, zum nächsten Supermarkt.

Seit gestern versucht Billy, mir mit regelmäßigen WhatsApp-Nachrichten meine Zukunft madig zu machen. Sie schreibt: »Dann musst du dir die Haare im Salon Gisela schneiden lassen« oder »Kino gibt es da sicher nicht. Vielleicht gibt es ja einen alten Videorekorder«, oder auch »Viel Spaß beim Shoppen im Jeansladen 2000«.

Ich antworte immer nur mit einem Herzchen. Natürlich habe ich auch Schiss. Ich werde abends allein in meinem winzigen Apartment hocken. Da ist keiner, der mit mir noch mal um die Häuser zieht. Vielleicht klauen mir die Möwen beim Spaziergang das Fischbrötchen direkt aus der Hand. Vielleicht regnet es jeden zweiten Tag, und ich kaufe mir tatsächlich einen Ölmantel und Gummistiefel. Vielleicht habe ich nach vier Tagen eine tränende Bindehautentzündung, weil es immer so windig ist. Und trotzdem muss ich das machen. Ich habe Berlin so satt.

Genau das sage ich Billy auch, als wir uns beim nächsten Mal zum Pilates treffen. Die ganze Woche war ich schwer damit beschäftigt, mein Hab und Gut zu kategorisieren. Alles in der Wohnung musste eingeteilt werden in: kann in der Wohnung bleiben, kommt in das abgeschlossene Zimmer, kommt mit an die Nordsee, kann weg.

Manche Sachen waren klar: Die riesige Schallplattensammlung meiner Mutter muss vor den Kinderhänden in Sicherheit gebracht werden, bevor die damit Frisbee spielen. Aber was ist mit Fotoalben? Mit den Bildbänden aus aller Welt? Mit dem Sonntagsservice mit dem goldenen Rand?

Irgendwann hatte die Großzügigkeit gesiegt. Vielleicht auch einfach die Faulheit. Was ist ein Bildband, wenn er nicht angesehen werden kann? Was ist der Wert eines Tellers, wenn er nicht benutzt werden kann? Ich hatte schließlich fast alles in der Wohnung gelassen. Meine Untermieterin hatte auf mich nicht den Eindruck gemacht, als würde sie beim kleinsten Stress gleich mit Tassen um sich werfen. Als alleinerziehende Mutter würde man in so einem Fall wahrscheinlich ganz schnell auf Plastik umstellen.

»Vielleicht werde ich Berlin wahnsinnig vermissen«, erkläre ich Billy. »Und dann würde ich mit Kusshand zurückkommen und mit dir die Nächte wieder durchmachen, stundenlang Schuhe kaufen gehen (oder sie zumindest anprobieren) und über den Prenzlauer Berg ablästern. Aber dafür muss ich halt erst mal weg.«

»Reicht da nicht ein Urlaub? Fahr von mir aus vier Wochen auf eine Insel und bring drei Kilo Muscheln mit. Muss es echt ein Jahr sein? Ich finde, du übertreibst. Du bist zu jung für Wattwanderungen in C&A-Freizeitkleidung und zu alt, um jetzt noch Plattdeutsch zu lernen.«

Sie zieht eine Schnute.

»Ich will da nicht zu Gast sein. Ich will da zuhause sein. Ich möchte eine eigene Adresse.«

Ich ziehe den Flyer aus meiner Tasche.

»Schau es dir an. Ist das nicht traumhaft? Du kannst mich besuchen. Wir schlendern am Strand entlang, trinken irgendwo einen Tee, holen uns frisches Obst aus dem Garten oder kochen uns was Leckeres.«

»Genau. Und dann holen wir die Stricknadeln raus und legen die CD mit Shanties ein.«

Sie grinst schief.

»Keine schlechte Idee«, lache ich. »In einem Jahr kriege ich bestimmt einen schönen langen Schal für dich hin.«

Ich verabschiede mich bei engen Bekannten per WhatsApp. Ich habe keine Lust auf lange Erklärungen und Umarmungen. Nur bei Oma Mechthild im Erdgeschoss gehe ich persönlich vorbei. Oma Mechthild wohnt schon ewig im Haus, und die meiste Zeit des Tages verbringt sie, die Arme auf ein Kissen gebettet, am Küchenfenster. Am Anfang habe ich mich darüber geärgert. Ich dachte, sie will allen Bewohnern nachspionieren. Wer schließt nach 22 Uhr die Haustür nicht ab? Wer trennt den Müll nicht richtig? Wer kommt erst sehr spät oder auch sehr früh nach Hause? Für mich war sie ein einziges Klischee. Irgendwann hatte sie mir aufgelauert, um mir ihren Restmüll mitzugeben, weil ich gerade auf dem Weg zu den Mülltonnen war. Wir waren ins Gespräch gekommen. Sie hatte gerade eine Rückenoperation hinter sich und konnte nur mühsam laufen.

»Ich bin sowieso nicht mehr gut zu Fuß. Deswegen gucke ich mir so gerne das Leben auf der Straße an. Morgens um kurz nach zehn kommt immer eine Kindergartengruppe vorbei. Die kennen mich schon und winken immer ganz lieb«, sagte sie freudestrahlend.

»Sie könnten ja auch fernsehen«, warf ich schwach ein.

»Fernsehen? Ich bin lahm, aber nicht verblödet. Da kommt doch nur noch Schwachsinn. Es werden gar keine Filme oder Serien mehr gedreht. Ist doch viel billiger, irgendwelche Deppen in Talkshows auftreten zu lassen. Nee, da winke ich lieber den Kindern zu«, hatte sie geantwortet.

Nach dem Tod meiner Mutter hatte sie mir einen wundervollen Brief geschrieben und sich mehrfach entschuldigt, dass sie wegen ihres Rückens nicht zur Beerdigung kommen konnte.

Es dauert ein bisschen, bis sie nach meinem Klingeln die Tür öffnet. Ich halte nichts von langen Vorreden.

»Ich wollte mich verabschieden. Ich ziehe an die Nordsee. In ein paar Wochen kommt eine nette Frau mit ihren beiden Kindern als Untermieterin in meine Wohnung«, erkläre ich knapp.

»Es ist zu leer ohne deine Mutter, oder?«

Ich nicke nur und versuche, an dem dicken Kloß im Hals vorbeizuschlucken.

»An der Nordsee kannst du dir schön die schweren Gedanken aus dem Kopf blasen lassen. Kommst du wieder?«

Diese Frage hatte ich mir bis jetzt verboten. Ich will es eigentlich gar nicht wissen.

»Bestimmt. Irgendwann«, sage ich nur.

Spontan zieht sie mich an ihren faltigen Hals und drückt mich sanft. Es fühlt sich gut an.

Dann dreht sie sich einfach um. Ich bin froh, dass sie es mir so leicht macht.

Das macht Billy leider nicht. Ich habe sie für Samstagabend zum Essen eingeladen. Ich habe den ganzen Tag gekocht. Es gibt einen Salat mir Orangenfilets als Vorspeise, danach einen Lachs-Möhrenauflauf und zum Dessert Quark mit frischer Vanille (!) und Heidelbeeren. Ich habe Kerzen angezündet und den Tisch festlich gedeckt.

Billy kommt rein, schmeißt ihren Mantel auf die Couch und schaut zum Tisch.

»Haben wir ein Date?«

»Läuft ,Je t’ aime? im Hintergrund?«, frage ich lachend zurück. »Setz dich. Geht gleich los.«

Nachdem ich den Salat serviert habe, prosten wir uns zu und Billy lobt mein Dressing.

»Erzähl mir von deiner Woche. Wen musstest du schimpfen ,Wer war mal wieder nicht artig??«

Billy arbeitet beim Ordnungsamt, was kurios ist. Sie ist das fleischgewordene Chaos. Sie ist kein Messie. Sie hat kein Problem damit, alte Sachen wegzuwerfen. Sie kann nur nicht aufräumen. Alle Dinge in ihrer...



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